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Plenum 04. Mai 2016 - Mündliche Anfragen

Frage 04


VW: Was tut die Landesregierung für deutsche VW-Kunden?

Abgeordnete Jörg Bode, Hermann Grupe und Gabriela König (FDP)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

In der Drucksache 17/5030 wurde die Landesregierung im Januar 2016 gefragt, was sie von einer Rückkaufoption für durch die Abgasaffäre geschädigte VW-Kunden in Europa und Deutschland halte. Nach Einschätzung von Beobachtern fiel die Antwort zurückhaltend und für die deutschen und europäischen Kunden ernüchternd aus.

Inzwischen haben sich VW, US-Behörden und Sammelkläger in den USA über Eckpunkte einer Einigung (Grundsatzvereinbarung) verständigt. Der VW-Kunde in den USA soll jetzt nach der ersten Ankündigung eines sogenannten Kulanzpakets im Januar 2016 demnach u. a. 5 000 US-Dollar Schadensersatz und eine Rückkaufoption erhalten. Von den 580 000 betroffenen Fahrzeugen soll sich diese Option mindestens auf 480 000 Fahrzeuge beziehen. Mit diesem Kompromiss ist es VW wahrscheinlich gelungen, den größten anzunehmenden Unfall zu verhindern. Dem besonderen, aber volumenschwachen US-Markt stehen die volumenstarken Absatzräume Europa und Deutschland gegenüber. In der Pressemitteilung des Volkswagen-Konzerns „Volkswagen erzielt Grundsatzvereinbarung mit US-Behörden“ vom 21. April 2016 heißt dann auch: „Die sich nun abzeichnenden Regelungen in den USA werden in Verfahren außerhalb der USA keine rechtlichen Wirkungen entfalten“ (http://www.volkswagenag.com/content/vwcorp/info_center/de/news/2016/04/VW_US0.html).

Das derzeitige deutsche Haftungsrecht ist für geschädigte VW-Kunden im Verhältnis zum amerikanischen Haftungsrecht eher eingeschränkt. Dem Kunden steht das Recht der Mängelbeseitigung in Form einer Nachbesserung zu. „Den Kunden werden dabei nach Angaben der Volkswagen AG keine Kosten entstehen“, antwortete die Landesregierung in der Drucksache 17/5030. Das Verfahren zur Gewährleistung von Rechten bis zu einer Minderung des Kaufpreises oder einem Rücktritt vom Kaufvertrag ist schwierig. Inzwischen mehreren sich die Stimmen in Deutschland, die eine Gleichbehandlung der deutschen Kunden fordern (http://www.wn.de/NRW/2340093-Auto-NRW-Justizminister-fordert-von-VW-Entschaedigung-fuer-Kunden oder http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-04/vw-skandal-entschaedigung-deutsche).

Vorbemerkung der Landesregierung

Am 21.04.2016 hat die Volkwagen AG mitgeteilt, dass es in den USA zu einer Grundsatzvereinbarung mit dem Department of Justice (Environmental Division), der Environmental Protection Agency (EPA) und dem California Air Resources Board (CARB) unter maßgeblicher Beteiligung der Federal Trade Commission (FTC) im Rahmen der Verfahren um die Manipulation von Abgaswerten gekommen ist. Diese Grundsatzvereinbarung soll in den kommenden Wochen in verbindliche ‚Consent Decrees‘ überführt werden.

Außerdem hat sich VW mit den Class-Action-Klägern auf die Grundzüge einer vergleichsweisen Regelung verständigt. Auch diese Vereinbarung soll in den kommenden Wochen in einen umfassenden Vergleich überführt werden.

Inhalte dieser Einigungen wurden bisher nicht bekannt gegeben.

In Deutschland erfolgt die Umsetzung der erforderlichen technischen Maßnahmen nach einem mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmten Zeit- und Maßnahmenplan. Es wird vom gesetzlichen Nachbesserungsrecht des Herstellers Gebrauch gemacht.

Die Rückrufe und Nachbesserungen der Fahrzeuge haben bereits begonnen, aktuell ist die Freigabe des KBA für die Umrüstung des Golf 2.0l TDI BMT erteilt worden.

Weiterhin steht den Kunden auch in Deutschland der Rechtsweg offen.

Dies vorausgeschickt beantwortet die Landesregierung die Fragen wie folgt.

1. Mit Bezug auf die sich abzeichnende Regelung in den USA: Welche Unterschiede liegen bei dem erworbenen Pkw nach einer erfolgten Umrüstung zwischen einem durch die Abgasaffäre geschädigten VW-Kunden in den USA und einem durch die Abgasaffäre geschädigten VW-Kunden in Deutschland vor, die aus technischer oder finanzieller Sicht eine andere Behandlung der Kunden in den USA rechtfertigen?

Die Vorgaben für Abgaswerte sind in den USA andere als in Deutschland. Daneben existieren in beiden Ländern unterschiedliche Rechtssysteme. Ausdruck hierfür ist unter anderem ein unterschiedliches Verfahren zur Umrüstung der Fahrzeuge, über das in Deutschland bereits eine Einigung mit den Behörden herbeigeführt wurde, so dass hier beispielsweise mit den Rückrufen und Nachbesserungen für einzelne Modelle bereits begonnen werden konnte.
Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.

2. Vor dem Hintergrund, dass immer mehr Politiker, z. B. Nordrhein-Westfalens Justizminister Thomas Kutschaty (SPD), auch eine Kompensation für deutsche VW-Kunden und ein Recht auf Sammelklagen fordern: Wie steht die Landesregierung zu Änderungen bei den rechtlichen Regelungen bei Schadensersatz und Rückgaberechten für die Kunden/Verbraucher in Deutschland und der Möglichkeit von Sammelklagen in Deutschland?

Eine Kompensation für deutsche VW-Kunden, wie sie in der Vorbemerkung angesprochen wird, kann dazu dienen, ggf. bestehende Ansprüche der Betroffenen pauschal abzugelten, ohne eine Prüfung der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen zur Durchsetzung eines Anspruchs vornehmen zu müssen. Eine solche Kompensation muss zwischen den Betroffenen ausgehandelt werden.

Nach dem deutschen Schadenersatzrecht erhält jeder denjenigen Schaden ersetzt, der ihm aufgrund eines vorwerfbaren Verhaltens des Schädigers entstanden ist.

Die Niedersächsische Landesregierung sieht keinen Anlass, in diesem Punkt gegenüber dem Bund eine Änderung der zivilrechtlichen Vorschriften vorzuschlagen, auch deshalb, weil entsprechende Regelungen über Schadenersatz im US-amerikanischen und deutschen Recht auf einer vollkommen unterschiedlichen Systematik beruhen (case law vs. abstrakt-generelles Gesetz).

Die Landesregierung prüft, ob die bestehenden Möglichkeiten des kollektiven Rechtsschutzes im Sinne eines effektiven Verbraucherschutzes ausreichend sind. Im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie im Rahmen der Verbraucher- und Justizministerkonferenz gibt es bereits Überlegungen, hierfür geeignete Klageverfahren zu schaffen.

Aus Sicht der Landesregierung kommt es darauf an, ein Instrument zu schaffen, das einerseits den Verbraucherinnen und Verbrauchern die risikolose, chancenorientierte und zugleich passive Teilnahme an einem Klageverfahren ermöglicht, andererseits den Unternehmen den Vorteil der Systematisierung und Konzentration des Prozessstoffs, auch zur Senkung von Transaktionskosten, eröffnet.

3. Vor dem Hintergrund der Forderung des SPD-Justizministers aus NRW (http://www.wn.de/NRW/2340093-Auto-NRW-Justizminister-fordert-von-VW-Entschaedigung-fuer-Kunden): „Die Ungleichbehandlung deutscher Kunden muss ein Ende haben. VW muss jetzt auch in Deutschland ein ehrliches Angebot vorlegen und damit im Interesse seiner Mitarbeiter das Vertrauen der vielen Millionen Kunden zurückgewinnen“: Werden sich die Vertreter der Landesregierung im Aufsichtsrat von VW für ein ähnliches Angebot wie in den USA für die Kunden in Deutschland einsetzen?

Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.


Miniter Lies spricht im Landtag   Bildrechte: MW-Nds

Minister Olaf Lies spricht im Landtag

Artikel-Informationen

erstellt am:
04.05.2016

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher: Christian Haegele und Sabine Schlemmer-Kaune

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