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Plenum 14. Dezember 2017 - Mündliche Anfragen

Frage 26: Welche Bedeutung misst die Landesregierung der Errichtung eines LNG-Importterminals bei?


Abgeordnete Hillgriet Eilers, Dr. Stefan Birkner und Jörg Bode (FDP)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung



Vorbemerkung der Abgeordneten

Hafenminister Lies stellte am 12. Oktober 2017 klar, dass Wilhelmshaven der geeignetste Ort für die Umsetzung (Deutsche Schifffahrts-Zeitung, 13. Oktober 2017) eines deutschen LNG-Importterminals ist. Für den Standort Wilhelmshaven sprechen die Vorteile der geographischen Lage, der nautischen Rahmenbedingungen und die gute Anbindung an das Gastransportnetz. Grundlage für diese Einschätzung stellt die Potenzialanalyse: LNG-Infrastruktur an der deutschen Nordseeküste unter Betrachtung besonders geeigneter Standorte dar.



Vorbemerkung der Landesregierung

LNG (Liquefied Natural Gas) wird im Rahmen der nationalen Strategie zur Versorgungssicherheit mittelfristig eine größere Rolle spielen. Die Studie LNG-Infrastruktur an der deutschen Nordseeküste unter Betrachtung besonders geeigneter Standorte (Oktober 2017), die das Land über sein Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen mit gefördert hat, beschreibt die wachsende Bedeutung von verflüssigtem Erdgas für den Erdgasmarkt als zukünftige Option für den Import von regenerativ erzeugtem Gas und als Treibstoff für Schiffe und den Schwerlastverkehr.

Laut Studie könnte der Rückgang der heimischen Förderung sowie von Lieferungen aus angestammten Lieferländern bis 2028 in einer Erdgasversorgungslücke münden, die zu einer zunehmenden Monopolisierung durch die verbleibenden Lieferanten führt. Damit sind steigende Risiken für die Wettbewerbsfähigkeit des Erdgases, die Versorgungssicherheit und den deutschen Erdgas-Handelsmarkt nicht auszuschließen. Auch geht die Studie davon aus, dass sich nach 2020 die Preise von Pipelinegas und LNG angleichen werden, da die verbleibenden Lieferanten ihre Preissetzungsmacht ausüben könnten.

Angesichts der aktuellen Versorgungslage besteht zurzeit kein LNG-Importbedarf. Aktuell kann der Zugang zu LNG über die benachbarten Staaten Belgien, Niederlande oder andere europäische Staaten sichergestellt werden. Deutsche Gasversorgungsunternehmen haben Beteiligungen an LNG-Terminals im Ausland erworben und planen den Erwerb weiterer Kapazitäten.

Im Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode hat sich die Landesregierung dafür ausgesprochen, dass ein Flüssiggasterminal an der Küste geschaffen wird. Aktuell werden unterschiedliche Planungen in Niedersachsen vorangetrieben, die dem Aufbau einer LNG-Importinfrastruktur dienen. Hervorzuheben sind die laufenden Projektierungen und zum Teil bereits durchlaufenen Genehmigungsverfahren für die Errichtung eines LNG-Terminals in Wilhelmshaven (Unternehmen Deutsche Flüssiggas Terminal Gesellschaft GmbH (DFTG) plant seit 1972 den Bau und Betrieb eines LNG-Importterminals in Wilhelmshaven, verfügt über ein geeignetes Grundstück und entsprechende Nutzungsrechte an einem vorhandenen Anleger) und in Stade sowie die wieder aufgenommenen Bestrebungen zur Anlandung von auf Spezialtankern regasifiziertem Gas an der Löschbrücke der Nord-West Oelleitung in Wilhelmshaven. Im Rahmen diverser Gespräche steht die Landesregierung dabei in einem engen Austausch mit potentiellen Investoren.

In der Planung von Bau und Betrieb eines solchen Terminals wären die Schutzbelange des umliegenden Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer auch als NATURA 2000-Gebiet und UNESCO-Weltnaturerbegebiet zu beachten.

Die Landesregierung wird sich auch künftig beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie für die finanzielle Unterstützung dieser Vorhaben einsetzen. Niedersachsen wird künftig eine zentrale Rolle anstreben.

Darüber hinaus geht es perspektivisch betrachtet beim Import von Flüssigerdgas nicht nur um Erdgas, das aus herkömmlichen Lagerstätten gefördert wird, sondern vor allem auch um Gas aus erneuerbaren Energien (grünes Gas). Dies könnte zukünftig z.B. in sonnenreichen Ländern erzeugt (Power to Gas) und nach bzw. über Deutschland importiert werden und die heimischen Potentiale für durch Windstrom erzeugtes Gas ergänzen.



1. Welche Bedeutung hat die Errichtung eines LNG-Importterminals für Norddeutschland im Allgemeinen und für Niedersachsen im Besonderen?

Der weltweite LNG-Handel übernimmt zunehmend, anstelle des Pipelinegases, eine tragende Rolle im globalen Gasmarkt. Weltweit sind bereits 36 Länder LNG Importeure und ihre Zahl steigt stetig. Die EU Kommission empfiehlt ihren Mitgliedsländern, LNG Importkapazitäten zu schaffen, um ihre Versorgung zu diversifizieren.

Als Wirtschaftsstandort kann es sich Deutschland nicht erlauben, auf eine aktive wettbewerbliche Rolle im weltweiten LNG Markt zu verzichten. Der LNG-Import könnte eine systemimmanente Funktion innerhalb der bundesdeutschen Gasversorgung übernehmen und kann einen Beitrag zur Gestaltung der Energiewende leisten (s. Vorbemerkung).

Insbesondere Niedersachsen mit seiner bestehenden Hafeninfrastruktur, seinem Zugang zu transeuropäischen Gasnetzen sowie seinen Untergrundgasspeicherkapazitäten verfügt, wie kein anderes Bundesland, über ausgezeichnete Standortmerkmale, um versorgungsstrategische Importterminals an der Küste zu errichten. Als zentrale Energiedrehscheibe wird die Bedeutung Niedersachsens für die bundesdeutsche Erdgasversorgung weiter zunehmen.

Angesichts des voraussichtlichen Investitionsvolumens für den Bau eines landbasierten LNG-Terminals von weit mehr als 1 Milliarde Euro rechnet die Landesregierung mit sehr positiven volkswirtschaftlichen und arbeitsmarktrelevanten Effekten, die sich insbesondere an den Standorten derartiger Terminals auswirken. Kostengünstiger hingegen wäre die Errichtung eines schwimmenden Regasifizierungsterminals (Tanklagerschiff mit Regasifizierungsanlage). Nach einer Kostenschätzung der Nord-West Ölleitung GmbH (NWO) belaufen sich die Gesamtinvestitionen (Anlandeanlage, Erdgasanbindungsleitung) hierfür auf rund 450 Millionen Euro.

Hinzu kommt, dass besonders im Bereich der maritimen Wirtschaft, dem Straßengüterverkehr und der Industrie künftig ein wachsendes Marktpotential für LNG prognostiziert wird. Allein bis ins Jahr 2020 soll die Anzahl von Schiffen mit LNG als alterative Antriebstechnologie deutlich steigen. So sollen derzeit rund 600 Schiffsneubauten und hunderte Umbauten mit LNG-Antrieben geplant sein.

Sogenannte Smart Scale LNG-Anlagen, entweder schwimmend auf dem Wasser oder in unmittelbarer Küstennähe, können dieses Defizit wirksam beseitigen, um LNG künftig bedarfsgerecht anzubieten. Aufgrund der Anlagengröße sind schwimmende Anlagen flexibel einsetzbar und investitionsgünstig. Niedersächsische Unternehmen der maritimen Wirtschaft sind aktuell damit befasst konkrete Projektvorschläge auszuarbeiten. In diesem Zusammenhang wird die Landesregierung gemeinsam mit der Landesgesellschaft Niedersachsen Ports die Möglichkeiten der Bereitstellung geeigneter Flächen prüfen, um privatwirtschaftliche Investitionen zur Verbesserung der LNG Versorgung in den niedersächsischen Häfen zu unterstützen.

Die Bereitstellung von ausreichenden LNG-Bunkermengen steigert die Attraktivität und Flexibilität niedersächsischer Hafenstandorte und wirkt sich zudem positiv auf die Umweltbilanz aus.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.



2. Welche Vorgehensweise verfolgt die Landesregierung, um einen LNG-Importterminal zeitnah in Wilhelmshaven zu errichten und so die Potenziale aus der genannten Analyse zu heben?

1. Angesichts der Vorlaufzeiten für solch komplexe Infrastrukturvorhaben wird sich die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung intensiv, z.B. über eine Bundesratsinitiative, für ein nachhaltig attraktives Investitionsklima für LNG.-Terminals einsetzen.

2. Dies kann auch die regulatorischen Rahmenbedingungen betreffen, die einen fairen, transparenten und diskriminierungsfreien Zugang zu den bereits vorhandenen Gasinfrastrukturen (Transportleitungen und Speicher) gewährleisten müssen. So können nach § 28 a Energiewirtschaftsgesetz neue Infrastrukturinvestitionen grundsätzlich bei Vorliegen definierter Voraussetzungen befristet von bestehenden regulatorischen Bestimmungen befreit werden.

3. Zudem bedarf es einer (nord)deutschen Gesamtstrategie, die den unterschiedlichen Einsatz- und Verwendungsmöglichkeiten von LNG (versorgungsstrategische Erdgasimporte, Treibstoffversorgung, Versorgung der chemischen Industrie) Rechnung trägt. Die Landesregierung hält auch eine zentrale Koordinierung für LNG-Projekte im maritimen Bereich beim Kompetenzzentrum GreenShipping Niedersachsen für sinnvoll. Zu den Kernaufgaben zählen:

  • Erstellung von Arbeits-/Zeitplänen,

  • Detaillierung der Ziele einer Realisierungsgesellschaft,

  • Entwicklung einer Struktur und Geschäftsgrundlage (Organisations- und Gesellschaftsform) der Realisierungsgesellschaft,

  • Entwicklung und Sicherstellung der Finanzierung der Realisierungsgesellschaft,

  • Vorbereitung einer Realisierungsstudie,

  • Koordinierte Medien-/ Öffentlichkeitsarbeit

  • Eruierung von Förderperspektiven,

  • Aktive Begleitung/ Recherche der EU- und Bundespolitik zum Thema LNG-Infrastruktur.



3. Ab wann kann nach Einschätzung der Landesregierung mit dem Betrieb eines LNG-Importterminals in Wilhelmshaven gerechnet werden?

Konkrete Aussagen zum Zeitfenster der Inbetriebnahme eines LNG-Terminals sind noch nicht möglich. Die Landesregierung wird die Einrichtung einer Realisierungsgesellschaft prüfen, die anschließend die konkrete Projektentwicklung zum Aufbau von LNG-Importkapazitäten übernimmt.

Ferner hängt diese Frage entscheidend von der Art des LNG-Terminals ab. Im Gegensatz zu einem landbasierten LNG-Terminal (reine Bauzeit beträgt voraussichtlich 3 Jahre) ermöglicht beispielsweise ein Tanklagerschiff mit Regasifizierungsanlage schnellere Bauzeiten und führt zu niedrigeren Investitionskosten. Schlussendlich bedarf es hier der Entscheidung potentieller Investoren und einer engen Kooperation mit der norddeutschen Hafenwirtschaft.



Artikel-Informationen

erstellt am:
14.12.2017

Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Eike Frenzel

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