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Plenum 22. Juni 2018 - Mündliche Anfragen

Frage 36: Nachgelagerte Industrieprozesse der Erdgasproduktion im Landkreis Rotenburg: Können Risiken für die Gesundheit ausgeschlossen werden?



Abgeordnete Imke Byl und Eva Viehoff (GRÜNE)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Mit Genehmigungsschreiben vom 15. Mai 2018 hat das Niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) der Firma ExxonMobil Production Deutschland GmbH in der Samtgemeinde Bothel (LK Rotenburg) die Erlaubnis für Bau und Betrieb einer geplanten Reststoffbeseitigungsanlage gemäß §§ 4 und 10 BImSchG erteilt. Die von der Samtgemeinde vorgetragene Genehmigungsverweigerung nach BauGB wurde mit Verweis auf die Zuständigkeit des LBEG als Bergaufsicht verworfen.

In der betroffenen Gemeinde Bothel liegt eine überdurchschnittlich hohe Zahl an Blutkrebserkrankungen älterer Herren vor. Derzeit kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese Erkrankungen im Zusammenhang mit der Erdgasförderung bzw. den in der Region liegenden Bohrschlammgruben stehen. Das Gesundheitsministerium will nun im Rahmen einer Studie die Hintergründe der Erkrankungen erforschen.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Firma ExxonMobil Production Deutschland GmbH hat am 21. Juli 2016 beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) einen Antrag auf Genehmigung für die Neuerrichtung und den Betrieb einer Reststoffbehandlungsanlage mit Bereitstellungshalle auf dem Betriebsplatz Söhlingen, Samtgemeinde Bothel (Landkreis Rotenburg (Wümme)), eingereicht. In der Anlage sollen zukünftig Betriebsmittel aus der Erdgasförderung gereinigt sowie das bei der Reinigung von Anlagenteilen aus der Erdgasförderung im Raum Elbe-Weser anfallende Wasser zentral gesammelt, aufbereitet und zur Entsorgung durch ein zertifiziertes Abfallunternehmen bereitgestellt werden. Die Behandlung der Reinigungswässer soll ausschließlich auf versiegelten Flächen und in geschlossenen Räumen erfolgen, wobei die Abluft über Aktivkohlefilter gereinigt und überwacht wird.

Das LBEG hat für das Vorhaben zunächst eine allgemeine Umweltverträglichkeits-Vorprüfung des Einzelfalls durchgeführt. Bei der Vorprüfung wurden unter anderem die Auswirkungen der Planung auf Menschen, Tiere und Pflanzen sowie auf Boden, Wasser und Luft berücksichtigt. Die Vorprüfung kam zu dem Ergebnis, dass für das Vorhaben keine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist. Auch der Landkreis Rotenburg (Wümme) hat im Beteiligungsverfahren dieses Ergebnis bestätigt. Nach der anschließenden Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens mit Öffentlichkeitsbeteiligung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz hat das LBEG am 15.05.2018 das Vorhaben genehmigt. Im Verlauf des Verfahrens hatte die Gemeinde Brockel mit Schreiben vom 30. November 2017 das gemeindliche Einvernehmen nach § 36 Abs. 1 Baugesetzbuch versagt. Nach rechtlicher Prüfung hat das LBEG mit Schreiben vom 8. Juni 2018 als nach Landesrecht zuständige Behörde das von der Gemeinde versagte Einvernehmen ersetzt.

1. Wie bewertet die Landesregierung die Einschätzung des LBEG, wonach eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das geplante Bauvorhaben auf dem Betriebsplatz Söhlingen (Samtgemeinde Bothel) nicht erforderlich ist?

Der Landesregierung hat nach gegenwärtigem Erkenntnisstand keine Bedenken hinsichtlich der Entscheidung des LBEG.

Im Übrigen wird auf die Vorbemerkungen verwiesen.

2. Wie steht die Landesregierung zur Genehmigung einer Betriebsanlage zur Behandlung umwelt- und gesundheitsgefährdender Stoffe, bevor die Ergebnisse der Human-Bio­monitoring-Studie, welche den Zusammenhang mit der Erdgaswirtschaft untersuchen soll, vorliegen?

3. Sollte es nach Ansicht der Landesregierung zu einer Aussetzung des Bauvorhabens (Moratorium) bis zum Vorliegen der Ergebnisse der Gesundheitsstudie kommen?

Wegen des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2 und 3 gemeinsam beantwortet.

Das benannte Forschungsvorhaben soll zum einen mittels Human-Biomonitoring (HBM) die individuelle innere Belastung der Allgemeinbevölkerung in der Nachbarschaft von Anlagen der Kohlenwasserstoffförderung in Niedersachsen mit Benzol und Quecksilber ermitteln, zum anderen die individuelle äußere Belastung durch Probenahmen der Innenraum- und Außenluft und Analytik auf BTEX (Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylol). Mit der Studie können keine rückwirkenden, sondern nur aktuelle Belastungen erfasst werden. Damit leistet die Studie einen Beitrag zu der Fragestellung möglicher aktueller gesundheitlicher Folgen der Kohlenwasserstoffförderung, trifft aber keine direkte Aussage zur Ursachenermittlung der erhöhten Krebsneuerkrankungen. Die beabsichtigte Inbetriebnahme der Anlage wird im Herbst 2019 nach Abschluss und nach Vorliegen der für Sommer 2019 erwarteten Ergebnisse der Studie stattfinden.

Der Landesregierung liegen derzeit keine konkreten Anhaltspunkte vor, die einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der geplanten Errichtung der Reststoffbehandlungsanlage und den beobachteten Krebsneuerkrankungen vermuten lassen. Da nach Auskunft des LBEG die rechtlichen Voraussetzungen zur Errichtung der Anlage erfüllt waren und es gleichzeitig keine Rechtsgrundlage für ein mögliches Moratorium gibt, war das Vorhaben zu genehmigen.

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.06.2018

Ansprechpartner/in:
Dr. Dominik Mayer

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