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Erweiterung der Gasspeicherkavernen in Ronnenberg

Der Abgeordnete Stefan Wenzel (GRÜNE) hatte gefragt:

Die Gasspeicher Hannover GmbH (GHG) plant, auf dem Gebiet der Stadt Ronnenberg den dort von ihr bereits betriebenen Gasspeicher zu erweitern. Es sollen drei neue Kavernen ausgesolt und die ersten drei Kavernen erweitert werden. Die Speicherkapazität soll von 180 Millionen auf mehr als 700 Millionen m3 Gas vervierfacht werden. Das Genehmigungsverfahren für das Vorhaben wird beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) durchgeführt. Die Landesbergbehörde vertritt bei der Genehmigung die Rechtsauffassung, dass es sich bei den Kavernen zur Speicherung von Erdgas um eine "Anlage zur unterirdischen behälterlosen Speicherung" nach § 4 Abs. 9 des Bundesberggesetzes (BBergG) handele und somit das Vorhaben nicht UVP-pflichtig sei.

In einer Rechtsauskunft des Bundesumweltministeriums auf Veranlassung der BUND-Ortsgruppe Ronnenberg heißt es zur Bedeutung des Zusatzes "Behälter" in Nr. 9.1 der Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG):

"Wenn der Inhalt von Vorschriften des UVPG nicht eindeutig ist, müssen die Vorschriften so ausgelegt werden, dass das Ergebnis in Einklang mit den Vorgaben der UVP-Richtlinie steht (europa-rechtskonforme Auslegung). Nr. 9.1 der Anlage 1 UVPG setzt Nr. 21 Anhang I sowie Nr. 6 Buchstabe c des Anhangs II der UVP-Richtlinie um. Diese beiden Bezugsvorschriften sehen keine Einschränkung auf eine Lagerung in ‚Behältern’ vor. Das spricht dafür, dass das Merkmal ‚Behälter’ in Nr. 9.1 der Anlage 1 UVPG im Zweifel weit zu verstehen ist. In diesem Sinne würde der Begriff ‚Behälter’ für alle Arten von Speichern gelten, die gezielt für die Lagerung von Gasen genutzt werden, z. B. auch Gasspeicherkavernen. Die gegenteilige Auffassung der Bergbehörden in Niedersachsen scheint mir vor dem aufgezeigten europarechtlichen Hintergrund nur schwer vertretbar zu sein."

Bei den Anwohnern, deren Grundstücke und Häuser über den Hohlräumen der den Gasspeicher umgebenden Bergwerksstollen und zum Teil direkt neben den Kavernen liegen, bestehen Befürchtungen, dass der Benther Salzstock mit den ehemals dort betriebenen Kalibergwerken Ronnenberg und Empelde weiteren Belastungen durch neue Kavernen in diesem vorgeschädigten Salzstock nicht standhalten und Bergschäden wie im Jahr 1975 auftreten oder es zu Gasaustritten kommen könnte. Dazu kommen jahrelange Klagen der Anwohner über eine Lärmbelastung durch die Pumpen, die auch nachts zum Befüllen der Gaskavernen betrieben werden. Im Rahmen einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) müssten auch das Lärmproblem weiter untersucht und Grundlagen für Maßnahmen zur Lärmminderung geschaffen werden.

Hinzu kommt, dass die bei der Aussolung der Kavernen anfallende Sole über eine Rohrleitung um ganz Südhannover herum nach Sehnde ins ehemalige Bergwerk Friedrichshall geleitet wird. Sowohl die Umweltauswirkungen der dann über Jahre - voraussichtlich bis 2018 - betriebenen Soleleitung, als auch die Flutung des Bergwerks in Sehnde müssen in einer UVP ermittelt werden.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung die hier geschilderten unterschiedlichen Rechtsauffassungen von LBEG und Bundesumweltministerium zur UVP-Pflicht im Genehmigungsverfahren zur Erstellung und zum Betrieb von Gaskavernen wie in Ronnenberg?
  2. In welcher Weise stellt die Landesregierung die Fachaufsicht über die Landesbergbehörden sicher, um zu gewährleisten, dass rechtlich nicht haltbare Einschätzungen der Bergbehörden, wie sie bei der Anwendung des Atomrechts in der Asse aufgetreten sind und auch in der Frage der UVP-Pflicht der Gaskavernen in Ronnenberg zu befürchten sind, zum Schaden des Landes ausgeschlossen werden können?
  3. In welcher Weise wird die Landesregierung dafür Sorge tragen, dass eine Prüfung der Umweltverträglichkeit des Gaskavernenprojektes in Ronnenberg durchgeführt wird und die Ergebnisse im weiteren Verfahren und in vollem Umfang berücksichtigt werden?

Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 29.10.2009 wie folgt:

Die Gasspeicher Hannover GmbH (GHG) plant ihren seit 1982 in Betrieb befindlichen Kavernenspeicher Empelde zu erweitern. Diese Planungen sehen die Erstellung von drei zusätzlichen Kavernen sowie die Vergrößerung von drei betriebenen Kavernen vor. Der Errichtung und dem Betrieb dieses Kavernenspeichers liegen neben einer landesplanerischen Feststellung des Großraumes Hannover verschiedene bergrechtliche Genehmigungen der niedersächsischen Bergbehörde zugrunde.

Im Rahmen der Zulassung bergrechtlicher Betriebspläne für Kavernenspeicher werden auch die Standsicherheit der Kavernen und die potentielle Lärmentwicklung geprüft. Ein Betriebsplan wird nur zugelassen, wenn u. a. für den Schutz der Oberfläche im Interesse der persönlichen Sicherheit und des öffentlichen Verkehrs Sorge getragen ist und gemeinschädliche Einwirkungen nicht zu erwarten sind. So wurden für den Kavernenspeicher Empelde die möglichen Einflüsse der ehemaligen Kalibergwerke Ronnenberg und Hansa erörtert und die Standsicherheit des Benther Salzstockes aufgrund der durch die Speicherkavernen erzeugten Belastungen gutachterlich bewertet. Die gebirgsmechanischen Berechnungen zeigen, dass im Zusammenhang mit dem Kavernenspeicher Empelde nicht mit einer Wiederholung der Ereignisse aus dem Jahr 1975, d.h. dem Auftreten von Erdfällen und Senken nach der unplanmäßigen Flutung des Kalibergwerkes Ronnenberg, zu rechnen ist.

Dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) wurden erstmals im Jahr 2006 Beschwerden einzelner Anwohner des Kavernenspeichers Empelde über Lärmbelästigungen vorgetragen. Der Fachbereich Umwelt der Region Hannover ist diesen Beschwerden gemeinsam mit dem LBEG nachgegangen und hat zur Klärung des Sachverhaltes Lärmmessungen durchgeführt. Auch später auf Veranlassung des LBEG durchgeführte Messungen konnten einen direkten Zusammenhang zwischen den Feststellungen der Beschwerdeführer und den Arbeiten am Kavernenspeicher Empelde nicht bestätigen. Derzeit bereitet das LBEG gemeinsam mit der Stadt Ronnenberg und der GHG eine öffentliche Veranstaltung vor, in deren Verlauf den Anwohnern das Konzept zur Ermittlung der Lärmbelästigungen der GHG vorgestellt und die weitere Vorgehensweise diskutiert werden sollen.

Die Rohrleitung zum Transport der bei der Kavernenherstellung anfallenden Sole vom Kavernenspeicher Empelde zum Kalibergwerk Friedrichshall wurde bereits im Jahr 2004 genehmigt. Für den Bau dieser Rohrleitung und auch die planmäßige Flutung des Bergwerkes Friedrichshall war die Durchführung von Umweltverträglichkeitsprüfungen nicht vorgeschrieben.

Dieses vorausgeschickt werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1.:
Für die geplante Erweiterung des Kavernenspeichers Empelde sind die Nr. 21 des Anhanges I sowie die Nr. 6 Buchstabe c des Anhanges II der Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) nicht einschlägig. Ausschlaggebend hierfür ist die in der UVP-Richtlinie vorgenommene konsequente Differenzierung zwischen Erdöl, petrochemischen und chemischen Erzeugnissen einerseits und Erdgas sowie brennbaren Gasen andererseits. Die Nr. 21 des Anhanges I und die Nr. 6 Buchstabe c des Anhanges II der UVP-Richtlinie betreffen ausschließlich die Lagerung bzw. Speicherung von Erdöl, petrochemischen und chemischen Erzeugnissen und umfassen nicht die Lagerung bzw. Speicherung von Erdgas. Die oberirdische Speicherung von Erdgas sowie die unterirdische Lagerung von brennbaren Gasen sind vielmehr Gegenstand der Regelungen in Nr. 3 Buchstaben c und d des Anhanges II der UVP-Richtlinie. Die letztgenannte Nr. 3 Buchstabe d des Anhanges II der UVP-Richtlinie zur unterirdischen Lagerung von brennbaren Gasen bleibt ebenso wie deren Umsetzung in Nr. 9.1 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung auf die Lagerung in Behältern beschränkt. Insofern ist diese Regelung für die behälterlose Speicherung in Kavernen und damit die Erweiterung des Kavernenspeichers Empelde nicht anwendbar.

Im Übrigen wird auf die Antwort zu der kleinen Anfrage II/721-460 verwiesen.

Zu 2.:
Eine rechtliche Fehleinschätzung des LBEG in der Frage der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für die Erweiterung des Kavernenspeichers Empelde ist nicht erkennbar.

Zu 3.:
Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
26.11.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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