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Fracking auf dem Gebiet des Landkreises Rotenburg/Wümme - Lagerstättenwasserschäden aufgrund von Permeation?

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 10.05.2012 - TOP 22. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Elke Twesten (GRÜNE)


Die Abgeordnete Elke Twesten (GRÜNE) hatte gefragt:

Auf dem Gebiet des Landkreises Rotenburg/Wümme wie auch in anderen Teilen Niedersachsens suchen gegenwärtig verschiedene Energieunternehmen nach sogenanntem unkonventionellem Erdgas. Um an dieses Erdgas zu gelangen, muss das Muttergestein durch eine Horizontalbohrung aufgebrochen werden. Danach werden große Mengen von mit Sand und Chemikalien vermischtem Wasser unter hohem Druck in das Muttergestein gepresst, bis sich darin tiefe Risse bilden. Durch die Risse kann dann Gas in ein Rohr strömen und an die Oberfläche geleitet werden. Das skizzierte Verfahren wird gemeinhin als Fracking bezeichnet.

Unlängst erreichten uns verschiedene Meldungen über erhebliche Umweltbelastungen, etwa über Verunreinigungen des Grundwassers oder giftige Stoffe, die aus dem tiefen Untergrund bei der Förderung an die Oberfläche gelangen. Die eingesetzten Chemikalien sind darüber hinaus teilweise hochgiftig und krebserregend.

Zudem gibt es Hinweise auf durch Fracking ausgelöste Erdbeben. So lag der Berichterstattung in der Rotenburger Rundschau zufolge „das Epizentrum des jüngsten Erdbebens im Februar 2012 im Gebiet des Erdgasfeldes Söhlingen, und ein Zusammenhang mit der Erdgasförderung könne nicht ausgeschlossen werden“.

Die Förderung von unkonventionellem Erdgas sollte nach Auffassung von Fachleuten nur unter strikter Einhaltung höchster Umweltstandards stattfinden. Außerdem bedürfe es eines sicheren Transportes und einer fachgerechten Entsorgung des Frack- und Lagerstättenwassers in dafür geeigneten Rohrleitungen: Es gebe auf dem Gebiet der Bohrung Bötersen Z 11 sowie in Grapenmühlen bei Visselhövede deutliche Hinweise darauf, dass BTX-Aromate (Benzol, Toluol, Xylol-…), für die strenge Grenzwerte gelten, ausgetreten seien und infolge einer Diffusion grundwasser- und gesundheitsgefährdende Substanzen, ähnlich dem Vorfall in Völkersen im Landkreis Verden im Februar 2012, freigesetzt würden. Ursächlich für diesen Permeation genannten Vorgang waren offensichtlich ungeeignete Rohrleitungen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Sind beim Verpressen von Lagerstättenwasser in Grapenmühlen und Bötersen Rohre eingesetzt worden, die sich als ungeeignet erwiesen haben, und hat die Landesregierung seitens ExxonMobile und RWE Dea Kenntnis darüber erlangt, dass bei den dortigen Bohrungen BTX-Aromate ausgetreten sind?
  2. Wie arbeiten Landkreise, untere Wasserbehörden, die Wasserversorgungsverbände, das LBEG und die betroffenen Gemeinden mit Blick auf eine Sanierung betroffener Bodenflächen zusammen, und wie werden Sanierungsmaßnahmen koordiniert?
  3. Wie beurteilt die Landesregierung mit Blick auf ein im Berg- und Wasserrecht nicht vorgesehenes Monitoring die derzeitige Datenlage beim Verpressen von Lagerstättenwasser und dem sich anschließenden Flowback, wie werden die bei diesem Vorgang eingesetzten Stoffe mengenmäßig erfasst?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

In Niedersachsen wird seit über 60 Jahren Erdgas gefördert. Eine der größten und derzeit produktivsten Förderregionen befindet sich im Raum Verden/Rotenburg mit den Feldern Völkersen (RWE-Dea AG), Rotenburg/Taaken (ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) und RWE-Dea AG), Söhlingen (EMPG), Soltau/Friedrichseck (EMPG) und Walsrode (EMPG). Die Gasproduktion in diesen Feldern begann in den 1980er Jahren und erhielt durch die Einführung der Horizontalbohrtechnik und der Durchführung von hydraulischen Bohrlochbehandlungen (Frac) in den 1990er Jahren weitere Impulse. Bei den genannten Feldern handelt es sich um konventionelle Erdgaslagerstätten, bei denen sich das Erdgas in Sandsteinen des Rotliegenden befindet. In weiten Teilen der Lagerstätte sind diese Sandsteine sehr dicht ausgeprägt, so dass sie als Tight-Gas-Lagerstätten bezeichnet werden.
Im Zusammenhang mit der Erdgasförderung in der Förderregion Verden/Rotenburg sind vereinzelt Boden- und Grundwasserverunreinigungen aufgetreten, die jedoch nicht im Zusammenhang mit hydraulischen Bohrlochbehandlungen stehen. Bei den Stoffen, die die Verunreinigungen auslösten, handelt es sich um Stoffe, die natürlich im Erdgas und der Erdgaslagerstätte vorkommen. Die in den Erdgasfeldern Söhlingen und Völkersen festgestellten Grundwasserverunreinigungen unterliegen Sanierungsmaßnahmen und führten daher zu keiner grundlegenden Gefährdung der Schutzgüter in Natur und Landschaft.

Vor dem Hintergrund der seismischen Ereignisse in der Förderregion östlich von Bremen haben die dort tätigen Unternehmen der Erdöl- und Erdgasindustrie beim zuständigen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) einen Antrag auf Ausbau des dort bereits bestehenden seismischen Überwachungsnetzes eingereicht. Ziel ist es, die Überwachung derartiger Ereignisse zu verbessern und eine exaktere Ursachenforschung zu unterstützen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Der Transport des Lagerstättenwassers nach Grapenmühlen erfolgt über Tankkraftwagen, sodass dort keine zuführenden Kunststoffrohrleitungen vorhanden sind. In der dazugehörigen Versenkbohrung der RWE-Dea AG befinden sich Stahlrohre, die für diesen Zweck geeignet sind.

Im Bereich Bötersen setzt die ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG) zum Transport von Lagerstättenwasser Rohrleitungen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) ein, die grundsätzlich zum Transport von Flüssigkeiten geeignet sind. Im Rahmen einer regelmäßig durchzuführenden Wasserdruckprobe hat ein unabhängiger Sachverständiger an drei Stellen der Rohrleitung Undichtigkeiten festgestellt, die offenbar auf einen mechanischen Einfluss zurückzuführen sind. Weitere Untersuchungen ergaben an zwei der drei Stellen lokal begrenzte Verunreinigungen mit BTEX-Aromaten (Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylol). Für die Sanierungsarbeiten hat die EMPG dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) ein Sanierungskonzept zur Genehmigung vorgelegt, über das in Kürze entschieden werden soll.

Zu 2.:
Bei der Sanierung von belasteten Flächen erstellt der Unternehmer in Zusammenarbeit mit einem Sachverständigen ein Sanierungskonzept, in dem die Art der geplanten Sanierung und die angestrebten Sanierungszielwerte beschrieben werden. Dieses Konzept legt der Unternehmer als Betriebsplan dem LBEG zur Genehmigung vor. Vor der Entscheidung über die Zulassung des Sanierungskonzeptes beteiligt das LBEG den betroffenen Landkreis als zuständige untere Wasser- und Bodenschutzbehörde und soweit erforderlich betroffene Gemeinden und andere Träger öffentlicher Belange. Unter Berücksichtigung der Stellungnahmen der Beteiligten entscheidet dann das LBEG über das Sanierungskonzept.

Zu 3.:
Beim Versenken von Lagerstättenwasser in den Untergrund gibt es keinen „Flowback“. Das versenkte Lagerstättenwasser wird volumetrisch erfasst. Der maximal zulässige Druck am Bohrlochkopf ist in der Zulassung festgelegt und wird überwacht.

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erstellt am:
11.05.2012

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