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ExxonMobil - Bergrecht

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 17.03.2011 - TOP 35. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Ralf Borngräber (SPD)


Der Abgeordnete Ralf Borngräber (SPD) hatte gefragt:

Seit der Kleinen Anfrage zur mündlichen Beantwortung des Abg. Ralf Borngräber vom 10. Januar 2011 gab es diverse überregionale und lokale Presseveröffentlichungen zu den Themen Lagerstättenwasser und Fracking. Eine Antwort der Landesregierung auf die Frage 1 der Anfrage aus dem Januar-Plenum 2011 ist bisher nicht erfolgt.

Auf einer Veranstaltung der Stadt Visselhövede am 31. Januar 2011, bei der Vertreter der ExxonMobil und des LBEG anwesend waren, ist auf eine Veröffentlichung der Daten nach dem Muster auf der nachfolgenden Internetseite hingewiesen worden: http://www.erdgassuche-in-deutschland.de/erdgas/hydraulic_fracturing/einge­setzte_materialien.html.

Ferner wolle das Unternehmen ExxonMobil ab Mitte dieses Jahres 2011 über eine veränderte Zusammensetzung der einem Frac beigefügten Chemikalien „nachdenken“. Wenigstens zwei bisher verwendete Zusatzmittel sollen zukünftig wohl keine Verwendung mehr finden.

Zwischenzeitlich berichtet die Kreiszeitung vom 23. Februar 2011 von Kontaminationen von im Umfeld der geborstenen Lagerstättenwasserleitung wohnenden Personen mit Benzol und Quecksilber. Ein Zusammenhang mit der schadhaften Lagerstättenwasserleitung bzw. mit der Erdgasproduktion ist derzeit nicht ausgeschlossen. Am 25. Februar 2011 berichtet die Kreiszeitung von möglichen Reihenuntersuchungen durch das zuständige Gesundheitsamt.

Unter www.erdgassuche-in-deutschland.de schreibt ExxonMobil: „Maßnahmen zur Aufsuchung und Förderung von Erdgas unterliegen einem bergrechtlichen Betriebsplanverfahren. Die Bergbehörden prüfen die vorgelegten Betriebspläne und Zulassungsanträge und beurteilen, ob diese genehmigungsfähig, Auflagen zu erteilen oder abzulehnen sind. So bedarf auch jede hydraulische Behandlung der Vorlage und Zulassung eines entsprechenden Sonderbetriebsplanes.“ Dieses Verfahren sichert aber noch keine Transparenz und erst recht keine regelhaften Beteiligungsrechte der (interessierten) Öffentlichkeit. Die aktuellen Stellenausschreibungen der LBEG in den Nrn. L01/11 (Öffentlichkeitsarbeit), L02/11 (Datenbanken) und L03/11 (Geoinformatiker) weisen auf einen erhöhten Personalbedarf bei der LBEG hin.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wann beantwortet die Landesregierung die im Januar-Plenum 2011 gestellte Frage, welche Chemikalien in den 16 Bohrlöchern des Erdgasfeldes Söhlingen verwendet wurden und werden (detaillierte Liste mit Mengenangaben je Bohrloch!) und welche Stellen wie darüber informiert und gegebenenfalls beteiligt wurden (Wasserrecht)?
  2. Welches Prozedere zu geplanten Reihenuntersuchungen der möglicherweise betroffenen Menschen vor Ort ist vorgesehen, und in welcher anonymisierten Form werden die Ergebnisse für jedermann veröffentlicht?
  3. Inwieweit teilt die Landesregierung die Auffassung, dass das „klassische Bergrecht“ überholt ist und vor dem Hintergrund dringend erforderlicher qualifizierter Beteiligungsrechte der Öffentlichkeit einer Reform bedarf, die sich nicht auf reine PR-Arbeit beschränken darf?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Bei dem Ereignis, auf das in der Anfrage Bezug genommen wird, handelt es sich um Schäden an Lagerstättenwasserleitungen im Erdgasfeld Söhlingen, bei dem es zu Boden- und Grundwasserverunreinigungen mit BTEX-Aromaten (Benzol, Toluol, Ethylbenzol und Xylol) und Quecksilber kam. Ursache der festgestellten Rohrleitungsschäden sind nach derzeitigem Kenntnisstand Vorgänge der Diffusion und der Permeation durch die intakte Rohrwand von Polyethylen-Kunststoffrohren sowie ältere Verunreinigungen. Ein Zusammenhang zwischen diesem Ereignis und den vor über 10 Jahren durchgeführten hydraulischen Bohrlochbehandlungen (Frac) ist nicht erkennbar. Dies zeigen sehr deutlich Rohrleitungsschäden im Erdgasfeld Hengstlage, bei denen ein vergleichbares Schadensbild aufgetreten ist, aber die Frac-Technologie bei keiner Bohrung in diesem Feld zur Anwendung kam.

Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) entscheidet bei der Bearbeitung von Anträgen auf der Grundlage geltender Gesetze und Verordnungen. Die Durchführung von Verwaltungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung ist danach nur bei der Überschreitung bestimmter, vom Bundesgesetzgeber vorgegebener Grenzwerte, obligatorisch. Unabhängig von diesen gesetzlichen Vorgaben wird das LBEG zur Erhöhung der Transparenz im Vorfeld geplanter Projekte die betroffenen Landkreise und Kommunen sowie die Bürgerinnen und Bürger vor Ort verstärkt informieren.

Ein erhöhter Personalbedarf des LBEG lässt sich aus den im Internet veröffentlichten aktuellen Stellenausschreibungen nicht ableiten. Hierbei handelt es sich im Regelfall um die Wiederbesetzung freigewordener Stellen, die die übliche Fluktuation einer Behörde dieser Größenordnung widerspiegelt.

Hinsichtlich der zitierten Berichte in der Kreiszeitung Rotenburg wurde durch das Gesundheitsamt des Landkreises berichtet, dass bei einem Ehepaar auf eigene Initiative Blutuntersuchungen durchgeführt wurden. Es liegen derzeit zwei Untersuchungsberichte von Blutuntersuchungen vor, wobei lediglich bei einer Person das Ergebnis die als Laborreferenzwert angegebene Konzentration von „< 0,5 µg Benzol/l Blut“ leicht übersteigt, der Messwert lag bei 0,7 µg/l im Blut. Erhöhte Werte für Quecksilber sind nicht bekannt. Die in den Berichten ausgewiesenen Werte liegen unterhalb des Referenzwertes für Erwachsene der Kommission Human-Biomonitoring im Umweltbundesamt. Das Gesundheitsamt steht mit dem Ehepaar bezüglich des leicht erhöhten Messwertes für Benzol in Kontakt. Es sind weitere umweltmedizinische Untersuchungen vorgesehen. Hierzu wird das Untersuchungsergebnis überprüft und daraufhin werden mögliche Quellen eruiert.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Wie in der Antwort der Landesregierung (Anlage 16 zum Stenografischen Bericht der 96. Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 21. Januar 2011) auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Borngräber (SPD) Drs. 16/3225 vom 12. Januar 2011 dargestellt, erfordert die Beantwortung der Frage nach den im Erdgasfeld Söhlingen bei der Durchführung von Fracs verwendeten Chemikalien eine umfangreiche Aktenrecherche über einen Zeitraum von nahezu 30 Jahren. Die Landesregierung geht davon aus, dass diese Recherche bis Ende März 2011 abgeschlossen ist und wird dem Landtag die entsprechenden Unterlagen zeitnah nach diesem Termin zur Verfügung stellen.

Bei der Zulassung von Rahmenbetriebsplänen für die einzelnen Bohrungen beteiligt das LBEG die Landkreise, unter anderem als untere Wasserbehörde, und die Gemeinden als Planungsträger. Soweit Frac-Arbeiten in einer solchen Bohrung vorgesehen sind, werden diese in den Rahmenbetriebsplänen erwähnt.

Zu 2.:
Nach Auskunft des Gesundheitsamtes des Landkreises Rotenburg sind keine Reihenuntersuchungen geplant. Mit den Anwohnern wurde Kontakt aufgenommen und eine persönliche Beratung vor Ort angeboten. Im Einzelfall kann dies auch weitere Untersuchungen beinhalten. Die Bewertung erfolgt individuell unter Einbeziehung der Lebensumstände.

Zu 3.:
Grundlage für die Genehmigung von Tiefbohrungen sowie die Anwendung der Frac-Technologie sind die Regelungen des Bundesberggesetzes, wobei die zuständige Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde die Auswirkungen dieser Tätigkeiten auf Umwelt, Mensch sowie Kultur- und Sachgüter zu überprüfen hat. Da das geltende Bergrecht bereits heute umfassende Versagensgründe und Öffnungsklauseln zur Berücksichtigung außerbergrechtlicher Belange enthält, sieht die Landesregierung eine deutliche Erhöhung der Transparenz der Genehmigungsverfahren durch die Betreiber und die Genehmigungsbehörde als vorrangiges Ziel an. Gegenwärtig prüft die Landesregierung, inwieweit dieses Ziel mit einer Änderung der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben erreicht werden kann.


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Artikel-Informationen

erstellt am:
17.03.2011
zuletzt aktualisiert am:
18.03.2011

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