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Wasserkartellrecht

Die Landeskartellbehörde Niedersachsen hat - zusammen mit den anderen Kartellbehörden der Länder und dem Bundeskartellamt - die Aufgabe, den wettbewerbsrechtlichen Ordnungsrahmen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) als Grundlage der sozialen Marktwirtschaft zu gewährleisten. Ein Aufgabenschwerpunkt der Behörde ist neben dem Energiekartellrecht die Durchsetzung wettbewerbsähnlicher Strukturen in der von natürlichen Monopolen geprägten Wasserwirtschaft.

Die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung stellt eine öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge dar. Im Wasserbereich bestehen gem. §§ 31 ff. GWB Wegenutzungsverträge zwischen Wasserversorgungsunternehmen und Gebietskörperschaften, die regelmäßig auch als Konzessionsverträge bezeichnet werden. Das neue Recht der Konzessionsvergabe, das mit der Vergaberechtsreform in das GWB umgesetzt worden ist, gilt nicht für die Vergabe von Wasserkonzessionen. Der Gesetzgeber hat in §§ 148 ff GWB einen Ausnahmebereich geschaffen, der für den Netzbetrieb als auch für die Trinkwasserver- und/oder Abwasserentsorgung gilt. Diese weitreichende Ausnahme hat jedoch nicht zur Folge, dass zukünftig Wasserkonzessionen im rechtsfreien Raum vergeben werden dürfen. Vielmehr hat die Kommune grundsätzlich in regelmäßigen Abständen Wasserkonzessionen mit Binnenmarktrelevanz in einem wettbewerblichen Auswahlverfahren zu vergeben und dabei nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Grundsätze des Unionsprimärrechts wie freier Wettbewerb, Gleichbehandlung, Verhältnismäßigkeit und Transparenz zu beachten. Die Regelungen des § 46 Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) finden nach allgemeiner Auffassung keine Anwendung auf Konzessionsverträge im Wasserbereich. Auch handelt es sich bei der Konzessionsvergabe im Wasserbereich nicht um eine Vergabe im Sinne von §§ 97 ff. GWB.

Soweit ausschließlich eine Wasserversorgung auf dem Gebiet Niedersachsens Gegenstand eines Konzessionsvertrags ist, muss dieser bei der Landeskartellbehörde nach seinem Abschluss angemeldet werden. Verträge der Wasserversorgungsunternehmen im Sinne des § 31 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 GWB sowie deren Änderungen und Ergänzungen bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gem. § 31a Abs. 1 S. 1 GWB der vollständigen Anmeldung bei der zuständigen Kartellbehörde.

Die Landeskartellbehörde hat keine Befugnis zur Durchführung einer Preiskontrolle oder -genehmigung. Ihr obliegt jedoch eine sogenannte „nachträgliche Missbrauchsaufsicht“ über Versorgungsgebiete der Wasserversorgungsunternehmen in Niedersachsen. Für in mehreren Bundesländern gelegene Versorgungsgebiete ist ggf. das Bundeskartellamt zuständig.

Die Zuständigkeit der Landeskartellbehörde ist auf die Wasserversorgungsunternehmen begrenzt, die auf privatrechtlicher Basis Wasserpreise verlangen. Die Grundlagen der Versorgung sind in der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) geregelt. Dagegen unterliegen Unternehmen, die auf der Grundlage kommunaler Satzungen Wassergebühren erheben, nicht der nachträglichen Missbrauchsaufsicht (Vgl. § 185 Abs. 1 Satz 2 GWB). Die Überprüfung der Gebührenhöhe obliegt vielmehr der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde. Gegen den Gebührenbescheid kann zudem auch Klage vor dem jeweiligen Verwaltungsgericht erhoben werden.

Die nachträgliche Missbrauchsaufsicht der Kartellbehörden richtet sich nach §§ 18, 19 und 31 GWB. Die letztgenannte Vorschrift verbietet es Wasserversorgungsunternehmen ausdrücklich, „ungünstigere Preise oder Geschäftsbedingungen (zu fordern) als gleichartige Wasserversorgungsunternehmen, es sei denn, das Wasserversorgungsunternehmen weist nach, dass der Unterschied auf abweichenden Umständen beruht, die ihm nicht zurechenbar sind". Die Regelung des § 31 GWB unterstützt die Tätigkeit der Kartellbehörden durch eine Beweislastumkehr im Kartellverwaltungsverfahren. Es soll insbesondere verhindert werden, dass ein marktbeherrschendes Unternehmen seine Marktmacht z. B. durch missbräuchlich überhöhte Preise gegenüber seinen Kunden ausnutzt. Dies bedeutet keine flächendeckende Preisüberprüfung, sondern die nachträgliche Kontrolle einzelner Ausreißer im Rahmen des der Behörde eingeräumten Aufgreifermessens.

Um einen Überblick über die Preissituation auf dem in Niedersachsen im Bundesvergleich traditionell preisgünstigen Sektor der Wasserversorgung von Haushalts- und Kleingewerbekunden zu gewinnen und gleichzeitig eine Grundlage für die Ausübung der Missbrauchsaufsicht zu erhalten, führt die Landeskartellbehörde im Rahmen ihrer Enquête-Befugnis gemäß § 32e GWB Marktuntersuchungen mit Tarif- und Erlösabfragen durch. Die Ergebnisse der Untersuchungen werden als Ergebnisberichte, bereinigt um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der betroffenen Unternehmen, auf dieser Internetseite veröffentlicht und so der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

Kunden haben unabhängig von der Tätigkeit der Landeskartellbehörde die Möglichkeit, - ggf. nach vorheriger anwaltlicher Beratung - gem. § 315 BGB vor einem Zivilgericht einseitig vom Wasserversorger vorgenommene Preiserhöhungen auf ihre Billigkeit überprüfen zu lassen.


Ansprechpartner Telefon
Frau Heike Zinram 0511 / 120-8412
Frau Britta Hartmann
0511 / 120-8417


Wasserkartellrecht Niedersachsen
Trinkwassermarktuntersuchung zum Stichtag 31.12.2019

Presseinformation vom 29.07.2020

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