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Plenum 10. Juni 2016 - Mündliche Anfragen

Frage 42


Ist Leiharbeit ein „geeignetes beschäftigungspolitisches Instrument“ (Drucksache 17/4153) oder ein Instrument zur Unterwanderung von Tarifverträgen und zum Missbrauch für Streik-brecher?

Abgeordnete Christian Dürr, Gabriela König, Jörg Bode und Christian Grascha (FDP)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Am 10. Mai 2016 hat Bundesarbeitsministerin Nahles einen Gesetzentwurf zu den Themen Leiharbeit und Werkverträge vorgelegt, der für klare Regeln bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern sorgen soll und in der Zukunft jeglichen Missbrauch von Leiharbeit und Werkverträgen bekämpfen (https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2016/05/2016-05-11-koalition-einigung-leiharbeit-werkvertraege.html). Der DGB hat diesen Gesetzentwurf erst begrüßt und ihn später als „Flickenteppich, der zu viele Schlupflöcher offenlässt“ (HAZ, 25. Mai 2016) bezeichnet.

Der DGB hat sich am 24. Mai 2016 besorgt über die Verdreifachung der Anzahl der Leiharbeiter in Niedersachsen geäußert. Gemäß Berichterstattung soll die Anzahl der Leiharbeiter in Niedersachsen bei 92 400 liegen, und nur ein „kleiner Teil von ihnen werde wirklich zur Abfederung von Auftragsspitzen eingesetzt, der eigentlichen Funktion von Zeitarbeit“ (HAZ, 25. Mai 2016).

Die Bundesagentur für Arbeit hat vor einiger Zeit die statistische Berichterstattung der Arbeitnehmerüberlassung verändert und das neue Merkmal „Leiharbeit“ in den Meldungen der Arbeitgeber zur Sozialversicherung eingeführt. Seit dieser Änderung können die Beschäftigten einzelfallbezogen als Leiharbeitnehmer identifiziert und ausgewertet werden.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Niedersächsische Landesregierung ist u. a. mit dem Ziel angetreten, sich für die Regulierung der Leiharbeit einzusetzen, um auch hier Dumpinglöhne zu verhindern, und dem Missbrauch von Werkverträgen entgegenzuwirken.

Mit dem in der Vorbemerkung genannten Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Bekämpfung des Missbrauchs von Leiharbeit und Werkverträgen hat diese einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung unternommen. Die dem jeweiligen Gesetzeszweck entsprechende rechtmäßige Nutzung des arbeitsmarktpolitisch bewährten Instruments Leiharbeit und von Werkverträgen wird mit den von der Bundesregierung vorgeschlagenen Regelungen auf der einen Seite unterstützt, deren missbräuchliche Verwendung aber andererseits begrenzt. Dabei bleibt die konkrete, ggfs. abweichende Ausgestaltung der Grenzsetzung selbst – auf der Grundlage gesetzlicher Mindeststandards – entsprechend der in Deutschland jahrzehntelang gelebten guten Tradition den Sozialpartnern und dem tarifvertraglichen Ausgleich überlassen.

1. Vor dem Hintergrund, dass der DGB den aktuellen Gesetzentwurf zur Neuregelung für Leiharbeit und Werkverträge kritisiert: Wie beurteilt die Landesregierung die geplanten Neuregelungen, wie sie durch Bundesarbeitsministerin Nahles erarbeitet und vorgestellt worden sind?

Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.

2. Vor dem Hintergrund, dass die Anzahl der Leiharbeiter in Niedersachsen laut dem DGB Ende Februar 2015 bei 79 500 gelegen hat (http://niedersachsen.dgb.de/presse/++co++ffe4e446-be64-11e4-b0e1-52540023ef1a) und Ende Mai 2016 bereits bei 92 400 liegt: Kann die Landesregierung diese Entwicklung bestätigen und erklären?

Ausweislich der Statistiken der Bundesagentur der Arbeit – Bestand an Leiharbeitnehmern, Insgesamt Deutschland, Länder Zeitreihe sowie zum Stichtag 30.06.2015 (Statistik 1.4, Bestand an Leiharbeitnehmern nach Staatsangehörigkeit und Geschlecht) - waren Ende Februar 2015 84.151 Personen in der Leiharbeit beschäftigt. Bis zum 30.06.2015 – auf den Juni 2015 wird auch in der Pressemitteilung des DGB vom 24.05.2016 (http://niedersachsen.dgb.de/presse/++co++85308a90-21ad-11e6-bf1b-52540023efla) hingewiesen – ist die Anzahl der Leiharbeitnehmer/innen in Niedersachsen auf 92.433 angestiegen. Auf der Grundlage dieser Zahlen kann die Landesregierung einen Anstieg der Anzahl von Leiharbeitnehmer/innen bestätigen; allerdings nicht in dem zitierten Umfang. Verifizierbare Informationen zu den Gründen für den dargestellten Anstieg liegen der Landesregierung aber nicht vor.

3. Vor dem Hintergrund, dass der Anteil der Beschäftigten in der Arbeitnehmerüberlassung im Verhältnis zu allen Beschäftigten bei ca. 2,5 % liegt: Kann die Landesregierung die Vorbehalte gegenüber der Leiharbeit - Stichworte: „Kurzzeitige Beschäftigung zu Dumpinglöhnen“, „Einsatz als Streikbrecher“, „Unterwanderung von Tarifverträgen“ und „geringe Vermittlung in reguläre Arbeitsverhältnisse“ (geringer „Klebeeffekt“) - bestätigen und erklären?

Die Landesregierung teilt die Vorbehalte gegen einen unregulierten Einsatz der Leiharbeit und hat daher bereits zwei Bundesratsinitiativen zur Bekämpfung der missbräuchlichen Verwendung von Leiharbeit und Werkverträgen eingebracht (Bundesrats-Drucksachen 687/13 und 87/15). Zur Erläuterung verweist sie beispielhaft auf die mittlerweile allgemein bekannten Verhältnisse in der Schlacht- und Zerlegeindustrie, in der bis zu 80% der zur Produktion erforderlichen Belegschaften durch Leih- und Werkvertragsarbeitnehmerinnen und -arbeitnehmer ersetzt werden.

Miniter Lies spricht im Landtag   Bildrechte: MW-Nds

Minister Olaf Lies spricht im Landtag

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.06.2016

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher: Christian Haegele und Sabine Schlemmer-Kaune

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