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Plenum 18. August 2016 - Mündliche Anfragen

Frage 51


Sind Lang-Lkw eine Chance für die Verkehrssicherheit und Logistik in Niedersachsen?

Anfrage Abgeordneten Gabriela König und Dr. Marco Genthe (FDP)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Lang-Lkw sind bereits über einen längeren Zeitraum in Niedersachsen erprobt worden. Unter Berücksichtigung des prognostizierten Güterverkehrsaufkommens in Deutschland und Europa könnten solche Lang-Lkw möglicherweise eine Entlastung der Logistikbranche und des Verkehrsaufkommens auf deutschen Fernstraßen herbeiführen.

Bereits seit 2006 steht Gerd Will (wirtschafts- und verkehrspolitischer Sprecher der SPD) hinter der These, dass Lang-Lkw eine erhebliche Gefahr für die Verkehrssicherheit darstellten und in Zukunft keine verkehrspolitischen Probleme lösen könnten. Diese These über eine Aussichtslosigkeit des Projekts wurde von ihm im Jahre 2012 in einem Artikel von regionalwolfenbüttel.de noch einmal bekräftigt und ist mit einer Ablehnung weiterer Genehmigungen von Strecken für Lang-Lkw im Koalitionsvertrag von Rot-Grün verankert.

Am 13. Juli 2016 erwähnte Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung, dass die Testphase aus seiner Sicht bisher sehr erfolgreich verlaufe. Herr Lies vermutet, dass nach Abschluss der Testphase ein Einsatz von Lang-Lkw durchaus realisierbar sein könne. Ferner seien laut seiner Aussage in der Neuen Osnabrücker Zeitung schon jetzt viele Strecken vorhanden, auf denen Lang-Lkw einsetzbar seien.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Landesregierung hat den bundesweiten Feldversuch mit Lang-Lkw stets kritisch begleitet, aber auch immer wieder betont, dass eine Entscheidung für oder gegen das Lang-Lkw-Konzept erst nach Vorliegen des wissenschaftlich fundierten Abschlussberichts der Bundesanstalt für Straßenwesen (BAST) erfolgen kann. Daher hat die Landesregierung bereits genehmigte Strecken in Niedersachsen nicht widerrufen und das Befahren durch Lang-Lkw weiterhin gestattet.

Die Landesregierung bezieht ihre Erkenntnisse zur Bewertung des Lang-Lkw-Konzepts aus dem Zwischenbericht der BAST sowie aus den Rückmeldungen der niedersächsischen Logistiker.

Laut dem Zwischenbericht der BAST ergeben sich bisher im Rahmen des Lang-Lkw-Versuchs im Vergleich zu üblichen Lkw-Zügen weder ein größeres Sicherheitsrisiko noch eine stärkere Schädigung der Verkehrsinfrastruktur. Insgesamt zeigten sich keine Auffälligkeiten im Verkehrsgeschehen. Durch das größere Ladevolumen der Fahrzeuge lassen sich Fahrten einsparen, was sich positiv auf den Kraftstoffverbrauch und die CO2-Bilanz auswirkt. Auch die befürchtete Verlagerung von Gütern von der Schiene auf die Straße konnte bisher nicht bestätigt werden. Diese Fragestellung wird aber auch ein Schwerpunkt in der letzten Phase des Feldversuchs und damit ein wichtiger Punkt im Abschlussbericht der BAST sein.

Die Darstellung im Zwischenbericht der BAST wird durch die Erfahrungen der beteiligten Logistiker in Niedersachsen bestätigt. Darüber hinaus liegen der Landesregierung bisher keine Erkenntnisse über Probleme oder kritische Zwischenfälle mit Lang-Lkw in Niedersachsen vor.

1. Wie hat sich der von Minister Lies in der Neuen Osnabrücker Zeitung erwähnte Erfolg des Lang-Lkw-Feldversuchs bislang bemerkbar gemacht?

Es wird auf die Vormerkungen verwiesen.

2. Liegen der Landesregierung aufgrund des Feldversuches Erkenntnisse vor, die gegen eine Zulassung von Lang-Lkw sprechen könnten oder würden und, wenn ja, welche sind dies?

Erkenntnisse, die gegen eine Fortführung des Feldversuchs oder einen Regelbetrieb unter den Randbedingungen des bisherigen Feldversuchssprechen könnten, liegen der Landesregierung nicht vor.

3. Würde der Einsatz von Lang-Lkw auf stark befahrenen Bundesfernstraßen, z. B. den Bundesautobahnen A 2 oder A 7, zu einer Entlastung des Verkehrsaufkommens und gegebenenfalls des Unfallgeschehens beitragen können?

Da sich Lang-Lkw laut des Zwischenberichts der BAST aufgrund der Gewichtsbeschränkung auf 40 t praktisch nur bei Pendelverkehren zwischen bekannten Standorten und bei vorher bekannten leichten Gütern wirtschaftlich sinnvoll einsetzen lassen, könnten höchstens 10 % der heute üblichen Standard-Lkw durch Lang-Lkw ersetzt werden. Bei einer kompletten Substitution dieses möglichen zehnprozentigen Anteils mit Lang-Lkw würden statt einer Anzahl von 100 üblichen Standard-Lkw zukünftig 90 Standard-Lkw und 6 Lang-Lkw unterwegs sein (2 Lang-Lkw können laut Untersuchung der BAST etwas mehr als 3 Standard-Lkw ersetzen). Die Anzahl der Fahrzeuge würde sich also insgesamt um 4 % verringern. Inwieweit sich diese Verringerung des Verkehrsaufkommens auch auf das Unfallgeschehen auswirken würde, lässt sich schwer abschätzen. Jedoch ist anzunehmen, dass andere Maßnahmen zur Vermeidung von Unfällen unter Beteiligung von Lkw wirksamer sind.

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag, Fotograf: Thiemo Jentsch   Bildrechte: MW-Nds

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag

Artikel-Informationen

erstellt am:
19.08.2016

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher: Christian Haegele und Sabine Schlemmer-Kaune

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