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Plenum 28. Oktober 2016 - Mündliche Anfragen

Frage 54


54. Können Praktika in Unternehmen begleitend zu den Sprachkursen Zugewanderten das Erlernen der deutschen Sprache erleichtern?

Abgeordneter Burkhard Jasper (CDU)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung

Vorbemerkung des Abgeordneten

Das Erlernen der deutschen Sprache ist der Schlüssel zur Integration. Zuwanderer unterschätzen häufig die Schwierigkeiten beim Erlernen der deutschen Sprache. Die Probleme könnten nach Ansicht einiger Fachleute verringert werden, wenn, begleitend zu den Sprachkursen, Praktika in Unternehmen angeboten würden. Dies hätte für die Unternehmen den Vorteil, dass sie gutes Personal gewinnen könnten.

Vorbemerkung der Landesregierung

Vor dem Hintergrund der Fluchtmigration der vergangenen 1-2 Jahre ist die Arbeitsmarktintegration geflüchteter Menschen auch in Niedersachsen eine zentrale Herausforderung der Arbeitsmarktpolitik. Nach Untersuchungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit verfügt ein Großteil der zugewanderten Menschen allerdings kaum über Deutschsprachkenntnisse. Auch unterscheidet sich die Berufsbildung in den Hauptherkunftsstaaten deutlich vom deutschen Berufsbildungssystem. Daher kommt sowohl frühzeitigen Sprachlernangeboten als auch Praktika zur Berufsorientierung und zur Heranführung an Ausbildung oder Beschäftigung eine besondere Bedeutung für die Arbeitsmarktintegration erwerbsfähiger Geflüchteter zu.

1. Teilt die Landesregierung die Ansicht, dass Praktika in Unternehmen, begleitend zu den Sprachkursen, Zugewanderten das Erlernen der deutschen Sprache erleichtern könnten?

In Hinblick auf eine frühzeitige Arbeitsmarktintegration kann eine parallele Durchführung von Sprachlernangeboten und Betriebspraktika dazu beitragen, Wartezeiten bis zur Einmündung in Ausbildung oder Arbeit zu verkürzen und erworbene Sprachkenntnisse im Zusammenhang mit praktischen Tätigkeiten besser zu entwickeln und zu festigen. Vor diesem Hintergrund setzt sich die Landesregierung im laufenden Austausch mit der Regionaldirektion Niedersachen-Bremen der Bundesagentur für Arbeit (BA) und dem Niedersächsischen Landkreistag dafür ein, die Verzahnung der Integrationskurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit den gesetzlichen Arbeitsförderinstrumenten der Arbeitsagenturen und Jobcenter weiter zu verbessern.

2. Welche Angebote gibt es in Niedersachsen für Zugewanderte, begleitend zu den Sprachkursen, Praktika in Unternehmen zu machen, und reichen diese Angebote aus?

Vor dem Hintergrund des besonderen Bedarfs nach kombinierten Fördermöglichkeiten zur parallelen Durchführung von Sprachlernmaßnahmen und Praktika hat die BA im Rahmen des § 45 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) bzw. des § 16 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) i. V. m. § 45 SGB III spezielle zentrale Maßnahmeformate für die Zielgruppe der Flüchtlinge entwickelt: Hierzu gehört insbesondere das Produkt „Kompetenzfeststellung, frühzeitige Aktivierung und Spracherwerb (KompAS)“, mit dem Kompetenzfeststellungen, frühzeitige Aktivierung sowie Spracherwerb in Kombination mit betrieblichen Erprobungen umgesetzt werden, sowie das Produkt „Perspektiven für Flüchtlinge (PerF)“, bei dem praktische Kompetenzfeststellungen im „Echtbetrieb“ neben weiteren Maßnahmebestandteilen auch mit der Vermittlung berufsbezogener Deutschkenntnisse kombiniert werden. Darüber hinaus werden regional individuell konzipierte Maßnahmen mit vergleichbaren Inhalten (u.a. betriebliche Erprobungen) angeboten. Nach Angaben der Regionaldirektion Niedersachsen Bremen der BA sind die Maßnahmeangebote z. Zt. bedarfsdeckend bzw. es werden in den nächsten Monaten ausreichende Förderangebote zur Verfügung stehen.

Zusätzlich erarbeiten die Regionaldirektion der BA und das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur eine Modellförderung, um Landessprachkurse mit Fördermaßnahmen nach dem SGB II und SGB III zu kombinieren.

Ferner bestehen auch im Rahmen der Arbeitsmarktangebote des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr vielfältige Möglichkeiten, Sprachunterricht für geflüchtete Menschen mit berufspraktischen Unterstützungsmaßnahmen zu kombinieren, beispielsweise im Rahmen des Programms „Qualifizierung und Arbeit (QuA)“ zur beruflichen Qualifizierung Arbeitsloser, im Rahmen des „Integrationsprojektes Handwerkliche Ausbildung für Asylbewerber und Flüchtlinge (IHAFA)“ oder im Rahmen des „Modellprojektes ‚Virtuelle Sprachqualifizierung für Migrantinnen und Migranten in Niedersachsen (MOVIS)‘“, in dessen Rahmen Migrantinnen und Migranten, insbesondere Flüchtlinge, die Gelegenheit zum Deutschspracherwerb vermittels eines audiovisuellen Online-Tools erhalten.

3. Falls die Angebote nicht ausreichen, will die Landesregierung in Zusammenarbeit mit den Kammern und Berufsverbänden Aktivitäten ergreifen, um das Angebot an Praktikumsplätzen zu erhöhen?

Nach Angaben der Regionaldirektion Niedersachsen-Bremen der BA besteht im Rahmen der landesweit verfügbaren KompAS- und PerF-Fördermaßnahmen derzeit kein Angebotsengpass. Im Bereich der Landesförderung haben bspw. im Rahmen des o. g. Modellprojektes IHAFA mehr als 1.000 Handwerksbetriebe in Niedersachsen die Bereitschaft erklärt, Flüchtlinge für Praktika oder – bei entsprechender Eignung – auch für Ausbildung oder Beschäftigung aufzunehmen. Auch wurde der Landesregierung von Seiten ihrer Arbeitsmarktpartner aus der „Fachkräfteinitiative Niedersachsen“ und dem Bündnis „Niedersachen packt an“ aktuell kein Mangel an Praktikumsplätzen zur Erprobung und Vorbereitung geflüchteter Menschen auf Ausbildung oder Beschäftigung mitgeteilt.

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag, Fotograf: Thiemo Jentsch   Bildrechte: MW-Nds

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag

Artikel-Informationen

erstellt am:
28.10.2016

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher: Christian Haegele und Sabine Schlemmer-Kaune

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