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Plenum 14. Dezember 2017 - Mündliche Anfragen

Frage 03: Folgen der abgesackten Ostsee-Autobahn für den geplanten Bau der A 20 in Niedersachsen


Abgeordnete Detlev Schulz-Hendel, Meta Janßen-Kucz, Dragos Pancescu, Eva Viehoff (GRÜNE)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Digitalisierung namens der Landesregierung



Vorbemerkung der Abgeordneten

Im Jahr 2005 wurde ein Teilstück der sogenannten Ostsee-Autobahn fertiggestellt. Der auf Moor bzw. Betonpfählen gebaute rund 100 m lange Autobahnabschnitt der A 20 im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern zwischen Tribsees und Bad Sülze ist vor einigen Wochen in Teilen um bis zu 4 m abgesackt. Als Ursache vermuten Experten, dass die Betonpfähle in der bis zu 20 m tiefen Torfschicht unter der Autobahn gebrochen sein könnten. Zunächst war noch eine Spur auf der Gegenfahrspur Richtung Stettin befahrbar. Seit Ende Oktober ist der Teilabschnitt komplett gesperrt. Teure und aufwändige Sanierungsarbeiten, Straßensperrungen und Umleitungsplanungen sind nun die Folge. Die Reparatur des Autobahnabschnitts wird aktuellen Schätzungen zufolge rund zwei Jahre andauern und soll mehrere Millionen Euro kosten. Außerdem breite sich laut dem Landesamt für Straßenbau und Verkehr in Mecklenburg-Vorpommern der Schaden an der Fahrbahn noch weiter aus. Die Anwohnerinnen und Anwohner der Gemeinden, die vom umgeleiteten Verkehr betroffen sind, beklagen eine Verfünffachung des Verkehrsaufkommens.

Auch bei den sieben planfestzustellenden Abschnitten der A 20 in Niedersachsen sind Moore betroffen - insbesondere die Teilabschnitte 2 (Wesermarsch) und 7 (Hammahermoor), die auf bis zu 17 m tiefen Moorschichten zu bauen wären.


Vorbemerkung der Landesregierung

Die geplante Küstenautobahn A 20 verläuft in Niedersachsen nach den bisherigen Planungen durch Bereiche mit unterschiedlichen Bodenbeschaffenheiten. In den Geestbereichen bilden die oberflächennahen Bodenschichten einen stabilen Untergrund, auf dem Bauwerke wie die A 20 problemlos errichtet werden können. Im Einzugsbereich von Weser, Jade und Elbe quert die geplante A 20 dagegen auch größere Bereiche von Marschböden, die sich durch nachsteinzeitliche Weichschichten auszeichnen. In diesen Bereichen sind geringtragfähige Böden mit bis zu 20 m Mächtigkeit vorhanden, die über eiszeitlichen Sanden liegen und sich aus Klei und Torf zusammensetzen. Um auf diesen Böden eine Autobahn zu errichten, ist eine Verbesserung des Baugrundes notwendig.

Für den Verkehrswegebau auf wenig tragfähigem Untergrund steht grundsätzlich eine Vielzahl von Bauverfahren zur Verfügung.

Wegen der hohen Bedeutung dieses Themas für die Baudurchführung wurden bereits zu einem sehr frühen Planungsstadium umfangreiche Baugrundaufschlüsse durchgeführt und Baugrundgutachten beauftragt. Übereinstimmend wurden in allen Projektabschnitten von den jeweiligen Baugrundgutachtern nur zwei Gründungsvarianten empfohlen. Das ist einerseits in Bereichen mit geringer Weichschichtmächtigkeit die Anwendung eines Vollbodenaustausches und zum anderen in Bereichen mit einer größeren Weichschichtmächtigkeit die Durchführung eines sogenannten Vorbelastungsverfahrens bzw. Überschüttverfahrens.

Das für den Bau der A 20 empfohlene Überschüttverfahren ist ein Konsolidierungsverfahren, das beim Bau von Straßen auf wenig tragfähigem Untergrund zur Reduzierung von Langzeitsetzungen und zur Erhöhung der Standsicherheit eingesetzt wird. Ziel dieses Verfahrens ist eine kontrollierte Porenraumreduzierung unter äußerer Einwirkung durch einen Konsolidierungsvorgang.

Bei dem Überschüttverfahrenwird der Autobahndamm über die endgültige Höhenlage hinaus aufgeschüttet (Vorbelastung). Dieses ermöglicht, die Setzungen aus Dammeigengewicht und Verkehrslasten bereits weitgehend vorwegzunehmen und den Konsolidierungsvorgang zu beschleunigen. Über Vertikaldräns fließt das infolge der Zusammendrückung (Setzung) der Weichschichten ausgepresste Porenwasser nach oben in den Sandkörper des Vorbelastungsdammes und wird seitlich abgeleitet. Aufgrund der geringen Scherfestigkeit der organischen Weichschichten in Abhängigkeit von deren Dicke und Zusammensetzung ist der Autobahndamm in mehreren Schüttstufen mit jeweils entsprechenden Liegezeiten herzustellen. Zur Erhöhung der Gelände-/ Böschungsbruchsicherheit des Vorbelastungsdammes werden zudem im Bereich der Dammbasis Bewehrungen aus hochzugfesten Geotextilien (geotextilbewehrtes Gründungspolster) eingebaut.

Nach der Beendigung der Liegezeit (ca. 2 Jahre, in Abhängigkeit von den konkreten Baugrundgegebenheiten und in enger Abstimmung mit dem baubegleitendem Bodengutachter) erfolgt ein Erdabtrag bis auf Planumshöhe und der anschließende Einbau des Oberbaus.




1. Welche Schlüsse zieht die Landesregierung aus dem Vorfall an der Ostsee-Autobahn in Mecklenburg-Vorpommern hinsichtlich des geplanten Baus der A 20 auf der niedersächsischen Seite (auch hierzulande soll die sogenannte Küstenautobahn über tiefe Moorschichten führen)?

Die genauen Ursachen für das Absacken der A 20 bei Tribsees sind bislang noch nicht abschließend geklärt.

Die in Niedersachsen gewählten Gründungsverfahren unterscheiden sich aber grundsätzlich von einem im Bereich Triebsees offenbar angewandten Gründungsverfahren mit Mörtelsäulen.


2. Welches Verfahren wird in Niedersachsen angewandt werden, um die Fahrbahn der A 20 über moorigem Gebiet zu bauen, und in welcher Form wird es sich von der bislang geplanten Bauweise unterscheiden?

Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen.



3. In welcher Weise wird sich nach den Erfahrungen mit der abgesackten Ostsee-Autobahn in Mecklenburg-Vorpommern ein angepasstes Bauverfahren für die A 20 in Niedersachsen auf die bislang eingeplanten Kosten auswirken und das Kosten-Nutzen-Verhältnis der A 20 im Bundesverkehrswegeplan 2030 von aktuell 1,6 beeinflussen?

Das in den Vorbemerkungen für Niedersachsen beschriebene Bauverfahren ist Grundlage der für den niedersächsischen Teil der A 20 ermittelten Kosten.


Artikel-Informationen

erstellt am:
14.12.2017

Ansprechpartner/in:
Herr Dr. Eike Frenzel

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