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Reaktivierung von Bahnstrecken II

Die Abgeordneten Heiner Schönecke und André Bock (CDU) hatten gefragt:

Am 6. August 2013 hat das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr bekannt gegeben, dass es die Reaktivierung von Bahnstrecken untersuchen wolle. Die von der Landesregierung angekündigte Untersuchung der Reaktivierung von Bahnstrecken bzw. Bahnhaltepunkten ist die Fortsetzung einer Initiative, die schon zu CDU-Regierungszeiten angestoßen wurde. Die CDU-Landtags­fraktion hatte bereits 2012 im Rahmen einer parlamentarischen Initiative gefordert, „Reaktivierungsanstrengungen im SPNV dort zu verstärken, wo die Wirtschaftlichkeit der Vorhaben erwiesen ist und in Einklang mit den Investitionen in die Infrastruktur gebracht werden kann, soweit nach der Revision der Regionalisierungsmittel die erforderlichen finanziellen Spielräume für Reaktivierungen im SPNV gegeben sind“ (vgl. Drs. 16/5235 „Kontinuität und Stärkung des bestehenden SPNV-Angebotes in Niedersachsen statt ,Ideologie auf der Schiene’“, 27. September 2012).

Das Wirtschaftsministerium hat ferner am 6. August 2013 angekündigt, dass nur eine von zehn untersuchten Strecken Chancen auf eine Förderung habe, sofern die Kommune einen Förderanteil von 25 % übernehme.

Bereits im November 2011 wurde der Samtgemeinde Jesteburg sowohl von der LNVG als auch vom Ministerium für Arbeit, Wirtschaft und Verkehr mitgeteilt, dass eine Reaktivierung der Strecke Buchholz–Maschen nicht in Betracht gezogen würde. In erster Linie würden Reaktivierungen von Strecken und Stationen für den SPNV von Niedersachsen nicht verfolgt werden, da die finanziellen Randbedingungen keinen Spielraum für zusätzliche dauerhaft zu tragende Betriebskostendefizite ließen. Hinzu käme die Ungewissheit der finanziellen Lage nach der Revision des Regionalisierungsgesetzes, des grundlegenden Finanzierungsinstrumentes von SPNV-Betriebsleistungen, im Jahr 2014.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Welche neuen Erkenntnisse haben zur Aufnahme der Strecke Buchholz–Maschen in die Liste der zu prüfenden Strecken geführt?
  2. Welche Planungen gibt es trotz fehlender Weichen für die Anbindung an den Personenbahnhof in Maschen für die Haltestellen Jesteburg, Ramelsloh und Meckelfeld?
  3. An welchen Kosten der Strecke Buchholz–Maschen muss sich der Landkreis zu 25 % beteiligen (z. B. für neue Bahnhöfe, neue Gleise, neue Weichen oder andere Verkehrsanlagen)?
  4. Welche neuen Erkenntnisse haben zur Aufnahme der Strecke Hützel–Winsen/Süd–Nieder­marschacht in die Liste der zu prüfenden Strecken geführt?
  5. An welchen Kosten der Strecke Hützel–Winsen/Süd–Niedermarschacht muss sich der Landkreis zu 25 % beteiligen (z. B. für neue Bahnhöfe, neue Gleise, neue Weichen oder andere Verkehrsanlagen)?
  6. Werden die aktuellen Planungen zur anderweitigen Nutzung der Strecke Hollenstedt–Harse­feld (Verkauf aus Eigentum der EVB an Gemeinde, Umnutzung) aufgrund der anstehenden Reaktivierungsuntersuchungen des Landes gestoppt?
  7. Teilt die Landesregierung die Aussage des Verkehrsclubs Deutschland durch seinen Landesvorsitzenden Friedrichs, dass auf nicht genutzte Bahntrassen mehr Güterverkehr geführt werden solle?
  8. Welchen Umwelt- und Fahrgastverbänden wurde das Reaktivierungsverfahren vorgestellt?
  9. Wann wurde der Fahrgastbeirat des Landkreises Harburg einbezogen?
  10. Welche zusätzlichen Mittel stehen der Landesnahverkehrsgesellschaft für die Reaktivierung von Schienenstrecken für den Personenverkehr bis zum Jahr 2017 zur Verfügung?
  11. Welche Auswirkungen hat die Reaktivierung von Bahnstrecken auf die Angebotsplanung, insbesondere auf die Beseitigung von Kapazitätsengpässen im Bestandsnetz der südlichen Metropolregion Hamburg?
  12. Welche Auswirkungen hat die Reaktivierung auf die Modernisierung von Stationen und Strecken sowie auf die Modernisierung und Erneuerung des Fahrzeugparks im Bestandsnetz der südlichen Metropolregion Hamburg?
  13. Wird im Zusammenhang mit der Reaktivierung von Bahnstrecken die Forderung des Landkreises Harburg nach einer Machbarkeitsstudie für die Verlängerung der S-Bahn Harburg nach Lüneburg und Tostedt berücksichtigt?

Verkehrsminister Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 26.09.2013 wie folgt:

Die Landesregierung hat im Gegensatz zu der abgelösten Landesregierung die vielfach seit langem bestehenden Wünsche nach einer Reaktivierung von Strecken aufgegriffen und sich in der Koalitionsvereinbarung dazu bekannt, umgehend zu prüfen, welche Schienenstrecken mit wirtschaftlicher Vernunft reaktiviert werden können. Insofern verfolgt die aktuelle Landesregierung einen lösungsorientierten Ansatz, während die abgelöste Landesregierung der Reaktivierung von Schienenstrecken skeptisch gegenüber stand.

Die Landesregierung hat die Landesnahverkehrsgesellschaft mbH Niedersachsen (LNVG) beauftragt, eine umfassende Untersuchung durchzuführen, wo der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) mit wirtschaftlicher Vernunft in die Fläche ausgeweitet werden kann. Insgesamt werden 71 Strecken in die dreistufig angelegte Untersuchung einbezogen.

Um die Untersuchung umfassend anlegen zu können, wurden zunächst sämtliche von an der Reaktivierung beteiligten Akteuren gemeldeten Schienenstrecken in eine Liste der zu untersuchenden Strecken aufgenommen.

Neben klar definierten Kriterien, deren Erfüllung Voraussetzung für eine Reaktivierung sein sollen, hat die LNVG Rahmenbedingungen formuliert, die ebenfalls in die Reaktivierungsuntersuchung einbezogen werden sollen. Danach dokumentiert die Landesregierung ihr großes Interesse an der Reaktivierung von Schienenstrecken dadurch, dass das Land 75 % der Investitionskosten tragen soll. Der übrige Teil müsste von Dritten (Eisenbahnunternehmen, Kommunen, Landkreisen) aufgebracht werden. Zu den Investitionskosten zählen notwendige SPNV-Infrastrukturmaßnahmen (z.B. für Gleise, Weichen sowie ggf. für die Errichtung von zusätzlichen Haltepunkten). Andere Verkehrsanlagen wie die Einrichtung einer Bike & Ride Station stehen zwar zumindest in einem mittelbaren Zusammenhang mit der Reaktivierung von Schienenstrecken, würden aber aus gesonderten Förderprogrammen finanziert werden.

Entsprechend der Verantwortung, die die SPNV-Aufgabenträger für die Bestellung und Finanzierung des Bedienungsangebotes übernommen haben, ist geplant, dass diese die Betriebskosten für die ersten zwanzig Jahre nach erfolgter Reaktivierung in Gänze tragen. Diese Finanzierung würde genauso aus Regionalisierungsmitteln erfolgen wie auch der Großteil der Übernahme der Investitionskosten durch das Land. Auch aus diesem Grund bringt sich die Landesregierung in die Verhandlungen über die gesetzlich vorgesehene Revision der Regionalisierungsmittel zum Jahre 2015 intensiv ein.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Die Strecke Buchholz-Maschen ist eine der 71 Strecken, die in die Untersuchung einbezogen sind. Sie war bereits bei der ersten Reaktivierungsuntersuchung der LNVG Ende der neunziger Jahre auf der Liste der zu untersuchenden Strecken. Im Übrigen siehe die Vorbemerkungen.

Zu 2.:
Erst nachdem die ersten zwei Stufen der Reaktivierungsuntersuchung abgeschlossen sind, würde – sofern die Strecke Buchholz-Maschen sich noch in dem Verfahren befände –innerhalb der dritten Untersuchungsstufe eine konkrete Planung im Wege der einzelfallbasierten Nutzen-Kosten-Analyse vorgenommen.

Zu 3.:
Siehe die Vorbemerkungen.

Zu 4.:
Die Strecke Hützel-Winsen/Süd-Niedermarschacht ist eine der 71 Strecken, die in die Untersuchung einbezogen worden sind. Für sie gilt das gleiche wie für die Strecke Buchholz-Maschen. Im Übrigen siehe die Vorbemerkungen.

Zu 5.:
Siehe die Vorbemerkungen.

Zu 6.:
Die Schienenstrecke Hollenstedt-Harsefeld wurde in die Liste der zu betrachtenden Strecken aufgenommen.
Das weitere Vorgehen hängt von dem Ergebnis der ersten beiden Untersuchungsstufen ab, das derzeit vollkommen offen ist.

Zu 7.:
Die Reaktivierung von Schienenstrecken für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) muss sich im wesentlichen aus dem SPNV selbst heraus rechtfertigen, da die vom Land beabsichtigte Teilfinanzierung durch die Verwendung von für den Öffentlichen Personennahverkehr zweckgebundenen Regionalisierungsmittel erfolgen würde. Die Zunahme des Güterverkehrs auf zu reaktivierenden Schienenstrecken wird im Rahmen der Untersuchung als ein zusätzlicher Nutzen mitbetrachtet. Die Landesregierung teilt selbstverständlich die Auffassung des VCD, dass Güterverkehr wo immer dies ohne negative Auswirkungen auf den SPNV möglich ist, auf die Schiene verlagert werden sollte.

Zu 8.:
Minister Lies hat am 5. August 2013 Vertretern aller Landtagsfraktionen, der Kommunen, der Verkehrswirtschaft sowie der Umwelt- und Fahrgastverbände sowie der Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs in Niedersachsen Inhalt und Umfang dieser Untersuchung ausführlich vorgestellt. Von den Umwelt- und Fahrgastverbänden waren Pro Bahn, BUND, das Nahverkehrsbündnis Niedersachsen, der Verkehrsclub Deutschland sowie der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club mit jeweils einem Vertreter anwesend.

Zu 9.:
Der Fahrgastbeirat des Landkreises Harburg als lediglich regional tätiger Akteur wurde nicht einbezogen. Die gesonderte landesweite Beteiligung der Fahrgastverbände hätte den Rahmen der Veranstaltung gesprengt. Durch die Beteiligung des Nahverkehrsbündnisses als Multiplikator wurde davon ausgegangen, dass die Fahrgastverbände entsprechend informiert wurden und die Möglichkeit erhielten, sich einzubringen. Die Vorschläge für die Reaktivierung einzelner Strecken, die das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr und /oder LNVG nach dem 5. August erreicht haben, hat gezeigt, dass diese Annahme zutreffend war.

Zu 10.:
Siehe die Vorbemerkungen.

Zu 11. und 12.:
Eine Entscheidung über die Mitteldisposition kann erst nach Vorliegen des Ergebnisses der Reaktivierungsuntersuchung getroffen werden.

Zu 13.:
Die Entscheidung über die genannte Forderung steht nicht im Zusammenhang mit der Reaktivierungsuntersuchung und wird unabhängig von deren Ergebnis erfolgen. Insoweit ist eine Berücksichtigung nicht erforderlich.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
01.11.2013
zuletzt aktualisiert am:
10.12.2013

Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke

Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
Friedrichswall 1
30159 Hannover
Tel: (0511) 120-5427
Fax: (0511) 120-995427

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