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Plenum 15. Juni 2017 - Mündliche Anfragen

Frage 49: Ist die Novelle der Mess- und Eichverordnung auf dem richtigen Weg?


Abgeordnete Jörg Bode, Dr. Stefan Birkner, Hermann Grupe und Christian Grascha (FDP)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Der Entwurf der Novelle der Mess- und Eichverordnung sieht vor, dass Lastkraftwagen künftig sowohl vor als auch nach dem Beladevorgang gewogen werden müssen. Bisher wird das Leergewicht der Lastkraftwagen regelmäßig, aber eben nicht vor jedem einzelnen Beladevorgang festgestellt, und der so ermittelte und gespeicherte Wert wird der Wiegung zugrunde gelegt.

Die geplante Änderung der Mess- und Eichverordnung hat insbesondere für die Baustoffindustrie, die Deponiebetreiber und die Landwirtschaft Auswirkungen. Nach Aussage von Fachleuten würden erhebliche Mehrkosten verursacht, ohne dass dem ein ersichtlicher Mehrwert gegenüber stünde. Die bisherige Praxis sei etabliert und sehe sich keinen Beanstandungen ausgesetzt.

Zahlreiche Verbände der Baustoff- und Recyclingwirtschaft, der Deponiebetreiber und der Landwirtschaft haben einen gemeinsamen Änderungsvorschlag vorgelegt, der die Verwendung von gespeicherten Gewichtswerten von Kraftfahrzeugen zulässt, wenn sichergestellt ist, dass eine Benachteiligung des Vertragspartners ausgeschlossen ist.

Vorbemerkung der Landesregierung

Zum 1. Januar 2015 wurde das Mess- und Eichrecht in Deutschland grundlegend novelliert. Im Rahmen des Vollzugs der Mess- und Eichverordnung vom 11. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2010, 2011) sind Aktualisierungen und Konkretisierungen einiger Regelungen erforderlich. Diese sollen durch die 2. Verordnung zur Änderung der Mess- und Eichverordnung erreicht werden. Die Verordnung ist auf verschiedene Ermächtigungen des Mess- und Eichgesetzes gestützt (Regelungen der §§ 4, 30 und 41 MessEG). Am 22.06.2017 erfolgt die Befassung zur 2. Verordnung zur Änderung der Mess- und Eichverordnung im BR-Wirtschaftsausschuss (BR-Drs. 418-17).

1. Wie bewertet die Landesregierung die von der Bundesregierung beabsichtigte Novellierung des § 26 MessEV?

Die beabsichtigten Änderungen der 2. Verordnung zur Änderung der Mess- und Eichverordnung dienen einer besseren Umsetzbarkeit im Vollzug der Länder bei der Umsetzung der seit dem 01.01.2015 geltenden eichrechtlichen Vorgaben. Bereits seit dem 01.01.2015 dürfen gespeicherte Gewichtswerte für Kraftfahrzeuge zur Bestimmung von Nettowerten nur herangezogen werden, wenn sie unmittelbar vor oder nach der Wägung des beladenen Kraftfahrzeugs festgestellt wurden.

Durch die nun beabsichtigte Einführung einer Wertgrenze bei der Verwendung gespeicherter Taragewichtswerte bei Kfz (Fahrzeugwaagen) in § 26 Absatz 2 Satz 2 der Mess- und Eichverordnung wird die Durchführung von Wägungen im Geschäftsalltag im unteren Preisbereich deutlich vereinfacht und Standzeiten verkürzt. Damit ist zukünftig nur in den Fällen eine unmittelbare Leerverwiegung zur Feststellung des aktuellen Gewichtswerts des Kraftfahrzeugs erforderlich, in denen der Preis der Ladung oder deren Entsorgungskosten pro Tonne das Vierfache der Bagatellgrenze von derzeit 5 € überschreitet. In den anderen Fällen dürfen gespeicherte Taragewichtswerte des Fahrzeuges verwendet werden.

Die Landesregierung befürwortet die Einführung der Wertgrenze zur Entlastung der Wirtschaft.

2. Wie bewertet sie den Änderungsvorschlag der Verbände?

Der von verschiedenen Verbänden, insbesondere der Bauwirtschaft, vorgelegte Änderungsvorschlag wurde in den letzten Wochen bundesweit an die Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister der Länder herangetragen. Die dort vorgebrachten Argumentationen der Verbände sind dem Bund-Länder-Ausschuss (BLA) Mess- und Eichwesen bekannt und auch mit Verbandsvertretern diskutiert worden.

Die Taraangabe für LKW variiert je nach Zeitpunkt der Wiegung, Tankfüllung und dem jeweiligem Verschmutzungsgrad sowie Wetterlage (trocken, nass) und generiert damit wesentlich höhere Gewichtsfehler als sie für eine Waage zulässig sind. Um diese z.T. sehr großen Fehlerspannen, die jeweils zum Nachteil für eine Vertragspartei sind, zu vermeiden und um Rechtsstreitigkeiten zu verhindern, hat der Bund als Gesetzgeber die exakte und zeitnahe Wiegung der LKW umgesetzt.

Die exakte Ermittlung der Taragewichte ist in allen Bereichen, in denen eine Bruttowiegung zur Bestimmung des Nettogewichtes eines Handelsgutes notwendig ist, vorgeschrieben. Dies gilt für z.B. für Brot, Fleisch, Obst, Gemüse und alle erdenklichen Schüttgüter und Wägesysteme von der Apothekenwaage bis zur Fahrzeug- oder Eisenbahnwaage.

Eine komplette Herausnahme eines Messgerätetyps, hier Fahrzeugwaage, oder einer Anwendung, z.B. Recyclingmaterial, würde unmittelbar zu einer Ungleichbehandlung aller anderen Bereiche führen.

3. In welcher Weise hat sie sich bisher bzw. wird sie sich in das Gesetzgebungsverfahren einbringen?

Die abschließende Länderabstimmung im BLA nach Abwägung aller Argumentationen ergab ein klares Votum für die im Referentenentwurf enthaltene Regelung mit der Einführung der Wertgrenze, um die Belastung für die Baustoff- und Recyclingwirtschaft, die Deponiebetreiber und die Landwirtschaft abzumildern. Laut Auskunft der Mess- und Eichämter haben bundesweit schon viele Einzelunternehmen ihre Wägeabläufe auf die bestehende Regelung gemäß § 26 Abs. 2 der Mess- und Eichverordnung umgestellt.

Anzumerken ist, dass das Mess- und Eichwesen Niedersachsen (MEN) als für den Eichvollzug zuständige Behörde Unternehmen während des Umstellungsprozesses der Wägung eine Übergangsregelung eingeräumt hat.

Darüber hinaus unterstützt die Landesregierung im Hinblick auf die direkte Abgabe von Milch über Milchabgabeautomaten die befristete Aufnahme dieses Aspektes in eine Ausnahmeregelung, damit für bereits in Betrieb befindliche Automaten kostenaufwändige Nachrüstungen vermieden werden können. Hiermit wird man insbesondere den Bedürfnissen kleinerer Betriebe gerecht.

Die Landesregierung wird im Rahmen des Bundesratsverfahrens ihre Position festlegen.

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag, Fotograf: Thiemo Jentsch   Bildrechte: MW-Nds

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher: Christian Haegele und Sabine Schlemmer-Kaune

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