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Mögliche Gebäude- und Umweltschäden durch neue Gasspeicher in Ronnenberg (Region Hannover)

Der Abgeordnete Stefan Politze (SPD) hatte gefragt:

In der Stadt Ronnenberg (Region Hannover) plant die Gasspeicher Hannover GmbH (GHG) vier neue Kavernen als Speicherorte für Erdgas einzurichten. Vorgesehen ist offenbar, dazu mithilfe von Wasserdruck Hohlräume im dortigen Benther Salzstock zu erzeugen, die anschließend mit Gas gefüllt werden sollen.

Im Gebiet des Benther Salzstocks sind bereits in den 70er-Jahren im Gebiet der heutigen Stadt Ronnenberg sowie in benachbarten westlichen Stadtteilen der Landeshauptstadt Hannover beträchtliche Erdabsenkungen mit erheblichen Schäden an Wohn- und Betriebsgebäuden zu verzeichnen gewesen.

Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) fordert nunmehr, zunächst mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) festzustellen, ob der Salzstock überhaupt den erzeugten Belastungen standhält. Auch das zuständige Bundesumweltministerium teilt einem Zeitungsbericht zu-folge diese Haltung. Das federführende Landesamt für Bergbau in Clausthal verweigert allerdings eine entsprechende Prüfung. Die Betreibergesellschaft wiederum teilt mit, dass sie gegen eine UVP nichts einzuwenden habe, diese aber aus rechtlichen Gründen nicht erstellen lassen könne, wenn das Landesamt sie nicht verlange.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Welche Teile welcher Kommunen sind von der Neuplanung der GHG konkret (auch: möglicherweise im Sinne einer Gefahrenabschätzung) betroffen, und wie sind diese an der Planung beteiligt worden?
  2. Ist die Landesregierung bereit, eine UVP für die neuen Gaskavernen in Ronnenberg in Auftrag zu geben?
    Wenn ja: Wann?
    Wenn nein: Warum nicht und welche Rolle spielt dabei das vom BUND erwähnte Argument, dass durch eine UVP die umfangreichen Vorschädigungen des Benther Salzstocks ermittelt würden?
  3. Sind der Landesregierung generell Vorschädigungen oder entsprechende Vermutungen über solche beim Benther Salzstock bekannt, wie sind diese Erkenntnisse in das bisherige Genehmigungsverfahren eingeflossen, und welche Konsequenzen haben nach Ansicht der Landesregierung die Senkungen im vergangenen Jahrhundert auf die Genehmigung des neuen Vorhabens?
  4. Kann die Landesregierung ausschließen, dass durch die neuen Gaskavernen erneut Geländeabsenkungen in Ronnenberg, Hannover oder anderswo auftreten, und mit welchen Argumenten untermauert sie dies gegebenenfalls?

Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler beantwortete die Anfrage am 13.10.2009 namens der Landesregierung wie folgt:

Die Gasspeicher Hannover GmbH (GHG) plant ihren seit 1982 in Betrieb befindlichen Kavernenspeicher Empelde zu erweitern. Diese Planungen sehen die Erstellung von drei zusätzlichen Kavernen sowie die Vergrößerung von drei betriebenen Kavernen vor. Der Errichtung und dem Betrieb dieses Kavernenspeichers liegen neben einer Landesplanerischen Feststellung des Großraumes Hannover verschiedene bergrechtliche Genehmigungen der niedersächsischen Bergbehörde zugrunde.

Die GHG nutzt für ihre unterirdischen Speicherkavernen den Benther Salzstock, in dem auch die ehemaligen Kalibergwerke Ronnenberg und Hansa liegen. Beide Bergwerke dienten bis in die siebziger Jahre der Gewinnung von Kali- und Steinsalz. Dem Ende des Gewinnungsbetriebes im Kalibergwerk Hansa schloss sich eine planmäßige Flutung der noch offenen Grubenbaue an, die im Jahr 1984 abgeschlossen wurde. Im Kalibergwerk Ronnenberg traten im Jahr 1975 nicht mehr zu beherrschende Wasserzuflüsse auf, die zu der Einstellung des Gewinnungsbetriebes und der unplanmäßigen Flutung der Grubenbaue führten. Bei diesen Zuflüssen handelte es sich um Lösun-gen aus den Gesteinsschichten oberhalb des Salzgebirges (Gipshut) sowie um Grundwasser aus den darüber anstehenden Sanden und Kiesen. Infolge der Entwässerung des Gipshutes sowie der Grundwasserabsenkungen bildeten sich an der Tagesoberfläche lokale Erdfälle und Senken.

Im Genehmigungsverfahren für den Kavernenspeicher Empelde wurden mögliche Einflüsse dieser Kalibergwerke auf das Kavernenprojekt der GHG erörtert und die Standsicherheit des Benther Salzstockes aufgrund der durch die Speicherkavernen erzeugten Belastungen gutachterlich bewertet.

Dieses vorausgeschickt werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

zu 1.:
Die GHG hat am 24.09.2008 dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) einen bergrechtlichen Rahmenbetriebsplan für die Erweiterung des Kavernenspeichers Empelde zur Zulassung vorgelegt. Für die Zulassung des Rahmenbetriebsplanes hat das LBEG ein Beteiligungsverfahren gemäß § 54 Bundesberggesetz (BBergG) durchgeführt und die Stadt Ronnenberg sowie die Region Hannover um Stellungnahme gebeten. Bei der Zulassung des Rahmenbetriebsplanes am 25.11.2008 hat das LBEG die von diesen Stellen vorgelegten Stellungnahmen berücksichtigt.

zu 2.:
In der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau) sind die bergbaulichen Vorhaben aufgeführt, für die eine UVP durchzuführen ist. Die UVP-V Bergbau listet hierzu die betriebsplanpflichtigen Vorhaben auf, die einer UVP bedürfen, und verweist ergänzend auf die UVP-Pflicht für die in der Anlage 1 des Gesetzes über die Umweltverträg-lichkeitsprüfung (UVPG) genannten Vorhaben, sofern diese betriebsplanpflichtig sind. Die Erweiterung von Untergrundspeichern zählt nicht zu den in der UVP-V Bergbau benannten betriebsplanpflichtigen Vorhaben und auch nicht zu den Vorhaben, die in der Anlage 1 zum UVPG benannt sind.

Dies gilt auch für die in Nr. 9.1 der Anlage 1 zum UVPG aufgeführten Anlagen, die der "Lagerung von brennbaren Gasen in Behältern … dienen", da diese Regelung auf die Lagerung in Behältern beschränkt bleibt. Untergrundspeicher nach dem BBergG sind dahingegen Anlagen "zur unterirdischen behälterlosen Speicherung von Gasen, Flüssigkeiten und festen Stoffen mit Ausnahme von Wasser" (§ 4 Abs. 9 BBergG). Entsprechend der amtlichen Begründung zum BBergG handelt es sich bei der unterirdischen behälterlosen Speicherung insbesondere um "Untergrundspeicher in Salzlagerstätten (Kavernenspeicher), die durch Aussolung von Salzstöcken hergestellt werden".

Auch nach dem Niedersächsischen Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung besteht keine Pflicht für die Durchführung einer UVP.

zu 3.:
Der Benther Salzstock ist insbesondere durch die bergbaulichen Tätigkeiten in den ehemaligen Kalibergwerken Ronnenberg und Hansa lokal vorgeprägt. Aufgrund der großen Distanz zwischen dem Kavernenspeicher Empelde und dem ehemaligen Kalibergwerk Ronnenberg erübrigte sich im Zulassungsverfahren eine detaillierte Befassung mit etwaigen Wechselwirkungen. Zu den Grubenbauen des ehemaligen Kalibergwerkes Hansa wurde ein Sicherheitsabstand festgelegt, der ausreicht, um eine gegenseitige Beeinflussung von Bergwerk und Kavernen auszuschließen.

Die lokalen Senken und Erdfälle an der Tagesoberfläche im Bereich des ehemaligen Kalibergwerkes Ronnenberg sind auf Bodenbewegungen in den Gesteinsschichten oberhalb des Salzstockes zurückzuführen und haben nicht zu einer Schädigung des Salzstockes geführt. Aktuelle gebirgsmechanische Berechnungen zeigen, dass derartige Vorkommnisse im Zusammenhang mit dem Betrieb des Kavernenspeichers Empelde nicht zu erwarten sind.

zu 4.:
Die jahrzehntelangen Erfahrungen in Niedersachsen aus dem Betrieb von untertägigen Kavernenspeichern zeigen, dass für den Kavernenspeicher Empelde allenfalls mit minimalen, sehr langfristigen und im Ergebnis unschädlichen Senkungen an der Tagesoberfläche zu rechnen ist. Diese Senkungen werden regelmäßig messtechnisch erfasst, ausgewertet und vom LBEG bergbehördlich überwacht.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
29.10.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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