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Breitband - Was ist eigentlich ein „weißer Fleck“?

Der Abgeordnete Enno Hagenah (Grüne) hatte gefragt:

Am Mittwoch, 12. Mai 2010, verkündete Wirtschaftsminister Bode während einer Pressekonferenz die Zwischenergebnisse zur Landesinitiative für flächendeckende Breitbandanbindung mit 2 Mbit/s im Downstream. Nach mehr als einem Jahr hat der Minister noch nicht einmal die Hälfte der eingeplanten Fördermittel vergeben: 24 Millionen Euro für die drei Cluster-Regionen Nordwestniedersachsen, Heide und Südniedersachsen zahlt das Land nun an die drei Unternehmen EWETel, Vodafone und Deutsche Telekom. Bis Ende 2011 sollen in den 20 unterversorgten Landkreisen von den 134 000 Haushalten gut 100 000 einen Breitbandanschluss erhalten. Während die Telekom alle Haushalte in ihrer Region zu versorgen plant, sind EWETel und Vodafone laut HAZ vom 14. Mai 2010 dazu nicht in Lage - rund ein Drittel der Haushalte in den Clustern Heide und Nordwestniedersachsen soll leer ausgehen. Gleichzeitig sind von den eingeplanten 30 Millionen Euro für die Cluster noch 6 Millionen Euro übrig. Dennoch sprach Minister Bode während der PK von einem „Erfolgsmodell“ und kündigte an, Land und Politik würden die „intensive Zusammenarbeit“ fortsetzen, um eine „flächendeckende Breitbandanbindung“ in Niedersachsen zu erreichen. Aus dem Täglichen Anzeiger Holzminden vom 12. Mai 2010 ist zu erfahren, dass die Landesregierung einen Landkreis bereits dann als versorgt definiert, wenn dort nur zwei Drittel der Haushalte über einen Breitbandzugang verfügen.

Im Jahr 2009 verfügten laut Landesbetrieb für Statistik und Kommunikation von rund 3,9 Millionen Haushalten in Niedersachsen 73,1 % bzw. rund 2,9 Millionen über einen Internetanschluss, rund 61 % bzw. 2,4 Millionen Haushalte sind ans Breitband angeschlossen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie definiert die Landesregierung in Zahlen die „flächendeckende“ Breitbandanbindung in Niedersachen bei 3,9 Millionen Haushalten, bzw. aus welchen Gründen und seit wann erklärt die Landesregierung einen Landkreis als versorgt, sobald dort zwei Drittel der Haushalte über eine Breitbandanbindung mit 2 Mbit/s verfügen?
  2. Aus welchen Gründe erteilte die Landesregierung den beiden Firmen EWETel und Vodafone den Zuschlag, obwohl die Unternehmen bis 2011 laut HAZ ein Drittel der betroffenen Haushalte in ihren Clustern von der Breitbandanbindung ausschließen werden, während die Deutsche Telekom durchaus in der Lage zu sein scheint, alle Haushalte in ihrem Cluster ans Netz zu nehmen, und das obwohl von den eingeplanten Mitteln für die Cluster noch 6 Millionen Euro übrig sind?
  3. In welchem Jahr wird der letzte Haushalt in Niedersachsen ans Breitband angeschlossen sein, wenn das bisherige Tempo bei der Umsetzung der Landesinitiative, Anschluss von rund 100 000 Haushalte in zwei Jahren, beibehalten würde und wenn in den kommenden Jahren ungeachtet leerer Haushaltskassen die Fördermittel in gleichbleibender Höhe fortgeschrieben werden könnten?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Die besondere Bedeutung von Breitband in einem Flächenland hat Niedersachsen dazu veranlasst, Unternehmen, die Breitbandanschlüsse anbieten, durch das Angebot von Fördermitteln zu motivieren, Regionen auszubauen, die bisher ohne Förderung für Unternehmen nicht rentabel waren.

Im Rahmen der Umsetzung des Konjunkturpaketes II der Bundesregierung Deutschland fördert die Niedersächsische Landesregierung mit der Initiative Niedersachsen den Ausbau der Breitbandinfrastruktur in drei ausgewiesenen Clustern "Nordwestniedersachen und Küste", "Heide" und "Südniedersachsen" mit insgesamt 30 Mio. Euro und über den Wettbewerb „Mehr Breitband für’s Land“ mit insgesamt 20 Mio. Euro. Die Förderung schließt die sog. "Wirtschaftlichkeitslücke", das heißt denjenigen Fehlbetrag, der aus den zu tätigenden Investitionen und den Betriebskosten sowie den generierten Einnahmen resultiert. Über 44 Mio. Euro und damit den Großteil der Mittel ist bereits entschieden.

In den Clustern sind die Unternehmen selbst die Zuwendungsempfänger und erbringen die Maßnahmen aus eigener technischer und kommerzieller Verantwortung. Im Wettbewerb hingegen sind die Kommunen Antragsteller und bei erfolgreicher Teilnahme Empfänger der Zuwendung, die sie einschließlich Ihres Eigenanteils an die ausführenden Unternehmen weitergeben.

Das die Erschließung durch unterschiedliche Unternehmen erfolgt, ist das Ergebnis des öffentlichen Wettbewerbs im Rahmen des auch von der KOM geforderten Vergabeverfahrens.

Die Ausschreibung der Förderung des Anschlusses der sog. "weißen Flecken" erfolgte entsprechend der Genehmigung durch die Europäische Kommission (KOM N243/2009) wettbewerbs-, anbieter- und technologieneutral. Mit Hilfe dieses Vorgehens wurde sicher gestellt, dass die Gewährung der Förderung nach einheitlichen Kriterien erfolgte.

Dasjenige Unternehmen je Cluster, das mit der zur Verfügung gestellten Förderung die meisten Endkundenanschlüsse mit der garantierten Datenrate von mind. 2 MBit/s im Downstream und 128 KBit/s im Upstream realisieren kann, erhielt den Zuschlag. Die zugesicherte Mindestdatenrate von 2 MBit/s pro Endkunde wird ab 2012 von Seiten der Landesregierung im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung kontrolliert. Pro Landkreis mussten mindestens zwei „weiße Flecken“ angeschlossen werden. Im Rahmen der Ausschreibung galt ein „Weißer Fleck“ als förderrechtlich abgearbeitet, wenn mindestens 65% der aufgeführten Endkundenstandorte erschlossen wurden. Diese Vorgabe erfolgte unter dem Eindruck der sehr zahlreichen und stark zersplitterten „weißen Flecken“, die mit den Fördermitteln aus der Initiative Niedersachsen nicht alle erschlossen werden können. Den potentiellen Anbietern sollten zur Angebotsabgabe eigene Planungsabsichten gestattet werden, um aus dem in der Ausschreibung aufgeführten Pool an „weißen Flecken“ eine möglichst große Anzahl anzuschließen. Durch den begrenzten Zeithorizont für die Maßnahmeumsetzung einerseits, andererseits die Marktinitiierung durch den angestoßenen Ausbau geht die Landesregierung davon aus, dass auch nach 2011 ein weiterer Ausbau auf eigene Initiative der Anbieter in den „begonnenen“ Gebieten stattfindet. In der Praxis werden daher mehr als 65 % eines „weißen Flecks“ erschlossen werden. Über den Gesamtversorgungsgrad eines Landkreises mit Breitband wird damit keine Aussage getroffen.

Für diejenigen „weißen Flecken“, die im Rahmen der Initiative Niedersachsen tatsächlich nicht oder nur teilweise angeschlossen werden konnten, bestehen weitere Fördermöglichkeiten über die Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes (GAK), den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) sowie die Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaftsentwicklung (GRW).

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen des Abgeordneten Hagenah namens der Landesregierung wie folgt:

Zu1.:
Die flächendeckende Breitbandanbindung in Niedersachsen ist ein fortschreitender Prozess. Er wird im Breitbandatlas Niedersachsen unter www.breitband-niedersachsen.de kontinuierlich dargestellt und fortgeschrieben. Grundlage sind die Angaben der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen, aber auch der Ausbau in den abgeschlossenen Vorhaben aus den verschiedenen Förderprogrammen für die Breitbandversorgung. Dargestellt werden diese Ergebnisse Geodaten referenziert in anonymisierter Form als sog. „Kacheln“, Flächen mit einer Kantenlänge von 500x500 m.

Zu 2.:
Die Firmen EWE-Tel und Vodafone haben im Rahmen der Ausschreibung für das jeweilige Cluster das wirtschaftlichste Angebot abgegeben. Die Unternehmen haben jeweils einen Ausbauvorschlag unterbreitet, den sie bis Ende 2011 umsetzen werden. Nun können die Regionen prüfen, ob es mit Hilfe weiterer Förderungen die Möglichkeiten gibt, bisher nicht berücksichtigte „weiße Flecken“ anzuschließen.

Kein Unternehmen war im Rahmen der Ausschreibung in der Lage, alle benannten Gebäude (Endkundenstandorte) in den benannten „weißen Flecken“ anzuschließen.

Die Fördermittel wurden in den Clustern „Heide“ und „Südniedersachsen“ nicht vollständig ausgeschöpft, so dass hier nach Rücksprache mit den betreffenden Landkreisen eine erneute Ausschreibung der noch existierenden „weißen Flecken“ im Gespräch ist.

Zu 3.:
Der Aus- und Aufbau von Telekommunikationsinfrastruktur erfolgt in erster Linie nach marktwirtschaftlichen Kriterien. Ziel der Landesregierung ist es jedoch, die digitale Kluft zwischen urbanen und ländlichen Räumen zu verringern, die Wettbewerbsfähigkeit ländlicher Unternehmen zu stärken und die Lebensqualität für die Bewohner ländlicher Gebiete zu erhöhen. Die Landesregierung unterstützt daher mit verschiedenen Fördermaßnahmen diejenigen Regionen, in denen der marktwirtschaftliche Ausbau in absehbarer Zeit nicht realisiert wird.

Ungleiche topografische, wirtschaftliche und demografische Rahmenbedingungen bewirken stark differierende Infrastrukturkosten und damit unterschiedliche Ausbaupläne / -absichten der Infrastrukturanbieter, die eine gleichmäßige Erschließung in der Fläche verhindern.

Eine nahezu landesweit flächendeckende Versorgung mit mindestens 2 MBit/s wird nur über einen Technologiemix möglich sein. U. a. soll die gerade abgeschlossene Lizenzversteigerung der Digitalen Dividende dazu beitragen. Erst mit den Ausbau- und Zeitplänen der Lizenzerwerber werden die letzten „weißen Flecken“ in der Breitbandverteilung in Niedersachsen ersichtlich. Den am Markt operierenden Unternehmen kommt damit eine besondere Bedeutung zu.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
10.06.2010

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