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Plenum 15. September 2016 - Mündliche Anfragen

Frage 45


45. Was ist der Unterschied zwischen Hafenperspektive und Hafenstrategie?

Abgeordnete Christian Dürr, Hillgriet Eilers, Gabriela König, Horst Kortlang (FDP)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Am 2. September 2016 hat Hafenminister Lies im Rahmen des Niedersächsischen Hafentages in Brake das Perspektivpapier „Der Hafen Niedersachsen 2020“ vorgestellt. Das Papier bezieht sich allgemein auf die Seehäfen von NPorts und thematisiert einen „Hafen Niedersachsen“. Die Intention von Hafenminister Lies, von dem einen „Hafen Niedersachsen 2020“ zu sprechen, scheint gemäß Berichterstattung bei der Mehrheit der Teilnehmer des Hafentages nicht angekommen zu sein. Deutlich weniger „als die Hälfte der Anwesenden“ (NWZ vom 3. September 2016) - 350 Teilnehmer aus der maritimen Wirtschaft - stimmten der „Minister-Meinung“ (NWZ vom 3. September 2016) zu. Im Vorwort schreibt Minister Lies: „Vor Ihnen liegt nun ein Perspektivpapier, das Strategien für unseren Hafen Niedersachsen abbildet. Hafenpolitik heißt, in die Zukunft zu schauen“ (Perspektivpapier, Seite 3).

In der Wirtschaftsliteratur wird „Strategie“ als eine grundsätzliche, langfristige Verhaltensweise im Sinne einer Maßnahmenkombination des Unternehmens einschließlich seiner Teilbereiche gegenüber seiner Umwelt zur Verwirklichung langfristiger Ziele beschrieben. Dabei besitzen diese Strategien die nötige Flexibilität, um Veränderungen und neue Aspekte jederzeit berücksichtigen zu können. Als Beispiel kann der Hafenentwicklungsplan „Hamburg hält Kurs“ der Hamburg Port Authority aus dem Jahr 2012 mit einer Laufzeit bis 2025 angeführt werden.

Das Perspektivpapier von Hafenministers Lies hat eine Laufzeit von unter vier Jahren. Diese Laufzeit in Verbindung mit der Feststellung der Arbeitsgemeinschaft Niedersächsischer Seehäfen, „dass es sich hierbei um ein Kompromisspapier handele, das erst nach schwierigen Gesprächen zustande gekommen sei und das kontinuierlich weiterentwickelt werden müsse“ (NWZ vom 3. September 2016) löst Fragen zur Hafenentwicklung und zum Dialog zwischen den Verbänden, der Wirtschaft und der Landespolitik aus.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die niedersächsischen See- und Binnenhäfen bilden als ein starkes Netz die gesamte Vielfalt und Bandbreite der Leistungsfähigkeit ab, die Niedersachsen in der maritimen Wirtschaft auszeichnet. Hierin sieht die Landesregierung den „Hafen Niedersachsen“.

Das Perspektivpapier „Hafen Niedersachsen 2020“ konzentriert sich auf die landeseigenen Häfen. Ganz bewusst hat sich die Landesregierung dafür entschieden, von der Entwicklung eines „klassischen“ Hafenkonzeptes abzuweichen. Es soll skizziert werden, welche Themen- und Fragestellungen aktuell im Fokus stehen und die Zukunft des Hafens Niedersachsen prägen werden – sei es auf Grund wirtschaftlicher Entwicklungen oder eigener Schwerpunktsetzungen, sei es auf Grund von Vorgaben oder Entwicklungen auf Bundes- und EU-Ebene. Damit will die Landesregierung die Stärken des Hafens Niedersachsen und die passgenaue Weiterentwicklung der einzelnen Standorte herausarbeiten.

Sinnvoll ergänzt wird der Hafen Niedersachsen dabei durch die kommunalen und privaten Häfen, die ebenfalls von großer Bedeutung für den Hafenstandort Niedersachsen sind.

Es geht darum, den Hafen Niedersachsen zukunftsfest zu machen und mit vorausschauendem Einsatz der vorhandenen Mittel die richtigen Investitionen in Erhalt und Ausbau der Hafeninfrastruktur zu tätigen, die sich in Beschäftigung und Wertschöpfung niederschlagen.

1. Welche strategischen Leitlinien und Ziele liegen dem Perspektivpapier für den Zeitraum bis 2020 zugrunde?

Im Kern geht es um die Neuausrichtung der Hafenpolitik. Übergeordnetes Ziel der zukunftsorientierten Strategie ist dabei die Stärkung des Hafen Niedersachsen im Verbund und damit die Stärkung sowohl des Wirtschaftsstandortes Niedersachsen als auch des Standortes Deutschland insgesamt. Schließlich bestätigen mehr als 40.000 direkt Beschäftigte im Land und rund 100.000 indirekt beschäftigte Personen im gesamten Bundesgebiet die große Bedeutung der Hafenwirtschaft in Niedersachsen.

An seinen einzelnen Standorten hat der Hafen Niedersachsen schon heute Schwerpunkte ausgebildet, die perspektivisch eine gezielte Stärkung und Entwicklung der einzelnen hoch spezialisierten Häfen erlauben. Kein Hafen kann vor diesem Hintergrund vollständig durch einen anderen Hafen ersetzt werden. Die Landesregierung wird diese Schwerpunkte über Hafenentwicklungspläne gezielt weiterentwickeln und damit die Standort- und Wettbewerbsvorteile der niedersächsischen Häfen, die in ihrer Summe einen großen Universalhafen darstellen, ausbauen und hierüber die Wettbewerbsfähigkeit des gesamten Verbundes insbesondere im Vergleich zur europäischen Konkurrenz stärken.

Die Landesregierung versteht ihre Hafenpolitik dabei als strategisches Instrument der Wirtschaftsentwicklung in Niedersachsen. Besonderes Augenmerk legen wir u. a. auf die aktive Unterstützung der Ansiedlung von weiteren Industrie- und Dienstleistungsunternehmen, die Sicherstellung der seewärtigen Erreichbarkeit und die Schaffung von leistungsfähigen Hinterlandanbindungen, eine Verbesserung der Ressourceneffizienz der Schifffahrt, einen weiteren Ausbau sowohl der Containerverkehre als auch der Kompetenzen und Marktpositionen in Nischenmärkten, eine stärkere Einbindung der Häfen in die logistischen Netze, eine Vertiefung von Dialog und Kooperation sowie die Bereiche Ausbildung und Fachkräftesicherung.

2. Vor dem Hintergrund der Berichterstattung „Auch Ministerwünsche gehen nicht immer in Erfüllung“ (NWZ vom 3. September 2016): Wieso ist die Hafenstrategie des Hafenministers Lies von so kurzer Laufzeit und zudem in der Hafenwirtschaft umstritten?

Das Perspektivpapier „Hafen Niedersachsen 2020“ ist in der Hafenwirtschaft nicht umstritten. Richtig ist, dass das Papier im engen Dialog mit der Hafenwirtschaft entstanden ist. Im Zuge dieses Dialogs haben Land und Hafenwirtschaft nicht nur offen diskutiert, sondern auch gemeinsam Positionen entwickelt und das Bewusstsein für den Hafen Niedersachsen und seine einzelnen Standorte insgesamt geschärft. Dass im Zuge eines solchen Prozesses auch Meinungsunterschiede auftreten und Kompromisslinien gefunden werden müssen, ist selbstverständlich.

Im Übrigen bedeutet erfolgreiche Hafenpolitik, kontinuierlich in die Zukunft zu investieren und die Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Häfen dauerhaft zu sichern, auszubauen und zu stärken. Dies kann und darf nicht an Legislaturperioden gebunden sein, sondern muss langfristig und vorausschauend erfolgen, um allen Beteiligten und insbesondere der Hafenwirtschaft Orientierung und Planungssicherheit zu geben. Insofern beschränkt sich das Perspektivpapier, und dieser Aspekt ist mehrfach deutlich gemacht worden, ausdrücklich nicht auf den Zeitraum bis zum Jahr 2020, sondern reicht weit darüber hinaus.

3. Vor dem Hintergrund des Doppelinterviews von Wirtschaftssenator Horch und Wirtschaftsminister Meyer, bei dem zahlreiche mögliche hafenstrategische Kooperationen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein angesprochen worden sind (Hamburger Abendblatt, 24. August 2016): Auf welche Art und Weise ist die Landesregierung bei den angedachten Kooperationen (z. B. gegenseitige Bereitstellung von Gewerbeflächen, künftige Industrieansiedlungen, Entwicklungszentrum für Windkraftanlagen, gemeinsame Nutzung von Infrastrukturen, wechselseitige Unterstützung bei LNG) zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein eingebunden?

Grundsätzlich gibt es u. a. über den Hafenentwicklungsdialog und die Konferenz der Wirtschafts- und Verkehrsminister/-senatoren der norddeutschen Küstenländer sowie über die Arbeitsebene eine enge und vertrauensvolle Kooperation zwischen den norddeutschen Küstenländern. Das besagte Interview im Hamburger Abendblatt steht hierzu nicht im Gegensatz, insbesondere da es in dem Gespräch – mit Ausnahme vielleicht der Überlegungen zu einem LNG-Terminal in Brunsbüttel – nicht um konkrete hafenstrategische Kooperationen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein ging. Eine Einbindung der niedersächsischen Landesregierung in lediglich Hamburg und Schleswig-Holstein betreffende Projekte wie z. B. den Ausbau der A7 nördlich von Hamburg oder die Aktivitäten rund um den Hamburger Flughafen wäre darüber hinaus nicht zielführend.

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag, Fotograf: Thiemo Jentsch   Bildrechte: MW-Nds

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag

Artikel-Informationen

erstellt am:
16.09.2016

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher: Christian Haegele und Sabine Schlemmer-Kaune

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