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Plenum 2. Februar 2017 - Mündliche Anfragen

Frage 2


Nicht-technisch gesicherte Bahnübergänge in Niedersachsen sichern

Abgeordnete Susanne Menge (Grüne)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung

Vorbemerkung der Abgeordneten

Neben Bayern und Nordrhein-Westfalen weist Niedersachsen den höchsten Anteil an Bahnübergängen bundesweit aus - und analog dazu auch den höchsten Anteil an Unfällen an Bahnübergängen. Dabei endet jeder vierte Unfall tödlich. Insbesondere an unbeschrankten, schlecht ausgeleuchteten und nicht-technisch gesicherten Eisenbahnübergängen kommt es gehäuft zu Verkehrsunfällen. Zuletzt starb in Niedersachsen ein Pkw-Fahrer an einem unbeschrankten Bahnübergang in Cloppenburg, davor ein Lkw-Fahrer im Kreis Nienburg kurz vor Silvester an den Folgen eines Unfalls ebenfalls an einem unbeschrankten Bahnübergang. Im Sommer starb eine Mutter mit ihren beiden Kleinkindern an einem unbeschrankten Bahnübergang bei Oerel (Landkreis Rotenburg). Zum Teil waren die Stellen weder durch eine Schranke noch durch ein Lichtsignal gesichert. Es fällt auf, dass sich der Bestand an Bahnübergängen von rund 28 000 im Jahr 1996 auf rund 17 500 (2015) bundesweit reduziert hat. Und auch die Anzahl der gemeldeten Unfälle ging im selben Zeitraum von 225 auf 160 zurück (Deutscher Bundestag, Drucksache 18/7802). Gleichwohl ist der Anteil der 8 000 nicht-technisch gesicherten Bahnübergänge im Bundesgebiet mit 43 % (1996: 50 %) weiterhin sehr hoch. Laut Bundespolizei unterschätzen Verkehrsteilnehmer die Gefahren beim Queren von Schienenwegen. Gerade Unfälle an Bahnübergängen aber verliefen deutlich schwerwiegender als andere Unfallereignisse im Eisenbahnverkehr. Dabei ist zu beachten, dass Bahnübergänge erst ab einer Frequenz von täglich 2 500 Kraftfahrzeugen mit Schranken und/oder Lichtsignalen laut Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung ausgestattet sein müssen. Bei geringerer Frequenz reichen das Aufstellen eines Andreaskreuzes bzw. eine Geschwindigkeitsreduzierung und ein akustisches Signal aus; bei Feld-, Wald-, Fuß- und Privatwegen muss selbst ein Andreaskreuz nicht aufgestellt werden.

Vorbemerkung der Landesregierung

Eigene Erkenntnisse zum Unfallgeschehen liegen der Landesregierung nur zu den Bahn­übergängen der nichtbundeseigenen Eisenbahnen (NE) vor, die der Aufsicht des Landes unterliegen. Die Aufsicht über die DB Netz AG obliegt dagegen dem Bund, so dass die Landesregierung nicht direkt auf diese Informationen zugreifen kann.

1. Wie hoch sind in Niedersachsen die jährlichen Unfallzahlen an höhengleichen Bahnübergängen insgesamt und speziell an den nicht-technisch gesicherten Bahnübergängen in den letzten zehn Jahren?

Das Unfallgeschehen an den Bahnübergängen der nichtbundeseigenen Eisenbahninfrastruk­turunternehmen in Niedersachsen in den Jahren 2007 bis 2016 stellt sich wie folgt dar:

Für die Bahnübergänge der bundeseigenen DB Netz AG in Niedersachsen stehen Daten nur für die Jahre 2008 und 2015 zur Verfügung. In der Kürze der Zeit konnte die DB Netz AG keine weitergehenden Informationen bereitstellen.

An den Bahnübergängen der DB Netz AG in Niedersachsen ereigneten sich 2008 insgesamt 31 Unfälle. Dabei wurden 10 Menschen getötet und 44 verletzt. Eine Zuordnung der Unfälle nach der Art der Sicherung der Bahnübergänge erfolgte dabei nicht. Diese wurde nur für die Personenschäden vorgenommen. Sieben Menschen starben bei Unfällen an nichttechnisch gesicherten Bahnübergängen. Verletzt wurden bei diesen Unfällen 23 Menschen. Bei Unfäl­len an technisch gesicherten Bahnübergängen verloren 3 Menschen ihr Leben und 21 weitere wurden verletzt.

Im Jahr 2015 kam es in Niedersachsen zu 23 Unfällen an Bahnübergängen der DB Netz AG bei denen 2 Menschen getötet und 35 verletzt wurden. Zur Aufteilung der Unfallzahlen zwischen nichttechnisch und technisch gesicherten Bahnübergängen liegen für das Landes­gebiet keine In­formationen vor.

2. Welche der nicht-technisch gesicherten Bahnübergänge in Niedersachsen weisen in welcher Höhe eine Unfallhäufung auf (mehr als drei Unfälle seit 1996) bzw. sind als kritisch zu bewerten (bitte die zehn kritischsten von 800 nennen)?

An den Bahnübergangen der NE in Niedersachen sind keine entsprechenden Unfallhäufun­gen an bestimmten Bahnübergängen zu erkennen. Für die Bahnübergänge im Zuge von Strecken der DB Netz AG liegen hierzu keine Informationen vor.

3. Was unternehmen die Bahn- und Straßenbaulastträger, um höhengleiche Bahnübergänge in Niedersachsen zu beseitigen bzw. zu sichern?

Grundsätzlich sind die Kreuzungsbeteiligten – Eisenbahninfrastrukturunternehmen und Stra­ßenbaulastträger – für die Sicherheit an den Bahnübergängen verantwortlich. Eine andere Art der Sicherung kann die Aufsichtsbehörde nur dann fordern, wenn sich die Verhältnisse am Bahnübergang ändern oder die vorhandene Sicherung nicht den gesetzlichen Vorgaben entspricht.

Den Bahnübergängen wird als Schnittstelle zwischen Straße und Schiene hinsichtlich der Verkehrssicherheit eine besondere Aufmerksamkeit gewidmet. So werden die örtlichen Ver­hältnisse an den Bahnübergängen regelmäßig flächendeckend im Rahmen von sog. Bahn­übergangsschauen überprüft.

Schätzen die Kreuzungsbeteiligten einen Bahnübergang als verbesserungswürdig ein, kön­nen sie im Rahmen eines sog. Kreuzungsverfahrens nach § 3 des Eisenbahnkreuzungsge­setzes (EKrG) gemeinsam eine Änderung der Sicherung vornehmen und beispielsweise eine Lichtzeichenanlage mit Halbschranken nachrüsten. In diesem Fall tragen die beiden Kreu­zungsbeteiligten jeweils ein Drittel der Kosten. Das letzte Drittel – das sog. Staatsdrittel – ist bei Bahnübergängen der DB Netz AG vom Bund und bei Bahnübergängen der NE vom Land zu über­nehmen.

Veranlasst wird ein solches Kreuzungsverfahren durch einen oder beide Kreuzungsbeteilig­ten (§ 5 EKrG). Die Kreuzungsdrittel der nichtbundeseigenen Eisenbahninfrastrukturunter­nehmen und der kom­munalen Straßenbaulastträger können mit Mitteln des Niedersächsischen Gemeindever­kehrsfinanzierungsgesetzes gefördert werden. Seit 2006 sind mit finanzieller Unterstüt­zung der Landesregierung insgesamt 98 Bahnübergänge an Strecken der NE in Niedersachsen technisch gesichert oder beseitigt worden.

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag, Fotograf: Thiemo Jentsch   Bildrechte: MW-Nds

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag

Artikel-Informationen

erstellt am:
03.02.2017

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher: Christian Haegele und Sabine Schlemmer-Kaune

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