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Plenum 2. Februar 2017 - Mündliche Anfragen

Frage 29


Wie reagiert die Landesregierung auf die steigende Zahl von Pedelec-Unfällen?

Abgeordneter Karsten Heineking (CDU)

Antwort des niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung

Vorbemerkung der/des Abgeordneten

Spiegel Online berichtete am 10. Januar 2017 über die steigende Zahl von mit Elektromotoren ausgestatteten Fahrrädern, sogenannte Pedelecs. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes waren Pedelecs zwischen Januar und September 2016 in 3214 Unfälle mit 46 Todesfällen verwickelt. Dies entspricht einem Anstieg um 39 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Zahl der Unfälle von Radfahrern/innen ohne Motorenunterstützung stieg hingegen lediglich um rund 6 %.

Vorbemerkung der Landesregierung

Mobilität ist ohne Fahrradfahren heute nicht mehr denkbar. Der Fahrradverkehr hat sicherlich auch aus Gründen der Gesundheitsvorsorge, vielseitiger Mobilitätschancen sowie Energie- und Flächeneffizienz einen Boom erfahren, der sich in seiner vielfältigen Ausprägung im Freizeitsport, im Tourismus und auch im Alltagsverkehr widerspiegelt. Dieser Trend ist bundesweit. Aktuell zeichnet sich eine Entwicklung hin zu einer neuen Fahrradkultur ab, welche das Potenzial des Radverkehrs bereits steigerte und sicherlich noch weiter steigern wird: die elektrisch unterstützten Fahrräder, sogenannte Pedelecs. Durch die elektronische Unterstützung bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h und die rechtliche Gleichstellung mit dem mechanischen Fahrrad haben sich die Pedelecs eine Marktstellung gesichert. Zu unterscheiden hiervon sind die S-Pedelecs, deren Motor den Fahrer/ die Fahrerin bis zu einer Geschwindigkeit von 45 km/h unterstützt. Die S-Pedelecs werden aufgrund des stärkeren Motors nicht mehr als Fahrrad, sondern als Kleinkrafträder eingestuft.

In dem zitierten Artikel aus Focus Online (nicht Spiegel Online) vom 10.01.2017 schätzt der Leiter der Unfallforschung der Versicherer (UDV), Siegfried Brockmann, das Pedelec nicht gefährlicher als ein gewöhnliches Fahrrad ein. „Grund für die zunehmende Zahl an Unfällen sei auch, dass immer mehr solcher Fahrräder verkauft würden. Zudem führen durch die Elektrounterstützung wieder mehr ältere Menschen Rad. „Gerade Senioren bilden eine neue Nutzergruppe, die jetzt wieder ungeschützt auf dem Zweirad sitzt“, sagte Brockmann.“

1. Plant die Landesregierung Veränderungen im Radwegkonzept zur Erhöhung der Verkehrssicherheit für Pedelecs und ggf. welche?

Das Radwegekonzept ist ein Ausbaukonzept zum Bau von Radwegen an Landesstraßen. Durch die intensive Beteiligung der Stellen vor Ort bündelt es die Wünsche nach Netzergänzungen und Lückenschlüssen. Dabei geht es in erster Linie um die Festlegung der neuen Projektabschnitte. Technische Entwurfsfragen, u.a. zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, sind nicht Gegenstand des Radwegekonzeptes. Erst bei der Planung eines Projektes wird die Gestaltung festgelegt. Dabei gelten bundeseinheitliche Regelwerke, welche die Belange der Fahrradfahrer/innen und damit der gleichgestellten Pedelecs einschließen.

2. Plant die Landesregierung Maßnahmen gegen die Unfallgefährdung durch Pedelecs?

Pedelec-Nutzende werden in der Verkehrssicherheitsarbeit (VSA) grundsätzlich in der Zielgruppe „Fahrradfahrer“ berücksichtigt. Radfahrer/innen gehören aufgrund ihrer Verkehrsbeteiligungsart und den damit einhergehenden Gefahren als ungeschützte Verkehrsteilnehmer/innen grundsätzlich zu einer Risikogruppe und stehen folglich auch im besonderen Fokus der VSA. In Bezug auf Pedelecs weist die pol. VU-Statistik gegenwärtig keine Auffälligkeiten auf, wonach diese Verkehrsbeteiligungsart mit einem Schwerpunkt belegt werden müsste. Die Steigerung der Unfallzahlen mit der Beteiligung von Pedelecs spiegelt, wie bereits in den Vorbemerkungen dargestellt, die Steigerung des Anteils an seinen Nutzer/innen wider. Auch bewegt sich die Mehrzahl der Pedelec-Erwerber/innen und –Nutzer/innen nach hiesiger Kenntnis im gehobenen Lebensalter, was sich ebenfalls in den Unfallzahlen entsprechend widerspiegelt.

Für die Gruppe der Fahrrad fahrenden Personen werden schon heute eine Vielzahl an Aktionen und Maßnahmen - unter anderem auch von der Polizei - angeboten. Thematisch handelt es sich hierbei u.a. um Kampagnen zum „Toten Winkel“, Radhelm-Kampagnen, Fahrtrainings für Kinder, Senioren und Migranten. Auch für Pedelec-Nutzende wird eine Vielzahl an speziellen Präventionsmaßnahmen angeboten.

Daneben steht auch die Zielgruppe des motorisierten Individualverkehrs mit Maßnahmen zur Rücksichtnahme gegenüber Radfahrenden im Fokus (so zum Beispiel mit Aktionen zum „Toten Winkel“).

Auch für 2017 ist seitens des ADFC in Zusammenwirken mit Partnern (LVW, Polizei, Kommunen etc.) die Aktion „Verteilung gelbe Karten“ in diversen Kommunen geplant. Hierbei werden Radfahrer/innen auf ihr Fehlverhalten wie zum Beispiel die Benutzung der falschen Radwegseite und der damit einhergehenden Gefahren aufmerksam gemacht.

Bestehende Maßnahmen, die durch die Landesverkehrswacht Niedersachsen e.V. für die Landeregierung umgesetzt werden:

Fit mit dem Fahrrad:

seit 2011 bieten die Verkehrswachten die Seminarreihe „Fit mit dem Fahrrad“ mit dem Ergänzungsbaustein Pedelec, die durch die Unfallforschung der Versicherer (UDV) entwickelt wurde, an. Die Seminare richten sich gezielt an Radfahrende über 50 Jahre. Im modular aufgebautem Trainingsprogramm werden neben Ausdauer, Kraft und Schnelligkeit in erster Linie kognitive Fähigkeiten, Koordination, Gleichgewicht, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Konzentration trainiert. Es werden u.a. Übungen zum Bremsen, Spurhalten, zur Bewältigung von Mehrfachaufgaben bis hin zur Ausfahrt angeboten. Die trainierten Übungen können im Straßenverkehr sofort angewendet werden. Bei Veranstaltungen mit dem Pedelec werden zusätzlich verschiedene Modelle mit unterschiedlichen Antriebskonzepten erläutert und erprobt.

Sicher und Mobil:
sind Vortragsveranstaltungen für Senioren mit den Themen: unterwegs als Fußgänger, mit Bus und Bahn, mit dem Fahrrad und dem Pedelec. Durch den modularen Aufbau der Veranstaltungen können die Themen je nach Informationsbedarf der Teilnehmer ausgewählt werden.

Radeln mit „Oldies“:
sind Seminare für Seniorengruppenleiter, die Fahrrad- und Pedelectouren organisieren und durchführen.

FahrRad … aber sicher:

Ziel dieses Programms: Information über Unfallrisiken und unfallprophylaktische Verhaltensweisen beim Fahren mit Fahrrädern und Pedelecs. Hierzu gehören auch die Verkehrssicherheitstage für Senioren/innen, die landesweit organisiert werden. Die Themenschwerpunkte werden je nach Unfallschwerpunkten festgelegt, u.a. auch das Thema „Pedelec“.

3. Welche Rolle spielen Pedelecs bei den Überlegungen der Landesregierung zur Schaffung von Radschnellwegen?

Radschnellwege sind Radschnellverbindungen im Radverkehrsnetz, welche „… wichtige Quell- und Zielbereiche mit entsprechend hohen Potenzialen über größere Entfernungen verknüpfen und durchgängig ein sicheres und attraktives Befahren mit hohen Reisegeschwindigkeiten ermöglichen“ (Arbeitspapier der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e. V. - FGSV). Die in dem Papier vorgeschlagene Querschnittsaufteilung wird dem Fahrradverkehr eine größere Fläche anbieten und somit Überholvorgänge gestatten. Pedelecs und schnelle Radfahrer/innen können die angebotenen Potenziale nutzen und ihren Fahrradius erweitern. Bei den Überlegungen der Landesregierung zu Radschnellwegen werden auch Pedelecs eingeschlossen.
Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag, Fotograf: Thiemo Jentsch   Bildrechte: MW-Nds

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag

Artikel-Informationen

erstellt am:
03.02.2017
zuletzt aktualisiert am:
06.02.2017

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher: Christian Haegele und Sabine Schlemmer-Kaune

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