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Plenum 21. September 2017 - Mündliche Anfragen

Frage 11: Keine Bäume an Straßen? Konsequenzen aus der RPS 2009


Abgeordneter Hans-Joachim Janßen (Grüne)


Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung


Vorbemerkung des Abgeordneten


Die Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS 2009) sehen an Straßen einen Mindestabstand zu Gefahrenpunkten in Abhängigkeit von der zulässigen Höchstgeschwindigkeit vor, beispielsweise von 4,5 m (Geschwindigkeit 60 bis 70km/h) oder 7,5 m (Geschwindigkeit 80 bis 100km/h). Kann dieser Mindestabstand nicht eingehalten werden, sind Fahrzeugrückhaltesysteme, wie etwa die landläufig sogenannten Leitplanken, einzusetzen.


Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr hat namens der Landesregierung in der Drucksache 17/5030 neu (Seite 31) ausgeführt: „Die RPS 2009 wurde in Niedersachsen auch für Landesstraßen entsprechend den Regelungen des Bundes, Allgemeines Rundschreiben Nr. 28/2010, eingeführt und werden seitdem auf dieser Grundlage angewendet. Für Kreisstraßen entscheiden die kommunalen Baulastträger in eigener Zuständigkeit. Soll ein kommunales Vorhaben auf Grundlage des NGVFG gefördert werden, ist der aktuelle Stand der Technik als Fördervoraussetzung zugrunde zu legen.“


Oftmals kann beim Ausbau von kommunalen Straßen - wie etwa bei den aktuell laufenden Planungen zum Ausbau der K 300 im Landkreis Cloppenburg - der oben genannte Mindestabstand zu Bäumen am Straßenrand nicht eingehalten werden. Zugleich verteuert der Einsatz von Leitplanken solche Ausbauprojekte erheblich. In der Konsequenz wird deshalb häufig der bestehende Altbaumbestand abgeholzt - mit langfristigen Schäden am Landschaftsbild.



Vorbemerkung der Landesregierung


Bundesweit betrachtet kommen Tag für Tag neun Menschen bei Verkehrsunfällen ums Leben. Im Jahr 2016 waren es in Niedersachsen 413 Menschen, davon starb rund ein Drittel durch die sogenannten Baumunfälle auf Landstraßen. Und auch wenn die Zahl der durch Baumunfälle Getöteten rückläufig ist, so macht diese Zahl nach wie vor deutlichen Handlungsbedarf sichtbar.


Seit 2011 werden die Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme (RPS 2009) in Niedersachsen auch im Landesstraßenbereich angewendet. Sie gelten u. a. für den Neu-, Um- und Ausbau, im Bestand für die Absicherung von neuen Gefahrenstellen und bei Unfallhäufungen. Gleiches gilt uneingeschränkt für die mit Mitteln des Niedersächsischen GemeindeVerkehrsFinanzierungsGesetzes (NGVFG, ehemals EntflechtG) geförderten Baumaßnahmen an kommunalen Straßen. Denn eine Voraussetzung für die Förderung von Straßenbaumaßnahmen mit diesen Mitteln ist, dass die Vorhaben bau- und verkehrstechnisch einwandfrei geplant wurden. Das ist in der Regel nur dann gegeben, wenn die „allgemein anerkannten Regeln der Technik“ berücksichtigt werden, somit auch die von der niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLStBV) anzuwendenden technischen Regelwerke beachtet sind und damit ein für den Verkehrsteilnehmer einheitlicher und erfassbarer Sicherheitsstandard geschaffen wird.


Maßnahmen zum Schutz von Leben und Gesundheit von Fahrzeuginsassen können durchaus so gestaltet werden, dass auch dem Bestand von Alleen und dem Landschaftsbild der entsprechende Raum gegeben wird. Es resultiert aus der Anwendung der Richtlinien keineswegs eine Verpflichtung, Alleen bzw. Bäume generell zu fällen, um bestimmte Abstände von der Straße einzuhalten. Das Allgemeine Rundschreiben Straßenbau (ARS) 28/2010 eröffnet flexible Lösungsmöglichkeiten: „Wo aufgrund der örtlichen Situation Fahrzeug-Rückhaltesysteme nicht den Regellösungen der RPS entsprechen können, sind Lösungen vorzusehen, die auf den Grundsätzen dieser Richtlinien aufbauen und das unter diesen Umständen bestmögliche Schutzniveau erreichen.“ Sofern bestimmte Abstände zur Fahrbahn nicht eingehalten werden, kann beispielsweise der Einsatz von Sonderkonstruktionen den Erhalt der Straßenbepflanzung sicherstellen. Falls dennoch keine Schutzeinrichtungen eingebaut werden können, sind auch andere verkehrstechnische, bauliche oder verkehrsrechtliche Maßnahmen denkbar. Dem zugrunde müssen allerdings detaillierte und fundierte Einzelfallbetrachtungen liegen, die der Verkehrssicherheit ausreichend Rechnung tragen.


Zur Förderung des Ausbaus der in den Vorbemerkungen des Abgeordneten beispielhaft genannten K 300 im Landkreis Cloppenburg liegt der NLStBV aktuell kein Antrag zur Förderung der Maßnahme nach dem NGVFG vor. Falls der verantwortliche Landkreis Cloppenburg die Maßnahme nach dem Gesetz fördern lassen will, sind die Grundsätze der RPS 2009 zu beachten.



1. Sind für die Förderung eines kommunalen Straßenausbauvorhabens mit Landesmitteln zwingend die RPS 2009 einzuhalten, oder gibt es auch bei einem Verzicht auf Leitplanken Ausnahmemöglichkeiten von den oben genannten Abstandswerten?


Siehe Vorbemerkungen.



2. Welchen Mindestabstand von der Fahrbahn müssen bei einer Förderung eines kommunalen Straßenausbauvorhabens mit Landesmitteln entsprechende Leitplanken einhalten, und gibt es davon Ausnahmemöglichkeiten?


Die RPS 2009 sehen für Schutzeinrichtungen einen Regelabstand von 0,5 m vom befestigten Fahrbahnrand vor. Unterschreitungen sind in begründeten Ausnahmefällen möglich. In der bisherigen Praxis wurde die Annäherung der Schutzeinrichtung an den befestigten Fahrbahnrand von 20 cm genehmigt.



3. Beabsichtigt die Landesregierung, bei der Förderung von kommunalen Straßenausbauvorhaben mit Landesmitteln die zusätzlichen Kosten aufgrund des Einsatzes von Fahrzeugrückhaltesystemen zum Schutz der Landschaft in Gänze zu übernehmen?


Die Kosten für eine Schutzeinrichtung sind zuwendungsfähige Kosten, die nach NGVFG mit dem jeweiligen Fördersatz zwischen 60-75% gefördert werden können. Eine 100% Förderung für Schutzeinrichtungen ist nicht vorgesehen.


Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag, Fotograf: Thiemo Jentsch   Bildrechte: MW-Nds

Minister Olaf Lies spricht im Niedersächsischen Landtag

Artikel-Informationen

erstellt am:
21.09.2017

Ansprechpartner/in:
Pressesprecher: Christian Haegele und Sabine Schlemmer-Kaune

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