Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung Niedersachsen klar Logo

Grauer Kapitalmarkt in Niedersachsen - Situation und Handlungsbedarf

Der Abgeordnete Hans-Jürgen Klein (GRÜNE) hatte gefragt:

Neben dem regulierten und von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kontrollierten Kapitalmarkt für Banken, Wertpapierdienstleister und Versicherer existiert in Deutschland zusätzlich ein sogenannter grauer Kapitalmarkt. Dieser graue Kapitalmarkt ist Teil des deutschen Kapitalmarktes und besteht aus einzelnen, nicht organisierten und weitgehend von der BaFin unbeaufsichtigten Primär- und auch Sekundärmärkten für vor allem nicht wertpapiermäßig verbriefte, außerbörsliche Anlageformen und als Kapitalanlagen bezeichnete Finanzprodukte. Der Absatz der Produkte wird oftmals mittels aggressiver Strukturvertriebe und solcher Finanzvermittler erreicht, die lediglich den rechtlichen Vorgaben des § 34 c der Gewerbeordnung unterliegen. Weder besitzen diese Finanzvermittler eine fachspezifische Ausbildung, noch verfügen sie über eine geeignete Haftpflichtversicherung für Schadensfälle.

Zu den Produkten des grauen Kapitalmarktes gehören u. a. Phantasieprodukte, wie der Handel mit Bankgarantien und Depositendarlehen. Klassische Anlageprodukte des grauen Kapitalmarktes sind jedoch die Auflage und der Vertrieb von geschlossenen Immobilien-, Schiffs-, Medien- oder WindKraftfonds in der Rechtsform der Personengesellschaft (meist GbR oder KG).

Eine solche Zweiteilung des Kapitalmarktes, wie sie in Deutschland besteht, ist weltweit einmalig und birgt massive Nachteile: Zuvorderst besteht ein Regulierungsgefälle, weil für den grauen Kapitalmarkt im Gegensatz zum organisierten Kapitalmarkt spezielle Vorschriften sowie die Beaufsichtigung durch die BaFin fehlen. Das bietet einen Anreiz für dubiose Unternehmen, dort ineffiziente oder gar den Anleger übervorteilende Finanzprodukte aufzulegen. Durch die fehlenden Anlegerschutzvorschriften werden jedes Jahr Ansparungen der Bürgerinnen und Bürger in Höhe von bis zu 20 Mrd. Euro durch zu hohe und intransparente Gebühren, durch Insolvenzen von Anfang an ineffizienter Fonds, durch betrügerische Schneeballsysteme oder schlichtweg durch Veruntreuung der Einlagen vernichtet. Die Betroffenen erleiden regelmäßig den Totalverlust ihrer Anlage. Das ist dann besonders gravierend, wenn es sich um eine Altersvorsorge handelt.

Diese nicht abreißenden Betrugsfälle durch unseriöse Geschäftsgebaren am grauen Kapitalmarkt schädigen zudem die Integrität des Finanzplatzes Deutschland. Letztlich hemmt ein solcher grauer Kapitalmarkt auch die volkswirtschaftlichen Wachstumschancen. Denn das Geld der investierenden Anlegerinnen und Anleger landet nicht dort, wo es tatsächlich benötigt und effizient eingesetzt würde. Aufgrund der Gesetzgebungs- und Aufsichtszuständigkeiten ist das Problem grauer Kapitalmarkt sowohl Sache des Bundes als auch der Länder.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Bei welchem Landesministerium ist das Thema grauer Kapitalmarkt angesiedelt, und wie viele Personen beschäftigen sich mit der Problematik?
  2. Hat sich die Zahl der damit betrauten Personen im Laufe der vergangenen zehn Jahre verändert und, wenn ja, wie?
  3. Welche Initiativen oder Institutionen (Verbraucherzentralen etc.) unterstützt die Landesregierung, um den Anlegerschutz im grauen Kapitalmarkt präventiv zu stärken oder um zumindest nach erfolgter Schädigung den Betroffenen zu helfen?
  4. Was unternimmt die Landesregierung zur Stärkung der finanziellen Allgemeinbildung der Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen?
  5. Welche Daten oder Schätzungen hat die Landesregierung über das Investitionsvolumen, das jährlich in Produkte des grauen Kapitalmarktes fließt?
  6. Welche Daten oder Schätzungen hat die Landesregierung über die Verluste, die Bürgerinnen und Bürger des Bundeslandes jährlich durch Akteure des grauen Kapitalmarktes erleiden?
  7. Wie groß ist die Anzahl an Unternehmen oder Personen, die in Niedersachsen ihren Sitz haben und Produkte des grauen Kapitalmarktes auflegen oder vertreiben?
  8. Welche rechtlichen Vorgaben müssen Initiatoren von geschlossenen Fonds (in den üblichen Rechtsformen GbR, KG, etc.) bei der Anmeldung des Unternehmens, dem Auflegen einzelner Fonds sowie dem öffentlichen Vertrieb dieser Fonds beachten?
  9. Sieht die Landesregierung den Anlegerschutz vor dem Hintergrund bestehender rechtlicher Vorgaben als ausreichend an, und wie begründet sie ihre Auffassung?
  10. Wie oft sind in den vergangenen zehn Jahren Unternehmen und Finanzberater nach § 34 c der Gewerbeordnung durch ihr Geschäftsgebaren auffällig geworden, und wie sind die Gewerbeaufsicht oder andere Landesbehörden darauf aufmerksam geworden?
  11. Welche regelmäßigen Informationen bzw. Unterlagen erhalten welche Landesbehörden von den Unternehmen und Finanzvermittlern im Zusammenhang mit der Überwachung?
  12. Gibt es in den zuständigen Gewerbeüberwachungsbehörden speziell ausgebildetes Personal, das mit den Besonderheiten des grauen Kapitalmarktes vertraut ist?
  13. Wenn ja, wie viele Personen sind das? Wenn nein, warum nicht?
  14. In welchen zeitlichen Abständen werden für das Personal der Gewerbeaufsichtsbehörden Fortbildungen im Bereich des grauen Kapitalmarktes - etwa über neue Vertriebsmethoden oder neue Anlageformen - angeboten?
  15. Welche Maßnahmen und Eingriffsmöglichkeiten bietet das gewerbe(aufsichts)rechtliche Instrumentarium bei (sich abzeichnenden) Missständen von Akteuren am grauen Kapitalmarkt?
  16. Ist das Gewerberecht angemessen ausgestaltet, um für präventiven Schutz am grauen Kapitalmarkt zu sorgen, und wie begründet die Regierung ihre Auffassung?
  17. Welche Rolle spielt die Makler- und Bauträgerverordnung in der Überwachung der Akteure des grauen Kapitalmarktes?
  18. Werden die bestehenden Strafrechtstatbestände als ausreichend betrachtet, um Fälle des grauen Kapitalmarktes zu erfassen?
  19. Gibt es in Niedersachsen Abteilungen im allgemeinen Bereich Wirtschaftsstrafrecht bzw. Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die sich speziell mit Fällen des grauen Kapitalmarktes bzw. zumindest mit kapitalmarktbezogenen Delikten auseinandersetzen?
  20. Wie ist die personelle Ausstattung dieser Einheiten, und welche besonderen Qualifikationen im Hinblick auf kapitalmarktrechtliche Zusammenhänge werden vorausgesetzt, um dort eingesetzt zu werden?
  21. Haben sich die personellen Kapazitäten im Laufe der vergangenen zehn Jahre verändert, und wie hat sich im Verhältnis dazu die Anzahl der kapitalmarktbezogenen Delikte entwickelt?
  22. Wie ist der Informationsfluss zwischen den Gewerbeaufsichtsämtern und der Staatsanwaltschaft organisiert?
  23. Wie oft wurde seitens der Gewerbeaufsichtsämter im Zusammenhang mit Aktivitäten am grauen Kapitalmarkt ein Fall an die Staatsanwaltschaft zur Aufnahme von Ermittlungen übergeben?
  24. Wie viele Verfahren im Zusammenhang mit Akteuren des grauen Kapitalmarktes wurden durch die Staatsanwaltschaft zur Anklage gebracht?
  25. Wie viele der zur Anklage gebrachten Verfahren endeten mit einer Verurteilung?
  26. Wie viele spezielle Gerichtskammern gibt es in Niedersachsen für Fälle, die ihren Anknüpfungspunkt im grauen Kapitalmarkt haben?
  27. Wie ist die personelle Ausstattung der Kammern, und wie hat sich diese im Lauf der vergangenen zehn Jahre verändert?

Wirtschaftsminister Walter Hirche beantwortete am 03. November 2008 die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Der sogenannte "graue Kapitalmarkt" ist an keiner Stelle bis heute abschließend definiert. Vorrangig steht er für Anbieter und Angebote, die außer einer Verkaufsprospektpflicht für nicht in Wertpapiere verbriefte Anlageformen (§ 8 f Verkaufsprospektgesetz) weder einer staatlichen Kontrolle durch eine Aufsichtsbehörde unterliegen, noch einer speziellen Zulassung bedürfen. Außer der Gewerbeordnung gibt es keine Regelungen bzgl. der Überwachung eines Unternehmens in diesem Marktsegment.

In der öffentlichen Diskussion und in den Medien wird dieser Teil des Kapitalmarktes häufig mit dubiosen und unseriösen Anlageofferten gleichgesetzt. Dies ist jedoch insoweit unzulässig, als nicht alle Angebote außerhalb der organisierten Kapitalmärkte automatisch unseriös sind, andererseits aber auch in den beaufsichtigten Märkten Betrugsfälle auftreten. Der "graue Kapitalmarkt" ist nicht illegal, er unterliegt aber keinen spezifischen Zulassungsregeln und Verhaltenspflichten. Insofern unterscheidet sich die deutsche Rechtslage nicht von der Rechtslage in anderen Staaten.

Die Bekämpfung wirtschaftlich motivierter Kriminalität auch und gerade auf dem "grauen Kapitalmarkt" ist einer der Schwerpunkte der Landesregierung bei der Strafverfolgung und ausdrücklich in die Koalitionsvereinbarung für die laufende Legislaturperiode aufgenommen worden. Die Landesregierung stellt deshalb kontinuierlich und durch eine Vielzahl von Maßnahmen sicher, dass die Gerichte und Staatsanwaltschaften über ausreichendes, motiviertes und fachlich hoch qualifiziertes Personal sowie die für eine effektive Strafverfolgung erforderliche Sachausstattung verfügen.

Anlegerschutz muss da ansetzen, wo Verhaltensweisen von Anbietern und Vermittlern darauf gerichtet sind, durch Falschinformation oder Informationsverschleierung die Entscheidungsfreiheit des Anlegers zu verkürzen. Für den "grauen Kapitalmarkt" ist hier § 148 Gewerbeordnung von Bedeutung. Danach macht sich derjenige strafbar, der ohne Erlaubnis Kapitalanlagen vermittelt und dadurch fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet.

Diese Strafandrohung und die Strafandrohung des

  • § 264 a StGB, der darauf gerichtet ist, unrichtige Informationen in Anlageprospekten zu sanktionieren,
  • § 263 StGB, der die Fälle erfasst, in denen eine Person durch falsche oder unvollständige Information zu einer ihr Vermögen mindernden Handlung veranlasst wird,
  • § 263 Abs. 3 Nr. 2 StGB, wonach ein besonders schwerer Fall vorliegt, wenn ein Vermögensverlust großen Ausmaßes herbeigeführt wird oder in der Absicht gehandelt wird, durch die fortgesetzte Begehung des Betruges eine große Zahl von Menschen zu schädigen,

sollen hier nicht nur repressiv sondern auch präventiv wirken.

Während der organisierte Kapitalmarkt über Banken und Börsen abgewickelt wird - es handelt sich dabei vor allem um Beteiligungsrechte (Gesellschaftsanteil, insbesondere Aktien), Kredite (Schuldverschreibungen) - ist Gegenstand des "grauen Kapitalmarkts" insbesondere die Anlage in Immobilien, in geschlossenen Immobilienfonds, in Teilzeitwohnrechten, in Publikums-KGs (z.B. Öl- und Gasexplorationsunternehmen), im Diamantenhandel sowie die Aufnahme besonders günstiger Kredite bzw. die Beleihung von Grundstücken mit dem Ziel, den kreditierten Betrag durch eine besonders günstige Anlage zu vermehren (besonders hohe Renditeerwartung des Investors).

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Wegen der begrenzten staatlichen Kontrolle des "grauen Kapitalmarktes", und weil seine Angebote nicht oder weit weniger standardisiert sind als auf dem organisierten Kapitalmarkt, sind unbegrenzt viele Anlagemöglichkeiten denkbar. Aus diesem Grund ist der "graue Kapitalmarkt" nicht nur einem Landesministerium zuzuordnen.

Ein Segment stellen die Tätigkeiten von Gewerbetreibenden gem. § 34c Gewerbeordnung (GewO) dar. Die Gewerbeordnung ressortiert beim Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr. Dort sind im Referat für Handel, Kammern, Gewerbeangelegenheiten 2 Mitarbeiter des gehobenen, allgemeinen Verwaltungsdienstes und ein Angehöriger des höheren Verwaltungsdienstes anteilig mit Rechtsangelegenheiten des allgemeinen Gewerberechts, insbesondere der Gewerbeordnung, befasst. Der Personalanteil, der auf die Aufgabenerledigung nach § 34c GewO entfällt, kann hierbei nicht beziffert werden.

Zu 2.:
Nein.

Da sich in den vergangenen 10 Jahren der Arbeitsanfall im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in diesem Bereich nicht signifikant verändert hat, hat es insoweit auch keine personelle Aufstockung gegeben.

Zu 3.:
Bei den Präventionsmaßnahmen zur Bekämpfung der Missstände auf dem "grauen Kapitalmarkt" kommt der Aufklärung der Anleger eine entscheidende Bedeutung zu.

Ferner finanziert die niedersächsische Landesregierung die Verbraucherzentrale Niedersachsen maßgeblich, zu deren Aufgabenspektrum auch die Beratung der Verbraucher in Kapitalmarktangelegenheiten (speziell grauer Kapitalmarkt) zählt (www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de). Die im Rahmen der Spezialberatung seitens der VZN durchaus aufkommenden Fragen, speziell zum grauen Kapitalmarkt, sind mengenmäßig allerdings recht gering. Die VZN informiert derzeit im Internet (www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de) auf ihrer Homepage unter dem Stichwort Information-Finanzen-Geldanlage-grauer Kapitalmarkt über einige grundlegende Aspekte und gibt allgemeine Hinweise.

Die Bekämpfung wirtschaftlich motivierter Kriminalität ist einer der Schwerpunkte der Landesregierung bei der Strafverfolgung und ausdrücklich in die Koalitionsvereinbarung für die laufende Legislaturperiode aufgenommen worden. Die Landesregierung stellt deshalb kontinuierlich und durch eine Vielzahl von Maßnahmen sicher, dass die Gerichte und Staatsanwaltschaften über ausreichendes, motiviertes und fachlich hochqualifiziertes Personal sowie die für eine effektive Strafverfolgung erforderliche Sachausstattung verfügen.

Zu 4.:
Ökonomische Bildung ist unverzichtbar, um junge Menschen auf ihr späteres Berufsleben und die Lebenspraxis vorzubereiten. Nur wer als junger Mensch einen soliden Grundstock an Wirtschaftswissen erworben hat, kann als Erwachsener darauf aufbauen. Die Stärkung der Allgemeinbildung in Wirtschafts- und Finanzfragen ist daher eine wichtige Zukunftsinvestition. Sowohl in den Hauptschulen als auch in den Realschulen und Gymnasien und den berufsbildenden Schulen wird Wirtschaft unterrichtet. Bei letzteren gehört in allen Bildungsgängen die Vermittlung von Kenntnissen der Grundlagen der Wirtschaft zum Kernbereich der Ausbildung. Auch im Bereich der Fortbildung findet in Niedersachsen, z.B. an den Volkshochschulen und Heimvolkshochschulen Unterricht zu ökonomischen Grundfragen statt. Nach § 8 Abs. 3 Ziffer 2 "Bildungsmaßnahmen ... zu ökonomischen ... Grundfragen" des Niedersächsischen Erwachsenenbildungsgesetzes wurden im letzten Jahr 35 Maßnahmen bei Volkshochschulen und 30 Maßnahmen bei Heimvolkshochschulen mitfinanziert.

Zu 5. – 7.:
Belastbare Daten über das Investitionsvolumen, das in Produkte des grauen Kapitalmarktes fließt und die Verluste, die Bürgerinnen und Bürger durch Akteure des grauen Kapitalmarktes erleiden, existieren nicht zumal die Produkte weltweit aufgelegt werden und auch niedersächsische Bürgerinnen und Bürger weltweit investieren können. Die Landesregierung kennt auch nicht die Anzahl der Unternehmen und Personen, die Produkte des grauen Kapitalmarktes auflegen oder vertreiben und ihren Sitz in Niedersachsen haben.

Zu 8.:
Die Anbieter geschlossener Fonds unterliegen je nach Rechtsform den gesetzlichen Bestimmungen des BGB, HGB, GmbHG oder dem AktG. Die Emittenten werden zumeist in Gestalt der GmbH & Co. KG gegründet. Sie müssen bereits in diesem Zeitpunkt alle gesetzlichen Voraussetzungen des HGB und des GmbHG erfüllen. Insofern sind sie von allen Anmeldepflichten, der Pflicht einer ordnungsgemäßen Buchführung, der Bilanzierungspflicht etc. gleichermaßen betroffen, wie andere Unternehmen dieser Rechtsform.

Das öffentliche Angebot zum Erwerb von Kommanditanteilen an einem geschlossenen Fonds an Privatanleger bemisst sich nach den Vorgaben des Verkaufsprospektgesetzes. Bevor das Produkt angeboten werden kann, muss die Veröffentlichung des Prospekts durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht BaFin gestattet werden.

Kommanditanteile an einem geschlossenen Fonds stehen jedoch rechtlich nicht den Wertpapieren gleich, sodass das WpHG keine Anwendung findet. In Haftungsfragen wendet die Instanzrechtssprechung jedoch kapitalmarktrechtliche Vorschriften wie etwa § 44 Börsengesetz analog als Schutzgesetz i. S. d. § 823 Abs. 2 BGB an. Höchstrichterliche Rechtssprechung steht diesbezüglich bislang aus. Daneben existiert jedoch umfangreiche höchstrichterliche Rechtssprechung, die über Jahre speziell zu (auch geschlossenen Fonds) entwickelt worden ist und auf der Grundlage des bürgerlichen Rechts die Haftung der Initiatoren für Prospektfehler vielfach bejaht.

Ein großer Teil des Marktes hat sich mittlerweile zahlreichen Selbstbeschränkungen unterworfen, um hohe Qualität und vor allem Transparenz für die Anleger zu garantieren. Mitglieder des VGF – Verband geschlossene Fonds e. V. – verpflichten sich, der Ombudsstelle geschlossene Fonds beizutreten. Zudem müssen sie standardisierte Leistungsbilanzen veröffentlichen, die in einem Soll-Ist-Vergleich die prognostizierten Werte wie zum Beispiel die Ausschüttungen mit den tatsächlich erzielten Ergebnissen gegenüberstellen. Weiterhin müssen sie Prospektprüfungsgutachten nach IDW S4-Standard erstellen, die das Risiko, die Mittelverwendung, den Kapitalrückfluss und die Rendite der Anlage abbilden. Diese werden durch unabhängige und staatlich anerkannte Wirtschaftsprüfer angefertigt. Durch den IDW S4-Standard wird eine materielle Überprüfung des Produkts gewährleistet, zumal die Prüfung des Prospekts durch die BaFin rein formeller Natur ist.

Die verbandsorganisierten Anbieter geschlossener Fonds stellen mittlerweile ca. 2/3 des Marktvolumens dar. Diese Anbieter kommen zumeist aus Bereichen der Banken- oder Versicherungswirtschaft und sind vielfach auch börsennotiert.

Zu 9.:
Die niedersächsische Landesregierung hält den Anlegerschutz durch die bestehenden strafrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten und die einschlägigen gesellschafts- und gewerberechtlichen Normen für ausreichend. Die einschlägigen Strafvorschriften wirken nicht nur repressiv sondern auch präventiv zur Eindämmung der Kriminalität im Bereich des "grauen Kapitalmarkts". Die Prospektpflicht, das Gesellschafts- und Gewerberecht stecken im übrigen den Rechtsrahmen ab.

Zu 10.:
Eine Auflistung von "Auffälligkeiten" kann mangels eindeutiger Zuordnung und der Vielzahl der Informationsquellen nicht geleistet werden, zumal nicht jeder Gegenstand von Verbraucherbeschwerden oder öffentlich wahrgenommene Handlungen einschlägig Gewerbetreibender problemlos dem grauen Kapitalmarkt zugeordnet werden kann oder in Datenspeicherungen mündet. Allgemein gilt jedoch:

Bereits die Aufnahme der Gewerbetätigkeit nach § 34c GewO löst die Anzeigepflicht des Gewerbetreibenden nach § 14 GewO aus. Die Tätigkeit ist außerdem erlaubnispflichtig. Allein diese Hergänge bedingen die Erhebung diverser Daten zu der jeweils betroffenen Person (ggf. juristischen Person). Verschiedene weitere Verhaltensweisen führen zu zusätzlichen Registrierungen z.B. im nach § 1 des Bundeszentralregistergesetzes beim Bundesamt der Justiz geführten Bundeszentralregister oder nach § 149 GewO im danach geführten Gewerbezentralregister.

In Niedersachsen führen 429 Gemeinden ein Gewerberegister. Darüber hinaus sind grundsätzlich 38 Landkreise, die Region Hannover, 10 kreisfreie Städte, 7 große selbstständige Städte und 59 selbstständige Gemeinden als Erlaubnisbehörden tätig und führen tausende Erlaubnisakten, teils über Jahrzehnte fortlaufend, da sie gleichzeitig die Überwachungsbehörden sind. Diese Behörden melden nach § 149 GewO dem Gewerbezentralregister einen umfangreichen Katalog von Daten (auf eine Aufzählung wird verzichtet) zu Behördenentscheidungen, Erklärungen des Gewerbetreibenden etc., die auch Gewerbetreibende nach § 34c GewO betreffen. Verschiedene dieser Einträge haben keinen unmittelbaren Bezug auf die Tätigkeit nach § 34c GewO z.B. Nichtabführung von Sozialversicherungsabgaben, Steuerrückstände etc. Gleiches trifft für die Erkenntnisse, die im Bundeszentralregister gespeichert werden, zu.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass auch andere Stellen, wie z.B. Verbraucherzentrale, Wettbewerbszentrale, die Ordentliche Gerichtsbarkeit etc. mit zugehenden Informationen z.B. in Abmahnangelegenheiten, Strafverfahren etc. befasst sind. Hier werden häufig weitere Rechtsmaterien berührt, so dass die erbetene Erhebung tatsächlich nicht geleistet werden kann.

Die Gewerbeverwaltung erfährt über das Gewerbeanzeigeverfahren von Betätigungen nach § 34c GewO. Die Erlaubnisbehörden haben in Bezug auf jeden Gewerbetreibenden die nach § 34c GewO erforderliche Prüfung anzustellen und die dazu erforderlichen Unterlagen heranzuziehen. Hierzu rechnen Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister, dem Bundeszentralregister, dem Schuldnerverzeichnis, steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung und – wo nötig – Weiteres. Diesen Behörden steht das Betretungsrecht und die Befugnis zur Einsichtnahme in alle geschäftlichen Unterlagen nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewO zu. Gewerbe- und Finanzverwaltung tauschen sich im erlaubten Umfang zur Person der Gewerbetreibenden aus. Die Überwachungsbehörden nehmen die nach § 16 der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) jährlich fälligen Prüfberichte oder Negativtestate entgegen. Die Landesverwaltung, z.B. das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr als Oberste Fachaufsichtsbehörde wird in Zweifelsfragen oder Fällen von grundsätzlicher Bedeutung durch die örtliche Gewerbeverwaltung beteiligt. Außerdem ist das Ministerium Adressat von Verbraucherbeschwerden, Petitionen über das Verhalten von einschlägigen Gewerbetreibenden oder nimmt zu solchen, die an den Niedersächsischen Landtag gerichtet sind, im Einzelfall nach Prüfung Stellung. Es steht des Weiteren in enger Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen. Die auf diesem Weg gewonnenen Erkenntnisse fließen ggf. über den Bundesrat oder im Austausch mit den anderen Ressorts im Lande, mit den anderen Bundesländern oder den befassten Bundesministerien in den Entscheidungsprozess zu etwa erforderlichen Legislativakten ein.

Zu 11.:
Der Landesbetrieb für Statistik und Kommunikation Niedersachsen erhält zu Statistikzwecken gem. § 14 Abs. 9 Nr. 9 GewO jeweils Kenntnis, wenn ein Gewerbe nach § 34c GewO begonnen, aufgegeben oder der Gegenstand der Tätigkeit wesentlich geändert wird.

Durch die bestehende Zuständigkeitsregelung zu § 34c GewO ist darüber hinaus keine turnusmäßige Benachrichtigung von Landesbehörden vorgesehen. Die regelmäßige Benachrichtigung von Stellen, für die die Kenntnis über die Tätigkeit von Bedeutung ist, erfolgt nach § 14 Abs. 9 GewO bzw. aufgrund von § 138 Abgabenordnung.

Die Gewerbeordnung wird gem. Artikel 83 Grundgesetz von den Ländern als eigene Angelegenheit ausgeführt. Gem. Artikel 84 Grundgesetz sind die Länder zu dieser Materie befugt, die Organisation der Behörden und das Verwaltungsverfahren zu regeln, solange nicht Bundesrecht etwas anders bestimmt. § 155 Abs. 2 GewO schreibt dies noch einmal ausdrücklich fest. Das Land Niedersachsen hat von dieser Gestaltungsbefugnis Gebrauch gemacht. Das Gewerberecht und damit auch die Vorschrift des § 34c GewO ist den kommunalen Gebietskörperschaften im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung im übertragenen Wirkungskreis zugewiesen worden. Hierfür spricht eine Reihe von Gründen - nicht zuletzt Umstände, wie die größtmögliche Bürgernähe bzw. die intensivsten Kenntnisse über die tatsächlichen örtlichen Verhältnisse. Damit wird eine Aufgabe des Landes auf kommunaler Ebene vollzogen. Zu Art und Umfang wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen.

Zu 12.:
Zwar ist der Vollzug des Gewerberechts den kommunalen Gebietskörperschaften in Niedersachsen übertragen worden. Dies ermächtigt das Land jedoch nicht, den Kommunen dabei Vorgaben zu machen, wie sie wiederum die Aufgabenerledigung organisieren und in welchem Umfang sie Mitarbeiter mit bestimmten Qualifikationen einsetzen. In der Regel handelt es sich aber um Beamte des allgemeinen Verwaltungsdienstes oder Beschäftigte der kommunalen Verwaltung mit vergleichbarer Qualifikation in den verschiedenen Laufbahngruppen, die für die Aufgabenerledigung eingesetzt werden. Ein Schwerpunkt der Verwaltungsausbildung liegt gerade auf allgemeiner Rechtsanwendung. Es ist weiterhin ein Grundsatz, dass sich die Mitarbeiter in der ihnen übertragenen Materie qualifizieren und fachkundig machen. Hierzu stehen verschiedene Methoden und Mittel zur Verfügung.

Zu 13.:
Wie zu Frage 10 ausgeführt, sind in Niedersachsen insgesamt 115 kommunale Gebietskörperschaften für die Erlaubnis nach § 34c GewO und Überwachung der einschlägigen Tätigkeit zuständig. Je nach Größe der Behörde und der Anzahl von Gewerbetreibenden wird in den einzelnen Kommunen nur ein anteiliger Personalaufwand in der Struktur der Gewerbeverwaltung bereitgestellt. Anderenorts, in z.B. Ballungszentren wie der Stadt Hannover, erlauben es die Verhältnisse, dass sich einzelne Bedienstete überwiegend oder ausschließlich in einer Materie befassen. Eine abschließende Bezifferung, wie viele Mitarbeiter der insgesamt 115 Behörden mit der Materie des § 34c GewO befasst sind, wäre daher nur mit erheblichem Verwaltungsaufwand möglich.

Zu 14.:
Die Fortbildungsangebote, die u.a. auch Angebote und Struktur des grauen Kapitalmarktes aufgreifen, sind vielzählig. Dies gilt genauso für die Fortbildungsanbieter. Die allgemeine Erwartung, dass sich Beschäftigte angesichts der immer schnelleren Veränderungsprozesse in der ihnen übertragenen Materie laufend fortbilden, kann heute allen Ortes angenommen werden. Eine Möglichkeit, hierauf steuernden Einfluss zu nehmen, besteht landesseitig gegenüber den Kommunen jedoch nicht.

Zu 15.:
Dies sind zunächst die allgemeinen repressiven Instrumentarien des Gewerberechts, solange keine spezialgesetzlichen Regelungen vorliegen. Eingangs ist davon auszugehen, dass Akteure auf dem sog. "grauen Kapitalmarkt" sämtlich der Anzeigepflicht nach § 14 Abs. 1 GewO unterliegen, sofern sie ihre Tätigkeit im stehenden Gewerbe ausüben. Solange die konkret ausgeübte Tätigkeit keinen Zugangs- oder Ausübungsvoraussetzungen unterliegt, führen Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass ein Gewerbetreibender die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche persönliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, in der Regel zur Untersagung der jeweiligen Tätigkeit (§ 35 GewO). Dies sind konkrete Erkenntnisse zur jeweils ausgeübten Tätigkeit, wenn z.B. Pflichtverletzungen wiederholt zur Festsetzung von Bußgeldern führten oder Verletzungen geltenden Rechts zu Strafurteilen führten. Dies können aber auch Verletzungen anderer öffentlicher Verpflichtungen, wie die Verpflichtung zur Entrichtung von Steuern, zur Abführung von Sozialversicherungsabgaben für Mitarbeiter etc. sein.

Für die Tätigkeiten nach § 34c Abs. 1 Nr. 1 bis 4 GewO gilt darüber hinaus ein Ausübungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die Erlaubnis nach § 34c Abs. 1 GewO ist gem. § 34c Abs. 2 GewO zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Antragsteller oder eine der mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragten Personen die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt. Dabei besitzt die erforderliche Zuverlässigkeit in der Regel nicht, wer in den letzten fünf Jahren vor Stellung des Antrages wegen eines Verbrechens oder wegen Diebstahls, Unterschlagung, Erpressung, Betruges, Untreue, Geldwäsche, Urkundenfälschung, Hehlerei, Wuchers oder einer Insolvenzstraftat rechtskräftig verurteilt worden ist. Ferner ist die persönliche Zuverlässigkeit zu verneinen, wenn der Antragsteller in ungeordneten Vermögensverhältnissen lebt. Dies ist in der Regel der Fall, wenn über das Vermögen des Antragstellers das Insolvenzverfahren eröffnet worden oder er in das vom Insolvenzgericht oder vom Vollstreckungsgericht zu führende Verzeichnis (§ 26 Abs. 2 Insolvenzordnung, § 915 Zivilprozessordnung) eingetragen ist. Verstöße gegen die Erlaubnispflicht können gem. § 144 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben h und i GewO als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. In der beschriebenen Rechtslage liegt bereits der rechtssystematische Ansatz, Fehlentwicklungen vorzubeugen.

Darüber hinaus steuern § 34c GewO und die MaBV die Tätigkeit von Gewerbetreibenden in dieser Branche. So schreibt die MaBV im Verbraucherschutzinteresse vor, dass der Gewerbetreibende, sofern er auf Vermögenswerte seiner Kunden Zugriff nehmen kann, Sicherheit zu leisten hat oder eine Versicherung nachweisen muss (§ 2 MaBV). Vermögenswerte des Kunden müssen getrennt vom Vermögen des Unternehmens und getrennt von den Vermögenswerten anderer Kunden verwaltet werden (§ 6 MaBV). Darüber hinaus bestehen die Pflicht zur Rechnungslegung (§ 8 MaBV) und Buchführungspflichten (§ 10 MaBV). Zuwiderhandlungen sind bußgeldbewährt (§ 18 MaBV). Die Überwachungsbehörden haben das Betretungs- und Nachschaurecht gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewO. Schließlich haben Gewerbetreibende gem. § 34 c Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe b und Nr. 2 GewO jährlich die Einhaltung der aufgrund der MaBV bestehenden Verpflichtungen durch einen geeigneten Prüfer prüfen zu lassen und der Gewerbeüberwachungsbehörde innerhalb von zwölf Monaten den Prüfbericht einzureichen. Die Behörde ist befugt, aus besonderem Anlass außerordentliche Prüfungen anzuordnen (§ 16 MaBV). Dies macht deutlich, dass die Rechtsordnung präventive und steuernde Elemente zur Verfügung stellt. Tatsachen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende nicht über die für seine Tätigkeit erforderliche Zuverlässigkeit verfügt, können in letzter Konsequenz die Rücknahme oder den Widerruf einer für die Tätigkeit erteilten Erlaubnis nach §§ 48, 49 Verwaltungsverfahrensgesetz zur Folge haben.

Andere Verpflichtungen, denen der Gewerbetreibende in Ausübung seiner Tätigkeit unterliegt oder Sanktionsmöglichkeiten im Falle von Zuwiderhandlungen z.B. nach geltenden Bilanzvorschriften, Gesellschaftsrecht, Steuerrecht, allgemeinem Zivilrecht, Wettbewerbsrecht, Strafrecht bleiben unberührt.

Zu 16.:
Unter Hinweis auf die Antworten zu Fragen 10 bis 15 ist die Tätigkeit nach § 34c GewO ausreichend geregelt. Außerdem ist die Verwaltung mit ausreichenden Sanktionsmöglichkeiten ausgestattet, um auf Zuwiderhandlungen zu reagieren. Auf Ebene der Gewerberechtsreferenten von Bund und Ländern wird derzeit kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf zu § 34c GewO diskutiert.

Zu 17.:
Siehe hierzu insbesondere die Antwort zu Frage 15.

Zu 18.:
Für den Begriff des "grauen Kapitalmarktes" gibt es keine Legaldefinition. Allgemein wird darunter der Teil der Finanzmärkte verstanden, der keiner staatlichen Aufsicht unterliegt. Hier werden Werte gehandelt, die auf dem organisierten Kapitalmarkt nicht offeriert werden und für Anleger überwiegend mit hohen finanziellen Risiken verbunden sind. Soweit diese Angebote darüber hinaus strafrechtliche Relevanz besitzen, können verschiedene Straftatbestände – alternativ oder kumulativ – betroffen sein, zuvorderst Betrug und Untreue nach § 263 und § 266 des Strafgesetzbuches (StGB), aber auch solche aus strafrechtlichen Nebengesetzen, etwa dem Gesetz über das Kreditwesen – KWG – (dort insbesondere § 54) und dem Börsengesetz – BörsG – (dort § 49).

Das strafrechtliche Instrumentarium zur gegebenenfalls erforderlichen Verfolgung von unseriösen Anbietern des "grauen Kapitalmarktes" ist somit vorhanden und ausreichend. Strafbarkeitslücken sind nicht bekannt.

Zu 19.:
In Niedersachsen gibt es vier Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bearbeitung von Wirtschaftsstrafsachen, die sich auch mit strafrechtlich relevanten Sachverhalten des "grauen Kapitalmarktes" befassen. Angesiedelt sind diese Zentralstellen bei den Staatsanwaltschaften in Braunschweig (zuständig für die Landgerichtsbezirke Braunschweig und Göttingen), Hannover (zuständig für die Landgerichtsbezirke Bückeburg, Hannover und Hildesheim), Oldenburg (zuständig für die Landgerichtsbezirke Aurich, Oldenburg und Osnabrück) und Stade (zuständig für die Landgerichtsbezirke Lüneburg, Stade und Verden).

Die übrigen Staatsanwaltschaften verfügen über spezielle Wirtschaftsabteilungen.

Zu 20.:
Bei den Schwerpunktstaatsanwaltschaften zur Bearbeitung von Wirtschaftsstrafsachen werden Oberstaatsanwältinnen und Oberstaatsanwälte als Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter und Staatsanwältinnen und Staatsanwälte als Dezernentinnen und Dezernenten beschäftigt, deren Einsatz ein spezifisches Fachwissen voraussetzt. Hierzu gehören nicht nur Kenntnisse der schwierigen und stetigem Wandel unterworfenen Bestimmungen des Gesellschafts-, Arbeits-, Wirtschafts- und Steuerrechts, sondern auch der wirtschaftlichen und finanzwissenschaftlichen Zusammenhänge und Fertigkeiten.

Die Landesregierung stellt deshalb sicher, dass die mit Wirtschaftsstrafsachen befassten Staatsanwältinnen und Staatsanwälte Zugang zu vielfältigen Fortbildungsangeboten haben. Hierzu gehören insbesondere die speziell für ihre Bedürfnisse konzipierten Tagungen der Deutschen Richterakademie in Trier und Wustrau. Allein 2008 werden dort beispielsweise Veranstaltungen zu Buchführung, Bilanzwesen, Grundlagen des Steuerrechts, Wirtschaftsstrafrecht, Wirtschaftskriminalität sowie Einkommens- und Vermögensbewertung bei Selbständigen angeboten. Inhaltlich behandeln diese Fortbildungen auch die Bereiche Bilanzierung und Bilanzanalyse sowie spezielle Fragen der Verwendung von Buchhaltungs- und Jahresabschlussunterlagen als Erkenntnisquellen im Strafverfahren.

Aufwändige spezifische und vertiefende Lehrgänge bietet zudem die Finanzakademie in Brühl an, die auch von Staatsanwältinnen und Staatsanwälten aus Niedersachsen in Anspruch genommen wird. Unterstützt werden die in Wirtschaftsstrafverfahren tätigen Staatsanwältinnen und Staatsanwälte zudem durch Wirtschaftsreferentinnen und Wirtschaftsreferenten sowie Buchhalterinnen und Buchhalter. Hierbei handelt es sich insbesondere um Diplomkaufleute und geprüfte Bilanzbuchhalter.

Zu 21.:
Bis zum Jahr 2003 ist der Personaleinsatz bei den Staatsanwaltschaften in Wirtschaftsstrafsachen nach § 74c des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) auf Grundlage einer Entscheidung der so genannten Pensenkommission bewertet worden. Seit 2004 erfolgt die Berechnung nach dem Personalbedarfsberechnungssystem PEBB§Y. Eine belastbare Aussage zu Veränderungen in den vergangenen 10 Jahren ist wegen der unterschiedlichen Ansätze des Personalbedarfsberechnungssystems nicht möglich. Seit Einführung des Personalberechnungssystems PEBB§Y befassen sich von den landesweit in Strafverfolgungs- und Bußgeldverfahren eingesetzten Staatsanwältinnen und Staatsanwälten etwa 10 Prozent mit Wirtschaftsstrafsachen nach § 74c GVG. Signifikante Veränderungen in den Jahren 2004 bis 2007 hat es nicht gegeben. Mangels eigenständiger Erfassung ist keine Aussage möglich, welchen Anteil daran Ermittlungsverfahren wegen "kapitalmarktbezogener" Delikte ausmachen.

Zu 22.:
Nach § 14 Abs. 10 der Gewerbeordnung (GewO) können die Gewerbeaufsichtsbehörden die ihnen im Rahmen der Gewerbeanmeldung nach § 14 Absätze 1 bis 5 GewO bekannt gewordenen Daten der Staatsanwaltschaft übermitteln, soweit dies zur Verfolgung von Straftaten erforderlich ist. Unter den Voraussetzungen des § 150a GewO können der Staatsanwaltschaft zudem Auskünfte aus dem Gewerbezentralregister, etwa zu rechtskräftigen Verurteilungen von Gewerbetreibenden (vgl. § 149 Abs. 2 Nr. 4 GewO), erteilt werden.

In umgekehrter Richtung sieht Nr. 39 der Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra) vor, dass die Staatsanwaltschaften den Gewerbeaufsichtbehörden rechtskräftige Verurteilungen gegen Gewerbetreibende mitzuteilen haben, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass Tatsachen, die den Gegenstand des Verfahrens betreffen und auf eine Verletzung von Pflichten schließen lassen, die bei der Ausübung des Gewerbes zu beachten oder in anderer Weise geeignet sind, Zweifel an der Eignung, Zuverlässigkeit oder Befähigung hervorzurufen, den Widerruf, die Rücknahme oder die Einschränkung einer behördlichen Erlaubnis, Genehmigung oder Zulassung zur Ausübung eines Gewerbes oder die Untersagung der gewerblichen Tätigkeit zur Folge haben können.

Unberührt davon bleiben Mitteilungspflichten der Staatsanwaltschaften gegenüber der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nach Nr. 25 MiStrA.

Zu 23.:
Dazu liegen keine statistischen Erhebungen vor. Mangels einer Legaldefinition des Begriffes des "grauen Kapitalmarktes" bliebe bei einer solchen Erhebung darüber hinaus unklar, welche Sachverhalte zu erfassen wären.

Zu 24.:
Auf die Antwort zu Frage 23 wird verwiesen.

Zu 25.:
Auf die Antwort zu Frage 23 wird verwiesen.

Zu 26.:
Für Strafverfahren mit einer Berührung zum "grauen Kapitalmarkt" kann sich nach § 74c GVG eine Zuständigkeit der Wirtschaftsstrafkammer ergeben, soweit die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts nach § 74 GVG besteht und Anklage wegen eines der in § 74c Absatz 1 GVG genannten Delikte erhoben wurde. Strafkammern, die als Wirtschaftsstrafkammern nach § 74c Absatz 1 GVG zuständig sind, bestehen bei acht von elf niedersächsischen Landgerichten. Die Landesregierung hat von der Konzentrationsermächtigung in § 74c Absatz 3 GVG insoweit Gebrauch gemacht als sie in Wirtschaftsstrafsachen die Zuständigkeit des Landgerichts Hildesheim auf insgesamt drei Landgerichtsbezirke und die des Landgerichts Stade auf einen weiteren Landgerichtsbezirk erstreckt hat.

Darüber hinaus ist für Strafverfahren mit einer Berührung zum "grauen Kapitalmarkt" die Zuständigkeit der Strafkammer, des Schöffengerichts oder des Strafrichters gegeben, sofern die Voraussetzungen der §§ 74, 74c GVG nicht gegeben sind.

Zu 27.:
Nach § 76 GVG sind die Strafkammern mit drei Berufsrichtern und in Berufungsverfahren in der Regel mit einem Berufsrichter besetzt. Die personelle Ausstattung der in Wirtschaftsstrafsachen zuständigen Strafkammern hat sich innerhalb der letzten 10 Jahre in Abhängigkeit zur Zahl der Eingänge in Wirtschaftsstrafsachen nur marginal verändert.

Logo Presseinformation
zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln