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Was ist los beim Metronom?

Die Abgeordnete Ursula Weisser-Roelle (LINKE) hatte gefragt:

Der Metronom wurde von vielen als Positivbeispiel für die Einführung von Wettbewerb auf der Schiene gesehen. Das Land Niedersachsen hält über seine Mehrheitsbeteiligung an der Eisenbahnen und Verkehrsbetriebe Elbe-Weser GmbH auch Anteile am Metronom.

Seit Wochen plagen sich Pendler und Schüler mit den Auswirkungen von Streiks bei Metronom. Die Gewerkschaft der Lokführer möchte einen Rahmentarifvertrag, der alle Lokführer umfasst, die Unternehmen Metronom und Cantus plädieren auf einen Haustarifvertrag.

Laut Meldungen in der Presse kommt für den Metronom nun erschwerend hinzu, dass das Unternehmen insgesamt zu wenig Lokführer beschäftigt hat. So schreibt die NP vom 18. Juli 2011, dass wegen Mangels an Lokführern einige Züge aus dem Fahrplan genommen werden mussten. Metro­nom-Geschäftsführer Heinrich Strößenreuther wird zitiert, der als Grund für den Lokführermangel anführte, dass von den 20 Lokführern, die Metronom letzes Jahr ausgebildet habe, viele die Prüfung nicht bestanden haben. Im Hamburger Abendblatt vom 7. Juli 2011 gab Heinrich Strößenreuther noch an, dass die Kosten beim Metronom geringer seien, weil effektiver geplant würde und mit weniger Lokführern auf den Strecken ausgekommen würde.

Als Auftraggeber für den Regionalverkehr tragen die Länder eine Mitverantwortung für Kundenfreundlichkeit, Pünktlichkeit, Umweltfreundlichkeit und Sicherheit des Bahnverkehrs. Soweit diese Qualitätsmerkmale durch Wettbewerb möglichst niedriger Lohnkosten negativ beeinflusst werden könnten, betreffen die Tarifauseinandersetzungen bei Metronom also mittelbar auch die Landespolitik.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie wird die Forderung der Gewerkschaft der Lokführer eingeschätzt, einen Rahmentarifvertrag für alle Lokführer einzuführen, also im Kern die Forderung „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ umzusetzen?
  2. Wie wird vor dem Hintergrund der Zugausfälle aufgrund des Lokführermangels die Aussage von Heinrich Stößenreuter im Hamburger Abendblatt vom 7. Juli 2011 gewertet?
  3. Wie beurteilt die Landesregierung die Qualität der Ausbildung zum Lokführer beim Metronom, wenn nach Aussagen des Geschäftsführers viele die Prüfung nicht bestanden hätten?
  4. Was tut das Land, um die Mobilität auf den Strecken, die vom Metronom bedient werden, sicherzustellen?
  5. Wäre es vor dem Hintergrund aller jetzt zutage tretenden Probleme beim Metronom nicht effektiver, die Betreibung aller Eisenbahnstrecken wieder einheitlich in einer sich im öffentlichen Eigentum befindlichen Bahn- und Verkehrsgesellschaft zu vereinen?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 23.08.2011 wie folgt:

Die Niedersächsische Landesregierung bzw. die drei niedersächsischen Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) betreiben seit der Regionalisierung des SPNV eine strikte Wettbewerbspolitik bei der Vergabe der Leistungen. Als einer der stärksten Konkurrenten der Deutschen Bahn AG (DB AG) hat sich dabei in Niedersachsen die metronom Eisenbahngesellschaft, entwickelt.

Die bisherigen Erfahrungen in den Wettbewerbsnetzen, inklusive der Strecken der metronom Eisenbahngesellschaft zeigen klare Vorteile für den Fahrgast durch Attraktivitätssteigerungen des Angebotes. Die daraus resultierende Kundenzufriedenheit wird durch deutlich gestiegene Fahrgastzahlen auf diesen Strecken bestätigt. Des Weiteren ist es der Steigerung der Wettbewerbsintensität zu verdanken, dass trotz der einschneidenden Kürzungen der Regionalisierungsmittel durch den Bund im Jahr 2006 das vorhandene Angebotsniveau gehalten werden konnte bzw. sogar noch zusätzlich Zugleistungen vergeben und Investitionen in die Infrastruktur getätigt werden konnten.

Auch die metronom Eisenbahngesellschaft hat sich stets durch ein hohes Maß an Kundenzufriedenheit ausgezeichnet. Die diesjährigen negativen Meldungen aufgrund von Zugausfällen und Verspätungen resultieren aus zwei Ursachen:

  1. Streik der Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL)
  2. Lokführermangel
Die weitaus größere Störursache stellen die Tarifauseinandersetzungen dar. Die Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeber sind nach Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes vor dem Einfluss von Politik und Staat geschützt. Im Rahmen dieses garantierten Rechts der Tarifautonomie stellt der (Warn-) Streik ein zulässiges, wenn auch das stärkste Mittel zur Durchsetzung der Tarifforderung der Arbeitnehmer dar. Deshalb hat die Niedersächsische Landesregierung keine direkte Möglichkeit, Einfluss auf die Tarifverhandlungen zu nehmen. Gleichwohl hat die Niedersächsische Landesregierung einen Appell an die Vertragsparteien gerichtet, die Verhandlungen nicht auf dem Rücken der Reisenden auszutragen, sondern an den Verhandlungstisch zurückzukehren und alle Möglichkeiten zur Einigung zu nutzen.

Das am 09.08.2011 begonnene Schlichtungsverfahren lässt nun auf eine baldige Tarifeinigung hoffen. Während des Schlichtungsverfahrens besteht Friedenspflicht, in dieser Zeit ist daher nicht mit weiteren Streiks zu rechnen. Außerdem wurde eine Geheimhaltungspflicht über die Inhalte und Positionen der Parteien vereinbart. Bis auf Weiteres kann es aus diesem Grund keine weiteren Informationen zum Stand der Verhandlungen geben.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Auf die Vorbemerkungen hinsichtlich der Tarifautonomie wird verwiesen.

Zu 2. und 3.:
Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Durch ein Aufeinandertreffen mehrerer ungünstiger Umstände kam es in diesem Jahr erstmals leider zu vereinzelten Kapazitätsproblemen beim Einsatz der Lokführer bei der metronom Eisenbahngesellschaft. Bis dahin hat die metronom organisatorisch stets verlässliche Zugleistungen erbracht. Die Niedersächsische Landesregierung geht daher davon aus, dass sich die Lokführerausbildung und -einsatzplanung auf einem guten Niveau befindet und die diesjährigen Probleme eine Ausnahme darstellen.

Die metronom bildet bedarfsgerecht aus und setzt außerdem auf die Einstellung erfahrener Lokführer, die für die eingesetzten Fahrzeuge und das Netz qualifiziert werden. Da diese aber derzeit am Arbeitsmarkt nur schwer rekrutierbar sind, hat das Unternehmen im Moment die Personalsuche intensiviert und wird mit Werbe-Prämien und Umzugskostenzuschüssen die Einstellung ausgebildeter Lokführer forcieren. Außerdem hat metronom bestätigt, bei entsprechender Eignung auch weiterhin Berufseinsteiger selbst auszubilden.

Die metronom stellt sehr hohe Anforderungen an die eingesetzten Triebführer und deren Ausbildungsqualität. Die hohe Durchfallquote des letzten Ausbildungsjahrgangs stellt bisher eine absolute Ausnahme dar. Die Gründe hierfür wurden von der metronom analysiert und fließen nach Unternehmensangaben umgehend in eine neu gestartete Qualifizierungsmaßnahme ein, um zukünftig wieder die gewohnt guten Ergebnisse zu erzielen. Die Situation wird sich voraussichtlich bis spätestens Oktober 2011 entspannen.

Zu diesem Zeitpunkt wird nach Auskunft der metronom ein weiterer Ausbildungslehrgang beendet.

Zu 4.:
Einflussmöglichkeiten der Landesregierung bzw. der Aufgabenträger des SPNV bestehen lediglich über die Verkehrsverträge: In Niedersachsen wird die Erfüllung der zwischen der metronom und den SPNV-Aufgabenträgern geschlossenen Verkehrsverträge neben der Region Hannover überwiegend von der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG) überwacht. Verspätungen und Zugausfälle, egal ob aufgrund eines Streiks oder Loskführermangels, führen so zur Rückforderung von Zuschüssen von der metronom Eisenbahngesellschaft. Das Unternehmen hat allein deshalb ein starkes eigenes Interesse, verlässliche Zugleistungen zu erbringen.

Darüber hinaus steht die LNVG im regelmäßigen beratenden Kontakt, z.B. zur Einrichtung von Schienenersatzverkehren (SEV) und der Aufstellung von Notfahrplänen.

So hat die metronom bei den letzten Streiks Notfahrpläne aufgestellt, um die Beeinträchtigungen für die Fahrgäste so gering wie möglich zu halten. Die Maßnahmen und Hintergründe wurden über verschiedene Medien kommuniziert und der Service, z.B. durch mehr Betreuung der Fahrgäste an den Bahnsteigen ausgeweitet.

An Tagen, an denen nicht genügend Lokführer zur Verfügung standen, hat die metronom ihr verfügbares Personal zuerst auf den Strecken eingesetzt, auf denen das Fahrgastaufkommen am Höchsten war, bzw. dort wo keine Parallelverkehre existieren.

Auch wurde auf Teilstrecken ein SEV angeboten, der die Verbindung zu anderen Linien - meist der DB Regio AG – hergestellt hat. Leider kann aus organisatorischen Gründen, der mangelnden Verfügbarkeit einer entsprechenden Anzahl von Bussen, einer wesentlich geringeren Platzkapazität in den Bussen sowie einer zumindest bei langen Strecken wesentlich längeren Fahrtzeit nicht jede ausgefallene Zugfahrt auf diese Weise ersetzt werden.

Während krankheitsbedingter Personalausfälle fielen vornehmlich die sogenannten Verstärkerzüge aus. Dadurch wurde zwar die Taktverdichtung in der Hauptverkehrszeit eingeschränkt, jedoch konnte in der Regel eine Bedienung mindestens im Stundentakt aufrechterhalten werden. Auf den Strecken, auf denen dies nicht gewährleistet werden konnte, hat das Unternehmen zusätzlich einen SEV eingerichtet.

Darüber hinaus führt die LNVG regelmäßig -in der Regel zweimal im Jahr je Unternehmen- Kundenbefragungen durch. Hierbei wird den Kunden die Möglichkeit gegeben, bestimmte im Verkehrsvertrag festgelegte Qualitätsstandards, wie Pünktlichkeit, Sicherheit und Service, zu bewerten. Die Ergebnisse der Kundenbefragungen werden mit den Verkehrsunternehmen regelmäßig diskutiert und bei Bedarf Maßnahmenkonzepte abgestimmt, um die Qualität zu verbessern.

Ferner steht auch die Niedersächsische Landesregierung im regelmäßigen Kontakt zur metronom Eisenbahngesellschaft, um Hintergründe und aktuelle Entwicklungen auszutauschen.

Zu 5.:
Nein. Die Niedersächsische Landesregierung steht zu ihrer frühzeitigen Entscheidung im SPNV eine strikte Wettbewerbspolitik durchzuführen und damit mit verschiedenen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) neben der DB AG Verkehrsverträge zu schließen. Es wird auf die Vorbemerkungen hinsichtlich der Vorteile der wettbewerblichen Vergaben verwiesen.

Im Übrigen verlangt auch das Vergaberecht eine europaweite Ausschreibung der Zugleistungen im SPNV; dies wurde durch die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 08.02.2011 ausdrücklich bestätigt.

Ferner würde auch der Einsatz eines einheitlichen im öffentlichen Eigentum befindlichen EVU nicht verhindern, dass dieses Unternehmen bestreikt wird. So war auch die DB AG schon mehrfach von Streikmaßnahmen betroffen.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
16.09.2011

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