Kernkraftwerk Unterweser
Der Abgeordnete Jürgen Krogmann (SPD) hatte gefragt:
Für die nächsten sieben Jahre ist eine Nachbetriebsphase zur Abkühlung der Brennelemente erforderlich, doch die mittelfristige Zukunft am Standort des Kernkraftwerks Unterweser (KKU) liegt im Dunklen. Im Fall eines zügigen Rückbaus des Kraftwerks wären am wenigsten Entlassungen zu erwarten. Der acht Jahre dauernde Rückbau böte die Gelegenheit, den Abbau der Arbeitsplätze so sozialverträglich wie möglich zu gestalten. Alle anderen Optionen würden einen raschen Verlust von Arbeitsplätzen und von Steuereinnahmen in der Region mit sich bringen.
Auch für die Zeit nach dem Rückbau des Reaktors braucht die Region eine Perspektive. Da der Standort für die Energieerzeugung ausgewiesen und mit einer entsprechenden Netzkapazität ausgestattet ist, bietet sich z. B. die Nutzung als Einspeisepunkt für das NorGer-Projekt an. Je schneller der Rückbau des Kernkraftwerks abgeschlossen ist, desto eher kann eine solche Nachnutzung greifen.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
- Inwiefern sind der Landesregierung Pläne des KKU-Betreibers E.ON zur Zukunft des Kraftwerks und des Energiestandortes Unterweser bekannt?
- Was hat die Landesregierung unternommen, um gegenüber E.ON auf einen schnellen Rückbau des KKU und eine Beschäftigungsperspektive für die Belegschaft hinzuwirken?
- Inwieweit plant die Landesregierung Strukturförderungsmaßnahmen, um den Wegfall der Gewerbesteuereinnahmen zu kompensieren und die Region langfristig wirtschaftlich lebensfähig zu erhalten?
- Was tut die Landesregierung, um dem Kraftwerkspersonal und den Beschäftigten der vor Ort betroffenen mittelständischen Unternehmen eine Beschäftigungsperspektive zu geben?
- Wie tritt die Landesregierung dafür ein, um Nachnutzungen, wie z. B. als Einspeisepunkt für NorGer, am Standort des KKU zu erreichen?
Bereits seit vielen Jahren wird die wirtschaftliche Entwicklung der Region von der Landesregierung umfassend begleitet und mit dem zur Verfügung stehenden Förderinstrumentarium u. a. aus den folgenden Mitteln unterstützt:
- der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW),
- dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE),
- dem Europäischen Sozialfonds (ESF) und
- sonstigen Landesmitteln.
Eine zielgerichtete Förderung, und damit eine nachhaltige Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung, ist aber nur dann möglich, wenn sich die Förderung nicht vorrangig an der Frage der Bedürftigkeit, sondern vor allem an der Wirkung auf Wachstum und Beschäftigung ausrichtet. Im Sinne eines effizienten und effektiven Einsatzes von öffentlichen Mitteln muss eine nachhaltige Wirtschaftsförderung darauf ausgerichtet sein, ein Maximum an Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätzen zu erzielen. Durch die regionale Strukturpolitik etwa werden die Regionen darin unterstützt, viel versprechende Projektideen im Hinblick auf Wachstum und Beschäftigung zu entwickeln und umzusetzen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Mit dem Dreizehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes ist für das Kernkraftwerk Unterweser (KKU) die Berechtigung zum Leistungsbetrieb zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität mit Ablauf des 6. August 2011 erloschen. Zurzeit wird die Anlage im dauerhaften Nichtleistungsbetrieb im Betriebszustand Stillstand nach den Bestimmungen der Betriebsgenehmigung betrieben.
Nach den der Landesregierung vorliegenden Informationen wurde ein Beschluss des Betreiberunternehmens zur Stilllegung der Anlage – auch im Hinblick auf die Wahrung möglicher Entschädigungsansprüche – noch nicht herbeigeführt, aber ein anlagenübergreifendes Projekt zur systematischen und integralen Analyse und Umsetzung aller anstehenden Aufgaben und Entscheidungsnotwendigkeiten eingeleitet. Dieses Projekt umfasst u. a. auch kaufmännische und finanzwirtschaftliche Aspekte, die Konzeption von Stilllegung, Rückbau und Entsorgung.
Soweit der Landesregierung bekannt, liegen die Ergebnisse dieser Analyse und Entscheidungen des Unternehmens über konkrete Pläne für das weitere Vorgehen beim KKU noch nicht vor. Planungen zur weiteren Nutzung des Vorrangstandortes Unterweser seitens E.ON sind der Landesregierung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bekannt.
Zu 2.:
Der Rückbau von Kernkraftwerken richtet sich nach dem Bestimmungen des in die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes fallenden Atomgesetzes. Die Landesregierung hat hier keine Spielräume für eigene Unternehmungen, sondern hat das Atomgesetz im Auftrage des Bundes zu vollziehen.
Zu 3. und 4.:
Die entscheidende Voraussetzung für eine regionale Entwicklung ist, dass die Akteure vor Ort an einem Strang ziehen und auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten. Hierfür muss der Wille zur Zusammenarbeit von der Region ausgehen. Die regionalen Akteure wissen selbst am Besten, wo sie ansetzen müssen. Die Regionen selbst sind die Treiber für jede wirtschaftliche Entwicklung.
Die Landesregierung hat gute Erfahrungen mit der Selbstständigkeit und Eigenverantwortung der Regionen gemacht. Der Landkreis Wesermarsch nutzt aktiv die sich ihm bietenden Chancen Kreisgrenzen überschreitender Zusammenarbeit, indem er in verschiedenen Kooperationen und Projekten mitarbeitet. Mit der Arbeit der JadeBay Entwicklungsgesellschaft und dem Engagement bei der Metropolregion Bremen-Oldenburg im Nordwesten ist die Region auf einem guten Weg.
Das Land kann wichtige Hilfestellungen geben, in dem es Projekte, die eine messbare Wirkung auf Wertschöpfung und Arbeitsplätze haben, mit Know-how und Finanzmitteln unterstützt. Hierfür steht das Instrumentarium der regionalen Strukturpolitik zur Verfügung.
Im Bereich der strukturwirksamen Fachpolitiken Wirtschaft und Arbeitsmarkt, Bildung und Qualifizierung, stehen weitere programmatische Zielsetzungen und Mittel zur Verfügung, um Projekte der Regionen zu fördern; insbesondere mit den EU-Strukturfonds EFRE und ESF. Diese sind auf die Stärkung der regionalen Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit sowie die Schaffung und Sicherung dauerhafter Arbeitsplätze durch Wirtschaftswachstum ausgerichtet.
Zu 5.:
Die guten Netzstrukturen am Standort Unterweser bieten eine gute Grundlage für verschiedene Nachnutzungsmöglichkeiten. Derzeit finden Gespräche zu einer möglichen Nachnutzung des Umspannwerkes am Standort des KKU für die Einspeisung einer Seekabelverbindung mit Norwegen zwischen dem NorGer-Konsortium (Statnett) und dem Netzbetreiber TenneT statt. Sollten die Firmen TenneT und Statnett (für das NorGer-Projekt) zur Klärung der Netzanschlussfragen weitere Unterstützung durch die zuständigen Landesbehörden benötigen, stehen diese da-zu bereit. Die Landesregierung wird Investitionsplanungen auch an diesem Standort mit der Schaffung möglichst günstiger genehmigungsrechtlicher Vorraussetzungen unterstützen.
Die Landesregierung wird sich darüber hinaus auch weiterhin in dieser wichtigen energie- und strukturpolitischen Frage aktiv dafür einsetzen, dass die Entwicklungsmöglichkeiten am Standort Unterweser/Esenshamm nicht ungenutzt bleiben.
Artikel-Informationen
erstellt am:
20.01.2012