Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20.01.2012 - TOP 28. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Renate Geuter (SPD)
Die Abgeordnete Renate Geuter (SPD) hatte gefragt:
Wegen des bisher geringen Regulierungsniveaus können im Bereich des grauen Kapitalmarkts Anlegern durch unseriöse Anbieter und die von ihnen angebotenen Finanzprodukte sowie durch nicht anlagengerechte Vermittlung oder Beratung finanzielle Schäden entstehen.
Als nicht sachgerecht ist bei der öffentlichen Anhörung von vielen Verbraucherverbänden und weiten Teilen der Finanzbranche kritisiert worden, freie Vermittler und Anlageberater (nach dem Gesetz sogenannte Finanzanlagenvermittler) weiterhin einer allein gewerberechtlichen Aufsicht durch die zuständigen Landesbehörden zu unterstellen, obwohl das Risiko für Kunden des grauen Kapitalmarktes deutlich höher ist. Im Mai 2011 wurde auch im Bundesrat (Drucksache 209/11) gefordert, dass für den Vertrieb von Produkten des grauen Kapitalmarktes die gleichen Bedingungen gelten sollten wie für den Betrieb von Wertpapieren und Anteilen an Investmentfonds, um einen einheitlichen Vollzug über die Ländergrenzen hinweg sicherzustellen.
Im Bundesrat wurde seinerzeit ebenfalls die Ansicht vertreten, dass die vorgesehene laufende Aufsicht über Finanzanlagenvermittler voraussichtlich zu erheblichem Mehraufwand bei den hierfür zuständigen Behörden der Länder führen werde, weil der Mehraufwand nicht in allen Fällen durch Gebühren abgedeckt werden könne.
Bei der abschließenden Sitzung im Bundesrat im November 2011 hat Niedersachsen im Bundesrat die seinerzeitigen Bedenken nicht wieder geltend gemacht und dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zugestimmt.
Ich frage die Landesregierung:
- Welche Veränderungen ergeben sich aus dem Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts für die Gewerbeaufsichtsverwaltung des Landes und der Kommunen?
- Welche zusätzlichen Kosten entstehen aus der Übernahme dieser neuen Aufgaben für die Gewerbeaufsichtsverwaltung des Landes und der Kommunen?
- Wie sehen die konkreten Planungen der Landesregierung zur Übernahme dieser neuen Aufgaben aus, und wie weit ist deren Umsetzung?
Mit dem Gesetz zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts vom 6. Dezember 2011 (BGBl. I S. 2481) wird das Ziel verfolgt, durch ein höheres Regulierungsniveau Anleger besser vor finanziellen Schäden durch unseriöse oder unzureichend qualifizierte Produktvertreiber zu schützen. Dazu sieht das Gesetz u. a. vor, dass Finanzanlagenvermittler (§ 34f Gewerbeordnung) künftig einer Erlaubnis bedürfen. Diese darf nur erteilt werden, wenn der Gewerbetreibende zuverlässig ist, d. h. in geordneten Vermögensverhältnissen lebt, eine Berufshaftpflichtversicherung unterhält und die durch Prüfung nachgewiesene Sachkunde besitzt. Im Hinblick auf diese Berufszulassungs- und Berufsausübungsvoraussetzungen unterliegen Finanzanlagenvermittler künftig einer stärkeren staatlichen Kontrolle.
Zur Verwaltungszuständigkeit hat der Bundesgesetzgeber – im Vergleich zum sachnahen Versicherungsvermittlerrecht (§§ 34d und f Gewerbeordnung) – keine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung getroffen. Damit obliegt es den Bundesländern, die zuständige Überwachungsbehörde für Finanzanlagenvermittler zu bestimmen. Diese Regelung ist bis zum Inkrafttreten am 1. Januar 2013 zu treffen (vgl. Art. 26 des Gesetzes zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts).
In Niedersachsen wird die zuständige Überwachungsbehörde durch eine Rechtsverordnung der Landesregierung bestimmt. Als zuständige Überwachungsbehörden für die Finanzanlagenvermittler kommen die kommunalen Gewerbebehörden oder die Industrie- und Handelskammern in Betracht. Letztere sind bereits Überwachungsbehörden für die Versicherungsvermittler. Beide Möglichkeiten haben Vor- und Nachteile. Die Landesregierung trifft die Entscheidung über die Verortung der zuständigen Überwachungsbehörde erst im Rahmen des Rechtsetzungsverfahrens zur Zuständigkeitsverordnung, insbesondere nach Anhörung der Kommunalen Spitzenverbände und der Industrie- und Handelskammern. Dieser Entscheidung kann gegenwärtig nicht vorgegriffen werden.
Unabhängig von der noch ausstehenden Entscheidung über die Verortung der Zuständigkeit wird der durch das höhere Regulierungsniveau entstehende zusätzliche
Verwaltungsaufwand durch entsprechende Gebührenregelungen zu kompensieren sein, d. h. die zur Berufszulassung und –überwachung erforderlichen Amtshandlungen werden mit Gebühren belegt, die der Gewerbetreibende zu tragen hat.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1. und 2.:
Durch das höhere Regulierungsniveau bei der Berufszulassung und –ausübung von Finanzanlagenvermittlern entsteht bei den zuständigen Behörden ein höherer Verwaltungsaufwand. Dieser erhöhte Verwaltungsaufwand ist durch entsprechende Gebühren zu kompensieren, die von den Gewerbetreibenden zu tragen sind.
Die kommunalen Gewerbebehörden wären durch das neue Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrecht nur betroffen, wenn sie durch Zuständigkeitsverordnung als zuständige Behörden bestimmt werden. Dies ist von der Landesregierung noch nicht entschieden.
Die staatliche Gewerbeaufsichtsverwaltung des Landes wird mangels Sachnähe nicht als zuständige Behörde in Betracht gezogen und bleibt daher von dem neuen Recht unberührt.
Zu 3.:
Die Landesregierung wird spätestens bis zum 31. Dezember 2012 eine Zuständigkeitsregelung für diese neue Aufgabe treffen. Ein Verordnungsentwurf wird in Kürze vorbereitet. Dieser soll nach Ressortabstimmung baldmöglichst in dem nach Geschäftsordnung vorgesehenen Verfahren den Kommunalen Spitzenverbänden, den Industrie- und Handelskammern und sonst betroffenen Verbänden zum Zwecke der Anhörung übermittelt werden.
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erstellt am:
20.01.2012