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Verkehrssicherheit auf der Autobahn 2

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 20.01.2012 - TOP 28. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Ursula Weisser-Roelle (LINKE)


Die Abgeordnete Ursula Weisser-Roelle (LINKE) hatte gefragt:

Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) übt Kritik an der Niedersächsischen Landesregierung, die die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn 2 (A 2) von 120 km/h auf 130 km/h erhöhen will. „Die CDU-FDP-geführte Landesregierung will einen erneuten Schritt unternehmen, um an dieser unfallträchtigen Strecke die Verkehrssicherheit abzubauen, statt sie zu verbessern“, erklärte der stellvertretende VCD-Landesvorsitzende Harald Walsberg in einer Pressemitteilung am 6. Januar 2011.


Verkehrsminister Jörg Bode (FDP) will die zulässige Höchstgeschwindigkeit erhöhen und erhofft sich dadurch einen besseren Verkehrsfluss sowie ein geringeres Unfallrisiko. VCD-Verkehrssicherheitsexperte Walsberg dazu: „Der einschlägige und grundlegende Fachwissenstand weist jedoch genau in die andere Richtung. Eine Tempoerhöhung treibt mit jedem zusätzlichen Stundenkilometer Schwere und Anzahl der Unfälle in die Höhe; ebenso wird die Stauwahrscheinlichkeit vergrößert, Lärm und Schadstoffausstoß nehmen überproportional zu.“

Der VCD-Landesverband Niedersachsen macht am 6. Januar 2012 zugleich darauf aufmerksam, dass Verkehrsminister Bode bereits vor Kurzem mit seiner Ansicht nach fragwürdigen Mitteln für eine bessere Verkehrssicherheit auf der A 2 sorgen wollte. So ließ er „Warnschilder“ vor Geschwindigkeitskontrollen aufstellen. „Minister Bode schafft es in penetranter Weise, fachliche Zusammenhänge zu entstellen und ins Gegenteil zu verkehren. Insbesondere weil es hier um Menschenleben geht, fordert der VCD erneut die CDU/FDP-Landesregierung auf, ihrem Auftrag gemäß Schaden vom Volke abzuwenden. Zu diesem Zweck muss sie endlich ihr Vorgehen auf die neue Füße stellen und es an fachlichen Fakten ausrichten. Die Sicherheit von Menschenleben einem kurzsichtigen parteipolitischen Kalkül einer verzweifelten FDP zu opfern, ist inakzeptabel.“

Ich frage die Landesregierung:
  1. Wie setzt sie sich mit der vorgetragenen Kritik des VCD zu der beabsichtigten Lockerung des Tempolimits auf der A 2 auseinander?
  2. Wie entwickelte sich das Unfallgeschehen auf der A 2 im Jahr 2011 im Vergleich zu den Jahren 2010 und 2009?
  3. Wie begründet sie das Vorgehen von Verkehrsminister Bode, mit „Warnschildern“ vor Geschwindigkeitskontrollpunkten für mehr Verkehrssicherheit auf der A 2 sorgen zu wollen?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

In Niedersachsen, wie auch im gesamten übrigen Bundesgebiet, gibt es grundsätzlich eine empfohlene Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen. Da der Bund durch das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Straßenverkehrsordnung (StVO) die Frage der in Deutschland zulässigen Höchstgeschwindigkeiten bundeseinheitlich geregelt hat, entfalten die diesbezüglichen Regelungen eine Sperrwirkung für abweichendes Landesrecht. Demnach ist es keinem Land rechtlich möglich, im Gesetz- oder Verordnungswege generell-abstrakt zu regeln, dass auf Bundesautobahnen, die über sein Territorium führen, ein generelles Tempolimit besteht.

Hiervon zu unterscheiden sind die Eingriffsbefugnisse der Straßenverkehrsbehörden der Länder zur Regelung des Verkehrs. § 45 StVO enthält eine enumerative Aufzählung von Gründen, aus denen der Verkehr beschränkt oder verboten werden kann. Neben der Gewährleistung der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs kommen hier insbesondere Aspekte des Schutzes der Straßeninfrastruktur sowie des Schutzes der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen in Betracht. Andere als die in § 45 StVO aufgeführten Gründe oder außerhalb der straßenverkehrsrechtlichen Gefahrenabwehr liegende Ziele rechtfertigen eine Anordnung nicht.

Mit den zum 01.09.2009 vom Bund erlassenen Verwaltungsvorschriften zur StVO wurde seitens des Bundesgesetzgebers ermöglicht, auf Autobahnen und autobahnähnlichen Straßen auch Verkehrsbeschränkungen von 130 km/h im Rahmen der straßenverkehrsrechtlichen Voraussetzungen anzuordnen. Dieser erweiterte bundesgesetzliche Spielraum soll nun genutzt werden, um die dynamische Verkehrsregelung durch die Verkehrsbeeinflussungsanlage (VBA) auf der BAB 2 weiter zu optimieren. Durch einen weiter zu differenzierenden Geschwindigkeitsrahmen kann die VBA noch effizienter auf die jeweiligen Verkehrssituationen reagieren und somit zu einer Verstetigung des Verkehrsflusses und damit zu mehr Verkehrssicherheit auf der BAB 2 beitragen.
Ein generelles Tempolimit auf 120 km/h gab es im Bereich der VBA auf der BAB 2 auch in der Vergangenheit nicht. Durch die VBA erfolgt jeweils eine bedarfsgerechte Anordnung von etwaigen Verkehrsbeschränkungen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Auch nach den praktischen Erfahrungen der zuständigen Autobahn-Polizeidienststellen tragen die von der jeweiligen Verkehrsmenge abhängigen Schaltungen der VBA zur Steigerung der Verkehrssicherheit auf der BAB 2 bei. Die Schaltungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit durch die VBA bemessen sich nach Verkehrssicherheitskriterien, wie Verkehrsdichte, Zusammensetzung der Verkehrsarten, Gefahrensituationen oder Witterung. Der jeweilige Geschwindigkeitsgrenzwert kann daher ausschließlich aus solchen Parametern abgeleitet werden.

Die pauschale Kritik des VCD lässt die Tatsache unberücksichtigt, das es vorliegend nicht um eine generelle Erhöhung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit geht, sondern es sich um eine Weiterentwicklung der Funktionalität der Verkehrsbeeinflussungsanlage auf der BAB 2 durch Nutzung des durch Bundesrecht gesetzten rechtlichen Rahmens handelt. Diese Weiterentwicklung der VBA ermöglicht unter Berücksichtigung der Faktoren Verkehrssicherheit und Verkehrsaufkommen eine Verbesserung des Verkehrsflusses und erhöht die Akzeptanz der Verkehrsregulierungen bei den Verkehrsteilnehmern.

Zu 2.:
Da die Verkehrsunfallstatistik für das Jahr 2011 erst im folgenden Monat abgeschlossen wird, haben die Unfallzahlen 2011 zum gegenwärtigen Zeitpunkt lediglich vorläufigen Charakter. Veränderungen dieser Daten sind daher noch zu erwarten.
Das Verkehrsunfallgeschehen auf der BAB 2 kann der nachstehenden Tabelle als Summe für den gesamten niedersächsischen Bereich entnommen werden:

Summe (Niedersachsen):
2009 2010
2011
Verkehrsunfälle 3.188 3.366 2.769
Leichtverletzte 635 543 484
Schwerverletzte 94 72 88
Getötete 10 15 17

Zu 3.:
Die Warnschilder sollen dazu beitragen, eine bessere Akzeptanz der Geschwindigkeitskontrollanlagen herbeizuführen. Es wird erwartet, dass abrupte Fahrmanöver, wie z.B. plötzliches Bremsen infolge des Erkennens der Blitzanlagen, vermieden werden.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
20.01.2012

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