Telekommunikationsgesetz
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 24.02.2012 - TOP 29. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Daniela Behrens (SPD)
Die Abgeordnete Daniela Behrens (SPD) hatte gefragt:
Derzeit diskutieren der Bund und die Länder die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes. Dem vom Bundestag am 27. Oktober 2011 verabschiedeten Gesetzesentwurf hat der Bundesrat nicht zugestimmt, sondern die Einberufung des Vermittlungsausschusses durchgesetzt. Die erste Sitzung des Vermittlungsausschusses zum Telekommunikationsgesetz ging ergebnislos zu Ende. Bund und Länder haben eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die strittige Punkte, wie u. a. die digitale Dividende, die Belange des Rundfunks sowie das Zusammenwirken der Infrastrukturen des Rundfunks und des Internets, klären soll.
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat am 14. Dezember zum Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen getagt, aber den ersten Einigungsversuch ohne Einigungsvorschlag abgeschlossen. Insbesondere die Beteiligung der Bundesländer an den Erlösen der aktuellen Versteigerungen von Frequenzen des UHF-Bandes (sogenannte digitale Dividende) bildet den wesentlichen Streitpunkt zwischen den Bundes- und Ländervertretern.
Der Vermittlungsausschuss hat beschlossen, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die den Streit um die digitale Dividende sowie die Beteiligungsrechte der Länder bei der Frequenzgestaltung behandeln soll. Der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, hat dazu ausgeführt: „Wichtig für die Länder ist, dass der Entwurf des TKG zur Ausgestaltung des Regulierungsziels ‚Netzneutralität’ Rechtsverordnungen des Bundes mit Zustimmung des Bundesrates vorsieht. Unabhängig davon muss jedoch aus unserer Sicht ein ausdrückliches Diskriminierungsverbot für den Datentransport im Internet in das TKG selbst aufgenommen werden. Zur Gewährleistung der Netzneutralität als einem der Regulierungsziele bedarf es verbindlicher gesetzlicher Vorgaben. Im Interesse von Meinungsfreiheit und Pluralismus darf eine inhaltliche Klassifizierung auf keinen Fall erfolgen“. Eine weitere zentrale Forderung der Länder bestehe nach wie vor darin, die Rechte der Länder bei rundfunkbezogenen Entscheidungen im TKG deutlich zu stärken.
Ich frage die Landesregierung:
- Wie steht sie zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes?
- Welche Position bzw. welche Forderungen vertritt sie im Bundesrat bzw. im Vermittlungsausschuss?
- Welche Bedeutung misst sie bei den weiteren Beratungen neben den ökonomischen und technischen Aspekten der Gesetzesnovelle auch den gesellschaftlichen, kulturellen und medienpolitischen Belangen zu, d. h. wie will sie rundfunkspezifische Belange sowie die Sicherstellung eines leistungsfähigen und diskriminierungsfreien Netzes erreichen?
Die vom Vermittlungsausschuss eingesetzte Arbeitsgruppe hat die Anliegen der Länder im Hinblick auf das vom Deutschen Bundestag am 27. Oktober 2011 beschlossene Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen (Beschluss des Bundesrates vom 25.11.2011, BR-Drs. 685/11) intensiv erörtert. Zwischenzeitlich wurde in allen Punkten Einvernehmen erzielt. Das tragfähige Ergebnis konnte nur durch die hohe Kompromissbereitschaft aller Beteiligten erreicht werden.
Bundestag und Bundesrat haben am 09. und 10.02.2012 dem erzielten Kompromissvorschlag zugestimmt.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes werden wesentliche Verbesserungen für die Wirtschaft und die Verbraucher geschaffen. Die Bedingungen für den Aus- und Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen werden verbessert sowie die Bestimmungen zum Daten- und Verbraucherschutz modernisiert. So enthält die TKG-Novelle eine Reihe von Bestimmungen, die Anreize für Investitionen in neue Hochgeschwindigkeitsnetze schaffen und den Netzausbau erleichtern. Hervorzuheben sind:
- Investitionsfreundliche Regulierungsgrundsätze,
- Erhöhung der Planungssicherheit der Unternehmen,
- Mitnutzung alternativer Infrastrukturen, Duldungspflichten der Grundstückseigentümer und
- Microtrenching.
- Kostenpflichtige Warteschleifen dürfen bei Sonderrufnummern nicht mehr eingesetzt werden.
- Die Bezahlfunktion von Handys sowie der Zugang zu Mehrwertdienstrufnummern kann gesperrt werden. Damit wird verhindert, dass den Verbrauchern über die Telefonrechnung gegen ihren Willen Geldbeträge abgebucht werden.
- Beim Anbieterwechsel dürfen Versorgungsunterbrechungen maximal einen Kalendertag andauern.
- Mobilfunkkunden haben künftig das Recht, dass ihre Mobilfunkrufnummer unabhängig von der Vertragslaufzeit mit dem bisherigen Anbieter auf einen neuen Anbieter übertragen wird.
- Bei der Auswahl eines alternativen Netzbetreibers (so genanntes Call by Call) muss künftig der aktuelle Preis vor Gesprächsbeginn angesagt werden. Das verbessert die Preistransparenz und unterbindet gleichzeitig bestehende Missbräuche (z.B. ständige intransparente Preisänderungen).
- Bei den Datenschutzbestimmungen im Telekommunikationsrecht werden zusätzliche Informations- und Transparenzverpflichtungen mit dem Ziel eingeführt, sensible Daten besser zu schützen und damit die Rechtsposition des Verbrauchers zu stärken. Hierzu gehört u. a. die Verpflichtung, bei jeder Ortung des Mobilfunkendgerätes dem Nutzer anzuzeigen, dass er geortet wird.
Zu 2.:
Im Vermittlungsverfahren konnte erreicht werden, dass die Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der künftigen Frequenzplanung, -verwaltung und -verteilung intensiviert wird. Damit ist man den Forderungen der Länder aus dem Anrufungsbeschluss des Bundesrates vom 25. November 2011 weitgehend nachgekommen.
Unter anderem konnte man sich darauf verständigen, dass die Bundesregierung künftig die Frequenzzuweisungen in einer Verordnung regelt, die der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Soweit bei den Planungen zur Frequenznutzung Belange der öffentlichen Sicherheit und Übertragungskapazitäten im Zuständigkeitsbereich der Länder betroffen sind, muss die Bundesnetzagentur künftig das Einvernehmen mit den Länderbehörden herstellen.
Parallel dazu kündigte die Bundesregierung eine Änderung der Frequenzgebührenverordnung an, die zeitgleich mit der Novelle des Telekommunikationsgesetzes in Kraft treten soll. Beabsichtigt ist, Inhalteanbietern einen preisgünstigen Wechsel des Sendernetzbetreibers zu ermöglichen und damit den Wettbewerb zu fördern.
Außerdem sicherte die Bundesregierung in einer Protokollerklärung zu, bei der nächsten Vergabe von ehemaligen Rundfunkfrequenzen - insbesondere durch Versteigerung - mit den Ländern eine einvernehmliche Regelung über die Erlösverteilung zu erarbeiten, wobei sich der Bund bewusst ist, dass die Länder von einer hälftigen Verteilung der Erlöse nach Abzug der umstellungsbedingten Kosten ausgehen.
Eine weitere Protokollerklärung betrifft die Förderung des Breitbandausbaus: Bund und Länder wollen gemeinsam mit der KfW-Förderbank Vorschläge entwickeln, um die bestehenden KfW-Programme für Kommunen besser zum Breitbandausbau zu nutzen.
Eine Protokollnotiz im Vermittlungsausschuss betrifft die Verbesserung der Entschädigungsregelungen für Kosten, die durch die Frequenzumstellung im Rahmen der “Digitalen Dividende” entstanden sind. Hiervon profitieren beispielsweise Kommunen und kleine Theater, die drahtlose Mikrofone neu anschaffen müssen. Die „Richtlinie über die Gewährung von Billigkeitsleistungen des Bundes an Sekundärnutzer wegen anrechenbarer störungsbedingter Umstellungskosten aus der Umwidmung von Frequenzen im Bereich 790 – 862 MHz“ wird in folgenden Punkten angepasst:
a) Anhebung des Zeitraums für die Antragstellung von 2015 auf 2017,b) Berücksichtigung von Einrichtungen der Kirchen, Länder, Städte, Landkreise und Kommunen, die gemäß §§ 51 ff. Abgabenordnung steuerbegünstigte Zwecke verfolgen, für eine Nutzungszeit von 8 Jahren (Wertminderungszeit);
c) Einführung einer Sockelregelung für Nutzer ab dem sechsten Jahr nach Beginn der Wertminderungszeit.
Zu 3.:
Wie bereits oben ausgeführt, sind die Beratungen zwischenzeitlich abgeschlossen worden. Auf die Antworten zu Ziffer 1 und 2 wird verwiesen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
24.02.2012