Wie wird sich der Auftragsrekord bei Airbus im Jahr 2011 auf die niedersächsischen Standorte auswirken?
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 24.02.2012 - TOP 29. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Axel Miesner (CDU)
Der Abgeordnete Axel Miesner (CDU) hatte gefragt:
Nach jüngsten Veröffentlichungen lässt Airbus mit einem Auftragsrekord im Jahr 2011 den Flugzeughersteller Boeing weit hinter sich. Nach Angaben des Unternehmens sind im vergangenen Jahr 1 400 Aufträge eingegangen. Mehr als 500 Flugzeuge wurden ausgeliefert. Nach Stückzahlen hat Airbus im vergangenen Jahr einen Marktanteil von 64 % erzielt.
Neue Flugzeugmodelle, vor allem der A320, sind nach Konzernangaben „Verkaufsschlager“. Aufträge und Bestellungen werden in diesem Jahr voraussichtlich zum weiteren Beschäftigungswachstum beitragen. Allein in Deutschland sollen 1 000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden.
Ich frage die Landesregierung:
- Wie wird sich das Rekordergebnis bei Airbus im Jahr 2011 auf die niedersächsischen Standorte auswirken?
- Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, um die Entwicklung bei den niedersächsischen Airbus-Standorten in Synergie mit den eigenen Initiativen im Bereich der Luft- und Raumfahrtindustrie weiterzubegleiten?
- Welches Potenzial sieht die Landesregierung in diesem Zusammenhang insbesondere im Bereich von Forschung und Entwicklung?
Experten sehen den Luftverkehr als Wachstumsmarkt an, der sich trotz weltweiter Krisen etwa alle 15 Jahre verdoppelt. Airbus hat 2011 an diesem Wachstum überaus erfolgreich partizipiert.
Airbus hat 2011 den höchsten Auftragseingang und die höchste Auslieferungsrate der Unternehmensgeschichte erzielt. Insgesamt sind netto 1419 Bestellungen eingegangen, 534 Flugzeuge sind ausgeliefert worden. Nach eigenen Angaben hat Airbus danach bei den Bestellungen einen Marktanteil von 64%, bei den Auslieferungen von 54% erreicht. Bestseller ist in 2011 die mit sparsameren Triebwerken ausgestattete A 320neo gewesen mit 1200 Festbestellungen.
Für 2012 rechnet Airbus mit einem Auftragsrückgang und geht von rund 600 Aufträgen aus. 570 Flugzeugauslieferungen hält Airbus 2012 für möglich.
Der Luftfahrzeugmarkt, der in der Vergangenheit durch das Duopol Airbus/Boeing gekennzeichnet gewesen ist, wird sich in Zukunft verändern. Neue Konkurrenten insbesondere aus China, Russland, Brasilien und Kanada beabsichtigen den für Airbus wichtigen Markt der Mittelstreckenflugzeuge mit modernen Maschinen zu bedienen. Der Wettbewerb wird also weltweit zunehmen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
In den Auftragsbüchern von Airbus stehen Aufträge für 4437 Flugzeuge mit einem Gesamtwert von 588 Milliarden USD. Dieser Auftragsbestand bedeutet eine Auslastung und damit Sicherung der Produktion und der Arbeitsplätze für einen Zeitraum von bis zu 8 Jahren. Dies hat sich bereits 2011 in den Arbeitnehmerzahlen der niedersächsischen Werke von Airbus und Premium Aerotec niedergeschlagen.
Bei Airbus in Stade und Buxtehude stieg die Zahl der Arbeitnehmer 2011 insgesamt um 352. Bei dem Unternehmen Premium Aerotec, das die ehemaligen Werke von Airbus in Varel und Nordenham betreibt, stieg die Zahl der Arbeitnehmer 2011 um 753.
Weitere zusätzliche Arbeitsplätze werden in Deutschland 2012 entstehen in einer Größenordnung von rund 1000, die sich auf die niedersächsischen Werke und die Werke in Hamburg und Bremen verteilen. Zusätzlich positiv für Niedersachsen wird sich auswirken, dass ein Großteil der Mitarbeiter in den Werken in Hamburg und Bremen ihren Wohnsitz in Niedersachsen haben.
Zu 2.:
Ähnlich wie in der Automobilindustrie vollzieht sich in der Luftfahrt weltweit ein Prozess der Konzentration und der Konsolidierung, der insbesondere den Zuliefererbereich erfasst hat. Die niedersächsische Zuliefererindustrie, die überwiegend mittelständisch strukturiert ist, wird hierdurch vor große Herausforderungen gestellt. Die vom Land geförderte Luftfahrtinitiative Niedersachsen Aviation widmet sich schwerpunktmäßig im Wege der Netzwerkpflege der Unterstützung der mittelständischen Zuliefererfirmen. Schwerpunkt ist dabei zunächst die interne Netzwerkbildung zwischen den KMU, den Technologiezentren und der Wissenschaft. Darüber hinaus unterstützt Niedersachsen Aviation die KMU bei der Erschließung neuer bzw. zusätzlicher Märkte im Ausland. Diesem Ziel dient beispielsweise das im Sommer 2011 mit dem in Seattle beheimatete Zulieferernetzwerk PNAA (Pacific Northwest Aerospace Alliance) unterzeichnete Memorandum of Understanding.
Zu 3.:
Mit zunehmendem Wettbewerb werden sich nur die Flugzeugbauer behaupten, die sich frühzeitig mit ökologisch und ökonomisch notwendigen Neuerungen am Markt präsentieren. Airbus hat dies eindrucksvoll mit der besonders sparsamen A 320neo unter Beweis gestellt. Forschung und Entwicklung und daraus entstehende Innovationen sind dabei der Schlüssel zum Erfolg, um auch einen immer härter werdenden Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können. Angesichts steigender Ölpreise und gestiegenen Umweltanforderungen ist eine Verbrauchsreduzierung und eine damit einhergehende geringere Umweltbelastung ein wesentliches Kriterium. Der Einsatz von CFK Leichtbauteilen ist hier ein entscheidender Baustein zum Erfolg. Allerdings ist die industrielle Fertigung von großen CFK – Teilen eine wirtschaftliche und technische Herausforderung. Niedersachsen hat hier auf der Grundlage des 100 Millionen Euro umfassenden „Niedersachsen Lufo I“ für entscheidende Impulse gesorgt. Im Wege einer strategischen Innovationspartnerschaft sind gemeinsam mit der Industrie und Großforschungseinrichtungen wie DLR und Fraunhofer Gesellschaft das neue Forschungszentrum CFK Nord in Stade sowie die Ausbildungs- und Technologiezentren in Nordenham und Varel errichtet worden. Diese positiven Wirkungen zu verstetigen ist Aufgabe des „Niedersachsen Lufo II“, das mit 31 Millionen Euro ausgestattet ist. Besonderes Augenmerk gilt der Zuliefererindustrie, die sich, um bestehen zu können, auf komplexe Produkte, Leistungen und Prozesse im Wege von Kooperationen spezialisieren muss. Darüber hinaus sollen in der Luftfahrt gewonnene technologische Erkenntnisse auch für andere wichtige Branchen wie die Automobil - und die Windindustrie nutzbar gemacht werden.
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erstellt am:
24.02.2012