Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer
Die Abgeordneten Ina Korter, Christian Meyer und Stefan Wenzel (Grüne) hatten gefragt:
„RWE will Wattenmeer anzapfen“ titelte die taz am 4. November 2011. Laut Ankündigung des Energiekonzerns RWE Dea AG seien an drei Stellen im schleswig-holsteinischen Wattenmeer und an einer Stelle im Niedersächsischen Wattenmeer Erkundungsbohrungen geplant, da dort Reserven von mehr als 20 Millionen t Erdöl vermutet würden. Diese Menge würde - so die taz - mehr als die Hälfte der gesamten Erdölreserven Deutschlands ausmachen.
Umweltverbände halten das Vorhaben im Nationalpark Wattenmeer für nicht akzeptabel, da es dem Schutzkonzept des Nationalparks widerspreche und zudem energiepolitisch falsch sei. Schon seit 1987 betreibe RWE Dea gemeinsam mit Wintershall die Ölplattform Mittelplate mitten im Nationalpark Wattenmeer vor Büsum und habe dort insgesamt 20 Millionen t Öl gefördert. Die Mittelplate sei „wie ein Stachel im Fleisch des Nationalparks“ zitiert die taz den NABU-Geschäftsführer des Landesverbandes Schleswig-Holstein.
Damit neue Erkundungsbohrungen im Nationalpark und Weltnaturerbe Niedersächsisches Wattenmeer stattfinden können, müsste das Land Niedersachsen neben den bergrechtlichen Genehmigungen für das Vorhaben auch eine Ausnahme nach § 17 des Nationalparkgesetzes erteilen.
Nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko hatten sowohl EU-Kommissar Günther Oettinger als auch Bundesumweltminister Röttgen (beide CDU) ein Moratorium für Ölbohrungen in der Nordsee vorgeschlagen. Trotzdem genehmigte das niedersächsische Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) als zuständige Genehmigungsbehörde für Schleswig-Holstein eine Laufzeitverlängerung um 30 Jahre für die einzige deutsche Ölförderplattform Mittelplate ohne vorherige Information des Parlaments und der Öffentlichkeit.
Wir fragen die Landesregierung:
- Liegen der Landesregierung die angekündigten Anträge der RWE Dea AG bzw. Wintershall Holding und GDF SUEZ auf Genehmigung von Erkundungsbohrungen im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer bereits vor, wann sind sie eingegangen, und welche Aktivitäten im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer werden beantragt?
- Wie begründet die RWE Dea AG ihren Antrag auf Befreiung von den Vorschriften des Nationalparkgesetzes? Wie beurteilt die Landesregierung die Begründung des Konzerns?
- Welche Gefahren für die Umwelt sieht die Landesregierung durch die Ölförderung im Wattenmeer?
- Welche Folgen hätte ein schwerer Ölunfall für den Nationalpark und das Weltnaturerbe?
- Welche Eingriffe in die Natur sind durch die Bohrungen geplant? Welcher Eingriff ist mit der realen Ölförderung durch Plattformen und Pipeline verbunden?
- Wie viele Quadratmeter Wattenmeerboden wurden als Kolkschutz für die Plattform Mittelplate bereits mit Beton, Mörtel und Vlies versiegelt oder befestigt?
- Wie viele Quadratmeter Wattenmeerboden sollen für die Erkundungsbohrung und etwaige Förderung versiegelt oder anders beeinträchtigt werden?
- Vor dem Hintergrund, dass die Bundesregierung bis 2050 die CO2-Emissionen in Deutschland um mehr als 80 % reduzieren will, fragen wir die Landesregierung: Bis zu welchem Ausstiegsdatum hält sie eine Ölförderung in der Nordsee für vertretbar?
- Wie beurteilt die Landesregierung Aussagen des Unternehmens (Erdölförderung Mittelplate, Newsletter 2/2011, Seite 8) zu dem Projekt wie: „Mit der Ausschöpfung des vermuteten Förderpotenzials würde ein wesentlicher Beitrag zur Sicherung der deutschen Energieversorgung geleistet“ und die wörtlich zitierte Äußerung von RWE Dea-Vorstand Ralf to Baben „Durch die Erschließung neuer Ölreserven vermindern wir nicht nur die Importabhängigkeit Deutschlands, sondern sichern und schaffen auch neue Arbeitsplätze in den Regionen.“?
- Hält die Landesregierung bei einem jährlichen Erdölverbrauch Deutschlands von ca. 105 Millionen t die deutsche Eigenproduktion von 1,5 Millionen t (d. h. Selbstversorgung von unter 2 % des Bedarfs) für einen so wesentlichen Beitrag zur Sicherung der deutschen Energieversorgung und einen so wichtigen Beitrag zur Verminderung der Importabhängigkeit Deutschlands, dass damit Eingriffe wie Aufsuchungsbohrungen im Nationalpark Wattenmeer gerechtfertigt werden können?
- Wäre die Versorgung Deutschlands mit Erdöl nach Ansicht der Landesregierung gefährdet, wenn die Konzessionsinhaber auf die Förderung der letzten der 20 bis 25 Millionen t (ca. ein Viertel des Ölverbrauchs eines Jahres in Deutschland) verzichten und diese letzten Rohstoffvorräte unseren Nachfahren zu einer - möglicherweise heute noch unbekannten - sinnvollen Nutzung übrig lassen würden?
- Inwieweit setzt sich die Landesregierung dafür ein, die Erdölkonzerne zu einem Verzicht auf die Förderung der letzten Erdölreserven zu bewegen, anstatt weiter endliche Ressourcen zu verbrauchen?
- Welche Arbeitsplatzeffekte (neue und zusätzliche Arbeitsplätze) werden durch die Erkundungsbohrungen und eine anschließende mögliche Erschließung der dann bestätigten neuen Vorkommen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein erzielt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Produktivität der Förderbohrungen von Mittelplate seit Jahren zurückgeht und durch Neuerschließungen des Feldes von Mittelplate aus lediglich die bestehenden Infrastruktureinrichtungen zur Ausbeutung des Feldes weitergenutzt werden können, die Erdölproduktion so zwar zeitlich ausgedehnt, aber nicht gesteigert werden kann? Kurz: Werden die letzten Erdölvorräte Deutschlands ausgebeutet, ohne erkennbare positive Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und ohne weiteren Nutzen für die Gesellschaft, lediglich damit die Gewinne der RWE Dea AG auf Kosten der Ressourcen verstetigt werden?
- Inwieweit wirken sich welche von der Europäischen Union geplanten oder bereits umgesetzten Maßnahmen auf die Sicherheit von Erkundungsbohrungen in der Nordsee, im Wattenmeer und im Küstenmeer vor der deutschen Nordseeküste aus?
- Unterstützt die Landesregierung ein von maßgeblichen EU- und Bundespolitikern gefordertes Moratorium für Ölbohrungen in der Nordsee und vor allem im sensiblen Bereich des Nationalparks Wattenmeer?
- Inwieweit wurden die nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexico von verschiedenen politisch Verantwortlichen wie der EU-Kommission und anderen geforderten Verschärfungen der Haftungsregelungen bei Ölunfällen geändert, um die Verursacher von Ölunfällen unverzüglich und direkt zur Verantwortung ziehen zu können?
Die Firma RWE Dea AG, Hamburg, beabsichtigt, in den niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Küstengewässern insgesamt vier Erdöl-Aufsuchungsbohrungen zu erstellen. Die vorgesehenen Ansatzpunkte von drei Aufsuchungsbohrungen liegen im Bereich des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer östlich und südlich der Bohr- und Förderinsel Mittelplate, eine weitere Aufsuchungsbohrung soll im Priel Westertill im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer etwa 12 km westlich von Cuxhaven erstellt werden. Alle Ansatzpunkte liegen außerhalb des UNESCO-Weltnaturerbegebietes. Eine der drei Aufsuchungsbohrungen im
Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer liegt in einem Gebiet, in dem die Landesgrenze zwischen Niedersachsen und Schleswig-Holstein nicht abschließend festgelegt ist.
Die Erstellung von Erdöl-Aufsuchungsbohrungen im Nationalpark „Niedersächsisches Wattenmeer“ ist nach dem Gesetz über den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Für derartige Vorhaben hat die Nationalparkverwaltung über Ausnahmen bzw. Befreiungen von den Schutzbestimmungen des Nationalparkgesetzes zu entscheiden. Weiterhin sind berg- und wasserrechtliche Genehmigungen des Landesamtes für Bergbau,
Energie und Geologie sowie des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft,
Küsten- und Naturschutz erforderlich. Es handelt sich bei den geplanten Aufsuchungs-bohrungen um zeitlich befristete Maßnahmen, an deren Ende keine dauerhaften Einrichtungen im Nationalpark verbleiben. Auch im Falle eines erfolgreichen Abschlusses der Aufsuchungsarbeiten werden keine dauerhaften Fördereinrichtungen im Nationalpark errichtet, denn die Gewinnung hat von einem Gebiet außerhalb des Nationalparks zu erfolgen.
Im niedersächsischen Zuständigkeitsbereich für den deutschen Festlandsockel unter der Nordsee sowie in den niedersächsischen Küstengewässern wird bislang kein Erdöl gewonnen. Im Gebiet der deutschen Nordsee findet eine Erdölförderung ausschließlich auf der im schleswig-holsteinischen Küstengewässer gelegenen Bohr- und Förderinsel Mittelplate statt.
Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1:
Mit Datum vom 03.11.2011 hat die RWE Dea AG bei der Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer einen Antrag auf Erteilung einer Befreiung von den Verboten des Gesetzes über den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer für das o.g. Vorhaben eingereicht. Zeitgleich hat das Unternehmen dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie einen bergrechtlichen Rahmenbetriebsplan für die Erstellung einer Aufsuchungsbohrung im Nationalpark
Niedersächsisches Wattenmeer zur Genehmigung vorgelegt und beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz einen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis eingereicht. Diese Unterlagen werden derzeit auf Vollständigkeit und Plausibilität geprüft.
Beantragt wird die Durchführung einer Aufsuchungsbohrung in der Ruhezone I/47 des Nationalparks im Bereich der Westertill. Dort soll zum Nachweis möglicher Ölführungen in den Dogger-Sandsteinen des Jura an der Ostflanke des Eversander Salzstockes auf einem Sandwattrücken der Hohenhörnsände eine rund 2.500 m tiefe Bohrung von einem Ponton aus niedergebracht werden. Die Bohrung soll der Prüfung dienen, ob sich die vermutete Lagerstätte qualitativ und quantitativ für eine kommerzielle Gewinnung eignet. In Abhängigkeit von den Resultaten dieser Bohrung ist vorgesehen, bis zu drei ab etwa 2.000 m Tiefe diagonal ausstreichende Ablenkungsbohrungen aus dem sogenannten „Stammloch“ zu erstellen, ohne den Standort der Bohrung zu verändern. Die Ablenkungen sollen zusätzliche Erkenntnisse über die Beschaffenheit der Lagerstätte, die geologischen Gegebenheiten sowie den Umfang des Ölpotenzials liefern. Die Dauer der Aufsuchungstätigkeiten beläuft sich auf einen Zeitraum von maximal 7,5 Monaten von der Einrichtung bis zum Rückbau der Bohrstelle. Durch den Transport von Personal und Material (Bohrmaterial, Betriebsstoffe, Abfälle, Abwässer) entsteht zusätzlicher Schiffsverkehr. Durchschnittlich soll die Bohrstelle zweimal täglich von je einem Versorgungsschiff und einem Personaltransporter angelaufen werden.
Zu 2:
Eine tragfähige, dezidierte Begründung des Antragstellers im Sinne überwiegender Belange des Allgemeinwohls gegenüber den Vorschriften des Gesetzes über den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer findet sich in den Antragsunterlagen bisher nicht. Dies wird dem Antragsteller als ein Ergebnis der Vorprüfung mitzuteilen und zur Nachbesserung einzufordern sein.
Zu 3:
Die vorgelegten Antragsunterlagen beziehen sich ausschließlich auf die geplante Suche nach Erdöllagerstätten und nicht auf die Erdölgewinnung im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer. Im Falle einer Fündigkeit der jetzt geplanten Aufsuchungsbohrung und positiver Ergebnisse der Ablenkungsbohrungen ist eine Gewinnung von außerhalb des Nationalparks vorgesehen.
Aufgrund des geringen Drucks in der vermuteten Lagerstätte hält der Antragssteller das Auftreten sogenannter „Blowouts“ (unkontrollierte Zuflüsse ins Bohrloch mit Austritt an die Oberfläche) während der Aufsuchungsbohrung für „nahezu ausgeschlossen“. Ebenso wird seitens der Antragsteller nicht mit Bodenabsenkungen im Laufe möglicher Erdölgewinnung gerechnet.
Eine Bewertung seitens der Landesregierung bleibt dem Genehmigungsverfahren vorbehalten.
Zu 4:
Der Vorhabenträger hat allein die Aufsuchung von Erdöllagerstätten beantragt, nicht jedoch die Gewinnung von Erdöl. Gleichwohl könnte ein Ölunfall an dem Bohransatzpunkt je nach Größe des Austritts gravierende Folgen für das Wattenmeer und seiner Schutzgüter haben.
Die in den Antragsunterlagen beschriebenen Maßnahmen zur Verhinderung von Ölunfällen sind vielfältig. Hierzu zählen insbesondere ein Mehrbarrieresystem, das den unplanmäßigen Zutritt von Erdöl in das Bohrloch und an die Tagesoberfläche verhindern soll, die Einbindung unabhängiger Sachverständiger, der Einsatz von besonders geschultem Personal sowie die regelmäßige Analyse und Minimierung von Restrisiken.
Zu 5:
Für die Aufsuchungsbohrung im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer soll ein rund 2.500 m tiefes Bohrloch erstellt werden. Aufgrund der Lage im Watt der Hohenhörnsände soll die Bohrung mittels einer auf einem Ponton installierten Landbohranlage (Höhe ca. 60 m) niedergebracht werden.
Die von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen sind aufgrund saisonal unterschiedlicher Empfindlichkeiten der verschiedenen Schutzgüter abhängig vom Zeitraum der Realisierung. Phasen hoher Empfindlichkeit hat der Vorhabensträger für sich als Ausschlusszeiten definiert. Für andere Zeiträume wurde die Realisierung in „möglich“ und „besser möglich“ differenziert. Danach beabsichtigt der Vorhabensträger, die Aufsuchung zwischen Anfang Oktober und Ende Mai, gegebenenfalls auch Mitte Juni durchzuführen. Anhand eines beispielhaften Zeitplanes unter Berücksichtigung aller 4 geplanten Aufsuchungsbohrungen im deutschen Wattenmeer, soll das Vorhaben an der Westertill voraussichtlich im Jahr 2013 begonnen werden.
Die gutachtliche Abschätzung der ökologischen Auswirkungen der Aufsuchungsbohrung Westertill, einschließlich einer Alternativenprüfung im Bereich Ostertill in der Zwischenzone des Nationalparks, zeigt, dass bei beiden Varianten die Ungestörtheit der ökologischen Prozesse im Vorhabensgebiet zeitweise eingeschränkt wird.
Durch eine spätere möglicherweise erfolgende Erdölgewinnung von einem Standort außerhalb des Nationalparks würden keine Flächen im Wattenmeer beansprucht.
Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen.
Zu 6:
Die Ölplattform Mittelplate befindet sich im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer in Schleswig-Holstein. Über die Ausgestaltung der Förderplattform und die dort erfolgten Maßnahmen zur Versiegelung und Befestigung liegen hier keine detaillierten Informationen vor.
Zu 7:
Für die Aufsuchungsbohrung im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, dessen Gesamtfläche rund 345.000 ha beträgt, sollen insgesamt rund 4,2 ha Sandwatt temporär über einen Zeitraum von maximal 7,5 Monaten beansprucht werden.
Rund 1,2 ha (120 m x 100 m) sollen mit schwerem Gerät (Bagger, Raupe und Dumper als Schiffs- und Ponton-Liegeplätze) eingeebnet und mit Anfahrdalben, Sicherungs-Spundwänden und Kolkschutzmatten hergerichtet werden. Da über den Erkundungszeitraum trotz Kolkschutzmatten und Sicherungs-Spundwänden dennoch unerwünschte Kolke und Sedimentwälle entstehen können, sind regelmäßige Instandhaltungsmaßnahmen durch Kettenbagger vorgesehen.
Die hierzu nötigen Bewegungsflächen werden zusätzlich auf rund 3 ha beziffert.
Nach Beendigung der Arbeiten soll die Bohrung mit Zement verfüllt, abgedichtet und die Verrohrungen gemäß der landesbergrechtlichen Anforderungen rund 5 m unterhalb der Wattoberfläche geschnitten und beseitigt werden. Der Rest des verrohrten und zementierten Bohrloches verbleibt im Sediment. Kolkschutz, Spundwände und Dalben werden komplett zurückgebaut und die Pontons werden mit allen darauf befindlichen Einrichtungen weggeschleppt. Damit stünden die Wattflächen anschließend wieder als Lebensraum zur Verfügung. Hinsichtlich der benthischen Besiedlung gehen die Gutachter des Vorhabensträgers von einer Regeneration innerhalb von zwei bis drei Jahren aus.
Durch eine spätere ggf. erfolgende Förderung würden keine Flächen im Wattenmeer in Anspruch genommen.
Zu 8:
Die statische Reichweite der bekannten Erdölreserven in der Nordsee beträgt bei gleichbleibender Förderung entsprechend einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage im Deutschen Bundestag zu den Gefahren der Ölförderung in deutschen und europäischen Meeren (Drucksache 17/2208 des Deutschen Bundestages) in den Nordseeanrainerstaaten:
- Dänemark: 12 Jahre
- Deutschland: 11 Jahre
- Großbritannien: 10 Jahre
- Niederlande: 4 Jahre
- Norwegen: 6 Jahre.
Der Landesregierung liegen keine detaillierten Informationen zu den Auswirkungen des Endes der Erdölgewinnung in der Nordsee auf die CO2-Emissionen in Deutschland vor.
Zu 9:
Das tatsächliche Förderpotenzial der möglicherweise unter dem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und dem Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer vorhandenen Erdöllagerstätten und deren Bedeutung für die Sicherung der deutschen Energieversorgung kann erst nach Durchführung der Aufsuchungsarbeiten abschließend bewertet werden. Allerdings lassen die von der RWE Dea AG im Projektgebieten vermuteten Erdölreserven in Höhe von rund 20 Millionen Tonnen Erdöl im Vergleich zu den in ganz Deutschland zum 01.01.2011 geschätzten sicheren und wahrscheinlichen Erdölreserven in Höhe von 35,9 Millionen Tonnen Erdöl die energie- und rohstoffpolitische Bedeutung dieses Vorhabens erkennen.
Sofern das Aufsuchungsvorhaben im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer wirtschaftlich gewinnbare Erdölvorkommen nachweisen kann, lässt die anschließende Entwicklung dieses Vorkommens von einem Standort an Land wirtschaftliche Impulse für die Region erwarten. Diese Impulse resultieren insbesondere aus der Schaffung und der Sicherung von Arbeitsplätzen sowie den Investitionen für die Errichtung und den Betrieb der Fördereinrichtungen. Daneben ist mit Einnahmen aus der Förderabgabe zu rechnen.
Zu 10:
Deutschland ist als Industrieland auf eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgung angewiesen. Insbesondere bei der Erdölversorgung besteht eine ausgeprägte Importabhängigkeit, wobei häufig politisch weniger stabile Regionen als Herkunftsländer für das importierte Erdöl auftreten. Insofern kann der Anteil der heimischen Erdölproduktion gemessen an dem Gesamtbedarf zwar prinzipiell als gering bezeichnet werden, jedoch ist die Bedeutung dieser heimischen Ressource mit Blick auf eine sichere Energie- und Rohstoffversorgung der deutschen Wirtschaft nicht unerheblich. Die heimische Erdölförderung stellt jedoch nicht nur eine verlässliche Energie- und Rohstoffressource dar, sondern leistet in den Förderregionen einen wichtigen Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung und zur Sicherung von Arbeitsplätzen. Die Abwägung dieser Aspekte mit anderen Belangen wie zum Beispiel denen des Umwelt- und Naturschutzes erfolgt in den ergebnisoffenen Genehmigungsverfahren.
Zu 11:
Vor dem Hintergrund der weltweit bekannten Erdölreserven lässt ein Verzicht auf die Nutzung heimischer Erdölvorkommen keine unmittelbare Versorgungskrise für die Bundesrepublik Deutschland erwarten.
Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 9 und 10 verwiesen.
Zu 12:
Die Landesregierung setzt sich für eine verlässliche, kostengünstige, umwelt- und klimaverträgliche und damit auch langfristig nachhaltige Energieversorgung ein. Dabei sollen die erneuerbaren Energien einen zunehmenden Anteil an der Energieversorgung übernehmen und somit die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern wie Erdöl reduzieren. So verfolgt die Landesregierung u.a. das Ziel, die Nutzung von Solar-, Wind- und Bioenergie sowie Geothermie zu stärken,
Energie zu sparen und die Energieeffizienz zu verbessern. Die damit verbundenen vielfältigen Maßnahmen lassen einen effektiveren und vor allem nachhaltigeren Effekt auf den Erdölverbrauch erwarten, als mit der Einstellung der Erdölförderung in Niedersachsen zu erreichen wäre, denn die dann fehlenden Rohölmengen würden sicherlich durch Erdölimporte ausgeglichen.
Zu 13:
Bei der beantragten Suche nach Erdölvorkommen in den niedersächsischen Küstengewässern handelt es sich um zeitlich befristete Maßnahmen, die somit auch nur temporäre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt erwarten lassen. Die Arbeitsplatzeffekte im Falle der Entwicklung einer möglicherweise vorhandenen Erdöllagerstätte hängen maßgeblich von dem Ergebnis dieser Suche wie zum Beispiel der Größe der Lagerstätte ab und lassen sich damit derzeit nicht exakt bestimmen.
Zu 14:
Die Europäische Kommission hat mit Datum vom 27.10.2011 einen Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Sicherheit von Offshore-Aktivitäten zur Prospektion, Exploration und Förderung von Erdöl und Erdgas vorgestellt (Drucksache des Bundesrates 713/11). Diese Verordnung soll am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft treten und ab diesem Zeitpunkt für Aufsuchungsbohrungen in der Nordsee anwendbar sein. Der Landesregierung liegen keine Informationen über den Zeitpunkt der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union vor.
Zu 15:
Die Landesregierung nimmt die mit der Erdölförderung in der Nordsee verbundenen Risiken sehr ernst und begleitet aktiv die aktuellen Beratungen auf europäischer Ebene zur Verabschiedung einer europäischen Verordnung über die Sicherheit von Offshore-Aktivitäten zur Prospektion, Exploration und Förderung von Erdöl und Erdgas. Es ist zu erwarten, dass auf dieser Grundlage eine Vereinheitlichung der Sicherheitsstandards auf sehr hohem Niveau, eine verbesserte Reaktion auf mögliche Schadensereignisse und eine Verbesserung hinsichtlich der Vorsorge gegenüber Meeresverschmutzungen erreicht werden.
Zu 16:
Die Regelungen zur Haftung für Betreiberunternehmen sollen mit der Verabschiedung der europäischen Verordnung über die Sicherheit von Offshore-Aktivitäten zur Prospektion, Exploration und Förderung von Erdöl und Erdgas ausgeweitet werden.
Artikel-Informationen
erstellt am:
24.02.2012