Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung Niedersachsen klar Logo

LKW-Maut

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 06.06.2008 - TOP 26


Antwort von Wirtschaftsminister Walter Hirche auf die Mündliche Anfrage der Abgeordneten Krause-Behrens (SPD)

Es gilt das gesprochene Wort!

Die Abgeordnete hatte gefragt:

Seit der Einführung der Lkw-Maut auf Autobahnen im Januar 2005 umgehen immer mehr Lkw-Fahrer die kostenpflichtigen Autobahnen und weichen auf Bundesstraßen und auch auf Landesstraßen aus. Die Anwohner dieser viel befahrenen Ausweichstrecken leiden unter dem massiven Lkw-Aufkommen und der damit verbundenen Lärm- und Abgasbelästigung.

Ein Bespiel ist die Bundesstraße 71, die als Ausweichstrecke von und nach Hamburg genutzt wird. Hier wird von vielen Anwohnern der Strecke durch den Landkreis Cuxhaven die Einführung einer Lkw-Maut auf Ausweichstrecken gefordert.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Welche Pläne und Maßnahmen vonseiten der Landesregierung gibt es, den massiven Ausweichverkehr auf der B 71 einzudämmen?
  2. Zieht die Landesregierung eine streckenbezogene Lkw-Maut auf viel befahrenen Ausweichstrecken in Erwägung?
  3. Gab und gibt es in den Bereichen der B 71 Verkehrszählungen und, wenn ja, mit welchen Ergebnissen?

Wirtschaftsminister Walter Hirche beantwortete namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage wie folgt:

Anrede,

Unmittelbar nach Einführung der Lkw-Maut auf Autobahnen im Januar 2005 haben in der Tat viele Lkw-Fahrer versucht, auf das mautfreie Straßennetz auszuweichen. In Niedersachsen war dieser sogenannte mautverdrängte Verkehr z. B. auf den Strecken B 213 im Bereich Lingen und Cloppenburg, B4 im Bereich Lüneburg – Uelzen, B 65 im Bereich Barsinghausen deutlich nachweisbar. Auf der B71, die von Bremerhaven kommend über Bremervörde, Zeven, Rotenburg, Soltau, Uelzen nach Sachsen-Anhalt verläuft, wurde lediglich zwischen Bremerhaven und Bremervörde eine leichte sprunghafte, d.h. dem Mautausweichverkehr zuzurechnende, Erhöhung der Lkw-Belastung festgestellt.

Bereits nach einer knapp einjährigen "Einschwingzeit" konnten diese Effekte nicht mehr nachgewiesen werden. Die Behauptung, dass immer mehr Lkw-Fahrer die Autobahn verlassen und auf das nachgeordnete Straßennetz ausweichen, um der Maut zu entgehen, lässt sich anhand der aktuellen Verkehrsentwicklung nicht belegen. Für Spediteure ist entscheidend, dass sie pünktlich anliefern. Die Erfahrungen in der Übergangszeit haben gezeigt, dass dieses Ziel nur durch eine Routenplanung über Autobahnen zu erreichen ist. Aktuelle Verkehrsuntersuchungen zeigen daher, dass der Ausweichverkehr nicht mehr ins Gewicht fällt.

Gleichwohl nimmt die Lkw-Verkehrsbelastung zu. Dies steht im Zusammenhang mit dem generell überproportionalen Anwachsen des Lkw-Verkehrs. Nach der aktuellen Verkehrsprognose des Bundes soll bis zum Jahr 2025 der Lkw-Verkehr um 84 % steigen. Im Einzugsgebiet von Bremerhaven spielt dieser Effekt auf der B 71 durch die hohen Wachstumsraten im Containerverkehr eine Rolle.

Die Forderung nach einer Bemautung von Bundesstraßen hat auch eine wirtschaftliche Kehrseite. Jedes Unternehmen, das von einer mautpflichtigen Straße erschlossen wird, hat einen Standortnachteil. Die Mautkosten schlagen bei allen Unternehmen an einer bemauteten Strecke zu Buche und verschlechtern deren Position gegenüber Mitbewerbern. Dies führt zu einem deutlichen Standortnachteil für diese Unternehmen und gefährdet Arbeitsplätze. Aus diesen Gründen ist es erforderlich, Entscheidungen mit Augenmaß unter Berücksichtigung aller Aspekte in der jeweiligen Region zu treffen.

Deshalb ist in Niedersachsen nicht vom grünen Tisch aus entschieden worden, ob und welche Straßen in die Mautregelung aufgenommen werden sollen. Vielmehr wurden diejenigen einbezogen, die vor Ort sind und deshalb sachgerechter entscheiden können. Maßgeblich für die Entscheidung über die Bemautung waren deshalb vor allem die regionalen Voten.

Letztendlich gab es kein übereinstimmendes Votum der örtlichen Stellen für die Einführung der Maut auf einer Bundesstraße. Auch aktuell gibt es von Seiten der Kommunen keine Forderung, eine Bundesstraße in die Mautpflicht einzubeziehen.

Dies vorausgeschickt werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet.

zu 1.:
Aktuell ist auf der B71 kein mautverdrängter Ausweichverkehr feststellbar. Insofern sind auch keine besonderen Maßnahmen der Landesregierung erforderlich.

zu 2.:
Nein, die Landesregierung respektiert in diesem Zusammenhang die Entscheidung der jeweils zuständigen kommunalen Verkehrsbehörden, die die Vor- bzw. Nachteile einer Sperrung des Durchgangsverkehrs abzuwägen haben. In Niedersachsen ist keine Sperrung für den Durchgangsverkehr auf Bundesstraßen angeordnet worden.

zu 3.:
Zur Beurteilung der Verkehrsentwicklung können die Ergebnisse der bundesweiten Zählungen aus den Jahren 2000 und 2005 herangezogen werden. Eine entsprechende Anlage 1 ist beigefügt. Die Verkehrszählungen finden jeweils im Sommerhalbjahr statt, so dass auch eventuell vorhandene mautverdrängte Verkehre noch vor der "Einschwingphase", d.h. vor ihrer Rückverlagerung auf die Autobahnen, erfasst sind. Eine weitere Übersicht, Anlage 2, zeigt die von den sog. Dauerzählstellen des Bundes festgestellte Verkehrsbelastung.

(1) Aus den 48 Dauerzählstellen an Bundesstraßen in Niedersachsen ergibt sich eine mittlere Belastung von 11.150 Kfz/d mit ca. 1.250 Lkw/d. Insofern ist die Dauerzählstelle Glinde/Bremervörde B 71/74 mit 8.590 Kfz/d, davon 1226 SV/d durchschnittlich belastet.

(2)Die Zählstellen Stotel und Nordholz an der BAB 27 weisen nach einem erheblichen Rückgang im Jahr 2005 seit 2006 wieder deutliche steigende Lkw Verkehrsbelastungen auf (Einschwingeffekt).

(3)Für die B71 südlich von Bremervörde hat sich die Lkw Belastung im Vergleich der Jahre überwiegend verringert. Im nördlichen Verlauf nach der Verknüpfung mit der B 74 hat die LKW Belastung im Rahmen der normalen Entwicklung zugenommen.

(4) Bei einer detaillierten Betrachtung des Streckenabschnittes von Bremervörde bis Bremerhaven/A 27 fällt allerdings östlich der L 122 (Zählstelle westl. Heerstedt, Anlage1) ein Anstieg des Schwerverkehres auf rund 1200 SV/d auf (+34%). Für diesen Anstieg ist zum einen der starke Anstieg des Containerverkehrs zwischen Hamburg und Bremerhaven verantwortlich (A 1 bis Sittensen, dann über die L 122/142 über Zeven zur B 71 bei Kirchwistedt und von dort Richtung A 27/Bremerhaven.) Zum anderen führte die Freigabe des Wesertunnels zu einer attraktiven Verbindung zwischen den Niederlanden und Skandinavien. Diese Route führt über die B 436, Wesertunnel auf die B 71 und von dort über die B 495 nach Wischhafen zu den Elbfähren. Insgesamt kann aber nicht von Mautausweichverkehr gesprochen werden, da diese Lkw-Verkehre die deutlich kürzere und schnellere Verbindung gewählt haben.

Logo Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
06.06.2008
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln