Künstlersozialversicherung
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.09.2008 - TOP 32
Antwort von Wirtschaftsminister Walter Hirche auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Victor Perli (LINKE)
Es gilt das gesprochene Wort!
Der Abgeordnete hatte gefragt:
Am 19. September 2008 befasst sich der Bundesrat mit dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zum Abbau bürokratischer Hemmnisse insbesondere in der mittelständischen Wirtschaft (Drittes Mittelstandsentlastungsgesetz) und wird in diesem Zusammenhang über eine u. a. von der Niedersächsischen Landesregierung unterstützte Stellungnahme beraten, wonach die Künstlersozialversicherung abgeschafft oder zumindest "unternehmerfreundlich reformiert" werden soll (vgl. Bundesratsdrucksache 558/1/08 vom 8. September 2008).
Die Künstlersozialversicherung gilt als kultur- und sozialpolitische Errungenschaft für die heute rund 160 000 freiberuflichen Kultur- und Medienschaffenden in Deutschland. Die Enquete-Kommission "Kultur in Deutschland” hat sich mit den Stimmen aller Parteien nachdrücklich für ihren Erhalt ausgesprochen und Vorschläge für ihre weitere Stärkung gemacht. Der Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) bezeichnet die Künstlersozialversicherung in einer aktuellen Stellungnahme als "eine unverzichtbare Einrichtung und eine der Grundlagen für die Vielfalt des kulturellen Lebens in Deutschland".
Künstlerinnen und Künstler beziehen ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 12 616 Euro. Die Abschaffung der Künstlersozialversicherung würde für die Mehrzahl der Künstler den Verlust der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung bedeuten.
Ich frage die Landesregierung:
- Aus welchen Gründen befürwortet die Landesregierung die Abschaffung der Künstlersozialversicherung?
- Wie will die Landesregierung nach einer Abschaffung der Künstlersozialversicherung die soziale Sicherung der freiberuflich Kultur- und Medienschaffenden gewährleisten?
- Teilt die Landesregierung die Auffassung der Journalistengewerkschaften dju und DJV, wonach die Abschaffung der Künstlersozialversicherung "das Ende des freien Journalismus in Deutschland bedeuten" würde?
Wirtschaftsminister Walter Hirche beantwortete namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage wie folgt:
Anrede,
In den Gremien des Bundesrates wird derzeit das Dritte Mittelstandsentlastungsgesetz im Ersten Durchgang beraten. Der Bundesrat wird am 19. September eine Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung beschließen. Zur Vorbereitung der Stellungnahme wurde der Gesetzentwurf in den Fachausschüssen des Bundesrates beraten. Die Fachministerien der Niedersächsischen Landesregierung handeln in den Fachausschüssen des Bundesrates entsprechend dem Ressortprinzip in eigener Verantwortung.
Das Wirtschaftsministerium des Landes Baden-Württemberg hat im Wirtschaftsausschuss am 4. September einen Antrag gestellt, der die bestehenden Probleme und Ungerechtigkeiten der Künstlersozialversicherung kritisiert. Unter anderem wird auf den hohen Aufwand bei der Feststellung der Abgabenpflicht für kleine und mittlere Unternehmen und auf Fälle hingewiesen, in denen eine Abgabepflicht in die Kasse für Leistungen besteht, obwohl der betroffene Künstler gar nicht in der bei der Künstlersozialversicherung versichert ist. Der Antrag aus Baden-Württemberg leitet aus diesen Problemen die Forderung ab, "dass die Künstlersozialversicherung abgeschafft oder zumindest unternehmerfreundlich reformiert wird". Der Antrag hat im Wirtschaftsausschuss mit den Stimmen Niedersachsens eine Mehrheit erhalten.
Das Niedersächsische Wirtschaftsministerium beabsichtigt nicht, die Künstlersozialversicherung abzuschaffen, sieht aber die Notwendigkeit der Entbürokratisierung für die derzeitige Ausgestaltung der Künstlersozialversicherung. Die Niedersächsische Landesregierung wird die Stellungnahme des Wirtschaftsausschusses im Bundesratsplenum am 19. September nicht unterstützen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Die Landesregierung ist für den Erhalt der Künstlersozialversicherung.
Zu 2.:
Die Künstlersozialversicherung schafft existenzielle Sicherheit für freiberuflich Kultur- und Medienschaffende, die wegen zu geringer Einkünfte keine Vorsorge für ihr Alter treffen können. Daher ist die Niedersächsische Landesregierung für den Erhalt der Künstlersozialversicherung.
Zu 3.:
Für die Niedersächsische Landesregierung ist die Künstlersozialversicherung nicht nur ein Instrument der Künstlerförderung. Sie schafft auch soziale Sicherheit für viele Künstler und ist daher unverzichtbar. Im Interesse ihrer Versicherten ist aber auch zu beachten, dass die Erhebungs-, und Kontrollkosten der Versicherung optimiert werden und der Kreis der Versicherungsberechtigten klar zu definieren ist.
Artikel-Informationen
erstellt am:
18.09.2008
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010