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Nutzung des Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Niedersachsen

Die Abgeordneten hatten gefragt:

Nicht erst seit dem sprunghaften Anstieg der Benzin- und Energiepreise ist eine verstärkte Nutzung des SPNV zu beobachten. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger wechseln vom Individualverkehr zu Bus und Bahn. Diese erfreuliche und politisch gewollte Entwicklung führt jedoch auch zu vollen, zum Teil überfüllten Zügen.

Neben den hohen Benzinkosten ist die Attraktivität des SPNV durch gezielte und langfristig wirksame Maßnahmen der früheren sozialdemokratischen Landesregierung begründet worden. Die Gründung der Landesnahverkehrsgesellschaft und der im Jahr 2003 geschlossene Nahverkehrsvertrag waren Meilensteine bei der Modernisierung des schienengebundenen Nahverkehrs und haben durch die schrittweise Einführung von Wettbewerb zu hohen Kosteneinsparungen bei gleichzeitig deutlich gesteigerter Nutzung geführt.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie hat sich das Fahrgastaufkommen auf den einzelnen SPNV-Strecken in Niedersachsen seit dem Jahr 2000 entwickelt?
  2. Wie haben sich in diesem Zeitraum die Fahrpreise und die Einnahmen der jeweiligen Eisenbahnverkehrsunternehmen aus dem Verkauf von Bahnfahrkarten und Bestellentgelten des Landes entwickelt?
  3. Wie hat sich die jahresdurchschnittliche Auslastung auf den einzelnen Strecken seit dem Jahr 2000 entwickelt?
  4. Wie reagieren Landesregierung und LNVG auf die zumindest scheinbar deutlich verstärkte Nutzung des SPNV in Niedersachsen?
  5. Welche Maßnahmen haben Land und LNVG getroffen, um Sauberkeit, Sicherheit und Pünktlichkeit im SPNV zu verbessern?
  6. Welche Gleitklauseln sind in den Vereinbarungen mit den einzelnen Eisenbahnverkehrsunternehmen im Fall von steigenden Fahrgastzahlen in Bezug auf Bestellentgelte und Zugkapazitäten (kürzere Takte/längere Züge) enthalten?
  7. Welche Auswirkungen haben die jüngst angekündigten Fahrpreiserhöhungen auf die möglichen Gleitklauseln bzw. auf die Bestellentgelte?
  8. Mit welchen Anreizen sollen noch mehr Menschen zum Umstieg auf den SPNV bewogen werden?
  9. Wie soll die Attraktivität des SPNV für die gegenwärtigen Fahrgäste angesichts scheinbar immer voller werdender Züge erhalten werden?

Verkehrsminister Walter Hirche beantwortete am 23. Oktober 2008 die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) hat sich in den zurückliegenden Jahren in Niedersachsen insgesamt positiv entwickelt. Die Arbeit der Landesnahverkehrsgesellschaft hat nach Auffassung der Landesregierung dazu wesentlich beigetragen. Insbesondere die konsequente Ausschreibung von Verkehrsleistungen und die Fokussierung auf Investitionen zur Verbesserung des Verkehrsangebotes auf bestehenden Strecken sind dafür verantwortlich.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Die Anzahl der Fahrgäste ist von 1996 bis 2007 im Bereich der Landesnahverkehrsgesellschaft um rund 47 % gestiegen. Wichtige Impulse für den SPNV in Niedersachsen gingen von der Inbetriebnahme der S-Bahn Hannover und der Betriebsaufnahme der NordWestBahn im Teilnetz Weser-Ems, u.a. mit der Strecke Osnabrück - Oldenburg – Wilhelmshaven, im Jahr 2000 aus.

Die Entwicklung der Verkehrsnachfrage in einzelnen Teilnetzen ist unterschiedlich verlaufen. Die größten Nachfragezuwächse sind bei der S-Bahn Hannover (über 100% Zuwachs; Angabe der DB AG) sowie bei den Linien und Strecken zu verzeichnen, bei denen die Landesnahverkehrsgesellschaft Wettbewerbsverfahren durchgeführt hat. Im Teilnetz Weser-Ems ergibt sich bezogen auf das Jahr 2006 eine Steigerung der Verkehrsnachfrage im Vergleich zum Zustand vor der Betriebsaufnahme der NordWestBahn um 170 % bei den Fahrgästen und um 150 % bei den Personen-km (Zahl der Fahrgäste multipliziert mit ihrer durchschnittlichen Reiseweite). Für die von der metronom Eisenbahngesellschaft mbH seit Dezember 2003 betriebenen Linien von Uelzen nach Hamburg sowie von Bremen nach Hamburg ergibt sich im Zeitraum 2003 bis 2007 eine Steigerung der Beförderungsleistungen von über 60 %. Weit überdurchschnittlich sind auch die Nachfragesteigerungen bei der eurobahn (Strecke Löhne - Hameln - Hildesheim - Bodenburg) mit rd. 70 % bei Fahrgästen und Personen-km.

Zu 2.:
Daten zur Entwicklung von Bestellerentgelten liegen den SPNV-Aufgabenträgern vor, jedoch handelt es sich hierbei um vertrauliche Vertragsdaten, die ohne Zustimmung der Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) von den SPNV-Aufgabenträgern nicht konkret kommuniziert werden dürfen. Dies betrifft auch Daten zu den Einnahmen.

Derzeit wenden alle SPNV-Unternehmen in Niedersachsen außerhalb der Verkehrsverbünde mit Ausnahme der EVB nur die Tarife der Deutschen Bahn an; die EVB hat aus historischen Gründen einen eigenen Haustarif. Zur Entwicklung der Fahrpreise im Eisenbahnverkehr wird auf die Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes ("Preise und Preisindizes für Verkehr"; Fachserie 17, Reihe 9.2) sowie auf die Presseinformationen der Deutschen Bahn AG und die Geschäftsberichte der Verkehrsverbünde verwiesen.

Zu 3.:
Derartige Jahresdurchschnittswerte liegen nicht vor und werden auch nicht erhoben, da sie keine oder nur eine geringe Aussagekraft haben gegenüber den zugbezogenen Daten an den jeweiligen Verkehrstagen. Diese sind Grundlage der Angebotsplanung, da sie Hinweise auf überbesetzte oder schwach nachgefragte Züge geben.

Zu 4.:
Auf den Strecken und Streckenabschnitten, auf denen die Nachfrage im SPNV deutlich angestiegen ist und die Sitzplätze in den Zügen der Hauptverkehrszeit regelmäßig zu 100 % besetzt sind, wird seitens der Aufgabenträger und der Eisenbahnverkehrsunternehmen der Einsatz zusätzlicher Wagen und Triebwagen geprüft. So sollen auf den besonders stark nachgefragten Linien im Weser-Ems-Netz und den SPNV-Linien von Hamburg in Richtung Bremen und Uelzen zusätzliche Fahrzeuge eingesetzt werden.

Zu 5.:
Mit Hilfe von Wettbewerb und Investitionen konnten die Aspekte Sauberkeit, Sicherheit und Pünktlichkeit im SPNV in den zurückliegenden Jahren deutlich verbessert werden:

  • In Ausschreibungen werden hohe Qualitätsstandards gefordert, welche permanent fortgeschrieben werden.
  • Durch Investitionen in Fahrzeuge, Strecken und Stationen konnte der Gesamteindruck des SPNV-Systems aus Kundensicht verbessert werden. Bei der Modernisierung von Stationen werden Sicherheitsbelange besonders berücksichtigt.
  • Die Pünktlichkeit konnte dank moderner Fahrzeuge und Maßnahmen an der Infrastruktur in den letzten 10 Jahren von landesweit unter 90 % auf nun über 95 % gesteigert werden. Für das erste Quartal 2008 konnte sogar ein durchschnittlicher Pünktlichkeitsgrad über alle Verkehrsunternehmen von über 96 % ermittelt werden.

Durch regelmäßige Kundenbefragungen wird die Zufriedenheit und Wichtigkeit diverser Aspekte ermittelt. Die über alle Verkehrsunternehmen durchweg guten bis sehr guten Ergebnisse belegen, dass die o. g. Maßnahmen erfolgreich sind.

Zu 6.:
Direkt anwendbare Gleitklauseln im Fall steigender Fahrgastzahlen mit Wirkung auf die Bestellentgelte und die Zugkapazitäten sind in den Verkehrsverträgen nicht vorgesehen. Dennoch werden je nach gewählter Vertragsart mit den Verkehrsunternehmen Regelungen getroffen :

  • Bei Nettoverträgen, bei denen die Erlösverantwortung bei den Verkehrsunternehmen liegt, verbleiben alle Mehreinnahmen aus Fahrgaststeigerungen bei den Unternehmen.
  • Bei Bruttoverträgen liegt das Erlösrisiko bei den Aufgabenträgern, so dass auch die Mehreinnahmen den Aufgabenträgern zustehen und diese den Zuschussbedarf senken.
  • Bei Bruttoverträgen mit Anreizsystem handelt es sich um eine Mischform aus den oben genannten Verträgen. Dort teilen sich Verkehrsunternehmen und Aufgabenträger die Mehreinnahmen nach vereinbarten Anteilen. Diese Vertragsart hat die LNVG in den letzten Jahren bei den von ihr federführend durchgeführten Wettbewerbsverfahren angewandt. Daher senken Einnahmesteigerungen aus Fahrgaststeigerungen auch den Zuschussbedarf der LNVG.

Einnahmesteigerungen im DB-Tarif aufgrund von Fahrgaststeigerungen oder Tariferhöhungen kommen, unabhängig von der Verkehrsvertragsart, bei den nichtbundeseigenen Verkehrsunternehmen (NE) jedoch nicht unmittelbar an. Für die aus Kundensicht sinnvolle Anerkennung des DB-Tarifes auch bei den NE sind diese mit der DB eine Kooperation eingegangen, die Regelungen zur Fortschreibung von Einnahmen enthält. Einnahmeansprüche der NE werden grundsätzlich aufgrund von ausführlichen Fahrgastbefragungen festgestellt. So wirken Einnahmeänderungen aufgrund von Fahrgaststeigerungen oder Tariferhöhungen in voller Höhe nur in zeitlicher Abhängigkeit von Fahrgastbefragungen.

Bei den vom Aufgabenträger angeforderten Kapazitäten gibt es keine automatische Anpassung bei Nachfrageänderungen, da dies zu nicht vorhersehbaren Kostensprüngen führen würde. Anpassungen in diesem Bereich werden daher nach Abstimmung mit dem EVU im Einzelfall vorgenommen und deren Auswirkungen auf Kosten und Erlöse und damit auf den Zuschussbedarf verhandelt.

Zu 7.:
Wegen fehlender direkter Gleitklauseln ergeben sich insofern keine Auswirkungen. Auf die Bestellentgelte wirken sich die Fahrpreiserhöhungen bei einigen Verkehrsverträgen günstig aus, da zur Finanzierung der SPNV-Leistungen bei steigenden Fahrgelderlösen weniger Bestellentgelte benötigt werden.

Zu 8.:
Mit attraktiven Gesamtkonzepten im Rahmen von Wettbewerbsverfahren bestehend aus einem attraktiven Fahrplanangebot mit neuen Fahrzeugen und ausgebauten Stationen sowie gezielten Tarif- und Marketingmaßnahmen gemeinsam mit den Eisenbahnverkehrsunternehmen soll die positive Nachfrageentwicklung im SPNV auch in den kommenden Jahren fortgesetzt werden.

Zu 9.:
Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen.

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