Tunnelsicherheit
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 14.11.2008 - TOP 26
Antwort von Verkehrsminister Walter Hirche auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Enno Hagenah (GRÜNE)
Der Abgeordnete hatte gefragt:
Beim Tunneltest 2008 des ADAC kam der Heidkopftunnel im deutschlandweiten Vergleich auf Platz 1, im europäischen Vergleich belegte er den zweiten Rang. Fachleute führen die gute Platzierung insbesondere auf die bisher bestehende Sperrung des Heidkopftunnels für Gefahrguttransporte zurück. Auch durch die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr wurden seit 2003 sämtliche Tunnel hinsichtlich ihres Sicherheitsstandards analysiert und werden im Zuge des Programms "Sicherheit in Straßentunneln" des Bundes teilweise nachgerüstet. Die Ergebnisse der Zertifizierung wurden bisher aber nicht veröffentlicht. Im Entwurf zum Haushalt 2009 sind hingegen bereits personelle Verstärkungen als Konsequenz für höhere Sicherheitsstandards in niedersächsischen Tunneln enthalten. Die konkreten Aufgaben und damit zu bewirkende Veränderungen in der Sicherheitslage niedersächsischer Tunnel sind bisher nicht öffentlich bekannt geworden.
Der Bau der A 38 und des Heidkopftunnels war u. a. mit der Unfallgefahr bei Gefahrguttransporten für die Ortsdurchfahrten begründet worden. Aber die Gefährdungssituation hat sich durch die bisherige Sperrung des Tunnels für Gefahrguttransporte für alle Orte, die an Umleitungsstrecken liegen, nicht geändert. Aktuell dient laut Ausschilderung die südlich des Tunnels liegende B 80 als Umleitung für die A 38. Allerdings wurden Aussagen von Herrn Dr. Wetzig als Sprecher für das Land Niedersachsen im Gerichtsverfahren um die Ortsumgehung Waake bekannt, dass die nördlich von der A 38 liegende Ortsumgehung Waake als offizielle Umleitung für den Heidkopftunnel benötigt werde.
Ich frage die Landesregierung:
- Wie ist der Zwischenstand bzw. das Ergebnis der Zertifizierung aller Tunnel in Niedersachsen?
- Welche Tunnel wurden als "unbedenklich" einschließlich Gefahrguttransporten eingestuft bzw. bei welchen müsste bei bedenklicher Einstufung noch nachgebessert werden, und wie sehen die Nachbesserungen aus?
- Welche Strecke wird am Heidkopftunnel zukünftig als Umleitung für die A 38 und für Gefahrguttransporte genutzt werden, vor dem Hintergrund der aktuellen Ausschilderung der B 80 einerseits und den anderslautenden Aussagen in Gerichtsverfahren um die Ortsumgehung Waake andererseits?
Verkehrsminister Walter Hirche beantwortet namens der Landesregierung die Mündliche Anfrage wie folgt:
Der Neubau der A38 Göttingen – Halle ist als Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 13 im Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen 2004 im "Vordringlichen Bedarf" als "laufendes und fest disponiertes Vorhaben" ausgewiesen. Der Heidkopftunnel ("Tunnel der Deutschen Einheit") im Zuge der A38 liegt im Bereich der Landesgrenze Niedersachsen / Thüringen. Er wurde aus umweltfachlichen Gründen erforderlich, da die Zerschneidungswirkung der Autobahn in tiefer Einschnittslage im ökologisch wertvollen Bereich Heidkopf/ehemaliger Grenzstreifen als unzulässig verworfen werden musste. Der Heidkopftunnel wurde mit dem angrenzenden Streckenabschnitt der A38 im Dezember 2006 unter Verkehr genommen.
Die Sicherheitsaspekte bei Tunneln und bei Umleitungsstrecken werden ständig überprüft. Dies gilt insbesondere auch für den Transport von kennzeichnungspflichtigen Gefahrgütern. Generell müssen Umleitungsstrecken für den Autobahnverkehr und für Gefahrguttransporte nicht identisch sein. Umleitungsstrecke für den Streckenabschnitt der A38 mit dem Heidkopftunnel sind die auch durch Hessen und Thüringen verlaufende U 58 und U 85 im Zuge der B 27 und der B 80 südlich der A 38. Nördlich der A38 bietet der Bundesstraßenzug B 27, B 446 und B 247 zwischen der A7 bei Göttingen und der A38 bei Leinefelde/Worbis eine großräumige Umleitungsstrecke zwischen diesen Autobahnen. Insbesondere nach Realisierung der in Planung befindlichen Maßnahmen im Zuge der B 27 und der B 247 wird diese Strecke weitgehend ohne Ortsdurchfahrten und mit erhöhtem Sicherheitspotenzial befahrbar sein.
Dieses vorausgeschickt beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
In Niedersachsen wurden seit 2003 sämtliche Tunnel im Zuständigkeitsbereich der NLStBV hinsichtlich ihres Sicherheitsstandards analysiert und im Zuge des Programms "Sicherheit in Straßentunneln" des Bundes teilweise aufwändig nachgerüstet. Hervorzuheben ist hierbei der Umbau des Emstunnels, der 2007 abgeschlossen wurde und ein Volumen von rund sieben Millionen Euro umfasste. Das Programm zur Nachrüstung der Tunnel ist noch nicht abgeschlossen. Insbesondere die halboffenen Tunnel werden zurzeit begutachtet und bewertet. Die daraus resultierenden Nachrüstungen werden im Zuge des Programms "Sicherheit in Straßentunneln" 2009 geplant und anschließend umgesetzt.
In Deutschland sind die für die Tunnelsicherheit maßgebenden "Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT)" 2006 nochmals überarbeitet worden, im Wesentlichen hinsichtlich der in der EG-Tunnelrichtlinie geforderten Organe (Verwaltungsbehörde, Tunnelmanager, Sicherheitsbeauftragter und Untersuchungsstelle) für den Tunnelbetrieb. Die aus den neuen Richtlinien erwachsenden Aufgaben der einzurichtenden Organe sowie des zu gewährleistenden Sicherheitsniveaus für die Tunnelüberwachung erfordern zusätzliches Personal.
Zu 2.:
Die Frage kann zurzeit nicht abschließend beantwortet werden. Die künftige Nutzung von Straßentunneln für die Durchfahrt von Fahrzeugen mit kennzeichnungspflichtigen gefährlichen Gütern wird durch das Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) geregelt. Hierfür sind Risikobetrachtungen durchzuführen. Bei der Anwendung von Beschränkungen muss die zuständige Behörde auf Grundlage der Risikobetrachtungen jedem Straßentunnel gemäß ADR eine Tunnelkategorie zuordnen (Einstufung).
Das Verfahren zur Kategorisierung wird derzeit in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe erarbeitet und voraussichtlich im Frühjahr 2009 abgeschlossen. Erst auf dieser Grundlage kann eine Kategorisierung durchgeführt werden. Niedersachsen ist Mitglied in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Nachbesserungen von Straßentunneln, die den RABT entsprechen, sind im Zuge der Kategorisierung nicht vorgesehen.
Zu 3.:
Nach heutigem Kenntnisstand kann davon ausgegangen werden, dass die beschilderte Umleitungsstrecke für den Autobahnverkehr der A38 im Bereich Heidkopftunnel auch zukünftig über die B80 geführt wird. Änderungen hierzu sind gemeinsam mit den betroffenen Nachbarländern Hessen und Thüringen abzustimmen.
Eine spezielle Umleitungsstrecke für Gefahrguttransporte ist nicht zwingend vorgegeben. Für den Gefahrgutverkehr südlich der A 38 kommt die Route über die B 80 und für den Gefahrgutverkehr nördlich der A 38 die Route über die B 27 in Frage. Insofern liegt keine anders lautende Aussage zum Gerichtsverfahren um die Ortsumgehung Waake vor.
Artikel-Informationen
erstellt am:
14.11.2008
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010
Ansprechpartner/in:
Christian Haegele
Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr
Friedrichswall 1
30159 Hannover
Tel: (0511) 120-5426
Fax: (0511) 120-995426