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Regionalisierungsmittel im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.03.2009 - TOP 29


Der Abgeordnete Enno Hagenah (GRÜNE) hatte gefragt:

Die Landesregierung hat in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Grünen am 20. Februar 2009 angekündigt, erst im Rahmen der Haushaltsberatungen im Herbst 2009 über die Fortsetzung der Kompensationszahlungen bei den Regionalisierungsmitteln zu entscheiden. Dies hat bei den betroffenen Aufgabenträgern des ÖPNV in Niedersachsen, dem Zweckverband Großraum Braunschweig (ZGB), der Region Hannover und der LNVG für starke Verunsicherung gesorgt. Dadurch seien zum Fahrplanwechsel 2009/2010 in ganz Niedersachsen massive Einschnitte im ÖPNV zu befürchten, verlautete aus den Gesellschaften.

Die Aufgabenträger des ÖPNV müssen bereits in den nächsten Wochen ihre verbindlichen Bestellungen bei den Verkehrsunternehmen für 2010 abgeben. Ob und in welcher Höhe erneut 15 Millionen Euro vom Land zusätzlich zur Verfügung gestellt würden, werde erst im Rahmen der Haushaltsbeschlüsse des Landtages entschieden, so die Landesregierung.

Aus der Antwort auf die o. g. Anfrage geht hervor, dass durch die fehlende Landeszusage 32 Nahverkehrsverbindungen in ganz Niedersachsen auf dem Spiel stehen. So drohen damit Abbestellungen von acht Bahn- und Buslinien in der Region Hannover. Im Zweckverband Großraum Braunschweig (ZGB) stehen 425 500 Zugkilometer im Jahr auf acht Strecken infrage und im Aufgabenbereich der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) sind erneut 16 Verbindungen mit 858 000 Zugkilometern pro Jahr gefährdet.

Die Ausgleichszahlungen des Landes in Höhe von 15 Millionen Euro sind im Jahr 2007 aufgrund der landesweiten Proteste wegen dieser drohenden Angebotseinschränkungen im ÖPNV zugesagt worden. Diese Zusage schon nach zwei Jahren wieder zur Disposition zu stellen, ohne dass sich die Finanzierungssituation des ÖPNV anderweitig entspannt hat, erzeugt bei den Verkehrsträgern und den Tausenden von Menschen in Niedersachsen, die den öffentlichen Personennahverkehr auf den betroffenen Verbindungen derzeit nutzen, völliges Unverständnis.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Sollen die Aufgabenträger des ÖPNV die - laut Antwort vom 20. Februar 2009 - grundsätzlich von der Landesregierung befürwortete Fortsetzung der Kompensationszahlungen des Landes als Grundlage für ihre Verkehrsangebotsbestellungen 2010 heranziehen, obwohl diese Auskunft von Minister Rösler unter den ausdrücklichen Vorbehalt eines entsprechenden Haushaltsbeschlusses gestellt worden ist?
  2. Wenn dies nicht vorbehaltlos empfohlen werden kann, wie will die Landesregierung dann noch verhindern, dass die Aufgabenträger des ÖPNV durch die fehlende verbindliche Zusage der Kompensationszahlungen gezwungen sein werden, ihre Bestellungen zum Fahrplan 2010 ohne die nur mit den Landeszahlungen gesicherten Nahverkehrsangebote bei den Verkehrsunternehmen abzugeben?
  3. Wie lange sind nach Vorschau der Landesregierung jeweils LNVG, ZGB und Region Hannover noch auf diese Kompensationszahlungen des Landes angewiesen, bevor durch zukünftige Ausschreibungsrenditen im Wettbewerb hinreichende finanzielle Spielräume erwirtschaftet werden können, um das derzeitige ÖPNV-Angebot damit aufrecht erhalten zu können?

Verkehrsminister Dr. Philipp Rösler beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Wie in der Antwort der Landesregierung vom 20.02.2009 zu der vorhergehenden Kleinen Anfrage wiedergegeben, entscheidet der Niedersächsische Landtag durch Verabschiedung des Haushaltsgesetzes 2010 abschließend über die Fortführung der Bereitstellung von zusätzlichen Landesmitteln an die Aufgabenträger.

Die zusätzlichen Landesmittel wurden den Aufgabenträgern für die Jahre 2008 und 2009 bewilligt. Hierdurch sollten umfangreiche Abbestellungen bei den SPNV-Betriebsleistungen vermieden werden. In dem genannten Zeitraum sollten die Aufgabenträger aber auch Maßnahmen ergreifen, um zukünftig ab 2010 ein entsprechendes ÖPNV-Angebot ohne zusätzliche Landesmittel bestellen zu können.

Angesichts der Notwendigkeit den Landeshaushalt zu konsolidieren, ist es nicht möglich, mittel- oder langfristig Bundeszuweisungen durch Landesmittel zu kompensieren. Deshalb müssen die Aufgabenträger alles daran setzen, im Rahmen der zur Verfügung stehenden Mittel durch geeignete Maßnahmen ein attraktives ÖPNV-Angebot zu bestellen.

Der in den Vorbemerkungen der Kleinen Anfrage genannte Umfang der nötigen Abbestellungen bei den Betriebsleistungen bezieht sich auf die Jahre 2008 und 2009. Zu der Höhe des Bedarfs in 2010 ff. sowie weiteren Einzelheiten wird auf die Antwort zu Frage 3. verwiesen.

Dieses vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1.:
Nein.

Zu 2.:
Es obliegt den Aufgabenträgern, Entscheidungen über ihr Bestellvolumen im Verhältnis der zur Verfügung stehenden Mittel eigenständig vorzunehmen.

Im Rahmen der Bewirtschaftung des Haushaltsplans 2009 besteht grundsätzlich die Möglichkeit, den Aufgabenträgern durch eine Verpflichtungsermächtigung zusätzliche Mittel bereits für das Jahr 2010 zuzusichern. Die Entscheidung hierüber kann die Landesregierung bis Juni 2009 treffen.

Zu 3.:
Der zukünftige Bedarf an zusätzlichen Mittel für die Bestellung von Betriebsleistungen im Umfang des derzeitigen Angebots ist bei den drei Aufgabenträgern unterschiedlich.

Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH ( LNVG )
Im LNVG-Aufgabenträgergebiet wird es in 2010 nicht zu den in den Vorbemerkungen der Kleinen Anfrage dargestellten Abbestellungen kommen. Vielmehr wird die LNVG das bisherige Angebot grundsätzlich auch in 2010 ohne zusätzlichen Mittelbedarf aufgrund von Wettbewerbsgewinnen weiterbestellen. Allein deshalb ist es auch möglich in einem Umfang von rd. 1,5 Mio. € Mehrbestellungen im Nahverkehr durch den Wegfall der IC-Line 26 ( Fernverkehr ) im Leinetal vorzunehmen.

Allerdings kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine verlässliche Aussage darüber getroffen werden, ob der derzeitige Bestellumfang in den Folgejahren ohne zusätzliche Mittel finanziert werden kann.

Region Hannover
Nach Angaben der Region Hannover besteht auch in 2010 ein zusätzlicher Bedarf an Kompensationszahlungen in gleicher Höhe wie 2008 und 2009 ( 1,793 Mio. € ). Aufgrund vertraglicher Bindungen bei dem S-Bahn-Verkehr Hannover ist die Region Hannover mindestens bis Ende 2012 auf diese Kompensationszahlungen angewiesen.

Zweckverband Großraum Braunschweig ( ZGB )
Im Rahmen des Verkehrsvertrags mit der DB Regio AG besteht seit 2003 die Möglichkeit, 30 % der Verkehrsleistungen im Wettbewerb zu vergeben. Hiervon hat der ZGB bisher keinen Gebrauch gemacht. Ausschreibungen von Nahverkehrsleistungen und damit die Einführung von Wettbewerb im SPNV ist nach Auskunft des ZGB erst mit der Realisierung der RegioStadtBahn Braunschweig (RSB BS) ab 2013 vorgesehen. Deshalb sind nunmehr, soweit auf Abbestellungen verzichtet wird, Kompensationszahlungen bis mindestens 2014 notwendig.

Nach einem Bedarf von 4,954 Mio. € p.a. in den Jahren 2008 und 2009 steigt der Bedarf in 2010 nach Angaben des ZGB um 0,690 Mio. € auf 5,644 Mio. €. Grund hierfür ist ebenfalls der Fernverkehrswegfall der IC-Linie 26 im Leinetal und eine damit verbundene Bestellung von Mehrleistungen. In den Jahren 2011 bis 2014 erwartet der ZGB aufgrund der bisherigen Erfahrungswerte eine Steigerung seines Bedarfs und damit der nötigen Kompensationszahlungen um durchschnittlich 2,24 % p.a.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
27.03.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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