Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bei Conti
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.03.2009 - TOP 29
Die Abgeordneten Kreszentia Flauger, Ursula Weisser-Roelle und Dr. Manfred Sohn (LINKE) hatten gefragt:
Laut der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 15. Dezember 2008 hat Bundesfinanzminister Peer Steinbrück im Beisein der Bundeskanzlerin, Frau Angela Merkel, seinerzeit angekündigt, es solle noch im Januar 2009 eine Vereinbarung zwischen der deutschen Regierung und den größten Konzernen unseres Landes geben, wonach diese während der aktuellen Krise auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten würden.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
- Ist der Landesregierung bekannt, was aus dieser Ankündigung der Bundesregierung geworden ist?
- Wie bewertet die Landesregierung die damalige Initiative der Bundesregierung?
- Wäre die Landesregierung vor dem Hintergrund einer möglicherweise positiven Bewertung dieser Initiative bereit, in Richtung auf die Conti AG und andere Großunternehmen in Niedersachsen eine ähnliche Initiative zu starten oder gegebenenfalls entsprechende gesetzliche Maßnahmen zur Verhinderung von Massenentlassungen vorzubereiten?
Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Das BMAS hat dazu am 09. Januar 2009 folgende gemeinsame Erklärung mit den Personalvorständen der DAX-30-Unternehmen veröffentlicht: "Die Personalvorstände der 30-DAX-Unternehmen werden die derzeit in Überarbeitung befindlichen Instrumente zur Beschäftigungssicherung voll nutzen, um betriebsbedingte Kündigungen im Jahr 2009 zu vermeiden. Personalentwicklung und Berufsausbildung haben auch in der Zukunft einen hohen Stellenwert. Grundlage für diese Willenserklärung sind die in der Arbeitsgruppe "Beschäftigungssicherung" beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales diskutierten Vorschläge. Dabei muss die finanzielle Basis der Unternehmen erhalten bleiben. Die Personalvorstände der DAX-30-Unternehmen und der Bundesminister für Arbeit und Soziales haben vereinbart, sich unabhängig von der jetzigen Krise zu weiteren Themen wieder zu treffen."
Zu 2.:
Die größte Sorge der Menschen in Wirtschaftskrisen ist die Sorge um den Arbeitsplatz. Deshalb begrüßt die niedersächsische Landesregierung ausdrücklich freiwillige Vereinbarungen der Tarifpartner – unabhängig davon, ob es sich nun um DAX-notierte Unternehmen oder Mittelständler handelt - auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten.
Bei der Initiative der Bundesregierung muss berücksichtigt werden, dass nur ein kleiner Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei einem DAX-Unternehmen beschäftigt ist. Einige DAX-Unternehmen haben zudem im Rahmen betrieblicher Vereinbarungen schon festgeschrieben, für einen bestimmten Zeitraum auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten, u.a. BMW, Allianz, Daimler und Bayer.
Der Mittelstand hingegen umfasst 99,3 Prozent aller umsatzsteuerpflichtigen Unternehmungen; dort sind 68,3 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten tätig, werden 41,2 Prozent der Umsätze erwirtschaftet. Vor diesem Hintergrund ist die Politik gefordert, dass Rückgrat der deutschen Wirtschaft zu unterstützen. Vordringlich gilt es, die Kreditversorgung für den Mittelstand zu sichern um eine drohende Kreditklemme zu verhindern.
Zu 3.:
Die deutschen und auch niedersächsischen Unternehmen stehen in den kommenden Monaten vor schwierigen Aufgaben. Sie müssen die Arbeitsplätze sichern und den Aufschwung wieder in Gang setzen. Wenn Unternehmen in diesen Zeiten Arbeitsplatzgarantien für ihre Beschäftigten abgeben, ist das ein positives Signal und schafft Vertrauen. Diese Garantien können aber nicht von der Politik diktiert werden.
Je mehr Firmen solchen Beispielen folgen, desto erfreulicher. Aber dieser Weg ist nicht für alle Unternehmen gangbar. Eine gesetzliche Verpflichtung, Arbeitsplätze zu erhalten, kann und darf es in einer Sozialen Marktwirtschaft nicht geben: Einzelne Unternehmen werden auf Grund der schlechten Auftragslage gezwungen sein, Beschäftigung abzubauen. Es ist unseriös, öffentlichkeitswirksame Garantien abzugeben, die möglicherweise von der wirtschaftlichen Entwicklung überholt werden.
Die niedersächsische Landesregierung ist im Einzelfall selbstverständlich bereit, Gespräche zwischen Betriebrat und Unternehmensleitung zu vermitteln. In Sachen Conti habe ich mich bereits mit Vertretern des Betriebsrats abgestimmt. Wir werden uns auch weiterhin aktiv dafür einsetzen, dass sich die Vertreter von Konzernspitze und Arbeitnehmern an einen Tisch setzen, um zu einem tragbaren Ergebnis für die Beschäftigten am Standort Stöcken zu kommen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
27.03.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010