Tourismus und maritime Wirtschaft verknüpfen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 14.05.2009 - TOP 32
Die Abgeordneten Gerd Will, Sabine Tippelt, Heinrich Aller, Marcus Bosse, Olaf Lies, Klaus Schneck, Ronald Schminke, Stefan Schostok und Petra Tiemann (SPD) hatten gefragt:
Der Tourismus in Niedersachsen gehört zu den zentralen Wirtschaftsgrößen mit enormem wirtschaftlichem Potenzial im Land. Daraus ist abzuleiten, dass das Land Niedersachsen Konzepte entwickeln und die dafür notwendigen Investitionssummen bereitstellen muss, um im Bereich Tourismus wettbewerbsfähig zu bleiben und die Attraktivität des Landes weiter zu erhöhen. Mit der Einführung der sogenannten Masterpläne für die "Metropolregionen" Harz, Weserbergland, Nordsee und Lüneburger Heide und der Vermarktung des niedersächsischen Tourismus über die TourismusMarketing Niedersachsen GmbH (TMN) hat die Landesregierung einen Versuch unternommen, diesem Anliegen gerecht zu werden.
Die maritime Wirtschaft ist für Niedersachsen ein entscheidender Wirtschaftsfaktor, der sich in den nächsten Jahren vermutlich dynamisch entwickeln wird.
Zentral scheint hinsichtlich einer tourismuspolitischen Perspektive für den maritimen Wirtschaftssektor ein Konzept zu sein, das durch frühzeitige Kooperation der dortigen Akteure eine sich positiv auswirkende wirtschaftliche Dynamik auszulösen vermag, die dem Interesse von Urlaubern an Küstenfischerei, Schifffahrt, Häfen sowie an erneuerbaren Energien (Offshorewindkraftanlagen) zufriedenstellend Rechnung trägt. Davon profitieren würde im erheblichen Maße der Städtetourismus in den Küstenregionen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
- Welche Anstrengungen unternimmt die Landesregierung zur Verknüpfung von Tourismuswirtschaft und maritimer Wirtschaft?
- Welche konkreten Investitionen (aufgeschlüsselt nach Haushaltstiteln) tätigt die Landesregierung, um die Attraktivität des Städtetourismus in den Küstenregionen zu erhöhen, und welche entfallen davon auf den Bereich der Unterstützung der Kooperation von maritimen Wirtschaftsunternehmen mit tourismusorientierten (Dienstleistungs-)Unternehmen?
- Durch welche Verfahren stellt die Landesregierung sicher, dass mögliche Kooperationen von tourismusorientierten (Dienstleistungs-)Unternehmen mit Unternehmen, die im Bereich der maritimen Wirtschaft tätig sind, zunächst identifiziert und anschließend effizient genutzt und ausgebaut werden?
Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Der Tourismus ist einer der bedeutendsten Wirtschaftsfaktoren des Landes. Mit fast 37 Mio. Übernachtungen im Jahr 2008 einschl. Camping, rd. 185.000 dem Tourismus zuzuordnenden sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und einem Wertschöpfungsbeitrag von mehr als 15 Mrd. € gilt dies für Niedersachsen in besonderer Weise. Im Vergleich der Übernachtungszahlen der Bundesländer nimmt Niedersachsen den vierten Platz ein und hat damit seine Wettbewerbsfähigkeit nachdrücklich unter Beweis gestellt. Um die Wettbewerbsfähigkeit der touristischen Destinationen in Niedersachsen nachhaltig zu sichern, hat die Landesregierung die Erstellung von touristischen Masterplänen, beispielsweise für die Nordsee, initiiert. Die Masterpläne sind die strategischen Grundlagen für die Weiterentwicklung der jeweiligen Regionen im Blick auf die relevanten Zielgruppen und Themen.
Insbesondere die niedersächsische Küste hat in den letzten Jahren durch vielerlei industrielle Aktivitäten, durch den Ausbau der Windenergie etc. neben der Tourismuswirtschaft weitere wichtige Branchenaktivitäten hervorgebracht.
Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
zu 1.:
Die Landesregierung hat auf die enge Verzahnung der verschiedenen maritimen Branchen reagiert, indem sie seit Mitte 2008 eine Stabstelle zur Koordinierung der maritimen Wirtschaft beim MW eingerichtet hat. Dies gilt nicht nur, aber auch für den maritimen Tourismus. Die Stabstelle ist für wesentliche maritime Branchen (Schifffahrt, Schiffbau, Meerestechnik) unmittelbar zuständig. Darüber hinaus koordiniert sie branchenübergreifende Angelegenheiten der maritimen Wirtschaft und stimmt konkurrierende maritime Nutzungen aufeinander ab. Sie soll darüber hinaus als primäre Ansprechpartnerin der maritimen Wirtschaft eine klare maritime Ausrichtung der Wirtschaftspolitik gewährleisten. Der Küsten-Tourismus gehört zu den maritimen Branchen und hat für die dortige Region überragende Bedeutung. Es liegt auf der Hand, dass in manchen Fällen auch Nutzungskonkurrenzen entstehen, die im Rahmen des Möglichen in einem fairen Verfahren auszugleichen sind. Als Beispiel sei hier der Bereich Wilhelmshaven/Hooksiel angeführt, in dem wirtschaftliche Nutzung mit touristischen Interessen aufeinander treffen. Das Land bemüht sich hier um eine interessengerechte Lösung. Jedoch gibt es auch zunehmend Beispiele dafür, dass Tourismus und sonstige maritime Wirtschaft sich gegenseitig befruchten können. Hinzuweisen ist etwa auf die Erlebnis- und Besichtigungsmöglichkeiten i. R. der Überführung der Kreuzfahrtschiffe der Meyer-Werft, die Info-Box am Jade-Weser-Port, die Überlegungen einzelner Küstengemeinden zur Einrichtung von Baustellen- und Hafenbesichtigungsfahrten oder die Vorstellungen der Stadt Aurich für ein sogenanntes Energieerlebniszentrum. Neben dem Erlebnischarakter für die Besucher dienen solche Aktivitäten auch dazu, die Akzeptanz und das Wissen breiter Bevölkerungsschichten für wirtschaftliche maritime Belange zu erhöhen.
Die Verknüpfung von Tourismuswirtschaft und maritimer Wirtschaft ist auch Bestandteil der Handlungsempfehlungen des Masterplanes Nordsee. So lautet z. B. die "Zielvorstellung 2015: Das Erleben des maritimen Erbes und der maritimen Atmosphäre in Form von Hafenanlagen, Arbeitsgeräten und historischen Schiffen gehört zu den be-eindruckendsten Urlaubserlebnissen an der niedersächsischen Nordsee". Als "Masterprojekte" werden vorgeschlagen:
- "Entwicklung von zwei modellhaften Häfen (Sielhäfen) an der Küste zu touristisch attraktiven Erlebnishäfen (Fischerei, Gastronomie, Shopping-Veranstaltungen etc.)",
- "Entwicklung einer Sielhafenroute als touristische Straße".
Die Projektentwicklung obliegt den regionalen Akteuren. Das Land unterstützt die Vorhaben im Rahmen seiner Fördermöglichkeiten.
zu 2.:
Der Masterplan Nordsee identifiziert in der Destination "niedersächsi-sche Nordseeküste" folgende Städte und ihre Umgebung als touristisch bedeutsam:
Aurich, Bad Zwischenahn, Cuxhaven, Emden, Jever, Leer, Norden, Papenburg, Wilhelmshaven.
Im Rahmen seiner Tourismusförderung hat das Land seit dem Jahr 2000 folgende städtetouristisch relevanten Vorhaben mit einem Gesamtvolumen von 36.922.395,84 € unterstützt.
Ort Projekt Zuschuss €
Bad Zwischenahn Attraktivierung der Wandelhalle Bad Zwischenahn 1.093.518,00
Cuxhaven LK Cuxhaven, 5 Offene Foren Tourismus inkl. Fortschreibung des Bädergutachtens 66.415,00
Cuxhaven 4Play Edutainment, maritime Spiel- u. Themenland-schaft "Käpt`n Cux`s Hafen" 50.000,00
Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH Erstellung einer tourist. Marktanalyse und eines Entwicklungskonzepts 137.600,00
Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH Tourismuskonzept für die Stadt Cuxhaven 48.750,00
Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH Umsetzungsbegleitung des Tourismuskonzeptes der Stadt Cuxhaven 36.250,00
Cuxhaven Bau einer Überdachung u. Zaunanlage auf dem Anle-ger "Steubenhöft" 130.000,00
Cuxhaven, LK Museumseisenbahn Bad Bederkesa 339.591,47
Cuxhaven, LK Museumseisenbahn Bad Bederkesa, 2 .Bauabschnitt (Errichtung Schauausstellungsraum) 258.830,00
Bederkesa Modernisierung, Attraktivierung und Erweiterung des Hallenbades 2.541.886,00
Bederkesa Modernisierung, Attraktivierung und Erweiterung des Hallenbades, 2. Bauabschnitt 208.346,14
Cuxhaven Modernisierung und Zentralisierung von Tourismusin-formations- und Serviceeinrichtungen 286.478,84
Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH Errichtung einer öffentlichen Sanitäranlage in Cuxha-ven-Duhnen 110.750,00
Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH Inwerts.u.Neugestaltung des Strandhauses Döse 201.105,63
Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH Neugestaltung Veranstaltungs- und Konzertplatz im Kurpark Döse 60.978,87
Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH Modern. Infrastr. In der "Grimmershörnbucht" 131.425,00
Nordseeheilbad Cuxhaven GmbH Modernisierung u. Neugestaltung "Haus des Gastes" in Duhnen 129.845,00
Cuxhaven (Segler-Vereinigung Cuxhaven e.V.) Erweiterung der Sanitäranlage im Yachthafen Cuxhaven 95.350,00
Nordholz Erweiterung des Aeronauticums 530.000,00
Cuxhaven Maßnahmen im Bereich des Yachthafens 694.200,00
Nordholz Aeronauticum: Modernisierung mit Fahrstuhl incl. Ausstellungsraum 242.100,00
Emden Umbau und Erweiterung Ostfriesisches Landesmuse-um / Emder Rüstkammer zu einem Europäischen Re-gionalmuseum 2.687.655,01
Emden Umgestaltung des Ostufers im Rahmen der Revitalisie-rung des Alten Binnenhafens 1.131.522,97
Emden Neubau Akademie und besondere Ausstellungsbereiche, Landesmuseum Emden 585.000,00
Emden Modernisierung Altbau u. Foyer-Erweiterung der Kunsthalle 3.333.774,00
Emden/LK Aurich A ttraktivierung Schleusen Borssum und Rahe 3.900.000,00
Emden Erstellung der Kaianlagen am Westufer im Rahmen der Revitalisierung des Alten Binnenhafens 1.896.251,00
Jever Netzwerk Kultur - Barocke Pracht und fürstliches Leben 910.100,00
Jever, Zweckverband Schlossmuseum Inwerts.u.tourist. Erschließung Schlosspark, Jever, Modellabschnitt 225.000,00
Jever Errichtung der Jugendherberge Jever 1.198.688,49
Leer Modernisierung u. Zentralisierung Infosäulen 50.718,28
Leer Errichtung Tourimuszentrale, Touristik GmbH 642.250,00
Leer, Stadt Modernisierung der Ufereinfassung Waageplatz Leer 0,00
Leer, Landkreis Attraktivierung der Fähre Ditzum-Pektum 283.500,00
Leer Errichtung Milchkioske Ems-Dollart-Route 6.161,06
Leer Herstellung einer Fußgängerbrücke über den Handels-hafen 1.446.504,34
Leer Herstellung einer Uferpromenade mit Bootsanlegestellen entlang des Nessegeländes 1.375.000,00
Leer Herstellung einer Sichtachse vom Denkmalsplatz in Richtung Handelshafen 175.000,00
Leer Touristische Attraktivierung Schloss Evenburg mit Parkanlage 346.180,50
Leer/Emden Weiterentwicklung Emsradweg 277.500,00
Norddeich Hallenbad 3.752.882,41
Norden Erwerb u. Attraktivierung Touristinfo, Kurbetriebsgesellschaft mbh Norddeich 239.300,00
Norddeich Wellenpark 948.957,73
Papenburg Errichtung des interaktiven Besucherinformationszentrums Ölmühle Papenburg 543.918,13
Papenburg Touristik am Turmkanal 2.146.000
Wilhelmshaven Errichtung der InfoBox für den Containerhafen Jade Weser Port (an JadeWeserPort InfoBox GmbH) 624.545,97
Wilhelmshaven Errichtung eines tourist. Dienstleistungszentrums (an Wilhelmshaven Touristik & Freizeit GmbH) 252.866,00
Übergreifend
Aurich Kulturnetzwerk Ostfriesland "Abenteuer Wirklichkeit" 437.700,00
Masterplan Nordsee 112.000,00
Die Förderung der Projekte erfolgt aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bzw. der Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" (GA). Für die Förderung der touristischen Infrastruktur stehen im EFRE in der Förderperiode 2007 – 2013 für die Zielgebiete "Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung" und "Konvergenz" insgesamt 66,5 Mio. € zur Verfügung. Bei den GA-Mitteln gibt es kein gesondertes Kontingent für touristische Maßnahmen, vielmehr werden die Mittel nach Bedarf eingesetzt.
Eine gezielte Unterstützung der Kooperation von maritimer Wirtschaft und Tourismuswirtschaft wird z. B. insbesondere durch die Vorhaben in Papenburg und die Info-Box am zukünftigen Jade-Weser-Port erreicht.
zu 3.:
Das zentrale Verfahren zur Identifizierung destinationsspezifischer Profilthemen wie z. B. der Kooperation von maritimer Wirtschaft und Tourismuswirtschaft zum Zweck der Definition und Umsetzung maritimaffiner touristischer Projekte ist der Masterplan Nordsee.
Artikel-Informationen
erstellt am:
14.05.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010