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Gleisausbau, Elektrifizierung und Lärmvorsorge auf der Strecke Oldenburg–Wilhelmshaven

Die Abgeordneten Ralf Briese und Enno Hagenah (GRÜNE) hatten gefragt:

Durch den Bau des JadeWeserPorts (JWP) in Wilhelmshaven muss die Bahnstrecke Wilhelmshaven–Oldenburg saniert und ertüchtigt werden. Die Deutsche Bahn bzw. ihre verantwortlichen Tochtergesellschaften und die Bundes- wie auch die Landesregierung haben dazu sowohl den Ausbau des Gleises zu einer durchgängigen Zweigleisigkeit als auch die Elektrifizierung zugesagt. Im Zuge des Gleisausbaus muss eine erneute Planfeststellung vorgenommen werden, da es sich im Sinne des Planungs- und Immissionsschutzgesetzes um eine wesentliche Änderung der Infrastruktur handelt.

Sowohl der Bundesverkehrsminister und der Landesverkehrsminister als auch die DB Netz haben in der Vergangenheit den "rechtzeitigen" Ausbau inklusive Lärmschutz (Vorsorge und gegebenenfalls auch Sanierung) der Strecke zugesagt.

Die als Auftraggeberin fungierende Niedersächsische Landesregierung hat stets die Notwendigkeit des zeitgerechten Ausbaues betont, da die großen Gütermengen des neuen Superhafens möglichst verträglich abtransportiert werden müssen. Insofern trägt sie als Vorhabenträgerin am JWP eine erhebliche Mitverantwortung, was sowohl die rechtzeitige Ertüchtigung der Gleise als auch den Lärmschutz angeht.

Ein "rechtzeitiger" Ausbau der Gleise inklusive Lärmschutz wurde gemeinhin so verstanden, dass die notwendige Hafenhinterlandanbindung vor Inbetriebnahme des neuen Hafens im Jahr 2011/2012 fertiggestellt werden würde. Umso irritierender sind derzeit Verlautbarungen der DB Netz, dass das Planfeststellungsverfahren und der anschließende Bau der Gleise inklusive Lärmschutz nicht vor dem Jahr 2015 fertiggestellt werden könne - also deutlich nach der offiziellen Inbetriebnahme des JWP. Durch die angekündigte Verzögerung stellt sich eine Reihe logistischer, immissionsschutzrechtlicher als auch politischer Fragen.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Welche definitiven Zusagen in welcher Form und von wann gibt es von der Deutschen
    Bahn AG bzw. ihrer Tochter DB Netz und vom Bund für den Ausbau der Strecke Oldenburg–Wilhelmshaven inklusive der oben beschriebenen Maßnahmen?
  2. Gibt es vertragliche Vereinbahrungen oder anderweitige schriftliche Vereinbarungen über den Ausbau, und gegebenenfalls von wem sind sie wann verhandelt und abgeschlossen worden?
  3. Welche Zeithorizonte oder Fristen sind in den Verträgen/Vereinbarungen bzw. den mündlichen Zusagen niedergelegt bzw. gesagt worden?
  4. Drohen der Bahn AG bzw. ihren Töchtern Konventional- oder anderweitige Vertragsstrafen, wenn die Gleisertüchtigung nicht rechtzeitig fertiggestellt ist?
  5. Bis wann rechnet die Landesregierung nach aktueller Informationslage mit der vollständigen Fertigstellung des Gleisausbaus inklusive Lärmvorsorge?
  6. Wie sollen bei einer gegebenenfalls verzögerten Fertigstellung der Gleisertüchtigung die
    Güter des JWP zwischenzeitlich abtransportiert werden?
  7. Drohen der Stadt Oldenburg sowie den anderen Anrainerkommunen und ihren Bewohnern bei nicht rechtzeitiger Fertigstellung der Gleise erhebliche Güterverkehre ohne die versprochene Lärmvorsorge bis zur endgültigen Fertigstellung des Gleisausbaus?
  8. Ist ein Nachtfahrverbot der Güterzüge möglich, wenn die Lärmvorsorge nicht rechtzeitig zur Fertigstellung des JWP realisiert ist?
  9. Wie beurteilt die Landesregierung die notwendigen Planungsfristen, die insbesondere für die durchgehende Zweigleisigkeit und die Ortsumfahrung Sande notwendig sind, hinsichtlich ihrer möglichen zeitlichen Mindest- und Höchstdauer im bevorstehenden Verfahren?
  10. Wie beurteilt die Landesregierung aufgrund des derzeitigen Sachstandes die Umsetzungszeit für die Planungs- und Baufertigstellung an der ganzen Strecke jeweils zu den Einzelthemen Schallschutz, Zweigleisigkeit, Elektrifizierung und Ortsumgehung Sande?
  11. Wie bewertet die Landesregierung in diesem Zusammenhang die Forderung vieler Oldenburgerinnen und Oldenburger nach einer Umgehungstrasse für die Güterverkehre um die Stadt Oldenburg herum?
  12. Gibt es Alternativplanungen, die neben der immissionsschutzrechtlichen Problematik auch unter finanziellen Gesichtspunkten statt einer Optimierung der höhengleichen Bahnübergänge durch die Stadt eine Umgehungstrasse durchspielen?
  13. Was spricht aus Sicht der als Vorhabenträgerin verantwortlichen Landesregierung für und was gegen eine Umgehungstrasse in Oldenburg?

Verkehrsminister Dr. Philipp Rösler beantwortete die Anfrage am 18.08.2009 namens der Landesregierung wie folgt:

Die Fragesteller verkennen die unterschiedlichen Zuständigkeiten bei Planung und Bau des Tiefwasserhafens und dessen verkehrliche Hinterlandanbindung. Während Bau und Ausbau von öffentlichen Häfen den Bundesländern obliegen, fallen die Hinterlandanbindungen in die Zuständigkeit des Bundes als Teil der Bundesver­kehrs­wegeplanung. Für den Verkehrsträger Schiene bedeutet dies eine Finanzverant­wortung der Bundesregierung und eine Zuständigkeit der Deutschen Bahn AG für Planung und Bau der Strecke. Das Land Niedersachsen hat hier weder eine Zuständigkeit noch eine Rechtsposition gegenüber dem Baulastträger der Schiene. Im Planfeststel­lungsbe­schluss der Wasser- und Schifffahrtsdirektion Nordwest vom 15.03.2007 heißt es hierzu: "Die vielfach von Einwendern vorgebrachten Forderungen nach Maßnahmen des aktiven oder passiven Lärmschutzes oder sonstigen Sicherungsvorkehrungen sowie Verbesserungsmaßnahmen am vorhandenen Verkehrswegenetz fallen ebenso in den Verantwortungsbereich des Eisenbahninfrastrukturunternehmens. Die Über­tragung einer diesbezüglichen Verantwortung auf das Land Niedersachsen in seiner Funktion als Träger des Vorhabens für den JadeWeserPort kommt nicht in Betracht."

Ungeachtet dieser Zuständigkeiten hat sich das Land gegenüber dem Bund und der Bahn politisch für die kapazitive Erweiterung der Strecke und im Interesse der betroffe­nen Bevölkerung für den zweigleisigen Ausbau, die Elektrifizierung, Lärmschutzmaß­nahmen und die Sicherung bzw. Beseitigung von höhengleichen Bahnübergängen ein­gesetzt.

Die zwischenzeitliche Abkehr der DB AG von ihrer früheren Zusage zumindest die Zweigleisigkeit der Bahnstrecke bis zur vollständigen Inbetriebnahme des JadeWeser­Ports fertig zu stellen, war und ist für das Land inakzeptabel. Dies hat die Landesregie­rung gegenüber der Bahn auch deutlich zum Ausdruck gebracht. Die Bahn hat nunmehr zugesagt, ihre Planungen hinsichtlich einer zeitlichen Straffung zu überprüfen. Das Land geht davon aus, dass der zugesagte Termin eingehalten wird.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1. und 3:
Sowohl der Bund als auch die Bahn haben in verschiedenen Schreiben die fristgerechte Fertigstellung und die Sicherung der Finanzierung zugesagt. Dies wurde in zahlreichen Gesprächen und Vorträgen wiederholt bestätigt. U.a. liegen Schreiben des BMVBS vor mit Datum vom: 09.08.2006, 15.05.2007, 21.12.2007, 05.05.2009, 15.05.2009 und zuletzt vom 28.07.2009. Die Zusagen bezogen sich auf eine Fertigstellung der Gesamtmaßnahme bis Ende 2012.

Zu 2:
Nein. Angesichts klarer Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im föderalen System und eindeutiger Zusagen (s.o.) ist für vertragliche Vereinbarungen kein Raum.

Zu 4:
Nein.

Zu 5:
Die Landesregierung geht weiter davon aus, dass zumindest die Zweigleisigkeit bis zur vollständigen Inbetriebnahme des Hafens Ende 2012 fertig gestellt ist. Elektrifizierung und Lärmschutz folgen anschließend. Mit einer Fertigstellung der Gesamtmaßnahme wird bis Ende 2014 gerechnet. Ich verweise auf die Aussagen der Vertreter der Bundes­regierung und der DB AG in der Sitzung des Unterausschusses für Häfen und Schiff­fahrt am 02.06.2009 und ferner auf die gemeinsame Presseerklärung von DB Netze und BMVBS vom 07.07.2009. Bestätigt wird dies durch ein Schreiben der DB AG vom 29.07.2009, dem ein entsprechender Zeitplan als Anlage beigefügt ist.

Zu 6:
Die Bahn hat im Planfeststellungsverfahren für den JadeWeserPorts bestätigt, dass die Streckenreserven zur Zu- und Abführung der Verkehre aus dem Hafen ausreichen. Sie hat weiter erklärt, dass die Zweigleisigkeit der Strecke zwar aus betrieblichen Gründen wünschenswert sei, für die im Rahmen des Planfeststellungsantrages erwarteten Ver­kehrsmengen jedoch keine wesentlichen Änderungen an dieser Strecke vorzunehmen sind. Dennoch besteht das Land auf einer vorgezogenen Wiederherstellung der Zwei­gleisigkeit, damit - wie gutachterlich untersucht -der Abtransport der Container zeitge­recht durchgeführt werden kann und eine Verschlechterung der Betriebsqualität ver­mieden wird. Ferner verbieten sich größere Baumaßnahmen nach vollständiger Inbe­triebnahme des Hafens, da dies zu unerwünschten Betriebseinschränkungen auf der Bahnstrecke zu Lasten der Hafenanbindung führen könnte. Ergänzend wird auch dies­bezüglich auf die Äußerungen des Vertreters der DB AG in der o.a. Sitzung verwiesen.

Zu 7:
Der Umfang der Güterverkehre wird sich in Abhängigkeit von dem künftigen Umschlag­volumen des Tiefwasserhafens entwickeln. Ein Anspruch auf Lärmschutz besteht erst im Zusammenhang mit den vorgesehenen Bau­maßnahmen, insbesondere der Elektrifi­zierung.

Zu 8:
Nach derzeitiger Rechtslage ist kein Nachtfahrverbot für Güterzüge möglich.

Zu 9. und 10:
Auf die Antwort zu Frage 5 wird verwiesen, dies gilt auch für die Umfahrung Sande.

Zu 11. - 13:
Anders als in der Frage 13 unterstellt, wäre Vorhabenträger für eine Umgehungstrasse ebenfalls die Bahn und nicht das Land.

Der Bau einer solchen Umfahrung, der von der DB AG grob auf mindestens 180 Mio. € geschätzt wird ist, weder planerisch noch finanziell im Bundesverkehrswegeplan gesichert. Für eine solche Maßnahme müssten zunächst ein Raumordnungsverfahren durchge­führt und der Bundesverkehrswegeplan geändert werden. Das hätte eine entsprechende mehrjäh­rige Verzöge­rung der Realisie­rung von Schallschutzmaßnahmen im Oldenburger Bereich zur Folge, da die DB AG Schallschutz nur nach der Rechtskraft von Planfest­stellungsbeschlüssen errichten wird.

Mehrbelastungen der Anwohner durch den Güterverkehr sollen deshalb gem. abge­schlossenen Planfeststellungsverfahren durch die Beseitigung neuralgischer Bahn­über­gänge und im Rahmen von Lärmvorsorgemaßnahmen weitestgehend minimiert werden. Planerisch ist für den Lärmschutz die Bahn, für die städtebaulichen Fragen bezüglich der Bahnübergänge die Stadt Oldenburg zuständig. Die Landesregierung ist hierzu mit den Beteiligten im Gespräch und hat eine finanzielle Unterstützung nach dem Entflechtungsgesetz in Aussicht gestellt.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
28.08.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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