Existenzgründungen in Niedersachsen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 30.10.2009 - TOP 29
Die Abgeordneten Norbert Böhlke und Heidemarie Mundlos (CDU) hatten gefragt:
Frauen sind im Erwerbsleben nach einschlägigen statistischen Erhebungen noch immer nicht auf Augenhöhe mit Männern. Dies betrifft zum einen die Zahl der Frauen in Führungspositionen. Betroffen sind Frauen aber auch dahin gehend, dass sie im Vergleich mit ihren männlichen Kollegen im Schnitt ein geringeres Einkommen für die gleiche Tätigkeit erhalten. Im Durchschnitt liegt das Einkommen ca. 20 % niedriger.
In diesem Zusammenhang steht der KfW-Gründungsmonitor aus dem Mittelstandsmagazin, Ausgabe 9/2009. Danach haben sich im Jahr 2008 in Deutschland 797 000 Menschen selbstständig gemacht. Zu beobachten ist zweierlei: Zum einen ist auffällig, dass die Quote der Frauen an den Unternehmensgründungen "nur" bei 41 % liegt. Zum anderen wird in der Auswertung der Statistik darauf hingewiesen, dass gerade in der ersten Phase der Unternehmensgründung viele Gründer scheitern. Mehr als ein Viertel dieser Unternehmer sind nach drei Jahren nicht mehr im Markt tätig. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Gründung Bestand habe, sei umso größer, wenn der Gründer bereits einschlägige Erfahrungen aus einer vorangegangenen Selbstständigkeit mitbringe oder größere finanzielle Mittel zur Verfügung habe.
Wir fragen die Landesregierung:
- Welche Förderungs- und Beratungsmöglichkeiten stehen Frauen in Niedersachsen im Vorfeld der Existenz-gründung und während der Anlaufphase des Unternehmens zur Verfügung, und wie werden diese ange-nommen?
- Wie hoch ist der Anteil von Frauen an Existenzgründungen von Unternehmen in Niedersachsen bei der Gründung und nach drei Jahren?
- In welchen Bereichen gründen Frauen vorrangig neue Existenzen?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
zu 1.:
Die Wirtschafts- und Arbeitsförderprogramme des MW richten sich an Frauen und Männer. Dabei stehen Frauen wie Männern über die NBank gleichermaßen Förderungs- und Beratungsmöglichkeiten im Vorfeld einer Existenzgründung, aber auch in den ersten Aufbaujahren des jungen Unternehmens zur Verfügung.
Die Maßnahmen im Bereich der Existenzgründung sind nicht zielgruppenspezifisch ausgerichtet, sollen aber insgesamt zur Verbesserung der Chancengleichheit beitragen und eine stärkere Integration von Frauen in das Wirtschaftsleben fördern.
Nachfolgend werden die Förder- und Beratungsangebote im Einzelnen dargestellt:
A. Förder- und Beratungsangebote des MW:
Die Gründungsberatungsförderung von Bund und Ländern ist harmonisiert und aufeinander abgestimmt worden.
Seit dem 1. November 2007 erhalten Antragstellerinnen und Antragsteller in den ersten 5 Jahren nach Gründung eine Beratungsförderung des Bundes aus dem "KfW-Gründercoaching Deutschland". Die Länder sind ergänzend für eine Unterstützung dieser Zielgruppe im Vorgründungsbereich zuständig. In Niedersachsen wurde hierfür zum Frühjahr 2009 – korrespondierend zum Landesangebot der Förderung über die "Beratungsrichtlinie 2007" für bestehende Unternehmen - das neue Landesförderprogramm "Gründungscoaching Niedersachsen" implementiert. Damit steht nun auch für den wichtigen Vorgründungsbereich das Angebot einer Förderung begleitender Gründungsberatung durch qualifizierte externe Beraterinnen und Berater zur Verfügung.
Die Förderung erfolgt unter Einsatz von Mitteln des Landes und des Europäischen Sozialfonds. Das Programm erfreut sich zunehmend guter Nachfrage. Bisher wurden über die NBank gut 160 Förderanträge bewilligt, hiervon 60 Anträge (37 %), die von zukünftigen Unternehmerinnen gestellt wurden.
Landesinitiative "Gründerfreundliches Niedersachsen"
Um die Förder- und Unterstützungslandschaft besser zu strukturieren, startete am 13. August 2009 die Landesinitiative "Gründerfreundliches Niedersachsen". Gemeinsam mit am Gründungsgeschehen beteiligten Organisationen soll eine stärkere Bündelung und Publikation des vorhandenen Angebots im Gründungsbereich erreicht werden. Durch die Vernetzung und Abstimmung der Partner untereinander wird künftig der Überblick über die regionalen Beratungs-, Förder- und Unterstützungsangebote erleichtert und so die Erschließung neuer Märkte und Dienstleistungen ermöglicht.
Hierzu wurde ein Internetportal entwickelt, das Gründerinnen und Gründern bei ihrem jeweiligen Gründungs- bzw. Nachfolgevorhaben wertvolle Unterstützung bieten soll. Unter www.gruenderfreundliches.niedersachsen.de sind zielgruppenspezifische Informationen, Unterstützungsangebote und Kontaktdaten von Anlaufstellen für Unternehmerinnen, Migrantinnen und Migranten, Gründerinnen und Gründer aus Hochschulen sowie für Schülerfirmen abrufbar. Dort ist auch Gründerinnen ein direkter schneller Zugriff auf ein zielgruppenspezifisches Angebot möglich:
Landesinitiative zur "Unternehmensnachfolge Niedersachsen"
Langfristig und umfassend geplante Unternehmensübergaben ermöglichen den reibungslosen Übergang auf neue Inhaber, ohne dass das firmenspezifische Wissen und Arbeitsplätze gefährdet werden. Um dies zu unterstützen führt das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in einer gemeinsamen Initiative mit den Handwerkskammern, den Industrie- und Handelskammern sowie der NBank seit Ende 2007 die Initiative Unternehmensnachfolge in Niedersachsen durch.
Ziel dieser gemeinsamen Initiative ist es, den Unternehmen die zur Übergabe anstehen, zusätzliches Know-how zu vermitteln und geeignete Nachfolgerinnen und Nachfolger zu aktivieren und zu qualifizieren.
Flankierend werden zielgruppenspezifische Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten angeboten. Darüber hinaus sollen mit dieser Initiative auch verstärkt Gruppen angesprochen werden, die bisher bei Unternehmensnachfolgen nicht so sehr im Fokus standen - dazu gehören unter anderem Frauen.
Fachveranstaltungen/Kongresse
Das Wirtschaftsministerium unterstützte in den vergangenen Jahren gemeinsam mit dem Sozial- und Frauenministerium regelmäßig Fachveranstaltungen für Unternehmerinnen und Gründerinnen, um neue und bestehende Netzwerke zu initiieren und zu fördern.
Am 23. Oktober 2009 fand in Hannover der jährliche Niedersächsische Kongress für Unternehmerinnen und Freiberuflerinnen mit über 150 Teilnehmerinnen statt, der sich diesmal an Frauen aus dem Medienbereich richtete. Die Ministerien für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit sowie die Stadt Hannover und die Wirtschaftsförderungsgesellschaft hannoverimpuls hatten Unternehmerinnen, Freiberuflerinnen und Existenzgründerinnen aus dem Medienbereich dazu eingeladen, die Möglichkeiten zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch oder zur fachkundigen Beratung zu nutzen. Abgerundet wurde das Veranstaltungsprogramm durch ein breites Angebot an Vorträgen und Foren, die vielfältige Hilfestellungen für die tägliche Praxis im eigenen Unternehmen bieten.
Die NBank bietet laufend zahlreiche weitere Veranstaltungen zur Netzwerkpflege an, die sowohl Frauen als auch Männern gleichermaßen offen stehen.
B. Förder- und Beratungsangebote des MS:
Im Rahmen der Richtlinie über die "Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt (FIFA)" werden mit Mitteln des Landes und des Europäischen Sozialfonds in einem Schwerpunkt Beratungs- und Qualifizierungsprojekte für Frauen gefördert, die sich wirtschaftlich selbstständig machen wollen. Die Institutionen bieten prozessbegleitende und personenbezogene Beratung, Qualifizierung und Vernetzung an.
Derzeit werden Beratungseinrichtungen dieser Art in den Regionen Hannover und Oldenburg erfolgreich gefördert. So verzeichnete die Beratungseinrichtung Gründerinnen-Consult Hannover (GCH) für den Zeitraum von 2000 bis 2008 insgesamt 5.868 individuelle Beratungen und weitere Gespräche im Rahmen von Beratungstagen und Informationsveranstaltungen. In 2008 gab es 565 Erst- und Folgeberatungen.
Die im Oldenburger Raum wirkende Existenzgründungsagentur für Frauen (EFA) führt durchschnittlich 345 Erstgespräche pro Jahr durch. Beide Institutionen bieten Seminare und Vorträge an und nehmen aktiv an Existenzgründungsveranstaltungen teil. Damit ist es auch möglich, Frauen mit Mobilitätsproblemen im ländlichen Raum zu erreichen. Der GCH konnte für den Zeitraum von 2000 bis 2008 insgesamt 3.852 Teilnehmerinnen an niedersachsenweiten Vorträgen und Standinformationen verzeichnen. Beide Beratungseinrichtungen organisieren regelmäßig – auch niedersachsenweite – Kongresse speziell für Unternehmerinnen und für Frauen, die sich beruflich selbstständig machen wollen.
Das bis zum 31.12.2009 befristete Qualifizierungsprojekt "CREA – Qualifizierung zur Vorbereitung einer Gründung in der Kreativwirtschaft" fördert die Existenzgründung von Frauen in der Region Osnabrück.
Darüber hinaus leisten auch die 19 von der Landesregierung geförderten Koordinierungsstellen Frauen und Wirtschaft einen Beratungsbeitrag zur Existenzgründung von Frauen bzw. sie kooperieren mit den oben genannten Beratungseinrichtungen
zu 2.:
Im Jahr 2008 erfolgten 33.886 Existenzgründungen in Niedersachsen (2007: 36.947, Minus 3.061 bzw. Minus 8,2 %).
Hiervon entfielen 10.960 (gut 32%) auf Existenzgründerinnen (2007: 36.947 Existenzgründungen, 11.778 bzw. 31,88 % durch Frauen).
Die Anzahl der Frauen an den Existenzgründungen in Niedersachsen ist damit – trotz des hohen allgemeinen Rückganges der Gründungsquoten - nahezu gleich geblieben.
Auswertungen über die Höhe des Anteils von Frauen an Existenzgründungen in Niedersachsen nach drei Jahren am Markt werden durch das LSKN nicht erhoben.
Jedoch kann hier exemplarisch auf die Ergebnisse der regelmäßigen Evaluierung der Existenzgründungsagentur für Frauen (EFA) über die Nachhaltigkeit ihrer Arbeit verwiesen werden: so lag die Existenzgründungsquote im Nachgang der Beratungen im Durchschnitt der Jahre 2002 bis 2006 bei 52 %. Nach zwei bzw. drei Geschäftsjahren waren immer noch 89 % der Gründerinnen mit ihren Unternehmen am Markt.
zu 3.:
Gründerinnen Consult Hannover hat in seiner Evaluation über den Zeitraum von 2000 bis 2008 herausgearbeitet, dass 73,4 % der Frauen ihre Selbständigkeit im Dienstleistungsbereich suchten. Darin überwog der Anteil der Freien Berufe (38,7 %).
Damit ist der Dienstleistungsbereich zwar dominierend, doch ist dieser Wert nicht signifikant für das Gründungsverhalten von Frauen, da dieser Wirtschaftsbereich 86 % aller Existenzgründungen in 2008 zu verzeichnen hatte (KfW-Gründungsmonitor 2009).
Artikel-Informationen
erstellt am:
30.10.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010