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Güter- und Gefahrgutttransporte auf den Gleisen in Niedersachsen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16.12.2009 - TOP 15


Der Abgeordnete Jürgen Krogmann (SPD) hatte gefragt:

In einer 45-minütigen Dokumentation mit dem Titel "Endstation Chaos" hat die ARD am 16. November über gravierende Sicherheitsmängel im Betrieb der Deutschen Bahn berichtet. Unter anderem wurde aus einem Bericht des Eisenbahn-Bundesamtes über eine groß angelegte Überprüfung der Güterwaggons in Deutschland zitiert. Diese Überprüfung sei nach der Katastrophe von Viareggio im Juli 2009 gestartet worden und habe ergeben, dass 18 % der überprüften Radsysteme - also nahezu jedes fünfte - erhebliche Mängel aufweise.

Viele dieser Züge fahren nach wie vor auch in Niedersachsen durch dicht bebaute Wohngegenden oder sogar Innenstädte unserer Großstädte. In Oldenburg z. B. werden Kesselwagen der chemischen Industrie aus Wilhelmshaven immer noch auf Hochgleisen mitten durch die City geführt. Ein Rad- oder Achsbruch hätte verheerende Konsequenzen für die Bevölkerung.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Hat die Landesregierung Kenntnis von der angesprochenen Überprüfung durch das Eisenbahn-Bundesamt und, wenn ja, seit wann? Ist sie auch über die konkreten Ergebnisse der Aktion informiert?
  2. Wie schätzt die Landesregierung die alarmierenden Erkenntnisse der Fernsehdokumentation hinsichtlich der Sicherheit im Bahnverkehr insbesondere in Ballungsgebieten und Innenstädten wie Oldenburg ein?
  3. Was kann und will die Landesregierung unternehmen, um mögliche Sicherheitsgefährdungen im Schiengüterverkehr in Niedersachsen zu verringern oder auszuschließen, und inwiefern hat es bereits Gespräche mit der DB AG oder anderen Bahnbetreibern hierzu gegeben?

Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

In Deutschland werden alle im überregionalen Güterverkehr tätigen Eisenbahnverkehrsunternehmen durch das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) beaufsichtigt. Daher sind die direkten Einflussmöglichkeiten des Landes auf den gesamten Schienengüterverkehr sehr begrenzt.

Das Eisenbahn-Bundesamt veranlasste in diesem Jahr mehrere Maßnahmen, um einen Unfall, wie er im Juni 2009 in Viareggio aufgrund eines Radsatzwellenbruches geschehen ist, zu vermeiden. Hier sind zu nennen:

  • Hinweis auf die gesetzlich einzuhaltenden Sicherheitskontrollen an Verkehrsunternehmen und Wagenhalter (Juli 2009).
  • Weiterer Hinweis auf die Verantwortung der Eisenbahnverkehrsunternehmen und die Empfehlung zur Durchführung von Sichtkontrollen vor Beginn einer Fahrt (November 2009).
  • Ankündigung der Einführung eines Datenerfassungssystems für alle Radsätze im Güterverkehr (November 2009).
  • Einbringung des Themas auf europäischer Ebene.

Somit sind umfangreiche Maßnahmen erfolgt, die das Risiko eines Achsbruchs im Güterverkehr senken. Das Land Niedersachsen ist über diese Maßnahmen des Bundes informiert worden.

Auf den öffentlichen Schienenwegen in Ballungsgebieten (z.B. auf den Hochgleisen durch die Oldenburger Innenstadt) erbringen die von der niedersächsischen Landeseisenbahnaufsicht beaufsichtigten öffentlichen Eisenbahnverkehrsunternehmen keine Güterverkehrsleistungen. Die vom Land beaufsichtigten Eisenbahnverkehrsunternehmen fahren in einem sehr begrenzten Radius auf Netzen des Regionalverkehrs mit weitaus geringeren Geschwindigkeiten als die überregional tätigen Unternehmen.

Ungeachtet dessen hat das Land Niedersachsen bei allen von ihm beaufsichtigten Eisenbahnverkehrsunternehmen und Güterwagenhaltern den Wagenbestand, den Wageneinsatz und Instandhaltungspraktiken aktuell abgerufen. Daraus geht hervor, dass von diesen Unternehmen keine Wagen mit hohen Achslasten oder hohen Geschwindigkeiten gefahren werden. Das Land hat zusätzlich die beaufsichtigten Eisenbahnverkehrsunternehmen und Güterwagenhalter auf die Maßnahmen des Bundes hingewiesen.

Gefahrguttransporte unterliegen bei allen Verkehrsträgern einer besonderen Aufmerksamkeit. So werden die Gefahrgutvorschriften alle 2 Jahre geändert und insbesondere dem technischen Fortschritt und auch den sich aus Unfällen ergebenden Erkenntnissen angepasst. Die Gefahrgutkontrollen sind so umfassend wie möglich ausgerichtet und beinhalten auch eine Kontrolle des wagentechnischen Zustandes des Gefahrgutwagens auf offensichtliche Mängel. Die im Schienenverkehr eingesetzten Kesselwagen und Tankcontainer unterliegen besonderen Prüffristen, bei denen auch eine Prüfung des Laufwerks einbezogen ist.

Dieses vorausgeschickt, werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1.:
Zusätzlich zu den oben genannten Maßnahmen hat das Eisenbahn-Bundesamt im September 2009 stichprobenartig ca. 4.400 Radsatzwellen überprüft. Hierbei sind keine Mängel von Fahrzeugen eines Eisenbahnverkehrsunternehmens oder Wagenhalters unter niedersächsischer Aufsicht aufgetreten. Das Land Niedersachsen wurde über die Erhebung im November 2009 informiert.

Zu 2.:
Die nach der erhobenen Radsatzprüfung durch das Eisenbahn-Bundesamt verfügte Datenerfassung aller Radsätze einschließlich Instandhaltungswerten ist ein weiterer Schritt, den Schienenverkehr noch sicherer zu machen. In Ballungsräumen wie Oldenburg verkehren Eisenbahnverkehrsunternehmen, die unter Aufsicht des Eisenbahn-Bundesamtes stehen. Aus den oben genannten Maßnahmen kann abgeleitet werden, dass die Wahrscheinlichkeit eines Achsbruchs reduziert worden ist. Aufgrund seiner hohen Sicherheit wird ein möglichst hoher Anteil Schienenverkehr beim Güterverkehr begrüßt.

Zu 3.:
Außer der DB AG sind bundesweit und somit auch in Niedersachsen über 200 weitere Eisenbahnverkehrsunternehmen zur Erbringung von Güterverkehren berechtigt. Eine Kontaktaufnahme mit der DB AG oder einigen weiteren Eisenbahnverkehrsunternehmen wäre keine Basis für die Erhöhung des Sicherheitsstandards. Ein mit den weiteren europäischen Staaten abgestimmtes Vorgehen des Eisenbahn-Bundesamtes lässt größere Erfolge erwarten, da dieses Vorgehen seinen Niederschlag in gesetzlichen Regelungen, die für alle Beteiligten gelten, findet. Die niedersächsische Landesregierung unterstützt praktikable Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Schienenverkehr. So wird sich das Land der Datenerfassung für Radsätze auch für die hier beaufsichtigten Verkehrsunternehmen anschließen.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
16.12.2009
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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