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Vertragsgestaltungen und Verhaltensmuster von Telekommunikationsunternehmen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.03.2010 - TOP 29


Der Abgeordnete Abgeordneter Dieter Möhrmann (SPD) hatte gefragt:

In letzter Zeit häufen sich Beschwerden von Kunden von Telekommunikationsunternehmen. Diese Entwicklung spiegelt sich in Fernsehberichten, Meldungen der Regionalzeitungen, in Leserbriefen und auch in einer aktuellen Auskunft der Verbraucherzentrale Niedersachsen wider.

Danach wird generell aggressive Vertragsanbahnung (per Telefon, an der Haustür oder durch Werbeschreiben) betrieben.

Es wird das Verhalten der Außendienstmitarbeiter (Drückerkolonnen) kritisiert, hierzu gehören:

  • Untergeschobene Verträge, z. B. für digitales Fernsehen, obwohl nur Telefonie und Internetnutzung gewollt waren,
  • Verträge über Kabelfernsehen, obwohl das Fernsehen über Satellit empfangen wird oder der Mieter bereits im Rahmen seines Mietvertrages die Gebühr über die Nebenkosten zahlt.
  • Receiver werden geschickt, obwohl der Verbraucher am Telefon kein Interesse gezeigt hat.
  • Es gibt Probleme mit Laufzeit, Kündigung und beim Umzug, sowie
  • Installationsprobleme und vereinzelt Beschwerden zur Qualität der Telefonie, d. h. die Erreichbarkeit ist gestört, Telefonieren nicht möglich, schlechte Tonqualität etc.

Genannt werden auch Probleme beim Anbieterwechsel, z. B.:

  • Der Verbraucher hat plötzlich zwei Verträge (alter und neuer Anbieter).
  • Kabel Deutschland z. B. übernimmt die Kündigung für Kunden, kündigt aber zu spät bzw. berücksichtigt nicht die Laufzeiten des alten Vertrages.
  • Häufig lässt sich nicht klären, welcher der Anbieter den Wechsel behindert.

Nicht immer liegt das Problem bei Kabel Deutschland.

Besonders benachteiligt sind Kunden ohne Internetanschluss, da sie dann auf die automatischen Weiterleitungen der Telefonautomaten angewiesen sind. Es kommt hinzu, dass durch das System bedingte lange Gesprächszeiten über die 01805-Vorwahl (gebührenpflichtige Servicenummer) erhebliche Kosten verursacht werden.

Unternehmen Kunden den Versuch, mit einem "normalen Brief" ihre Probleme zu klären, bleiben manchmal Antworten einfach aus. Selbst Schreiben per Einschreiben mit Rückschein werden ignoriert. Kündigungen per Internet werden nicht angenommen. Im Zweifel werden sogar umgehend kostenaufwendige Mahnverfahren angedroht.

Teilweise werden zunächst kostenlose Leistungen gewährt, die nach zwei Monaten kostenpflichtig werden, wenn sie nicht sofort nach Vertragsabschluss wieder gekündigt werden. Werden Rechungen auf Papier verlangt, verlangen manche Anbieter zusätzliche Gebühren.

Steigen Kunden aufs digitale Kabelfernsehen um, müssen sie z. B. vom Anbieter Kabel Deutschland einen Receiver abnehmen, auch wenn der eigene Fernseher über eine entsprechende Technik verfügt (Kosten ca. 70 Euro).

Weitere Beispiele ließen sich anfügen. Allgemeine Erfahrung scheint zu sein, dass erst mit anwaltlicher Beratung oder mithilfe von Verbraucherzentralen Aufklärung oder das Abstellen von Problemen erreicht wird.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie beurteilt sie die geschilderten Fälle, und welche Erkenntnisse zum Gebaren von Telekommunikationsunternehmen liegen ihr vor?
  2. Welche rechtlichen Empfehlungen gibt sie in diesen Angelegenheiten den Kundinnen und Kunden, und ist sie auch bereit, den Telekommunikationsunternehmen Hinweise zu geben, wenn ja, welche?
  3. Sind aufgrund der geschilderten Vorfälle Gesetzesänderungen zur Stärkung der Verbraucherrechte geplant, wenn nein, warum nicht, und wie können die Verbraucher zukünftig ihre Rechte besser wahrnehmen?

Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Der Telekommunikationsmarkt, insbesondere der Markt für Internetzugänge, ist nach wie vor von einer hohen Wettbewerbsintensität gekennzeichnet. Für den Kunden bedeutet dies in der Regel ein verbessertes Angebot über neue Produkte und Anwendungsmöglichkeiten bei oftmals fallenden Endkundenpreisen.

Die in der Anfrage dargestellten Probleme sind zwar nicht die Regel aber leider auch keine Einzelfälle. Die von der Landesregierung geförderte Verbraucherzentrale Niedersachsen (VZN) bestätigt, dass Verbraucher immer wieder Beratung bei Problemen mit Telekommunikationsanbietern bzw. mit deren Vertriebspartnern suchen. Auch Umfragen wie die der Stiftung Warentest zeigen eine häufige Unzufriedenheit der Kunden mit dem Service ihres Telekommunikationsanbieters.

Die Landesregierung begrüßt und fördert Wettbewerb, da funktionierende Märkte die besten Garanten für ein breites, qualitativ hochwertiges Angebot und günstige Preise sind. Damit ist Wettbewerb ein wichtiges Instrument im Verbraucherschutz.

Ergänzend dazu sind frühzeitige Aufklärung und Information der Verbraucher notwendig, damit sie ihre Möglichkeiten sowie ihre Rechte und Pflichten kennen und verstehen. Besonders im Fall von relativ jungen und dynamischen Märkten mit neuen Produkten ist es für Verbraucher nicht immer einfach, den Überblick über die Endkundenrechte zu behalten. Aus diesem Grund stellt das Land seit Jahren im Rahmen von Projektfördermaßnahmen der VZN finanzielle Mittel zur Aufklärung und Beratung der Verbraucher im Bereich Telekommunikation und digitale Welten zur Verfügung.

Neben den Verbraucherzentralen hat sich der Verbraucherservice der Bundesnetzagentur seit der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes zur zentralen Anlaufstelle für Endkunden entwickelt.

Dieses vorausgeschickt, beantworte werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1.:
Die geschilderten Fälle sind hier im Einzelnen zwar nicht bekannt, können aber aufgrund von Presseberichten bzw. Aussagen der VZN und des Verbraucherservices der Bundesnetzagentur auch nicht ausgeschlossen worden. Nachvollziehbare Angaben zu den betroffenen Personen- bzw. Anbieterkreisen oder andere verwertbare oder nachvollziehbare Fakten, die eine Überprüfung und Beurteilung der Fälle ermöglicht hätten, fehlen. Eine Verallgemeinerung auf alle Telekommunikationsunternehmen kann auf dieser Basis nicht erfolgen. Dennoch ist festzuhalten, dass es sich bezüglich sogenannter untergeschobener Verträge bzw. Verträge über Leistungen, die gar nicht in Anspruch genommen werden können, um unakzeptable Geschäftspraktiken handelt, durch welche letztendlich auch der Ruf des jeweiligen Unternehmens in Mitleidenschaft gezogen wird.

Zu 2.:
Im Rahmen des von der Landesregierung geförderten Projekts 2008 "Verbraucher in der digitalen Welt" wurde von der VZN eine Informationsbroschüre "Wechsel des Telekommunikations-/Internetanbieters" erstellt, die sehr umfangreich und detailliert auf sämtliche Gefahren und Risiken im Zusammenhang mit dem Anbieterwechsel eingeht. Diese Broschüre steht weiterhin sowohl im Internetauftritt als auch als Papierbroschüre bei der VZN für jeden Verbraucher zur Verfügung.

Darüber hinaus bietet die Bundesnetzagentur den Endkunden, die allgemeine Informationen zum Telekommunikationsmarkt wünschen oder die Schwierigkeiten mit ihren Telekommunikationsanbietern haben, Hilfe an. Dieser steht bei entsprechender Kenntnis ein umfangreiches Instrumentarium an Maßnahmen gegen unlauter handelnde Telekommunikationsunternehmen zur Verfügung. Weiterhin kann dort im Streitfall ein formeller Antrag auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens (kostenpflichtig) gestellt werden. Hierfür ist eine Schlichtungsstelle für den Bereich Telekommunikation eingerichtet. Diese kann von den Endkunden zur Streitbeilegung angerufen werden.

Weitergehende rechtliche Empfehlungen werden seitens der Landesregierung nicht ausgesprochen. Generell sei aber an dieser Stelle noch auf die bestehenden Widerrufsregelungen hingewiesen, die bei Fernabsatzverträgen sowie Haustürgeschäften bestehen.

Zu 3.:
Bei der Umsetzung in nationales Recht der Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und –diensten, der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz ist mit höheren Verbraucherschutzanforderungen im Rahmen der demnächst anstehenden Novellierung des Telekommunikationsgesetzes zu rechnen.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
18.03.2010
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

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