Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung Niedersachsen klar Logo

Automatischer Notruf in Neuwagen

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.03.2010 - TOP 29


Der Abgeordnete Abgeordnete Karsten Heineking (CDU) hatte gefragt:

Die EU-Kommission hat bereits vor fünf Jahren beschlossen, dass System des eCall (emergency call) als Standard für alle neuen Personenkraftwagen vorzuschreiben. Dieser soll als automatisierter Notruf bei Unfällen die Rettungskräfte alarmieren, um so noch schnellere Hilfe für die Unfallopfer zu ermöglichen.

Die Umsetzung des eCalls erfordert, dass die Rettungswachen europaweit mit zusätzlicher Technik ausgestattet und die Sendestationen der Mobilfunkbetreiber aufgerüstet werden. Trotz aller hiermit zusammenhängenden Schwierigkeiten soll ab Herbst 2010 europaweit der eCall Standard sein.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie weit ist Niedersachsen mit der Einführung des eCall und den dazu gehörenden Infrastrukturmaßnahmen außerhalb des bereits laufenden Pilotprojektes, um so schnellere Hilfe für Unfallopfer zu ermöglichen?
  2. Wie viele Menschen in Niedersachsen könnte der eCall pro Jahr vor dem Unfalltod bewahren?
  3. Gibt es Alternativen zum eCall? Was sind die Vor- und Nachteile?

Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Bei eCall handelt es sich um ein automatisches Notrufsystem, das im Fall eines Unfalles automatisiert eine Sprechverbindung mit der nächsten Rettungsleitstelle aufbaut. In einem parallel versandten Datensatz werden zusätzliche Angaben zum Fahrzeug und zur aktuellen Situation (Positionsbestimmung, Fahrzeugtyp, Nationalität, Anzahl Insassen, Unfallart) übermittelt. Das eCall-System bestimmt sein Alleinstellungsmerkmal dabei durch die Kombination aus einer automatisch geschaffenen Sprechverbindung zusammen mit einer sofortigen Positionsbestimmung, die an die Rettungsleitstelle übergeben wird. Auch im Fall einer Bewusstlosigkeit wird somit ein Notruf ausgelöst, der in Verbindung mit der Positionsortung die ärztliche Notfallversorgung in deutlich kürzerer Zeit sicherstellt.

Das Land Niedersachsen ist in diesem Themenfeld seit ca. eineinhalb Jahren sehr engagiert tätig. Hierbei wird eng mit den initiierenden Stellen in der Europäischen Kommission sowie dem Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BMVBS) zusammengearbeitet.

Aktuell schreibt die EU eine Untersuchung zur Implementierung von eCall in den Nationalstaaten, und damit im Rettungswesen, aus. Das Land Niedersachsen wird hieran in Abstimmung mit der EU und dem BMVBS für Deutschland teilnehmen, und dabei für weitere ggf. teilnehmende Bundesländer sowie Industriepartner eine koordinierende Rolle übernehmen.

Ziel ist es, die Voraussetzungen für eine noch zügigere, und hochwertige Versorgung im Rettungswesen für die Verkehrsteilnehmer schaffen zu können, und industriepolitisch im Mobilitätsland Niedersachen bei innovativen Technologieentwicklungen eine bestehende Spitzenstellung zu erhalten. eCall wird dabei als eine Schlüsseltechnologie angesehen, die Wegbereiter sein wird für ein großes Feld von Kommunikationsmöglichkeiten zwischen Fahrzeugen bzw. von Fahrzeugen mit der Infrastruktur, z.B. um einen optimierten Verkehrsfluß zu erzielen, und damit die Leistungsfähigkeit der Verkehrsachsen zu steigern, ohne die Infrastruktur ausbauen zu müssen.

Dieses vorausgeschickt werden die Fragen namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:

Zu 1.:
Auf der CeBIT 2010 wurde zwischen den o.g. Beteiligten vereinbart, dass Niedersachsen, vertreten durch den Telematikverbund ITS Niedersachen, für die interessierten Partner in Deutschland die Koordination an einem aktuell ausgeschrieben EU Call wahrnehmen wird.

Ziel der Ausschreibung ist es, für Deutschland zusammen mit anderen EU-Mitgliedsstaaten Möglichkeiten der Umsetzung von eCall zu erarbeiten. Dabei sollen verschiedene Handlungsempfehlungen zur Organisationsstruktur dieses Notrufsystems erstellt werden, die im Anschluss an die politischen Entscheidungsebenen zur Umsetzung auf Nationalstaaten- bzw. Bundesländerebene gegeben wird, wo auch die Zuständigkeit für das Rettungswesen liegt.

Der Bearbeitungszeitraum dieser Studie wird in den Jahren 2010/2011 liegen.

Zu 2.:
Die Europäische Kommission rechnet für Europa über die Einführung von eCall mit ca. 2.000 Unfalltoten weniger im Jahr. Nun sind die Verhältnisse im Rettungswesen in Europa höchst unterschiedlich. Deutschland verfügt bereits über ein sehr hoch entwickeltes Rettungswesen, von daher ist eine rein mathematische Kalkulation, die hiervon ausgeht, z.B. über die Einwohnerzahl, oder die Flächengröße, nicht angebracht. Es kann jedoch mit Sicherheit ausgesagt werden, dass über eCall mittels der satellitengestützten Ortungskomponente die Zeit vom Einlaufen eines Notrufes bis zum Eintreffen am Unfallort noch einmal deutlich reduziert werden kann, da die Auffindbarkeit des Unfallfahrzeugs sichergestellt ist.

Zu 3.:
Zu eCall als einem europaweiten System gibt es zurzeit keine Alternative. Es gibt wohl bereits privatwirtschaftliche Lösungen einzelner Automobilhersteller, die ein solches System als "Einzellösung" und gegen Kostenpflicht anbieten. Dabei ist die Nutzung für die breite Masse der Autofahrer nicht möglich, und die Systeme der einzelnen Hersteller arbeiten nicht zusammen, bzw. sind im europäischen Ausland nur bedingt einsatzfähig.

ECall soll als ein öffentliches und kostenfreies System entwickelt werden, das über den europaweiten Notruf 112 arbeiten wird und das auch Technologien, z.B. von einzelnen Kfz-Herstellern einbinden wird. Darüber hinaus sollen die Systeme so definiert werden, dass diese jeweils in ganz Europa einsetzbar sind.

Die Zeitvorgabe, bis 2010 das System in Europa flächendeckend eingeführt zu haben, ist erkennbar aus dem o.g. Zeitrahmen für die Dauer der Studie nicht zu halten. Eine großflächige Einführung könnte ab 2012 nach einer Entscheidung über die Einbettung von eCall in das Rettungswesen eines Bundeslandes erfolgen. Eine Entscheidung, ob eCall verpflichtend wird, ist dazu noch nicht gefallen. Falls sich eCall industriepolitisch und technologisch erkennbar von selbst durchsetzen sollte, wird man seitens der EU auf eine ordnungspolitische Verpflichtung verzichten können.

Logo Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.03.2010
zuletzt aktualisiert am:
19.03.2010

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln