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Steuerleichterungen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes

Die Abgeordneten Renate Geuter, Heinrich Aller, Markus Brinkmann, Dieter Möhrmann, Andrea Schröder-Ehlers, Wiard Siebels und Detlef Tanke (SPD) hatten gefragt:

Mit dem im Dezember 2009 verabschiedeten Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums sollten - so die Begründung der Bundesregierung - aufgrund der derzeit angespannten wirtschaftlichen Gesamtsituation neue Impulse für einen stabilen und dynamischen Wirtschaftsaufschwung gesetzt und mit wirksamen und zielgerichteten steuerlichen Entlastungen produktive Kräfte der Gesellschaft gestärkt werden. Niedersachsen hat im Dezember 2009 im Bundesrat dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz zugestimmt. Nach Mitteilung der Landesregierung hat der Niedersächsische Wirtschaftsminister im Plenum des Bundesrates erklärt, dass es alternativlos sei, die öffentlichen Haushalte durch die Maßnahmen dieses Gesetzes kurzfristig zu belasten. Mittelfristig schaffe das Gesetz Wachstum, wodurch die Belastungen dann ausgeglichen werden könnten, so der Niedersächsische Wirtschaftsminister.

Zu dem ab dem 1. Januar 2010 geltenden reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 % für Beherbergungsleistungen hat das Niedersächsische Finanzministerium mit Schreiben vom 18. Dezember 2009 an den Haushaltssausschuss des Niedersächsischen Landtages erklärt, mit dieser Besteuerungspraxis werde der Wettbewerbssituation Rechnung getragen. Niedersachsen als Fremdenverkehrs- und Tourismusstandort könne damit von der Absenkung des Umsatzsteuersatzes in besonderem Maße profitieren.

Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:

  1. Welche konkreten Effekte für das Wirtschaftswachstum in Niedersachsen und die Investitionen der hier ansässigen Unternehmen erwartet die Landesregierung durch die Maßnahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes?
  2. In welchem Umfang und gegebenenfalls von welchem Zeitpunkt an geht die Landesregierung von einer Selbstfinanzierung der Entlastungsmaßnahmen durch zusätzliches Wirtschaftswachstum in Niedersachsen aus?
  3. In welcher Größenordnung hat sich die Absenkung des Umsatzsteuersatzes auf 7 % für Beherbergungsleistungen im Hotelgewerbe in Niedersachsen auf die Verbraucherpreise ausgewirkt?
  4. Wie wirkt sich diese Mehrwertsteuerreduzierung im Hinblick auf die veränderten Bedingungen für den Vorsteuerabzug auf die betrieblich veranlassten Übernachtungen im Land Niedersachsen (und insbesondere auf den Messestandort Hannover) aus?
  5. In welchem Umfang erwartet die Landesregierung einen Anstieg der Übernachtungszahlen in den Beherbergungsbetrieben Niedersachsens durch die im Wachstumsbeschleunigungsgesetz erfolgte Absenkung des Mehrwertsteuersatzes für Übernachtungsleistungen?
  6. Geht die Landesregierung von einem Beschäftigungszuwachs im Hotelgewerbe Niedersachsens aus und, wenn ja, in welcher Größenordnung?
  7. Plant die Niedersachsächsische Landesregierung konkrete Maßnahmen, um die erforderliche Abgrenzung der begünstigten Beherbergungsleistungen zu anderen, weiterhin nicht begünstigten Dienstleistungen sicherzustellen, die nicht selten in engem Zusammenhang mit der Übernachtung angeboten werden und, wenn ja, welche?

Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 23.04.2010 wie folgt:

Die Bundesrepublik Deutschland musste vor dem Hintergrund der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr 2009 mit einem Minus von 5,0 % beim Bruttoinlandsprodukt den höchsten Wachstumseinbruch in der Nachkriegsgeschichte verkraften. Ziel des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes ist es, Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft zu entlasten und neue Impulse zu setzten, damit Wachstum und Beschäftigung im Land gesichert und gefördert werden. Nur so können die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise überwunden werden.

Deshalb wurden im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes von der Bundesregierung umfangreiche Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger sowie für die Wirtschaft beschlossen, die von der niedersächsischen Landesregierung im Bundesrat befürwortet wurden. Das Wachstumsbeschleunigungsgesetz enthält u. a. folgende Maßnahmen:

  • Zur steuerlichen Entlastung und Förderung der Familien mit Kindern und zur besonderen Berücksichtigung der Aufwendungen der Familien für die Betreuung und Erziehung oder Ausbildung der Kinder wurden die Freibeträge für Kinder für jedes Kind von insgesamt 6.024 Euro auf 7.008 Euro ab dem Veranlagungszeitraum 2010 angehoben. Zugleich wurde, um Familien in unteren und mittleren Einkommensbereichen zu fördern, das Kindergeld ab dem 1. Januar 2010 für jedes zu berücksichtigende Kind um 20 Euro erhöht.
  • Abmilderung der Verlustnutzungsbeschränkungen bei Körperschaften durch Aufhebung der zeitlichen Beschränkung der Sanierungsklausel, Erhalt des Verlustvortrags in Höhe der stillen Reserven und Verbesserung des Abzugs von Verlusten bei bestimmten konzerninternen Umgliederungen (sog. Konzernklausel).
  • Abmilderung der Zinsschranke durch dauerhafte Einführung der höheren Freigrenze von 3 Mio. Euro, Vortrag des nicht genutzten EBITDA und Verbesserung der Möglichkeit zum Eigenkapitalvergleich.
  • Einführung einer Regelung zur Sofortabschreibung von Wirtschaftsgütern bis 410 Euro. Alternativ wird ein Wahlrecht zur Bildung eines Sammelpostens für alle Wirtschaftsgüter zwischen 150 und 1 000 Euro zugelassen.
  • Erleichterung der Umstrukturierung von Unternehmen im Bereich der Grunderwerbsteuer.
  • Beseitigung von Wachstumshemmnissen im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer.
  • Absenkung des Umsatzsteuersatzes bei Beherbergungsleistungen im Hotel- und Gastronomiegewerbe auf 7 %.

An konjunkturellen Frühindikatoren lässt sich bereits ablesen, dass das Wachstumsbeschleunigungsgesetz Wirkung zeigt. So stieg der Ifo-Geschäftsklimaindex im März 2010 deutlich und erreichte fast wieder die Höchststände des Sommers 2008. Damit sind auch die Erwartungen an das Wirtschaftswachstum in Deutschland im zweiten Quartal 2010 gestiegen. Ein höheres Wirtschaftswachstum wiederum wirkt positiv für mehr Beschäftigung, mehr Steuereinnahmen und mehr Wohlstand im Land.

Zu 1.:
Die niedersächsische Landesregierung erwartet von den Maßnahmen im Rahmen des Wachstumsbeschleunigungsgesetztes eine Stärkung der Binnenwirtschaft, eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und damit neue Impulse für Investitionen, Arbeitsplätze und Wachstum, was wiederum zu einer besseren Einnahmesituation der öffentlichen Haushalte führen und die notwendige Haushaltskonsolidierung beschleunigen wird.

Zu 2.:
Die Impulse durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz sind schwer abzuschätzen. Anhand der oben genannten Indikatoren lässt sich aber bereits jetzt ablesen, das Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und Beschäftigung im Land mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz gestärkt wurden und sich damit auch die Einnahmesituation des Staates verbessern wird. Es kann allerdings keine Aussage darüber getroffen werden, in welchem Umfang von einer Selbstfinanzierung der Entlastungsmaßnahmen durch zusätzliches Wirtschaftswachstum in Niedersachsen ausgegangen werden kann.

Zu 3.:
Der Hotelverband Deutschland (IHA) lässt monatlich die Übernachtungspreise im Rahmen eines Betriebsvergleichs ermitteln und vergleichen. Beteiligt sind ca. 800 Hotels, wobei es sich allerdings vornehmlich um größere Häuser in städtischer Lage handelt.
Ein Vergleich des Monats Januar 2010 mit dem Monat Januar 2009 ergab laut Auskunft des DEHOGA Niedersachsen, dass die Übernachtungspreise durchschnittlich um 4,9 % zurückgegangen sind. Die durchschnittlichen Nettozimmerpreise (ohne Frühstück) stiegen um 5,8 % – was durch die Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes einem Rückgang des durchschnittlichen Bruttozimmerpreises um 4,9 % oder 4,80 Euro entspricht.

Über die Preisentwicklung für Beherbergungsleistungen im Hotelgewerbe in Niedersachsen kann der LSKN die nachfolgenden Ergebnisse aus der Statistik der Verbraucherpreise liefern. Die Preise für „Beherbergungsdienstleistungen“ in Niedersachsen sind im Januar 2010 im Vergleich zu Dezember 2009 insgesamt um 15,2 % zurückgegangen. Im Januar 2009 hatte der Preisrückgang im Vergleich zum Vormonat bei 13,8 % und im Januar 2008 bei 14,9 % gelegen. Dabei ist zu beachten, dass diese Rückgänge erheblich durch Preisrückgänge des Teilindex „Miete für Ferienwohnungen und –häuser“, der um 32,7% fiel, beeinflusst werden. In den Jahren zuvor gingen die Preise mit 33,3 % (2009) und 34,8 % (2008) in ähnlichen Umfängen zurück. Für den Teilindex „Miete für Ferienwohnungen und –häuser“ gilt ab dem 01. Januar 2010 ebenfalls der reduzierte Mehrwertsteuersatz.

Beachtet man die Einzelpreise für eine Übernachtung in einem Doppelzimmer mit Frühstück in Niedersachsen sind diese von Dezember 2009 zu Januar 2010 elf mal gesunken, haben sich in zehn Fällen erhöht und sind in 78 Fällen unverändert geblieben. Andere Einzelpreise für Übernachtungen, wie z. B. eine Übernachtung im Einzelzimmer, werden nicht erhoben.

Zu 4.:
Laut Auskunft des DEHOGA Niedersachsen konnten bislang weder negative noch positive Auswirkungen der Mehrwertsteuerreduzierung auf die betrieblich veranlassten Übernachtungen im Land Niedersachsen festgestellt werden.

Zu 5.:
In einer Umfrage des DEHOGA Bundesverbandes, an der sich bislang rund 2.800 Hoteliers beteiligten, hat die Deutsche Hotellerie angekündigt, wie sie die wirtschaftlichen Effekte aus der Mehrwertsteuerreduzierung einsetzen will. Drei Monate nach Einführung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes planen die befragten Hotels Investitionen in Höhe von insgesamt einer halben Milliarde Euro (507 Mio. Euro) für Neuanschaffungen, Modernisierungen und Umbauten. In Niedersachsen war auf Basis von Investitionsankündigungen bis Ende Februar eine Summe von ca. 35 Mio. € ermittelt worden.

Ein beträchtlicher Teil der ersparten Mehrwertsteuer fließt laut der DEHOGA-Erhebung zudem in höhere Löhne und Qualifizierungen der Mitarbeiter. 24,7 Mio. Euro werden für Lohnsteigerungen verwandt, für 11,5 Mio. Euro werden Schulungsmaßnahmen durchgeführt. Neben einem noch attraktiveren Preis-Leistungs-Verhältnis können sich die Gäste über niedrigere Preise freuen. 33,6 % der befragten Unternehmer haben ihre Zimmerpreise um durchschnittlich 6,5 % gesenkt. Darüber hinaus profitieren neben den Gästen auch Mitarbeiter, Handwerker und Zulieferer vom niedrigeren Mehrwertsteuersatz.

Es kann damit festgestellt werden, dass die Steuersenkung ein wichtiger Impuls für den heimischen Tourismus geworden ist. Durch die Investitionen der Hoteliers in Häuser und Mitarbeiter wird die Wettbewerbsfähigkeit der Hotels in Deutschland und in Niedersachsen gestärkt und die Position im Markt gefestigt. Eine Prognose dahingehend, ob und wie sich die Mehrwertsteuersenkung durch eine Steigerung der Übernachtungszahlen auswirken kann, ist aus fachlicher Sicht zum derzeitigen Zeitpunkt nicht möglich.

Zu 6.:
Nach den vom DEHOGA auf Bundesebene erhobenen Zahlen über geplante Neueinstellungen, die durch die Mehrwertsteuersenkung ausgelöst werden, stellt jeder dritte befragte Unternehmer zusätzliche Mitarbeiter und Auszubildende ein. Zusammengerechnet ergeben sich aufgrund dieser Umfrage daraus 2.675 neue Vollzeit- und Teilzeitstellen sowie 1.335 neue Ausbildungsplätze. Ohne dass eine konkrete Auswertung zu den niedersächsischen Zahlen vorliegt, geht der DEHOGA Niedersachsen davon aus, dass um die 10 % dieser Einstellungen dabei auf Niedersachsen entfallen. Mangels Vorliegen amtlicher statistischer Erhebungen, ist eine verlässliche Prognose aus Sicht der Landesregierung zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich.

Zu 7.:
Die am 1. Januar 2010 in Kraft getretene bundesgesetzliche Regelung eines ermäßigten Umsatzsteuersatzes für Beherbergungsleistungen nach § 12 Absatz 2 Nummer 11 des Umsatzsteuergesetzes ist durch das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 5. März 2010 detailliert erläutert worden. Dieses BMF-Schreiben ist auf der Internetseite des BMF veröffentlicht worden, und es ist zur Veröffentlichung im Bundessteuerblatt vorgesehen.

Im Rahmen der Abstimmung des BMF-Schreibens durch die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ist durch das Niedersächsische Finanzministerium unter anderem eine Vielzahl von Zweifelsfragen eingebracht worden, die zu Beginn des Jahres 2010 in der Besteuerungspraxis der niedersächsischen Finanzämter aufgetreten waren – von der Endreinigung einer Ferienwohnung bis zur Überlassung eines Hausbootes. Da das BMF-Schreiben neben der Erläuterung der begünstigten Leistungen auch Vereinfachungsregelungen enthält, ist zunächst davon auszugehen, dass in der Praxis kaum Anwendungsschwierigkeiten auftreten werden. Die zutreffende Anwendung des Gesetzes im Einzelfall stellen im Übrigen die Finanzämter sicher – auch im Rahmen von Außenprüfungen. Ergänzende Maßnahmen sind seitens des Niedersächsischen Finanzministeriums derzeit nicht beabsichtigt.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
29.04.2010

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