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Ölförderung in der Nordsee

Der Abgeordnete Stefan Wenzel (GRÜNE) hatte gefragt:

Laut Presseberichten gibt es in der Nordsee seit 20 Jahren einen Blow-out in der Nordsee, der auf eine missglückte Ölbohrung zurückzuführen ist. Auf der Suche nach Öl wurde im Jahr 1990 offenbar eine unter Druck stehende Gasblase angestochen. „Der Überdruck entlud sich durch das Bohrgestänge, doch die Bohrinsel ist damals im Gegensatz zur Deepwater Horizon nicht explodiert“, berichtet ein Greenpeace-Experte in der Presse. Für die Bohrung waren offensichtlich die Firmen Mobil North Sea Limited und Exxon verantwortlich.

Bis heute soll aus dem Bohrloch das Klimagas Methan entweichen. Berechnungen des Instituts für Meereswissenschaften an der Uni Kiel zufolge, sollen aus dem Bohrloch etwa 25 % der gesamten europäischen Methangas-Emissionen entweichen. Den Berichten zufolge handelt es sich um eine der größten Methangas-Quellen Europas. Methan ist als Klimagas weitaus wirksamer als Kohlen­dioxid.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. In welchem Hoheitsgebiet bzw. und welchen Koordinaten befindet sich die Methangasquelle, die auf einen missglückten Ölbohrversuch zurückgeht?
  2. Welche Firmen haben den Bohrversuch vorgenommen?
  3. Welcher Konzern bzw. welches Unternehmen ist Rechtsnachfolger der Firma, die den Bohrversuch unternommen hat?
  4. Welche Versuche, das Bohrloch abzudichten, hat es gegeben, und warum wurden sie aufgegeben?
  5. Welche Gase oder Flüssigkeiten strömen heute noch in welchen Mengen aus dem Bohrloch?
  6. Wer haftet für die materiellen und immateriellen Folgen des missglückten Ölbohrversuchs?
  7. Welche Haftungsregeln gibt es über OSPAR oder andere internationale Vereinbarungen im Nordseeraum für die Unternehmenshaftung bei Ölbohrunglücken?
  8. Bis in welche Höhe sind Ölbohrunternehmen zum Schadenersatz verpflichtet?
  9. Welche rechtlichen Möglichkeiten gibt es im Nordseeraum, um Ölbohrunternehmen außerhalb der nationalen Hoheitsgebiete zu verpflichten, Schäden zu beseitigen, Blow-outs zu verschließen oder andere Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und Natur vorzunehmen?
  10. Welchen Handlungsbedarf für internationale Seerechtsabkommen sieht die Landesregierung in diesem Zusammenhang?
  11. Welche Maßnahmen hält die Landesregierung aufgrund der Erfahrungen mit der Blow-out-Katastrophe im Golf von Mexiko zum Schutz von Natur und Umwelt im Nordseeraum für erforderlich?

Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 23.09.2010 wie folgt:

Vorbemerkung der Landesregierung
Der Landesregierung liegen zu dem in der Kleinen Anfrage angesprochenen Bohrlochausbruch keine detaillierten Erkenntnisse vor. Nach öffentlich verfügbaren Informationen ereignete sich der Vorfall im Jahr 1990 bei Bohrarbeiten des Unternehmens Mobil North Sea im britischen Anteil am Festlandsockel der Nordsee. Der Vorfall soll zu einem unkontrollierten und dauerhaften Gasaustritt am Meeresboden geführt haben.

Zu 1.:
Großbritannien.

Zu 2.:
Auf die Vorbemerkung wird verwiesen.

Zu 3.:
Soweit der Landesregierung bekannt ist, existiert das Unternehmen Mobil North Sea noch.

Zu 4.:
Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

Zu 5.:
Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

Zu 6.
Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.

Zu 7.:
Die Bundesregierung hat die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach den internationalen Rechtsgrundlagen für die Haftung im Falle eines Öl-Förderunglücks in der Nordsee wie folgt beantwortet (Drucksache 17/2208 des Deutschen Bundestages):

„Das Übereinkommen vom 27. November 1992 über die zivilrechtliche Haftung für Ölverschmutzungsschäden (Haftungsübereinkommen von 1992, BGBl. 1996 II S. 670), das Übereinkommen vom 27. November 1992 über die Errichtung eines Internationalen Fonds zur Entschädigung für Ölverschmutzungsschäden (Fondsübereinkommen von 1992, BGBl. 1996 II S. 685) und das Zusatzfondsübereinkommen von 2003 (BGBl. 2004 II S. 1290) gelten nicht für durch fest installierte Ölbohrplattformen verursachte Schäden.

Die Rohölförderung wird jedoch nicht nur durch fest installierte Ölbohrplattformen vorgenommen, sondern auch durch Rohölverarbeitungsschiffe (FPSO – „Floating Production Storage Offloading“), durch Halbtaucherbohrinseln, die auf Pontons schwimmen (Semi-submersible drilling rigs; bei der Deepwater Horizon handelte es sich um eine solche Einrichtung) und durch schwimmende nachgiebige Plattformen, die mit Stahltrossen oder Ankern befestigt werden (TLP – Tension leg platform; SPAR Platform).

Während die Rohölverarbeitungsschiffe den für Seeschiffe geltenden seerechtlichen Regelungen unterworfen sein dürften und damit auch dem Haftungsregime des Haftungsübereinkommens von 1992, erscheint es zweifelhaft, dies auch für die o. g. beweglichen Bohrinseln und Plattformen anzunehmen. Sofern sie nicht auch zur Fortbewegung bestimmt sind, dürfte ihnen die Schiffseigenschaft fehlen (vgl. Rabe, Seehandelsrecht, 4. Aufl. 2000, Einf. Rn. 9).“

Dieser Antwort ist seitens der Landesregierung nichts hinzuzufügen.

Zu 8.:
Die Bundesregierung hat die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Valerie Wilms, Cornelia Behm, Hans-Josef Fell, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN nach den Haftungshöchstgrenzen für ölfördernde Unternehmen in der Nordsee wie folgt beantwortet (Drucksache 17/2208 des Deutschen Bundestages):

„Im innerstaatlichen Recht ist eine Haftungsobergrenze lediglich für die Gefährdungshaftung nach dem Haftpflichtgesetz sowie nach dem Bundesberggesetz vorgesehen. Hierbei ist die Haftung für den Fall der Tötung oder Verletzung eines Menschen für jede Person auf einen Kapitalbetrag von 600 000 Euro oder einen Rentenbetrag von jährlich 36 000 Euro begrenzt (§ 9 HaftPflG sowie § 117 Absatz 1 Nummer 1 BBergG). Für Sachschäden gilt im Rahmen des Haftpflichtgesetzes eine Haftungsbeschränkung auf 300 000 Euro (§ 10 HaftPflG); im Rahmen des Bundesberggesetzes wird im Falle einer Sachbeschädigung nur bis zur Höhe des gemeinen Wertes des beschädigten Sache gehaftet (§ 117 Absatz 1 Nummer 2 BBergG). Im Übrigen besteht weder eine Haftungsobergrenze, noch gibt es eine gesetzlich bestimmte Haftungsreihenfolge.“

Dieser Antwort ist seitens der Landesregierung nichts hinzuzufügen.

Zu 9.:
Gemäß Art. 21 des Übereinkommens zum Schutz der Meeresumwelt des Nordostatlantiks vom 22.09.1992 (Oslo-Paris- oder kurz OSPAR-Übereinkommen, BGBl 1994 II S. 1360) gilt folgendes: Wenn die von einer Vertragspartei (Nationalstaat) ausgehende Verschmutzung geeignet ist, die Interessen einer oder mehrerer anderer Vertragsparteien des Übereinkommens zu schädigen, so treten die betroffenen Vertragsparteien auf Antrag einer von ihnen in Konsultationen ein, um eine Übereinkunft über Zusammenarbeit auszuhandeln. Dabei kann die Kommission, in der alle Vertragsparteien vertreten sind, Empfehlungen zur Erzielung einer befriedigenden Lösung abgeben. Die damit verbundene Übereinkunft dient dem Ziel, Qualitätsstandards und Methoden zur Erreichung dieser Standards festzulegen.

Eine konkrete Regelung über die Verhütung und Beseitigung der Verschmutzung in Bezug auf Offshore-Quellen findet sich in Anlage III des beschriebenen Übereinkommens. In Art. 7 dieser Anlage wird normiert, dass die Vertragsparteien sowohl einzeln als auch innerhalb der zuständigen internationalen Organisation geeignete Maßnahmen zur Verhütung und Beseitigung der Verschmutzung infolge unfallbedingter Aufgabe von Offshore-Anlagen im Meeresgebiet zu ergreifen haben.

Darüber hinaus bestehende Einzelregelungen insbesondere in Bezug auf sog. Blow-outs sind nicht erkennbar.

Weitere Regelungen zur Zusammenarbeit der Vertragsparteien zur Verhütung von Verschmutzungen der Meeresumwelt ergeben sich aus dem Seerechtsübereinkommen der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1982 (BGBl. 1994 II S. 1798). Eine Rechtsgrundlage für eine Inanspruchnahme einzelner Unternehmen ergibt sich daraus nicht.

Zu 10. und 11.:
Die Fragen 10 und 11 werden gemeinsam beantwortet:

Da die offiziellen Untersuchungen zu den Ursachen für den Bohrlochausbruch im Golf von Mexiko nicht abgeschlossen sind, können diese Fragen derzeit nicht beantwortet werden. Die Landesregierung begrüßt jedoch die Initiative der Europäischen Kommission, den maßgeblichen EU-Rechtsrahmen zu überprüfen und gemeinsam mit den Mitgliedsländern und der Industrie vorsorglich mögliche Probleme der Öl- und Gasgewinnung im Meer zu analysieren.


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Artikel-Informationen

erstellt am:
07.10.2010

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