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Landesmittel Faurecia

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 07.10.2010 - TOP 31. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Ursula Helmhold und Enno Hagenah (GRÜNE)


Die Abgeordneten Ursula Helmhold und Enno Hagenah (GRÜNE) hatten gefragt:

In einer öffentlichen Mitteilung des Automobilzulieferers Faurecias vom 5. Juli 2007 heißt es, dass das Unternehmen vom Land Niedersachsen 1,2 Millionen Euro Förderung für den Aufbau eines Kompetenzzentrums für Umform- und Presstechnik in Stadthagen zwischen 2007 und 2011 erhalten solle. Faurecia sagt darin im Gegenzug zu, 70 neue Arbeitsplätze in Stadthagen schaffen zu wollen. Die Unternehmensleitung habe sich mit dem Betriebsrat geeinigt, mit dem Zentrum für Press- und Umformtechnik „Beschäftigung am Standort“ zu sichern. Im Schaumburger Wochenblatt vom 7./8. Juli 2007 heißt es zudem, dass für die Standortsicherung in Stadthagen die Errichtung des Kompetenzzentrums entscheidend sei. Auf einer Pressekonferenz sicherte Faurecia laut Schaumburger Nachrichten vom 6. Juli 2007 zu, dauerhaft 1 650 Arbeitsplätze bereitstellen zu wollen. Dafür wolle Faurecia 9 Millionen Euro in das Kompetenzzentrum für Presstechnik investieren. Die Geschäftsleitung bedankte sich beim niedersächsischen Wirtschaftsministerium, den Bau des Presswerks zu unterstützen.

Festzustellen ist, dass Faurecia das Kompetenzzentrum für Umform- und Presstechnik bislang nicht gebaut hat und dass Faurecia von aktuell rund 1 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern rund 300 Beschäftigten kündigen will. In der Medienberichterstattung heißt es dazu, dass die Mittel des Landes nicht - wie vorgesehen - für das Presswerk verwendet worden seien, sondern für das klassische, bereits bestehende Kerngeschäft Faurecias, nämlich die Entwicklung von Autositzen. Laut Schaumburger Zeitung vom 14. September 2010 seien bislang 300 000 Euro Landesmittel geflossen. Das Unternehmen gibt weiterhin bekannt, bislang 5,3 Millionen Euro am Standort Stadthagen im Rahmen üblicher Geschäftinvestitionen eingesetzt zu haben. Die anstehenden Entlassungen resultieren laut Faurecia aus der Wirtschaftskrise und ausbleibenden Aufträgen. Angeblich gebe es bislang keine Folgeaufträge für Stadthagen. Tatsächlich soll es sehr wohl Folgeaufträge geben, die Faurecia künftig aber in anderen Ländern abwickeln will: So sollen Fertigungen von Sitzen und Lehnen an Werke in Polen abgegeben werden und die Entwicklung und Produktion von Sitzbeschlägen künftig in französischen Werken stattfinden.Wirtschaftsminister Bode sagte gegenüber NDR 1 (11. September 2010), das Land habe die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes unterstützt. Ohne die Förderung wäre der Stellenabbau vermutlich stärker ausgefallen.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. An welche Bedingungen und Zusagen, z. B. zum Erhalt von Arbeitsplätzen, hatte die Landesregierung 2007 die Förderung des Kompetenzzentrums für Umform- und Presstechnik am Standort Stadthagen geknüpft, und in welcher Weise hat das Unternehmen Faurecia diese Bedingungen erfüllt?
  2. Wann hat wer und aus welchen Gründen die Fördermittel für das Kompetenzzentrum umgeleitet in das Kerngeschäft Faurecias, die Entwicklung von Autositzen, und welchen Einfluss hat die Neudeklarierung der Fördermittel auf den Erhalt und die Schaffung von Arbeitsplätzen bei Faurecia in Stadthagen?
  3. In welcher Weise bringt sich das Land ein, um die regionale Autozuliefererindustrie und aktuell den Standort von Faurecia zu stärken, indem sie Einfluss auf die Vergabe von Aufträgen - beispielsweise durch VW - nimmt?

Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Faurecia ist einer der weltweit führenden Automobilzulieferer in vier bedeutenden Bereichen: Autositze, Filter, Innenraumsysteme und Stoßfänger. Die Gruppe mit Sitz in Nanterre bei Paris erwirtschaftet seit der Übernehme von Plastal Deutschland im März dieses Jahres etwa 10 Mrd. €. Der Konzern ist mit 62.000 Mitarbeitern in 32 Ländern mit über 200 Standorten und 33 Forschungs- und Entwicklungszentren ein „global player“. In Stadthagen liegt der Sitz von Faurecia Deutschland. Das Entwicklungszentrum mit ca. 900 Mitarbeitern ist weltweite Zentrale für die Entwicklung von Autositzen. Das Werk hat derzeit 350 Beschäftigte. Faurecia hat verkündet, im Werk annähernd 200 Mitarbeiter ab 2011 abbauen zu wollen, bei der Programmentwicklung etwa 90.

Der Stellenabbau in der Größenordnung von rd. 300 Arbeitsplätzen ist für die Region sehr schwer. Angemessene alternative Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen nur in sehr beschränktem Umfang, zumal vor Jahren bereits Firmen wie OTIS oder ALCATEL ihre Standorte in Stadthagen aufgegeben haben.

Das Land Niedersachsen hat nach Kräften die Stützung des Entwicklungsstandortes durch Innovationsförderung betrieben, um die hochwertigen Arbeitsplätze in der Region ebenso zu halten wie das technologische know-how.

2006 hatte Faurecia im Rahmen eines Interessenausgleichs mit der Arbeitnehmervertretung die Errichtung eines Kompetenzzentrums für Umform- und Presstechnik geplant, verbunden wohl mit der Erwartung, zusätzlich Beschäftigte einstellen zu können.

Wie die Unternehmensleitung berichtet hat, sind die strategischen Grundlagen für ein Kompetenzzentrum in Stadthagen, wie es 2006 geplant war, nicht mehr gegeben. Das ist eine unternehmerische Entscheidung und von der Landesregierung nicht zu bewerten.

Die NBank fördert hingegen die "Entwicklung einer neuen Generation von Autositzen mit neuen Materialien und neuen Produktionsverfahren" seit dem 10.05.2007, gerade nicht das geplante Kompetenzzentrum.

Es ist bedauerlich, dass in der Öffentlichkeit der unzutreffende Eindruck entstanden ist, das Land fördere ein Kompetenzzentrum. Faurecia hat in der örtlichen Presse (Schaumburger Nachrichten vom 23.09.2010) dankenswerter Weise die Verantwortung für diese Ungenauigkeit übernommen und sich entschuldigt.

Für die Landesregierung ist wichtig, dass die geförderte technische Innovation in Stadthagen entwickelt und marktfähig gemacht wird, und das wird die Landesregierung aufmerksam verfolgen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen wie folgt:

zu 1.:
Die Landsregierung hat nicht den Aufbau eines Kompetenzzentrums gefördert. Faurecia hat einen Zuwendungsbescheid im Rahmen des Innovationsförderprogramms des Landes Niedersachsen erhalten. Dieses Programm zielt darauf, durch Innovationen in niedersächsischen Unternehmen perspektivisch Wertschöpfung und Arbeitsplätze im Land zu generieren. Die Förderung ist jedoch nicht, anders als die klassische Investitionsförderung, an feste Arbeitsplatzzusagen gekoppelt. Voraussetzung für die Förderung ist ein technologisches Risiko bei der Entwicklung der neuen Produkte bzw. Verfahren. Die notwendigen Zwischenberichte zum Projektfortschritt hat Faurecia ordnungsgemäß an die NBank geliefert.

zu 2.:
Es hat keine Neudeklarierung der Fördermittel gegeben, der Bescheid vom Mai 2007 gilt nach wie vor.

Zu 3.:
Das Wirtschaftsministerium sieht in der professionellen Vernetzung der regionalen wie landesweiten Automobilzulieferindustrie den besten Weg zur Stärkung des Mittelstandes. Wir unterstützen erfolgreiche Cluster wie Automotive Nordwest. Durch regelmäßige Dialogveranstaltungen mit Unternehmen der Zulieferindustrie können Entwicklungen analysiert und Kooperationen organisiert werden. Darüber hinaus steht insbesondere für die mittelständische Industrie das umfangreiche Förderinstrumentarium der NBank zur Verfügung.

Die Aufsichtsratsmitglieder des Landes dürfen das Einkaufsverhalten von VW im Alltag unmittelbar nicht steuern. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr ist im engen Kontakt mit Faurecia und ihren Beschäftigten. Staatssekretär Dr. Liersch ist am 21. September 2010 einer Einladung der IG Metall und des Betriebsrates nach Stadthagen gefolgt und hat mit den Beschäftigten die Sachlage diskutiert. Es wird am 11. Oktober 2010 ein Gespräch des Ministerpräsidenten McAllister mit Geschäftsführung und Betriebsrat geben. Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr wird mit der NBank zusammen Faurecia beraten und unterstützen, soweit seitens des Unternehmens ein entsprechendes Interesse besteht.


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erstellt am:
07.10.2010

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