Niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung Niedersachsen klar Logo

Tempo 30 auf L 321 in Wettmershagen (Landkreis Gifhorn)

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 11.11.2010 - TOP 29. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Detlef Tanke (SPD)


Der Abgeordnete Detlef Tanke (SPD) hatte gefragt:

Die Landesstraße 321, in der Verbindung zwischen der Gemeinde Meine im Landkreis Gifhorn und der Stadt Wolfsburg, gehört zu den am stärksten frequentierten Landesstraßen in Niedersachsen. Eine Bürgerinitiative der Gemeinde Wettmershagen kämpft seit Jahren dafür, dass der innerörtliche Verkehr auf der L 321 durch die Einrichtung von Tempo 30 zu einer Art verkehrsberuhigter Zone umgewandelt wird. Der Landkreis Gifhorn hat als untere Straßenverkehrsbehörde eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 30 für ein Jahr zur Probe angeordnet. Die endgültige Entscheidung über die Umsetzung der Anordnung des Landkreises und eine dauerhafte Einrichtung liegt beim niedersächsischen Verkehrsministerium bzw. der nachgeordneten Behörde, der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr (NLSTBV). Nach meinen Erkenntnissen wird die Stellungnahme der NLSTBV bezüglich der Einrichtung von Tempo 30 auf der L 321 negativ ausfallen.

In Wettmershagen kommen allerdings zwei Faktoren zusammen, die die Einrichtung von Tempo 30 meiner Meinung nach rechtfertigen. Die Ortschaft liegt in einer Senke, sodass der Verkehr aus beiden Richtungen über eine abschüssige Straße in den Ort hineinführt. Zudem ist die Ortsdurchfahrt von zahlreichen Kurven geprägt, was eine weite Sicht und damit eine Einschätzung des Straßenverkehrs innerhalb einer geschlossenen Ortschaft erheblich erschwert.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Die Faktoren, abschüssige und kurvenreiche Ortsdurchfahrt einer Landesstraße, sind in Niedersachsen wohl einmalig. Inwieweit ist das Landesverkehrsministerium aus diesem Grund bereit, seinen Handlungs- und Ermessensspielraum im Rahmen einer Einzelfallentscheidung zur Einrichtung von Tempo 30 auf der L 321 in Wettmershagen zu nutzen?
  2. Der Landkreis Gifhorn hat einen Probebetrieb für ein Jahr angeordnet. Inwieweit ist dem Landesverkehrsministerium an einem Erkenntnisgewinn durch einen solchen Probebetrieb oder Feldversuch gelegen?
  3. Wie schätzt die Landesregierung die Folgen und Wirkungen einer Ablehnung des berechtigten Bürgerinteresses eines Probebetriebes, der nach gesundem Menschenverstand sinnvoll erscheint, angesichts der aktuellen Diskussion zur Akzeptanz von politischen Entscheidungen (beispielsweise Gorleben oder Stuttgart 21) ein?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Der Landkreis Gifhorn hat mit verkehrsbehördlicher Anordnung vom 19.09.2010 in der Ortsdurchfahrt der Gemeinde Wettmershagen eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h verfügt.

Die durchschnittliche tägliche Verkehrsstärke der L 321 ist mit 9000 Kfz/d für eine Landesstraße normal. Der Lkw-Anteil von ca. 5 - 7,5 % ist sogar als unterdurchschnittlich zu bewerten und ist in den vergangenen Jahren auch nichtangestiegen. Die Straße verläuft in der Ortsdurchfahrt zwar kurvig, befindet sich aber in einem guten bis sehr guten Ausbauzustand ohne offensichtliche Engpässe oder unübersichtliche Stellen. Es gibt keine Auffälligkeiten im Unfallgeschehen oder anderweitige Besonderheiten im Zusammenhang mit der Verkehrssicherheit.

Die zulässige Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften ist bundeseinheitlich durch die Straßenverkehrsordnung (StVO) für alle Kraftfahrzeuge auf 50 km/h festgelegt. Es steht somit nicht im freien Ermessen der zuständigen Straßenverkehrsbehörde, eine andere Höchstgeschwindigkeit festzusetzen.

Vor der Anordnung einer Verkehrsbeschränkung sind die Verkehrsbehörden daher gehalten, das Erfordernis, die Eignung und die Verhältnismäßigkeit festzustellen. Nach den Vorschriften der StVO dürfen Verkehrszeichen nur dort angeordnet werden, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Insbesondere dürfen Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit oder anderer in der StVO genannter Rechtsgüter erheblichübersteigt.

Die Verkehrsbehörde hat im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens die Belange der Wohnbevölkerung mit den Belangen des fließenden Verkehrs und der Verkehrsteilnehmer abzuwägen. Auf Bundes- und Landesstraßen hat das Interesse des fließenden Verkehrs besonderes Gewicht, weil diese Straßen ihre Aufgabe, dichten Verkehr auch über längere Entfernungen zügig zu ermöglichen und das übrige Straßennetz zu entlasten, nur erfüllen können, wenn möglichst wenig Verkehrsbeschränkungen vorhanden sind.Nach ihrem Widmungszweck dienen gerade die klassifizierten Straßen der Aufnahme der überregionalen Verkehrsströme.

Die NLStBV - als Straßenbaulastträger- und die Polizei haben sich bisher gegen die Beschränkung ausgesprochen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Weder aufgrund des individuellen Verlaufs der L 321 im Ort noch der vorhandenen Verkehrsverhältnisse und insbesondere der Unfalllage drängt sich die Einrichtung von Tempo 30 auf. Der Landkreis Gifhorn ist zum Bericht aufgefordert. Im Rahmen der Fachaufsicht wird die Landesregierung die Sach- und Rechtslage prüfen.

Zu 2.:
Wie bereits in der Anfrage aufgeführt, ist die L 321 im Verlauf der Ortsdurchfahrt ungewöhnlich abschüssig und kurvenreich. Insoweit sind aus einem Probebetrieb keine Erkenntnisse zu erwarten, die sich für Tempo 30 in Ortsdurchfahrten verallgemeinern ließen.

Zu 3.:
Die Landesregierung orientiert sich in ihren Entscheidungen an den Rechtsgrundsätzen, wie sie u.a. auch in der Nds. Verfassung (Art. 2 NV) und dem Grundgesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) niedergelegt sind. Rechtssicherheit, politische Akzeptanz und Vertrauen in staatliches Handeln sind mithin am besten zu gewährleisten, wenn die nach diesen Grundsätzen einzuhaltenden Verfahren ordnungsgemäß durchgeführt werden.

Logo Presseinformation

Artikel-Informationen

erstellt am:
11.11.2010

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln