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Zukünftige Mobilität in Südniedersachsen erhalten und verbessern

Der Abgeordnete Uwe Schwarz (SPD) hatte gefragt:

Insbesondere im südniedersächsischen Raum nehmen Bürgerinnen und Bürger zur Kenntnis, dass sie im Bahnverkehr mit immer neuen Einschränkungen zurechtkommen müssen. Diese Situation in Südniedersachsen ist so nicht weiter hinnehmbar. Daher gibt es verstärkte Initiativen, den Regionalverkehr wieder zu verbessern. Eine zentrale Forderung ist die Reaktivierung der Bahnstrecke Einbeck–Salzderhelden (Einbeck-Mitte–Salzderhelden, ca. 5,1 km). Auch die Einrichtung weiterer Bedarfshalte auf der Bahnlinie Kreiensen–Holzminden in Naensen, Wenzen und Stroit sowie die Einführung eines Sozialtickets werden gefordert.

Dies vorausgeschickt, frage ich die Landesregierung:

  1. Wie steht die Landesregierung zu einer möglichen Reaktivierung der genannten Bahnstrecke Einbeck–Salzderhelden?
  2. Wie wird sich die Landesregierung finanziell an einer möglichen Reaktivierung dieser Bahnstrecke beteiligen?
  3. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung in Bezug auf die Einrichtung weiterer Bedarfshalte auf der Bahnlinie Kreiensen–Holzminden in Naensen, Wenzen und Stroit?
  4. Gibt es bei anderen Verkehrsverbünden in Niedersachsen Sozialtickets, und, wenn ja, gibt es Planungen, diese auch im Verkehrsverbund in Südniedersachsen einzuführen?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 13.04.2011 wie folgt:

Gerade in einem Flächenland wie Niedersachsen ist eine verlässliche Anbindung im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) von großer Wichtigkeit. Die Landesregierung ist sich dieser Aufgabe bewusst und hat hierauf ihre Politik ausgerichtet. Allerdings ist zu beachten, dass das Land nur im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) direkte Einflussmöglichkeiten auf die Angebotsgestaltung besitzt seit mit der Regionalisierung des SPNV im Jahr 1996 die Verantwortung für das Zugangebot im Nah- und Regionalverkehr auf die Länder übergegangen ist. Diese Aufgabe nimmt die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen mbH (LNVG) außerhalb des Zweckverbandes Großraum Braunschweig und der Region Hannover wahr.

Es ist festzustellen, dass das SPNV-Angebot im direkten Einflussbereich des Landes im südniedersächsischen Raum in den letzten Jahren nicht eingeschränkt wurde. Vielmehr wurde der Nahverkehr auf der Schiene im Bereich der LNVG in den letzten Jahren sogar verbessert, u. a. durch:

  • Einsatz moderner Dieseltriebwagen (seit 2005),
  • Einführung einer Direktverbindung Göttingen – Bad Harzburg mit gleichzeitiger Ausweitung des Zugangebotes für Einbeck-Salzderhelden (mit Fahrplan 2010)
  • Beschleunigung des metronom Hannover – Göttingen (mit Fahrplan 2010).

Ferner plant die LNVG, ab Ende 2013 eine durchgehende Verbindung Paderborn – Holzminden – Kreiensen einzurichten.

Strecken- oder Stationsreaktivierungen sind damit nicht das einzige Instrument, um die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs zu erhöhen. Das System Eisenbahn kann sowohl unter volkswirtschaftlichen als auch betriebswirtschaftlichen Blickwinkeln immer dann seine Vorzüge zur Geltung bringen, wenn es gilt, größere Verkehrsströme über längere Distanzen zu befördern. Die Schiene als Verkehrsträger in dünn besiedelten Regionen stößt daher an Grenzen. Die Verwaltung öffentlicher Gelder muss immer den größten Nutzen für die Allgemeinheit erbringen. Da die Kosten für die Inbetriebnahme und den laufenden Betrieb von SPNV-Strecken sehr hoch ist, stellt diese Form des öffentlichen Nahverkehrs nicht in allen Teilen des Landes und unter allen Randbedingungen die optimale Bedienungslösung dar.

Für einige Gemeinden bedeutet dies, dass die Anbindung an den ÖPNV sinnvollerweise mit dem öffentlichen Verkehrsmittel Bus erreicht werden kann. Hier ergeben sich für die Kunden sogar Vorteile, da die Zahl der Bushaltestellen höher ist und sie zentral und direkt bei der Wohnbebauung liegen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1. und 2.:
Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Die LNVG hat im Jahr 2000 57 Strecken in Niedersachsen auf eine mögliche Reaktivierung im SPNV untersucht. Dabei wurde auch die Strecke Einbeck Mitte – Einbeck-Salzderhelden im Rahmen einer volkswirtschaftlichen Nutzen-Kosten-Analyse vertieft betrachtet. Das Gutachten unterstellte eine Durchbindung der Züge von Einbeck bis nach Göttingen bzw. Northeim als verkehrlich notwendig. Es kam zu dem Schluss, dass eine Reaktivierung der Strecke volkswirtschaftlich sinnvoll ist. Dieses Ergebnis beruht auf der Tatsache, dass für die 4,4 km lange Infrastruktur, die sich im Übrigen seit 1999 im Eigentum des Infrastrukturbetreibers Ilmebahn GmbH befindet, vergleichsweise geringe Investitionen erforderlich wären. Die Durchbindung der Züge bis nach Göttingen bzw. Nordheim würde jedoch ein erhebliches jährliches Betriebskostendefizit – nach damaligem Preisstand etwa 4 Mio. € pro Jahr – verursachen, das der Aufgabenträger auf Dauer mit öffentlichen Mitteln ausgleichen müsste. Der Kostendeckungsgrad wurde mit weniger als 20 % ermittelt, was deutlich unter dem niedersächsischen Durchschnittswert gelegen hätte. Der durchschnittliche Zuschussbedarf je Personenkilometer wäre auf dieser Relation somit ebenfalls deutlich höher als im Landesdurchschnitt.

Die Reaktivierung von Strecken im SPNV hat für das Land derzeit keine Priorität. Vielmehr ist der Erhalt und die Sicherung des bestehenden SPNV – Netzes vordringlich. Im Bestandsnetz besteht ein erheblicher Investitionsbedarf, so dass es insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Revision der Regionalisierungsmittel nicht zu verantworten ist, die für den bedarfsgerechten Ausbau des bestehenden SPNV – Netzes notwendigen Mittel für die Reaktivierung von Strecken einzusetzen. Dabei ist zu beachten, dass die Reaktivierung nicht nur einmalige Investitionen nach sich zieht, sondern laufende Betriebskostendefizite verursacht. Diese sind dauerhaft aus öffentlichen Mittel zu finanzieren, was die finanziellen Spielräume des Landes weiter vermindern würde. Daher verfolgt die Landesregierung die Reaktivierung der Strecke Einbeck Mitte – Einbeck-Salzderhelden seit dem Jahr 2000 nicht weiter.

Zu 3.:
Die Normalform eines Fahrplanhalts ist der Regelhalt; hier muss ein Zug – unabhängig von einem konkreten Kundenwunsch - immer an der Station halten. An der Strecke Kreiensen – Holzminden existiert neben den Endbahnhöfen mit der Station Stadtoldendorf nur ein Regelhaltepunkt.

Eine Sonderform des Fahrplanhalts ist der Bedarfshalt. Hier muss ein Zug nur halten, wenn der Triebfahrzeugführer ein Haltsignal erhält, der Triebfahrzeugführer Reisende bemerkt, die mitfahren wollen oder eine Fahrgasthaltewunscheinrichtung dem Triebfahrzeugführer einen Haltewunsch anzeigt. An der o. a. Strecke sind keine Bedarfshalte eingerichtet, da die Einrichtung von Bedarfshalten aufgrund der relativ hohen Streckenhöchstgeschwindigkeit von 100 km/h generell kritisch zu sehen ist.

Im Übrigen sind die Anforderungen an die Ausgestaltung der Infrastruktur sowie an die Bemessung der Fahrzeit bei Bedarfs- und Regelhalt identisch, da auch bei Bedarfshalten davon auszugehen ist, dass die Züge an der Station halten müssen. Insofern sind (Bedarfs-) Halte in Naensen, Wenzen und Stroit aus folgenden Gründen derzeit nicht möglich:

  • Die Einrichtung nur eines Bedarfshalts würde die Fahrzeit zwischen Holzminden und Kreiensen verlängern. Auf Grund der weitgehenden Eingleisigkeit der Strecke Holzminden – Kreiensen muss die Zugkreuzung in Holzminden erfolgen, so dass Fahrzeitverlängerungen zum Verlust der derzeit schon sehr knappen Anschlüsse in Kreiensen an den Metronom führen würden.
  • Für einen Halt in den genannten Orten müssten jeweils neue Stationen nach den geltenden Vorschriften errichtet werden. Die Kosten für den Bau- und Betrieb dieser Stationen stehen in keinem Verhältnis zum erwartenden Fahrgastaufkommen, das aufgrund der Ortsgröße (zwischen 400 und 800 Einwohner) begrenzt ist. Eine positive volkswirtschaftliche Bewertung, die Voraussetzung für die Förderung von Stationsmaßnahmen ist, wäre nicht zu erwarten.

Zu 4.:
Sozialtickets werden in den Verbundräumen des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) und des Großraum-Verkehrs Hannover (GVH) angeboten.

Der Verkehrsverbund Bremen/Niedersachsen (VBN) bietet im niedersächsischen Verbundgebiet ein solches Ticket nicht an. Im Bereich des Verbundtarifs Region Braunschweig (VRB) wird ebenfalls kein Sozialticket angeboten. Hier haben lediglich einzelne Mitgliedsunternehmen einen entsprechenden Tarif ins Leben gerufen, der aber nur unternehmensbezogen gilt.

Diesbezügliche Planungen des Verkehrsverbundes Südniedersachsen sind der Landesregierung nicht bekannt.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
27.05.2011

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