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Verwendung von EU-Fördermitteln durch das Land Niedersachsen (Programmperiode 2007 bis 2013)

Die Abgeordnete Ursula Weisser-Roelle (LINKE) hatte gefragt:

Wissenschaftler der Universität Mannheim kommen in einer Studie zum Ergebnis, dass EU-För­dermittel von den Ländern Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz planlos und „großzügig am Ziel vorbei verteilt“ werden. Laut dem Artikel „Bundesländer verschleudern EU-Geld“, erschienen am 23. März 2011 in der Financial Times Deutschland, braucht demnach der, der Geld aus europäischen Fonds will, vor allem gute Beziehungen oder gute Informationen über die Fördertöpfe. Demnach bestimmen die Bundesländer, wer das Geld bekommt. Laut dieser Studie vergab das Land Baden-Württemberg Mittel aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) an eine „Erlebnisbrauerei“ und finanzierte aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) Auszubildende in Baumärkten, Discountern sowie Zuschüsse für Tankstellenbetreiber und Arztpraxen. Gelder aus dem EFRE sind laut EU-Vorgabe für die Förderung von Wettbewerbsfähigkeit, Innovation und Nachhaltigkeit zu verwenden. Stattdessen, wie aus der Studie der Universität Mannheim hervorgeht, floss ein Großteil des Geldes in einigen Bundesländern in Lagerhallen, Maschinen und in die Arzneimittelentwicklung. Laut offiziellen Angaben erhält Niedersachsen in der Programmperiode 2007 bis 2013 rund 2,7 Mrd. Euro an EU-Fördermitteln aus dem EFRE, dem ESF, dem Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) und dem Europäischen Fischereifonds (EFF).

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Sind der Landesregierung ebenfalls Fälle von Missbrauch der EU-Fördermittel bekannt?
  2. Wurden in Niedersachsen Projekte mit EU-Mitteln gefördert, deren Förderung nach den Halbzeitbewertungen des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr nicht den Zweck und das Ziel der Förderung erreichten oder bis 2013 erreichen werden?
  3. Was sind die qualitativen Maßstäbe, die die Landesregierung bei der jeweiligen Vergabe der EU-Fördermittel (EFRE, ESF, ELER, EFF) anlegt?
  4. Wie und mit welchen Instrumenten wird die laut EU-Vorgaben zweckmäßige Verwendung der EU-Fördermittel kontrolliert?
  5. Sind der Landesregierung Empfänger von EU-Fördermitteln bekannt, die entgegen den EU‑Vorschriften nicht auf die Herkunft der Fördergelder hinweisen?
  6. Wie hoch ist im Vergleich der Anteil an öffentlichen Einrichtungen mit EU-Fördermittel, die in Händen einer PPP (public-private-partnership) sind?
  7. Wie hoch ist der Betrag der EU-Fördermittel in öffentlichen Einrichtungen, die sich in Händen einer PPP befinden?
  8. Wie hoch ist der Betrag der EU-Fördermittel in öffentlichen Einrichtungen, die sich nicht in Händen einer PPP befinden?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 07.05.2011 wie folgt:

Zu den Bewilligungsverfahren anderer Bundesländer kann sich die niedersächsische Landesregierung naturgemäß nicht äußern.

In Niedersachsen erfolgt im EFRE und ESF die Vergabe der Fördermittel anhand einer detaillierten Bewertung jedes einzelnen Projektes. Dabei werden anhand eines Rasters unterschiedlicher Bewertungskriterien für jedes einzelne Kriterium Punktwerte vergeben, und in der Folge nur diejenigen Projekte mit den höchsten Punktwerten gefördert. Diese so genannten Scoringmodelle sind richtlinienspezifisch ausgestaltet, und führen in ihrer Wirkung dazu, dass jede Projektauswahlrunde wie ein Wettbewerb ausgestaltet ist, und alle Auswahlentscheidungen mit einem Höchstmaß an Objektivität und Transparenz erfolgen. Dass dieser hohe theoretische Anspruch auch in der Praxis eingelöst wird, ist dem Land sowohl in der Halbzeitevaluation zu den EU-Strukturfonds als auch im Rahmen einer wissenschaftlichen Untersuchung des Bundes bestätigt worden. Auch in Brüssel gilt das niedersächsische Verfahren als deutschland- und europaweit vorbildlich.

Die Umsetzung des ELER erfolgt im Rahmen des Programms zur Förderung im ländlichen Raum Niedersachsen und Bremen 2007 bis 2013 (PROFIL). Das Programm enthält u.a. die verschiedenen Fördermaßnahmen sowie die Fördertatbestände, den Kreis der Zuwendungsempfänger, Art und Umfang der Förderung der jeweiligen Maßnahme und ist von der EU-Kommission genehmigt. Des Weiteren gibt es für jede Maßnahme Auswahlkriterien, die bei dem jeweiligen Antragsverfahren z. B. bei Mittelknappheit anzuwenden sind. Mit diesem transparenten Instrumentarium wird sichergestellt, dass die besten Projekte zum Zuge kommen. Neben investiven Maßnahmen werden aus dem ELER auch flächenbezogene Maßnahmen, wie z.B. Extensivierungsprämien, finanziert. Das ist eine Besonderheit im Vergleich zu den anderen Fonds.

Die Umsetzung des EFF erfolgt ähnlich wie die des PROFIL im Agrarbereich. Nur sind hier das Mittelvolumen und die Zahl der Vorhaben deutlich kleiner.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Ja, wie in allen Bereichen wo Fördermittel ausgezahlt werden, gibt es auch im Bereich der EU-Förderung gelegentliche Missbrauchsfälle. Aufgrund der hohen Prüfungsdichte im EU-Bereich werden diese regelmäßig aufgedeckt und entsprechend verfolgt bzw. sanktioniert.

Im Bereich des EFF wurden trotz der sehr hohen Prüfungsdichte bisher keine Missbrauchsfälle aufgedeckt.

Zu 2.:
Sofern Projekte die angestrebten Ziele (z.B. Anzahl der zu schaffenden Arbeitsplätze) nicht erreichen, erfolgt im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung eine detaillierte Prüfung in Bezug auf Verantwortung und Umfang der Zielabweichung. Als Ergebnis dieser Prüfung erfolgen abgestufte Sanktionsmechanismen, die bis zum Vollwiderruf der Förderung reichen können. Während Teilwiderrufe gelegentlich erfolgen, musste vom Instrument des Vollwiderrufs bisher nur in Ausnahmefällen Gebrauch gemacht werden.

Zu 3.:
Die Förderung erfolgt, wie eingangs dargestellt, auf der Grundlage des jeweiligen Programms, den entsprechenden Förderrichtlinien und maßnahmenspezifischen Auswahlverfahren.(z.B. die im Vorspann erwähnten Scoring-Verfahren und –Tabellen, die ebenso veröffentlicht werden wie die Förderrichtlinien selbst).

Zu 4.:
Diese Prüfung erfolgt im Rahmen der Verwendungsnachweisprüfung, welche für jedes Projekt obligatorisch ist.

Zu 5.:
Nein, dies ist nicht der Fall. Sollte die Landesregierung von derartigen Fällen Kenntnis erlangen, würde sie kurzfristig die Einhaltung der Publizitätsvorschriften bei dem jeweiligen Zuwendungsempfänger einfordern und durchsetzen.

Zu 6.:
Hierzu liegen MW und ML keine Erkenntnisse vor.

Zu 7.:
Hierzu liegen MW und ML keine Erkenntnisse vor.

Zu 8.:
Hierzu liegen MW und ML keine Erkenntnisse vor.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
27.05.2011

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