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Sponsorings durch die vier großen Energiekonzerne und ihre Töchter in Niedersachsen

Der Abgeordnete Stefan Wenzel (GRÜNE) hatte gefragt:

Sponsoring ist Teil der Öffentlichkeitsarbeit von Unternehmen, u. a. mit dem Ziel, das Image der Firma zu verbessern. Da mit der Vergabe von Geld- oder Sachleistungen immer auch die Möglichkeit oder Absicht einer Einflussnahme verbunden ist oder sein kann, ist nach allgemeiner Auffassung eine Transparenz in diesem Bereich notwendig. So werden auch in Niedersachsen beispielsweise seit etwa zehn Jahren die Daten von Sponsoring für Landesbehörden veröffentlicht.

Auch die regionalen Energieversorger bedienen sich dieses Instruments, um sich die Kommunen bei der Neuausschreibung von Konzessionsverträgen für die regionalen Netze gewogen zu machen. So hat die E.ON Mitte AG eine Beteiligungsgesellschaft „Energieeffizienz Aktiv Mitgestalten gGmbH“ gegründet, in der Kommunen für einen sehr geringen Beitrag Mitglied werden können. E.ON zahlt dann jährlich 1 Euro pro Einwohner - allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich das Netz der jeweiligen Gemeinde in E.ON-Besitz befindet und von E.ON betrieben wird. Die Landeskartellbehörde hält dieses Vorgehen nicht für rechtskonform, weil ein Verstoß gegen das Nebenleistungsverbot des § 3 Abs. 2 der Konzessionsabgabenverordnung vermutet wird. Auch andere Finanzspritzen des „Altkonzessionärs“ E.ON an Kommunen wie das kostenlose Zurverfügungstellen von Elektromobilen oder die Gründung und Anschubfinanzierung von Klimaschutzgesellschaften sind der Kartellbehörde bekannt geworden.

Ich frage die Landesregierung:

  1. In welcher Höhe und für welchen Anlass haben E.ON, RWE, Vattenfall und EnBW in den letzten fünf Jahren bei Ministerien und Behörden des Landes Sponsoring betrieben (bitte tabellarische Auflistung nach Jahr, Unternehmen, Landesbehörde oder ‑institution, Höhe der Zuwendung, Anlass)?
  2. Welche Vorgänge von Sponsoring- oder Fördermaßnahmen aus den vergangenen Jahren, mit deren Hilfe E.ON-Töchter oder andere Regionalversorger als „Altkonzessionäre“ Kommunen bei der Verlängerung von Konzessionsverträgen beeinflusst haben oder beeinflussen wollten, sind der Landesregierung bekannt (bitte tabellarische Auflistung nach Jahr, Unternehmen, Gemeinde, Umfang der „Zuwendung“)?
  3. Wie beurteilt die Landesregierung diese Praxis?
  4. Welche Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um derartige Praktiken aktuell und in Zukunft zu unterbinden?
Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 16.08.2011 wie folgt:

Gemäß § 3 Absatz 2 Nr.1 der Verordnung über Konzessionsabgaben für Strom und Gas - Konzessionsabgabenverordnung (KAV) dürfen Energieversorgungsunternehmen neben oder anstelle der in § 2 KAV aufgeführten Konzessionsabgaben keine sonstigen Finanz- und Sachleistungen an Gemeinden und Landkreise unentgeltlich oder zu einem Vorzugspreis gewähren. Dabei bleiben Leistungen der Versorgungsunternehmen bei der Aufstellung kommunaler oder regionaler Energiekonzepte oder für Maßnahmen, die dem rationellen und sparsamen sowie ressourcenschonenden Umgang mit der vertraglich vereinbarten Energieart dienen, unberührt, soweit sie nicht im Zusammenhang mit dem Abschluss oder der Verlängerung von Konzessionsverträgen stehen.

Mit dieser Regelung wird der gesetzgeberische Wille normiert, dass Maßnahmen zur Energieeinsparung, Förderung der Energieeffizienz und sonstiger dem Klimaschutz dienenden Aktivitäten der Energieversorger auch in Verbindung mit den Kommunen ausdrücklich erwünscht sind. Es obliegt der besonderen Verantwortung der Energiewirtschaft sich diesen Aufgaben zu stellen. Dabei sind sowohl eigenständige als auch im Verbund mit kommunalen Akteuren organisierte Aktivitäten möglich und zulässig. Dies gilt ausdrücklich auch für das in der Anfrage benannte Modell der E.ON-Mitte AG, die den Kommunen die Mitwirkung an der „Energieeffizienz Aktiv Mitgestalten eGmbH“ anbietet.

Die Begrenzung derartiger Aktivitäten auf das Gebiet jener Kommunen, in denen das jeweilige Unternehmen als Netzbetreiber und Grundversorger tätig ist, stellt keinen Verstoß gegen die Regelung des § 3 Abs. 2 KAV dar. Die E.ON Mitte AG hat nach den bisher bekannten Abläufen allen Kommunen in ihrem Netzgebiet die Beteiligung an der „Energieeffizienz Aktiv Mitgestalten gGmbH (EAM gGmbH)“ angeboten. Dies betrifft sowohl die Kommunen in Niedersachsen, als auch in den benachbarten Bundesländern Thüringen und Hessen. Es liegen keine belastbaren Hinweise darauf vor, dass dieses flächendeckende Angebot der E.ON Mitte AG in einem gezielten zeitlichen Zusammenhang mit der Verhandlung oder dem Abschluss oder der Verlängerung von Konzessionsverträgen erfolgt. Es ist ausdrücklich zu begrüßen, wenn sich auch die Netzbetreiber in Niedersachsen an Klimaschutzaktivitäten beteiligen und in diesem wichtigen Themenfeld im rechtlich gesetzten Rahmen aktiv sind.

Ein kartellrechtlich relevanter Verstoß der Gemeinde bei der Durchführung eines Konzessionsvergabeverfahrens nach § 46 EnWG kann insbesondere dann vorliegen, wenn die Gemeinde in dem nicht dem Kartellvergaberecht unterliegenden Verfahren gegen den europarechtlich verankerten Grundsatz der Nichtdiskriminierung, der Transparenz oder der Verhältnismäßigkeit verstößt. Ein solcher Verstoß kann beispielsweise in der bevorzugten Behandlung eines einzelnen Konzessionsinteressenten liegen. Ebenfalls kartellrechtlich unzulässig sind wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen zwischen Gemeinde und einem Konzessionsinteressenten, die beispielsweise zu einer vor dem Verfahren vorgenommenen Festlegung der Gemeinde auf einen bestimmten Konzessionsinteressenten führen. Eine solche unzulässige Beeinflussung von Konzessionsvergabeentscheidungen niedersächsischer Gemeinden speziell auf Grund von Sponsoringmaßnahmen oder verbotenen Nebenleistungen i.S.d. § 3 Abs. 2 KAV einzelner Energieversorger ist der Landeskartellbehörde nicht bekannt und hat daher bislang kein kartellbehördliches Einschreiten hervorgerufen. Die kartellrechtlichen Auswirkungen der in der Kleinen Anfrage angesprochenen „Energieeffizienz Aktiv Mitgestalten gGmbH“ (EAM) auf die Konzessionsvergabeverfahren der an dieser Gesellschaft beteiligten Kommunen sind derzeit Gegenstand einer Prüfung durch das Bundeskartellamt, dessen Zuständigkeit in diesem Fall wegen der länderübergreifenden Tätigkeit der „EAM“ eröffnet ist.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Jahr

Unternehmen

Behörde

Wert in €

Anlass

2006

E.ON

Landesschulbehörde

ca. 50.000

Fortbildungsprojekt

2006

E.ON

Leibniz. Universität Hannover

25.000

Unterstützung Forschung und Lehre, Inst. Turbomaschinen

2006

E.ON

Leibniz. Universität Hannover

30.000

Unterstützung Forschung und Lehre, Inst. Technische Verbrennung

2006

E.ON

TU Clausthal

20.000

„Jugend forscht“

2006

E.ON

Staatskanzlei

200.000

Ausstellung „60 Jahre Niedersachsen“

2006

E.ON

Staatskanzlei

30.000

Festveranstaltung Landesgeburtstag

2006

RWE

Staatskanzlei

5.000

Grünkohlessen in Brüssel

2006

RWE

Universität Osnabrück

12.000

„Osnabrücker Friedensgespräche“

2006

RWE

TU Clausthal

25.000

Institut Erdöl-/Erdgastechnik

2006

EnBW

Staatskanzlei

10.000

Sommerfest Landesvertretung in Berlin






2007

E.ON

Kultusministerium

3.500

Mobilitätsfond „Ausbildung in Europa“

2007

E.ON

Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel

4.000

Fachtagung „Blickpunkt Sportmanagement“

2007

E.ON

TU Clausthal

20.000

„Jugend forscht“

2007

E.ON

TU Clausthal

6.000

Institut „Erdöl-/Erdgastechnik“

2007

E.ON

TU Clausthal

5.000

Energieforschungszentrum

2007

RWE

Universität Osnabrück

12.000

„Osnabrücker Friedensgespräche“

2007

RWE

Universität Osnabrück

6.000

Intern. Treffen zum europäischen vertragsrecht 2007

2007

RWE

Universität Osnabrück

6.000

Intern. Treffen zum europäischen vertragsrecht 2008

2007

RWE

Staatskanzlei

5.000

Grünkohlessen in Brüssel

2007

EnBW

Staatskanzlei

2.500

Sommerfest in Berlin






2008

E.ON

Kultusministerium

3.500

Mobilitätsfond „Ausbildung in Europa“

2008

E.ON

Leibniz. Universität Hannover

1.600

Firmenkontaktmesse

2008

E.ON

Leibniz. Universität Hannover

1.000

Tag der Elektrotechnik und Informatik

2008

E.ON

Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel

1.000

Fachbereich Elektrotechnik

2008

E.ON

TU Clausthal

25.000

„Jugend forscht“

2008

E.ON

TU Clausthal

2.000

Institut „Berg und Energierecht“

2008

E.ON

TU Clausthal

3.500

Institut „Erdöl-/Erdgastechnik“

2008

E.ON

Staatskanzlei

5.000

Sommerfest in Berlin

2008

RWE

Leibniz. Universität Hannover

1.600

Firmenkontaktmesse

2008

RWE

TU Clausthal

2.000

Institut „Berg und Energierecht“

2008

RWE

Staatskanzlei

5.000

Grünkohlessen in Brüssel

2008

EnBW

Staatskanzlei

2.500

Sommerfest in Berlin






2009

E.ON

Kultusministerium

3.500

„Ausbildung in Europa“

2009

E.ON

TU Clausthal

25.000

„Jugend forscht“

2009

E.ON

TU Clausthal

8.925

Werbung

2009

E.ON

Hochschule Vechta

4.800

Kirchspiel Harpstedt

2009

E.ON

Leibniz. Universität Hannover

1.700

Teilnahme Firmenkontaktmesse

2009

E.ON

Staatskanzlei

5.000

Sommerfest in Berlin

2009

RWE

Staatskanzlei

5.000

Grünkohlessen in Brüssel

2009

EnBW

Staatskanzlei

2.500

Sommerfest in Berlin






2010

E.ON

Innenministerium

59.500

Tag der Niedersachsen

2010

E.ON

TU Clausthal

25.000

„Jugend forscht“

2010

E.ON

TU Clausthal

1.000

Exkursionen

2010

E.ON

Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel

1.500

Fachtagung „Sportmanagement“

2010

E.ON

Universität Vechta

4.800

Promotionsstipendien

2010

E.ON

Leibniz. Universität Hannover

1.700

Firmenkontaktmesse

2010

E.ON

HAWK Fachhochschule Hildeheim/Holzminden/Göttingen

1.900

Lehre und Forschung

2010

E.ON

Staatskanzlei

10.000

Sommerfest in Berlin

2010

RWE

TU Clausthal

5.000

Kolloquium

2010

RWE

Universität Osnabrück

12.500

„Osnabrücker Friedensgespräche“

2010

RWE

Staatskanzlei

5.000

Grünkohlessen in Brüssel

2010

EnBW

Staatskanzlei

2.500

Sommerfest in Berlin

Zu 2.:
Der Landesregierung sind keine Sponsoring- oder Fördermaßnahmen bekannt geworden, mit denen Kommunen bei der Verlängerung von Konzessionsverträgen beeinflusst werden sollten oder beeinflusst worden sind. Zur Tätigkeit „Energieeffizienz Aktiv Mitgestalten gGmbH“ (EAM) wird auf die Ausführungen in der Einleitung verwiesen, vergleichbare Aktivitäten anderer Regionalversorger sind der Landesregierung nicht bekannt.

Zu 3.:
Innerhalb des bestehenden rechtlichen Rahmens und der für die Landesverwaltung geltenden Antikorruptionsrichtlinie sind die geleisteten Sponsoringleistungen und Zuwendungen nicht zu beanstanden.

Zu 4.:
Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, in der Anfrage unterstellte unzulässige – in Wahrheit zulässige Praktiken aktuell unterbinden zu müssen. Im Übrigen sind sowohl im Bereich der Landesverwaltung als auch für den Bereich der Kommunen in den vergangenen Jahren Transparenz schaffende Regelungen für das Sponsoring und sonstige Zuwendungen getroffen worden.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
16.09.2011

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