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Ausweisung europäischer Güterverkehrskorridore

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 16.09.2011 - TOP 35. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Karsten Heineking (CDU)


Der Abgeordnete Karsten Heineking (CDU) hatte gefragt:

Der Marktanteil des Schienengüterverkehrs am gesamten Güterverkehr in der Europäischen Union ist mit 10,8 % noch ausbaufähig. Die EU-Kommission möchte die Bedingungen für den Güterverkehr vor diesem Hintergrund verbessern und sogenannte Güterverkehrskorridore schaffen, auf denen ein privilegierter Güterverkehr eingerichtet werden soll.

Europaweit sind zunächst neun Korridore geplant. Drei davon verlaufen durch das Transitland Deutschland. Konkret geht es dabei um die Strecken von Zeebrugge über Duisburg nach Genua sowie von Stockholm über Hamburg nach Palermo und von Bremerhaven/Rotterdam/Antwerpen über Aachen und Berlin nach Terespol und Kaunas. Niedersachsen wird sowohl in Nord-Süd-Richtung als auch in Ost-West-Richtung von den Güterverkehrskorridoren durchquert.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Inwieweit korrespondiert die Ausweisung der Güterverkehrskorridore mit der Verkehrswegeplanung des Bundes und dem Landeskonzept zur Bewältigung der Hafenhinterlandverkehre?
  2. Welche Chancen und Risiken entstehen durch die Güterverkehrskorridore für die Hinterlanderschließung der deutschen Häfen?
  3. Wie wird sich die Einführung der Güterverkehrskorridore auf den Schienenverkehr in Niedersachsen auswirken?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Die Kommission möchte seit langem – und das hat sie zuletzt in ihrem Weißbuch Verkehr vom März dieses Jahres betont – Güterverkehre stärker auf die Schiene verlagern. Dazu entwickelt sie ein Korridor-Konzept mit einem europaweiten Netz von Verkehrsachsen, über die das Gros der Güterverkehre durchgeführt wird.

Mit der Verordnung vom 22. September 2010 will die Kommission ein einheitliches europäisches Schienennetz für einen wettbewerbsfähigen Güterverkehr schaffen. Die Verordnung enthält Vorschriften für die Auswahl, die Organisation, das Management und die mögliche Investitionsplanung von Güterverkehrskorridoren. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Schienenverkehrskorridore für den Güterverkehr einzurichten. Damit sollen die Randbedingungen für den grenzüberschreitenden Güterverkehr verbessert werden.

Diese Korridore sind keine neuen Strecken, sondern sind mögliche Routen auf der vorhandenen Infrastruktur, die für den internationalen Güterverkehr genutzt werden sollen. Niedersachsen ist von folgenden 2 Korridoren betroffen:

  • Stockholm – Hamburg – Palermo
  • Bremerhaven/Antwerpen/Rotterdam – Aachen – Berlin - Terespol

Die betroffenen Mitgliedstaaten müssen der Kommission bis zum 10. November 2015 mitteilen, wo die konkreten Eisenbahnstrecken verlaufen sollen.

Der erste Entwurf dieser Verordnung sah eine starre Bevorrechtigung des internationalen Güterverkehrs vor, was sich nachteilig auf die anderen Schienennutzer im Güter- und Personenverkehr ausgewirkt hätte. Die jetzige, im europäischen Gesetzgebungsverfahren gefundene Lösung ist flexibler und wird daher besser den unterschiedlichen Interessen gerecht.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Die Eisenbahnstrecken beider Korridore sind im niedersächsischen Raum bereits heute stark durch den Personen- und Güterverkehr belastet. Insbesondere auf der Nord-Süd-Achse sind Maßnahmen erforderlich, damit mehr Züge fahren können. Das können zum einen bauliche Maßnahmen sein. So korrespondieren die Planungen wie auch die bereits umgesetzten Ausbaumaßnahmen des Bundes sehr gut mit diesen Korridoren. Wichtigste Baumaßnahme ist die sogenannte Y-Strecke, die Bestandteil der Verbindung Stockholm – Palermo sein wird und auch beim West-Ost-Korridor für eine bessere Anbindung von Bremerhaven sorgen. Neben den baulichen können auch betriebliche Maßnahmen zu einer größeren Leistungsfähigkeit der Infrastruktur beitragen.

Das Konzept des Landes Niedersachsen zur Bewältigung der Hafenhinterlandverkehre ist in erster Linie auf die deutschen Seehäfen ausgerichtet, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. So wird mit der Ertüchtigung der Strecken Bremerhaven - Bremervörde – Rotenburg sowohl der Knoten Bremen entlastet, wie auch die Abfuhrmöglichkeit für Bremerhaven verbessert. Das Land Niedersachsen steht mit der DB in Kontakt, um darüber hinausgehend das Schienennetz in Niedersachsen so zu entwickeln, dass es die Bedürfnisse der Nutzer befriedigt.

Darüber hinaus ist es wichtig, die Binnenschifffahrt besser in die Hinterlandverkehre der Seehäfen einzubinden.

Zu 2.:
Für die deutschen Seehäfen bedeuten die Güterverkehrskorridore, dass die Schiene besser genutzt werden kann. Bei internationalen Verkehren werden das Verfahren für die Anmeldung der Nutzung einer Schienentrasse und auch der Umgang bei Störungen vereinfacht.

Gelegentlich wird befürchtet die deutschen Häfen könnten gegenüber den Westhäfen einen Nachteil erleiden, weil die Güterverkehrskorridore nur auf internationale Verkehre bezogen sind. Daher können Züge aus Rotterdam in Deutschland die für den internationalen Güterverkehr freigehaltene Strecken befahren, während Züge zwischen den deutschen Häfen und Destinationen in Deutschland weiterhin nach den nationalen Regularien behandelt werden. Derzeit ist aus Sicht des Landes davon auszugehen, dass dieser vermeindliche Nachteil für die deutschen Häfen nicht zum tragen kommt, weil es nur wenige Strecken gibt, die sowohl von den Nordhäfen wie auch von den Westhäfen stark genutzt werden. Es ist stattdessen zu erwarten, dass die deutschen Häfen von den Vorteilen der Korridore profitieren werden, da ein Großteil der Waren über Deutschland hinaus transportiert wird und somit internationaler Verkehr ist.

Zu 3.:
Bei der Gestaltung der Güterverkehrskorridore sind die Interessen aller Schienennutzer einzubeziehen. Die Landesregierung ist sich sicher, dass sowohl der Personenverkehr wie auch der nationale Güterverkehr weiter wachsen können. Hierfür wird allerdings ein Ausbau des Schienennetzes – insbesondere die Beseitigung der Engpässe – unabdingbar sein.

Für die Häfen und den damit verbundenen Hafenhinterlandverkehren führt die Einführung der Korridore aufgrund der besseren Zugriffsmöglichkeit auf Zugtrassen mit vereinfachter Handhabung zu einer größeren Abfuhrsicherheit.

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erstellt am:
16.09.2011

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