Einsatz von Fracking in Niedersachsen
Die Abgeordneten Gero Hocker und Dr. Marco Genthe (FDP) hatten gefragt:
Am 7. Dezember 2012 hat der Landtag den Entschließungsantrag „Rohstoffland Niedersachsen weiterentwickeln - Moderne Genehmigungsverfahren zum Nutzen von Menschen und Umwelt einführen!“ beschlossen. Dieser Antrag beinhaltete Regelungen und Vorgaben, um mögliche Gefahren der Frackingtechnologie bei der unkonventionellen Erdgasförderung weitestmöglich auszuschließen.
Die neue Landesregierung schrieb in ihrer Koalitionsvereinbarung, dass „die Erkenntnisse zu den Umweltauswirkungen der Frackingtechnik bei der Aufsuchung und Gewinnung von Erdgas aus unkonventionellen Lagerstätten zeigen, dass zur Beurteilung der Risiken und der technischen Beherrschbarkeit viele und grundlegende Informationen fehlen“.
Während Bündnis 90/Die Grünen in ihrem Wahlprogramm Fracking ausschlossen, zeigte die SPD eine offenere Haltung. Auch der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Garrelt Duin will Fracking nicht grundsätzlich ausschließen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
- Wie steht die Landesregierung grundsätzlich zum Fracking?
- Welche Informationen fehlen der Landesregierung noch?
- Inwieweit sieht die Landesregierung Erdgas als notwendigen Energieträger im Rahmen der Energiewende an?
Wirtschafsminister Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 03.06.2013 wie folgt:
Angesichts der stetig rückläufigen Fördermengen und des prognostizierten Anstieges des Erdgasverbrauchs in Deutschland nimmt der Stellenwert von heimischen Lagerstätten mit geringer Durchlässigkeit zur Gewährleistung eines hohen Maßes an Versorgungssicherheit zu. Dies hat zur Folge, dass die in Niedersachsen tätigen Förderunternehmen ihre Interessen verstärkt ausrichten auf die Erschließung von Kohlenwasserstoffen, insbesondere Erdgas, aus sogenannten unkonventionellen Lagerstätten, deren Förderung technisch anspruchsvoll und aufwendig ist. Diese Entwicklung wird begleitet von intensiven gesellschaftspolitischen Diskussionen zu den mit der Nutzung dieser Energieressourcen verbundenen Chancen und Risiken. Im Mittelpunkt steht dabei häufig der Einsatz der Technologie zur hydraulischen Bohrlochbehandlung (Frac-Technologie), die seit dem Bekanntwerden von umweltrelevanten Vorkommnissen in den USA umstritten ist.
Im Gegensatz zu dem in Niedersachsen seit vielen Jahrzehnten praktizierten Einsatz der Frac-Technologie sind bei der Nutzung der unkonventionellen Lagerstätten veränderte Rahmenbedingungen zu beachten, die sich hauptsächlich aufgrund der weniger tiefen Lage sowie der vergleichsweise hohen Anzahl an Bohrungen und Frac-Behandlungen bei einer Erschließung ergeben. Unerlässlich ist dabei der Erhalt von sauberem Grund- und Trinkwasser sowie der Schutz des Menschen und Natur, die für die Landesregierung stets prioritär vor Eingriffen in den geologischen Untergrund behandelt werden.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1. und 2.:
Für die Niedersächsische Landesregierung steht es außer Frage, dass solange Risiken und Auswirkungen auf den tiefen Untergrund, auf das Grundwasser, auf Böden sowie allgemein auf Umwelt und Natur nicht zweifelfrei kalkuliert werden können, ein Einstieg in die Förderung von unkonventionellem Erdgas durch den Einsatz der Technologie zur hydraulischen Bohrlochbehandlung (Fracking) nicht akzeptabel ist.
Aktuelle unabhängige Studien zu den Umweltauswirkungen der Frac-Technologie im Auftrag des Umweltbundesamtes und des Landes Nordrhein-Westfalen identifizieren zwar noch deutliche Informations- und Wissensdefizite bei der Erschließung von unkonventionellen Lagerstätten, die Notwendigkeit eines generellen Verbots der Frac-Technologie wird jedoch nicht gesehen. Beispielsweise gilt es zu klären, wie das Verhalten und die langfristige Wirkung der eingesetzten Chemikalien im Untergrund zu bewerten ist, welche wirksamen Monitoringstrategien zur Überwachung der Technologie einzusetzen sind und wie die Aufbereitung und Entsorgung der zurückgeförderten Flüssigkeiten (Flowback und Lagerstättenwasser) umweltgerecht erfolgen kann. Bevor diese und weitere aufgezeigte Fragestellungen nicht beantwortet sind, ist eine abschließende Beurteilung der umweltverträglichen Nutzung dieser Energieressource nicht möglich.
Unbedingt erforderlich ist zudem die Anpassung des rechtlichen Rahmens, um sowohl die erforderliche Transparenz im Genehmigungsverfahren herzustellen als auch die nachvollziehbaren Belange der Bürgerinnen und Bürger sowie des Umweltschutzes einzubeziehen. Vor diesem Hintergrund wurde die Initiative des Bundes zur Änderung der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (UVP-V Bergbau), wonach die Anwendung der Frac-Technologie einer verpflichtenden UVP unterliegen soll, seitens der Landesregierung ausdrücklich unterstützt. Allerdings wird die Landesregierung zusätzlich eigene Vorschläge einbringen, da insbesondere die Verpflichtung zur Umweltverträglichkeitsprüfung, verbunden mit einem öffentlichen Beteiligungsverfahren ebenfalls auf alle Vorhaben, die die Versenkung von Lagerstättenwasser im Untergrund betreffen, ausgeweitet werden sollte.
Zu 3.:
Mit einem Anteil von 21 Prozent am Primärenergieverbrauch in Deutschland (Umweltbundesamt, 2012) ist Erdgas ein bedeutender Energieträger, dessen Relevanz im Rahmen der Energiewende voraussichtlich zunehmen wird. Weiterhin führt der Ausstieg aus der Kenenergie bis 2022 dazu, dass trotz des kontinuierlichen Ausbaus der regenerativen Stromerzeugung der zusätzliche Bedarf nicht ohne den Einsatz von erdgasbefeuerten Kraftwerken gedeckt werden kann. Hinzu kommen Herausforderungen für die Versorgungssicherheit, deren Stabilität nur mit Hilfe speicherbarer Energieträger, wie Erdgas, dauerhaft gewährleistet ist. Aus diesen Gründen ist Erdgas für die Landesregierung ein wichtiges Element im Energiemix der Zukunft.
Artikel-Informationen
erstellt am:
21.06.2013
zuletzt aktualisiert am:
24.10.2013
Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke
Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
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