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Mit welchen Geschwindigkeitsbeschränkungen müssen Berufspendler zukünftig unter Rot-Grün in Niedersachsen rechnen?

Die Abgeordnete Gabriela König (FDP) hatte gefragt:

Mit welchen Geschwindigkeitsbeschränkungen müssen Berufspendler zukünftig unter Rot-Grün in Niedersachsen rechnen?

Bündnis 90/Die Grünen fordert seit Jahren Tempolimits für die unterschiedlichen Straßenkategorien in Deutschland. Für Personenkraftwagen, und damit auch für alle Berufspendler im Flächenland Niedersachsen, sollen maximal 30 km/h innerorts, maximal 80 km/h auf Landstraßen und maximal 120 km/h auf Bundesautobahnen eingeführt werden. Dieser Forderung hat sich partiell der Bundesparteivorsitzende der SPD, Sigmar Gabriel, angeschlossen, obwohl er sich in seiner Funktion als Bundesumweltminister Ende 2006 noch gegen ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen ausgesprochen hat, weil es „klimapolitisch nicht geboten“ ist (http://www.n-tv.de/auto/Gabriel-gegen-Tempolimit-article205950.html).

Beiden Befürwortern der genannten Tempolimits geht es vorrangig um die Reduzierung von Verkehrsopfern und Schadstoffemissionen. Bündnis 90/Die Grünen will mit einer „Vision Zero“ „die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten schrittweise auf Null zu reduzieren“. (http://www.gruene.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/programmentwurf-bundestagswahl-2013.pdf).

Der Kanzlerkandidat der SPD hat dem Vorstoß des Bundesparteivorsitzenden der SPD widersprochen und das Tempolimit auf Bundesautobahnen als nicht sinnvoll zurückgewiesen. Ebenso hat der ADAC der Einführung eines Tempolimits auf Bundesautobahnen widersprochen und die Argumentation des Bundesparteivorsitzenden der SPD als „nicht haltbar“ bezeichnet. In der Koalitionsvereinbarung der Regierungskoalition in Niedersachsen steht zu diesem Thema: „Deshalb werden eine bessere Kontrolle vorhandener Tempolimits durchgesetzt und für Unfall- oder Lärmschutz gegebenenfalls noch weitere Geschwindigkeitsbegrenzungen erlassen.“

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie beurteilt die Landesregierung die Umsetzbarkeit von „Vision-Zero-Konzepten“, um die Zahl von Verkehrstoten und Schwerverletzten im Straßenverkehr auf Null zu senken?
  2. Wie steht die Landesregierung zu einer flächendeckenden Einführung folgender Geschwindigkeitsbegrenzungen für Personenkraftwagen in Niedersachsen: innerorts maximal 30 km/h, auf Landstraßen maximal 80 km/h und auf Bundesautobahnen maximal 120 km/h?
  3. Welche Immissionsabsenkungen von Verbrennungsabgasen beim Betrieb lassen sich durch flächige Geschwindigkeitsbegrenzungen erzielen, und in welchem Verhältnis steht dies zu den Potenzialen, die sich durch moderne Verkehrskonzepte und moderne Antriebstechniken erzielen lassen könnten?


Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Die Erhöhung der Verkehrssicherheit und damit die Reduzierung der Toten und Verletzten im Straßenverkehr sind, ebenso wie der Klimaschutz, wichtige Ziele der Landesregierung. Diese Auffassung spiegelt sich auch in den Vereinbarungen des Koalitionsvertrages wieder, der hierzu die verschiedensten Aussagen enthält. Mit der Verkehrssicherheitsinitiative 2020 (VSI 2020) hat sich Niedersachsen zum Ziel gesetzt, die Anzahl der im Straßenverkehr getöteten und schwerverletzten Personen bis zum Jahr 2020 um ein Drittel zu senken. Die VSI 2020 umfasst einen 10-Punkte-Plan, der eine Vielzahl von einzelnen Maßnahmen enthält. Ein besonderer Fokus wird dabei auf die Erhöhung der Verkehrssicherheit auf den Landstraßen gelegt, da etwa 70% der Verkehrstoten auf Landstraßen außerhalb geschlossener Ortschaften zu beklagen sind. Unabhängig von der Frage von Geschwindigkeitsbeschränkungen ist „überhöhte“ bzw. nicht angepasste Geschwindigkeit eine der Hauptunfallursachen. Hinzu kommt, dass bei höheren Geschwindigkeiten die Unfallfolgen in der Regel gravierender sind, als bei geringeren Geschwindigkeiten.

Die vorgenannten Aspekte sind allerdings nicht die einzigen Ziele der Landesregierung. Tatsache ist beispielsweise auch, dass eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung ohne eine funktionierende Mobilität nicht denkbar ist. Es geht der Landesregierung daher keinesfalls darum, im Sinne der Sicherheit den Verkehr vollständig auszubremsen, sondern Ziel ist vielmehr, die Sicherheit zu erhöhen sowie auch Anreize für eine Verlagerung vom Pkw- und Lkw-Verkehr auf weniger umweltbelastende Verkehrsträger zu schaffen und damit ein starkes Wirtschaftswachstum in Einklang mit einer möglichst deutlichen Reduzierung von Unfällen und einer Schonung unserer natürlichen Ressourcen zu erreichen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Vision Zero bezeichnet das Ziel, Straßen und Verkehrsmittel so sicher zu gestalten, dass keine Verkehrstoten und Schwerverletzten mehr auftreten. Vision Zero geht dabei von der Grundannahme aus, dass Menschen Fehler machen. Daher muss das Verkehrssystem so gestaltet werden, dass diese Fehler nicht zu lebensbedrohliche Folgen führen. Es geht dabei um ein Gesamtkonzept, welches bei weitem nicht nur Geschwindigkeitsbeschränkungen, sondern vor allem auch ein Stärkung des Verantwortungsbewusstseins bei den Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmern, eine Erhöhung der Kontrollen sowie z.B. auch sog. „fehlerverzeihende Straßen“ umfasst.

In der Umsetzung erfordert Vision Zero eine Vielzahl von Einzelmaßnahmen in den Handlungsfeldern Straße, Fahrzeug, Gesetzgebung und Mensch. Niedersachsen greift mit den Schwerpunkten der Verkehrssicherheitsberatung, Verkehrsüberwachung und Verkehrsraumgestaltung die wesentlichen Aspekte der Vision Zero auf, ohne damit die Zielsetzung der Reduzierung von Verkehrsunfallopfern auf Null zu verfolgen.

Die Möglichkeit der Reduzierung der Verkehrsunfallopfer auf Null erscheint nicht erreichbar. Dennoch ist die Orientierung an einem solchen Ziel und die damit verbundene Einbindung aller Träger der Verkehrssicherheit in den verschiedenen Disziplinen der genannten Handlungsfelder zu Erhöhung der Verkehrssicherheit richtig. Dieser Ansatz ist ein wesentlicher Bestandteil der Verkehrssicherheitsinitiative (VSI) 2020 in Niedersachsen.

Bei Maßnahmen, die z.B. bauliche Veränderungen der Infrastruktur erfordern, ist allerdings zu berücksichtigen, dass dies nur sukzessive im Rahmen der verfügbaren finanziellen Mittel möglich ist. So können beispielsweise nicht so viele Alleen auf Landstraßen mit Schutzplanken ausgerüstet werden, wie dies wünschenswert wäre.

Zu 2.:
In Niedersachsen gelten die gesetzlich vorgegebenen Höchstgeschwindigkeiten. Sonstige Verkehrsbeschränkungen unterliegen den Voraussetzungen der Straßenverkehrsordnung und sind im Einzelfall zu entscheiden. Seitens der Landesregierung ist keine Änderung der rechtlichen Vorgaben geplant.

Zu 3.:
Der verkehrsbezogene Anteil an den CO2-Emissionen belief sich 2010 auf etwas mehr als 20 % (Quelle: Umweltbundesamt). Zum Verhältnis zwischen den Immissionsabsenkungen von Verbrennungsabgasen beim Betrieb durch flächige Geschwindigkeitsbegrenzungen und den Potenzialen, die sich durch moderne Verkehrskonzepte und moderne Antriebstechniken erzielen lassen könnten, liegen der Landesregierung keine allgemeingültigen, validierten Daten vor. Flächendeckende Geschwindigkeitsbegrenzungen gehören zu den verkehrspolitischen Maßnahmen und der Sicherheit im Straßenverkehr. Im Rahmen von Klimaschutzstrategien haben sie, wenn überhaupt, nur eine untergeordnete Bedeutung.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
30.05.2013

Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke

Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
Friedrichswall 1
30159 Hannover
Tel: (0511) 120-5427
Fax: (0511) 120-995427

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