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Rede von Niedersachsens Wirtschaftsminister Grant Hendrik Tonne vor dem Bundesrat, TOP 26 (Drucksache 732/25)

Gesetz zur Beschleunigung des Ausbaus von Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern und zur Änderung weiterer rechtlicher Rahmenbedingungen für den klimaneutralen Ausbau der Wärmeversorgung sowie zur Änderung des Baugesetzbuchs und zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes

Die vorliegende Gesetzesinitiative ist ein wichtiger Schritt, um die Wärmewende in Deutschland voranzubringen. Doch sie zeigt auch, wie dringend wir Fortschritte im Bereich der Netzanschlussverfahren benötigen – und zwar nicht nur bei der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Batteriespeichern, sondern vor allem bei den energierechtlichen Leitplanken für einen netzdienlichen Ausbau.

Die Energiewende ist kein Selbstläufer. Sie steht und fällt mit der Fähigkeit, erneuerbare Energien flexibel und sicher in das System zu integrieren. Speicher sind dafür unverzichtbar. Sie stabilisieren Netze, verhindern Überlastungen und ermöglichen die Nutzung von Überschussstrom. Soweit die Theorie? Aber was erleben wir in der Praxis?

Genehmigungsverfahren, die sich über Jahre hinziehen, Rechtsunsicherheiten bei Standortfragen und fehlende Priorisierung im Netzanschluss. Das Ergebnis: a) Investitionen werden verzögert, b) Projekte bleiben in der Warteschleife, und c) die dringend benötigte Flexibilität für das Stromsystem kommt nicht voran. Das darf nicht einfach zur Kenntnis genommen werden.

Das heute zu beratende Gesetz enthält richtige Ansätze zur Verfahrensbeschleunigung – etwa die klare Festlegung des überragenden öffentlichen Interesses für bestimmte Vorhaben und die Einführung straffer Fristen. Wir begrüßen das klare Bekenntnis. Für die erneuerbare und grundlastfähige Geothermie leistet der Gesetzgeber damit eine richtige Wertung, durch die Behörden- und Gerichtsentscheidungen vereinfacht und beschleunigt werden. Der Gesetzesentwurf wird umfangreich gedacht, sodass nicht nur „Insellösungen“ erfolgen, sondern viele Einzelgesetze eine Gesamtsystematik für die Geothermie bilden.

Genau solche Mechanismen brauchen wir auch für andere Vorhaben. So müssen wir beispielsweise sicherstellen, dass Speicherprojekte nicht in denselben regulatorischen Sackgassen stecken bleiben wie viele andere Infrastrukturvorhaben. Bürokratie darf nicht zum Bremsklotz werden.

Gleichzeitig führt die aktuelle Situation jedoch zu einem massiven Konflikt: Speicherprojekte konkurrieren mit anderen Vorhaben um knappe Netzanschlusskapazitäten – insbesondere die Erweiterung und die Ansiedlung neuer Unternehmen. Wenn wir hier keine klare Ordnung schaffen, riskieren wir, dass strategisch wichtige Industrieprojekte ausgebremst werden. Das wäre nicht nur ein energiepolitisches, sondern auch ein industriepolitisches Problem. Das können wir uns nicht leisten.

Unsere Industrie steht unter enormem Transformationsdruck. Wenn unsere Wirtschaft sich nicht auf die Zukunft vorbereiten kann, verlieren wir Wertschöpfung, Arbeitsplätze und technologische Führungspositionen. Die Energiewende ist eine Chance, Deutschland als Innovationsstandort zu stärken – mit neuen Märkten, neuen Technologien und einer resilienten Energieversorgung. Aber diese Chance können wir nur nutzen, wenn wir die Infrastruktur schnell ausbauen und effizient nutzen.

Die jüngste Änderung der Kraftwerks-Netzanschlussverordnung, die Speicher aus ihrem Anwendungsbereich herausnimmt, ist ein erster Schritt. Aber sie löst nicht das Grundproblem. Wir haben damit noch kein System, das eine Priorisierung nach volkswirtschaftlichem Nutzen ermöglicht. Stattdessen droht weiterhin ein System, das falsche Anreize setzt: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst – unabhängig davon, ob das Projekt dem Netz dient oder es belastet.

Wir brauchen schnellstens Bundesregeln für netzdienliche Speicher. Regeln, die sicherstellen, dass Projekte bevorzugt werden, die Engpässe entschärfen, die Integration erneuerbarer Energien erleichtern und die Systemstabilität erhöhen. Und Regeln, die Investoren Planungssicherheit geben. Gleichzeitig ist dabei ein angemessener Ausgleich mit dem übergeordneten Ziel des Schutzes des Außenbereichs und der kommunalen Planungshoheit herzustellen.

Ich möchte an dieser Stelle betonen: Es geht nicht um Sonderrechte für einzelne Technologien. Es geht um die Funktionsfähigkeit unseres Energiesystems. Speicher sind keine Luxusoption, sondern eine Grundvoraussetzung für die Transformation. Wenn wir den Hochlauf der Erneuerbaren ernst meinen, müssen wir den Hochlauf der Speicher ebenso ernst nehmen. Und das bedeutet: 1) weniger Komplexität, 2) mehr Geschwindigkeit, 3) klare Prioritäten.

Die Länder können Impulse setzen, aber die entscheidenden Weichen müssen auf Bundesebene gestellt werden. Wir brauchen einheitliche Standards, diskriminierungsfreien Zugang zur Infrastruktur und ein transparentes Verfahren, das den Reifegrad und die Systemdienlichkeit von Projekten berücksichtigt. Nur so schaffen wir die Balance zwischen privatwirtschaftlichem Engagement und gesamtgesellschaftlichem Nutzen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Zeit drängt. Jeder Monat Verzögerung kostet uns nicht nur Geld, sondern auch Glaubwürdigkeit. Wir müssen Verfahrensbeschleunigung und netzdienliche Ausrichtung zusammen denken – und wir müssen es jetzt tun. Die Energiewende ist kein Selbstzweck. Sie ist der Schlüssel für eine starke Wirtschaft, für sichere Arbeitsplätze und für eine nachhaltige Zukunft. Hier lohnt sich jede Anstrengung!


Artikel-Informationen

erstellt am:
19.12.2025

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